Liebe Taminoianer,
die bekanntesten Symphonien Anton Bruckners haben hier bereits einen eigenen Thread bekommen. Nicht so die Symphonie Nr. 6 (die #2 fehlt auch noch!), und ich habe mich gefragt, woran das liegt?
Bezeichnungen wie „Stiefkind“ oder „weisser Rabe“ sind häufig zu lesen, Bruckner selbst hat seine sechste als „keckste“ bezeichnet.
Entstehung:
Bruckners 6. wurde im September 1879 begonnen und ebenfalls im September 1881 in St. Florian abgeschlossen. Bruckner selbst hat seine sechste nie vollständig gehört, die erste Aufführung erklang 1901 in Stuttgart unter Carl Pollig. Zwar hatte Gustav Mahler das Werk schon 1899 aufgeführt, allerdings wurden starke Eingriffe vorgenommen.
Man kann die sechste als Vorstufe zum letzten grossen Aufschwung in Richtung der dann erschaffenen 7., 8. und 9. sehen. Das Adagio beispielsweise hat Modellcharakter für das später komponierte und so berühmt gewordene Adagio der siebten.
Anton Bruckner hat für diese Symphonie die Tonart A-Dur gewählt, die dem Werk eine bisweilen helle Klangfarbe verleiht.
Das Werk (Quelle: teilweise wikipedia):
Der erste Satz („Majestoso“) legt gleich zu Beginn mit scharf akzentuierten Noten auf „cis“ in den Violinen den Hauptrhythmus des Werkes fest. Das unmittelbar einsetzende Hauptthema wird dunkel getönt – wie später auch in der 8. Sinfonie - durch die Kontrabässe vorgetragen. Die Wiederholung des Themas erklingt in vollem Orchesterglanz und führt zum 2. Thema, das in e-moll mit einer absteigenden Basslinie beginnt und dessen Melodie sich bis hin zu den auffallenden Quintolen entwickelt. Alsbald taucht ein choralartiger Nebengedanke auf, der wieder zurückführt zu einer Wiederholung des 2. Themas in nun kraftvollerem Gewand. Der Vorgang mündet in einen Überleitungsabschnitt zum 3. Thema (C-Dur), welches wiederum in einem Nachsatz die Exposition in Ruhe und Beschaulichkeit auf E-Dur ausschwingen lässt.
Der Höhepunkt der folgenden Durchführung fällt mit dem Beginn der Reprise zusammen. Einer ähnlichen Gestaltung begegnet man ebenfalls in den ersten Sätzen der drei letzten Sinfonien. Nach Abschluss der Reprise schreibt Bruckner eine auf dem Hauptthema basierende ausgedehnte Coda, deren Großartigkeit ohne Beispiel zu seinen Satzabschlüssen von Kopfsätzen in den Sinfonien steht. Stete Veränderungen der Harmonien unter dem ewig pulsierenden Rhythmus führen zur Apotheose ins kraftvoll leuchtende A-Dur der letzten Schlusstakte.
Das Adagio in F-Dur mit drei Themen besticht durch feierliche Grundstimmung und aufblühenden Streicherklang, der insbesondere dem 2. Thema (E-Dur) seinen ganz besonderen Reiz verleiht. Das dritte Thema (c-moll), charakterlich der Episode eines Trauermarsches ähnlich, ist kurz und bildet in der Reprise die Überleitung zur wiederum sehr breit angelegten Coda, in der der Streicherklang vollends dominiert. Traumverhangen und verklärt schließt der Satz.
Das Scherzo in a-moll (Form: A-B-A) weist einen pochenden Grundrhythmus auf, Teil A wird im Verlauf aufgehellt und endet in schmetternden Fanfarenklängen in A-Dur. Originell setzt mit Pizzicato-Takten der Streicher und antwortenden Hörnerrufen das Trio (Teil B) ein. Ein unvermittelt auftauchender Nebengedanke erinnert an das Hauptthema des ersten Satzes der 5. Sinfonie. Nach dem ruhig verklingenden Trioteil wird Teil A des Scherzos wiederholt.
Das Finale stellt drei Themengruppen vor, von denen die zweite Gruppe wieder mit einem aufblühenden Streicherklang aufwartet. Der Grundduktus des Satzes ist heiter und findet seinen Abschluss in einem kurzen Zitat des Hauptthemas aus dem Kopfsatz.
Die Symphonie Nr. 6 hat Bruckner in seiner ursprünglichen Form belassen, es liegen somit keine Zweit- und Drittfassungen vor. Gewidmet hat Bruckner die Symphonie seinem Hauswirt, Ritter von Oelzelt.
Empfehlenswerte Einspielungen:
Bei der sechsten, die stellenweise kammermusikalisch anmutet, geht es nicht darum, „Klangkathedralen“ zu entwickeln, sie unterscheidet sich von der Architektonik her grundlegend von anderen Bruckner-Symphonien. In (fast) allen gängigen Gesamteinspielungen ist die sechste mit enthalten. Zu meinen Lieblingseinspielungen gehören:
Platz 2, Lopez-Cobos, Cicinatti SO
Veranstaltungstipp:
Am kommenden Sonntag, 04.09.2005, wird die Symphonie in der Kölner Philharmonie mit dem Gustav Mahler Jugendorchester unter der Leitung von Ingo Metzmacher aufgeführt.