Das Öl des Nibelungen in Bayreuth 2013

  • Für jene, die sich noch für die Bayreuther Festspiele interessieren sollten - eine überregionale deutsche Zeitung hat schon mal einen Blick erhascht. Frank Castorf, seit mehr als zwanzig Jahren Intendant der Berliner Volksbühne, versucht sich an einem neuen "Ring". Das "Rheingold hat am 26. Juli Premiere. Die Zuschauer müssen sich wohl auf einiges gefasst machen, verlautet aus wohl unterrichteten Kreisen. Hier der Vorabbericht:


    Ein kleiner Vorgeschmack auf Bayreuth 2013


    Auch die offizielle Homepage des Festivals sagt einiges. Als illustratives Element für "Rheingold" erscheint ein entzückendes Kinderspielzeug im Retrolook, nämlich eine Ente, die man auf Rädern hinter sich her ziehen kann. Schaut selbst:


    Die Ente von Bayreuth


    Viel Spaß mit der Lektüre wünscht Rheingold :D

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • Zitat

    Schwule Cowboys mit Rheintöchtern im Pool, deren Tangas auf der Wäscheleine flattern. Wotan beim Wurstbraten, Göttinnen mit puffärmeligen Porn-Chic-Blusen: "Das ,Rheingold' könnte an der Volksbühne spielen", grinst Aleksandar Denic. "Meist schaffe ich andere Wirklichkeiten. Auf den ersten Blick scheinen sie echt, sind es aber nicht. Es geht um eine andere Dimension, immer hyperrealistisch überhöht. So wie Wagners wahnsinniges Werk."


    Man muss solche Zitate eigentlich nur noch für sich sprechen lassen - mehr sagen lässt sich nicht...


    Herzliche Grüße

    "...man darf also gespannt sein, ob eines Tages das Selbstmordattentat eines fanatischen Bruckner-Hörers seinem Wirken ein Ende setzen wird."



  • Zu Frank Castorfs Inszenierung des Ring hier noch einige interessante Hinweise auf der Seite der BR Klassik


    Da ich nicht weiss, wie lange der Link erhalten bleibt, nachstehend noch einige Ausschnitte als Zitat:


    Zitat

    Die neue Inszenierung von Wagners "Ring" zum Jubiläum in Bayreuth ist mit großen Erwartungen verknüpft. Regisseur Frank Castorf sieht das allerdings relativ nüchtern und vergleicht die Zustände auf dem Grünen Hügel mit der DDR.
    ...
    Castorf, der als Provokateur und Stücke-Zertrümmerer gilt, betont zu wenig Zeit für die Inszenierung gehabt zu haben. "Das Rheingold" habe er in neun Tagen inszenieren müssen. "Das ist natürlich Wahnsinn", so Castorf. Arbeiten in Bayreuth sei wie bei der TV-Soap "Gute Zeiten, schlechte Zeiten". Dabei kritisierte er vor allem auch das Leitungsteam der Festspiele. Dort habe er eine Stimmung vorgefunden, die ihn an seine wilden Zeiten im deutschen Osten erinnere.


    Interessant ist ja, dass der "Stücke-Zertrümmerer" die Hand beißt, die ihn füttert.


    ?( Uwe

  • Mein Gott - nun bin ich getröstet und fast froh, dass ich in diesem Jahr keine Karten bekommen habe. Warten wir jedoch bitte mit unseren Urteilen fairer Weise das gesamte Egebnis ab.


    Herzlichst
    Operus

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!

  • Da lohnt es sich doch, an dieser Stelle den Querverweis auf Bartolifans Thread "Gustav Kuhn in Erl" anzubringen. Darin ein wirklich lesenswerter Zeitungs-Beitrag (über Link).


    :hello:

    .


    MUSIKWANDERER

  • Wenn man das so liest, kann man sich nur freuen, dass es das Radio gibt - welches einem die musikalische Seite bietet, ohne dass man sich über die Bilder ärgern muss. Ich wäre ja schon gerne einmal in Bayreuth - aber bei den Inszenierungen, die dort geboten werden, müsste ich wohl die ganze Zeit die Augen schließen.

  • Wenn man die Bilder im Crash-Kurs von BR Klassik sieht, kann man sich die Übertragung des Fliegenden Holländersam 25.07. in der ARD von vorn herein schenken. Die Bilder des Rattengrin und des Biogashäusers kennen wir ja schon. Allerdings frage ich mich, ob die Bilder zu den vier Teilen des "Rings" bereits aus der Castorf-Inszenierung stammen und wie sie zu dem Vorbericht, den uns Rheingold im Beitrag 1 vorgestellt hat, passen.
    Das neue Bayreuth - nein danke!



    Liebe Grüße
    Gerhard

    Regietheater ist die Menge der Inszenierungen von Leuten, die nicht Regie führen können. (Zitat Prof. Christian Lehmann)

  • Ich finde die bisher veröffentlichten Bühnenbilder des Ringes sehr spannend. Ich hoffe, dass Frank Castorf es gelungen ist, diese Bilder mit Leben zu füllen. Ich traue ihm hier natürlich mehr zu als dem Ehepaar Dorst. Bei Dorst haben die Sänger sich auf der Bühne bewegt wie sie es aus vorherigen Inzenierungen kannten, in denen sie gesungen haben.


    Ich halte das bisher bekannte Konzept von Castorf für mindestens interessant. Man sollte nur nicht zu vorurteilsbeladen in die Vorstellungen gehen. Deshalb kann ich es nicht nachvollziehen, wie hier schon jetzt manche über diese Inzenierung herziehen, die erst ab Freitag zu sehen ist. Außerdem frage ich mich, ob diese DiskussionsteilnehmerInnen überhaupt schon etwas von Castorf live gesehen haben. Da habe ich so meine Zweifel.


    Leider habe ich in diesem Jahr keine Ring-Karten erhalten. Somit gehe ich "nur" in den Holländer, den Lohengrin und den Tannhäuser.


    Vom Tannhäuser war ich vor zwei Jahren sehr enttäuscht. Baumgarten hat dort fehlendes Handwerk bewiesen. So haben die SängerInnen manchmal in akustischen Löchern singen müssen. Leider ist hier nicht Hengelbrock eingeschritten. Ich fand Hengelbrocks Konzept sehr diskutabel. Leider "durfte" er es dann icht verfeinern, was ich sehr bedauert habe. Nun dirigiert in diesem Jahr mit Kober schon der dritte Dirigent diese Produktion.


    P.S. Ich würde es sehr bedauern, wenn man sich jetzt wieder damit beschäftigen würde, wie wenig Beiträge ich bisher in diesem Forum geschrieben habe, und so einer inhaltlichen Auseinandersetzung wieder aus dem Weg gehen würde.

  • Lieber Casimir,


    selbstverständlich hätten wir gerne mehr Beiträge von Dir. Aber sehe dies doch bitte als ein Kompliment an - weit besser als der Kommentar: Ach jetzt schreibt der schon wieder. Übriges habe ich mich bereits ähnlich geäußert: Ich möchte das Gesamtergebnis dieser Ring-Inszenierung kennen, ehe ich urteile oder gar verurteile.
    Herzlichst
    Operus

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!

  • Warum, bitteschön, muss ich was von Castorf gesehen haben, um mich zu dieser neuerlichen Ring-verballhornung zu äussern?
    Mit den Wagnerschen Figuren hat diese "inszenierung"schon rein nach den Bühnenbildern nichts zu tun! Wenn ich in eine Aufführung des Rings gehe, dann will ich Wagnersche Götter, Helden, Zwerge u.s.w. sehen und nicht Quietschentchen, Ölmagnaten und Nutten oder gar Castorf! Bayreuth quo vadisti? :no:

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  • Was wohl unsere geladenen Politiker zu solch einem Schwachsinn wohl sagen werden. Natürlich heißt es "durchhalten", denn es geht ja nur um "Sehen und gesehen werden". Man kann es sich ja nicht leisten, bei so viel anderer Prominenz negativ über diesen Klimbim zu äußern.




    Regietheater? Nein, danke! Mir ist schon schlecht! ;(

    W.S.

  • Ich finde aber auch die musikalische Seite des Ringes spannend:


    Kirill Petrenko hat mich bei Mitschnitten eigentlich immer überzeugt. Sein Dirigat der Pfitzner-Oper Palestrina in Frankfurt hatte für mich eine solche Klarheit, dass ich zum ersten Mal richtig von der Musik überzeugt war. Und das sagt ein Thielemann-Verehrer! Ich denke, er wird mit dem Ring und der Übernahme des GMD-Postens in München die Bedeutung bekommen, die er sicherlich verdient. In der Digital Concert Hall der Berliner Philharmoniker kann man ein sehr interessantes Interview mit ihm sehen. Er wirkt sehr zurückhaltend; trotzdem spürt man ganz genau, was er möchte und wie er das erreichen kann. Auch das Konzert mit Musik von Stephan, Strawinsky und Scriabin kann ich nur empfehlen. Am Schluss des Scriabin-Stückes explodiert die Musik geradezu.


    Es kann sich wohl niemand über die diesjährigen Bayreuth-Dirigenten beklagen! Wo kann man sonst Thielemann, Nelsons und Petrenko innerhalb von wenigen Tagen in ihrem Fach erleben?! Leider wird dies fast nie erwähnt. Hinzu kommt, dass alle drei für die nächsten Jahr schon engagiert sind; Petrenko mit den weiteren Ring-Zyklen (bis 2017?), Thielemann als Holländer- und ab 2015 als Tristan-Dirigent und Nelsons als Lohengrin- und ab 2016 als Parsifal-Dirigent.


    Auf Wolfgang Koch als Wotan/Wanderer bin ich gespannt. Ich hoffe, dass er viel Wert auf die Wortdeutlichkeit legt. Die Weichheit seine Stimme als Barak z.B. hat mir gefallen.


    Ich weiß nicht, wo Johan Botha im Moment steht. Ich fand ihn als Siegmund in Bayreuth im letzten Ring-Jahr unter Thielemann sehr gut. Nur hat mich sein Salzburger Parsifal etwas ratlos zurückgelassen. Ich hätte es nicht für möglich gehalten, dass er zum Schluß solch große Probleme bekommt. Auch sein konzertanter Siegmund im Geburtstagskonzert aus Bayreuth zeigte einen eher unsicheren Sänger.


    Anja Kampe kenne ich nur als starke Senta. Ihre Münchener Sieglinde habe ich leider nicht gehört.


    Catherine Foster habe ich bisher noch gar nicht gehört. Ich weiß nur, dass viele zu ihrer Isolde nach Weimar geradezu gepilgert sind. Irgendwie bin ich dann doch froh, dass nicht mehr Linda Watson singt.


    Für mich völlig unbekannt ist Martin Winkler als Alberich. Da sind meine Ohren schon am Beginn des Rheingoldes sehr gespannt.

  • Ich finde es auch schade, dass von den nach Bayreuth pilgernden Promis keiner mal den Mut hat, zu sagen, was er wirklich von diesem Schrott hält. Ansonsten muss ich m.joho recht geben. Die vorgesehenen Bilder können unmöglich zum Text passen, aber der scheint ja heutzutage völlig unerheblich zu sein. Jedenfalls bin ich schon sehr gespannt zu erfahren, wie man aus Öl einen Ring oder auf dem Alexanderplatz ein Schwert schmiedet.

    Gott achtet mich, wenn ich arbeite, aber er liebt mich, wenn ich singe (Tagore)

  • Lieber m.joho!


    Dann kann doch aus Ihrer Aussage nur eines folgen: Eine Wiederaufnahme der Inzenierung von 1876!


    Ist denn der Ring wirklich nur eine Geschichte aus einer fernen Zeit?


    Ich finde es sehr schade, dass hier leider viele immer und immer wieder nur ihre Parolen anbringen, ohne sich mit den Inzenierungen offen(!) auseinanderzusetzen. Ich kann doch keine Inzenierung ablehnen, obwohl ich nur ein paar Bühnenbilder gesehen habe. Wie langweilig ist es denn, wenn ich in die Oper gehe und dort nur die Bilder sehe, die ich sehen möchte!


    Lieber 9079Wolfgang!


    Wie soll denn Oper und Theater ohne Regie funktionieren?


    Allein das zeigt doch die Absurdität ihrer Äußerung. Auch ein Peter Stein und eine Andrea Breth, die Sie nicht als Stückezertrümmerer bezeichnen können, führen doch Regie.


    Und was hat das alles mit den sogenannten Promis zu tun? Die Bayreuther Festspielgäste bestehen doch nur zu einem ganz geringen Teil aus Prominenten. Ich weiß nicht, wann Sie in Bayreuth waren, um etwas über die Zusammensetzung des Publikums zu sagen. Ich fahre seit 2005 jedes Jahr nach Bayreuth.

  • Zitat von Casimir

    Ich finde es sehr schade, dass hier leider viele immer und immer wieder nur ihre Parolen anbringen, ohne sich mit den Inzenierungen offen(!) auseinanderzusetzen. Ich kann doch keine Inzenierung ablehnen, obwohl ich nur ein paar Bühnenbilder gesehen habe. Wie langweilig ist es denn, wenn ich in die Oper gehe und dort nur die Bilder sehe, die ich sehen möchte!

    Hallo, Casimir!


    Dies werde ich mir nicht für Geld und gute Worte antun! Dazu sind meine Ansprüche, was die Opern von Richard Wagner betrifft, doch zu hoch! Für solch einen Klamauk, der nicht das Geringste mit dem Libretto Richard Wagners zu tun hat, ist mir meine Zeit und jeder Cent zu schade! X(



    Regietheater? Nein, danke! Mir ist schon schlecht! ;(

    W.S.

  • Werter 9079wolfgang!


    Dann interessiert mich, wie Sie sich eine Wagner-Inzenierung vorstellen?


    Wie weit sind Sie von 1876 entfernt?


    Eines kann ich nicht verstehen: Wie kann man Castorf, Herheim, Neuenfels, Chereau usw. immer unter dem Begriff des Regietheaters vereinen? Das sind doch sehr verschiedene Ästhetiken. Haben Sie Chereaus Tristan aus Mailand gesehen? Kennen Sie Herheims Parsifal-Inzenierung? Wie kann man den mit dem Lohengrin von Hans Neuenfels vergleichen?! Nein, tut mir leid; das funktioniert nicht!


    Ich habe leider eine Befürchtung. Sie kennen keine Inzenierung der von mir genannten Regisseure.

  • Wie langweilig ist es denn, wenn ich in die Oper gehe und dort nur die Bilder sehe, die ich sehen möchte!


    Lieber Casimir,


    ich muss gestehen, ich fände es sogar ungemein spannend, endlich, endlich mal wieder ein Aufführung zu sehen, die das auch ernst nimmt, was im Libretto steht...zumal es bei einem fähigen, kreativen Regiesseur immer noch genug Spielraum gibt, den Zuschauer zu überraschen.
    Man mag dies als altmodisch ansehen - aber mir gefallen die Pyramiden in Ägypten, WEIL und nicht OBWOHL sie alt sind, und jedes moderne Graffiti, um das ganze vielleicht moderner, zeitgemäßer, überraschender zu gestalten, wäre mir ein Greuel.
    Ich bitte, den bildlichen, sicherlich ein wenig hinkenden Vergleich zu entschuldigen - obwohl er cum grano salis, denke ich, schon zutrifft.


    Viele Grüße

  • Lieber Casimir,


    ich habe sowohl Cheraus Tristan aus Mailand, als auch den von dir genannten Lohengrin und Parsifal gesehen. Mit dem Tristan konnte ich mich (anders als Chereaus Ring, den ich allerdings nur in Auszügen gesehen habe) durchaus anfreunden - wie ich es hier schon einige Male gesagt habe. Ich ordne diese Inszenierung auch nicht unter dem Begriff "Regietheater" ein, weil sie sich an die Handlung des Librettos hält. Der Lohengrin und der Parzifal waren allerdings für mich zerstörte Opern und da stimme ich vollkommen mit Wolfgang und vielen anderen hier und in meinen großen Bekanntenkreis überein, dass mir jeder Cent für diesen Müll zu schade wäre. Zu Castorfs Ring kann man ja noch nichts sagen, aber nach früheren Inszenierungen Castorfs zu urteilen und nach dem, was uns Rheingold als Vorgeschmack in Beitrag 1 vorgestellt hat, ist auch hier wohl wieder nur eine Opernzerstörung zu erwarten. Ob die Bilder, die BR Klassik als Crash-Kurs gezeigt hat, aus dieser Inszenierung stammen, bezweifle ich.
    Ich habe, da ich sehr vielseitig interessiert bin, auf der Bühne auch manche andere Opernzerstörungen gesehen, bis ich mein Abonnement aufgab, schaue mir heute auch Übertragungen im Fernsehen noch zumindest soweit an, bis ich beurteilen kann, dass es sich - leider wie in den letzten Jahren fast immer - wieder um eine Opernzerstörung handelt. Leider fällt nun mal alles unter den sicherlich irritierenden Begriff "Regietheater" ( was ich Verunstaltungstheater genannt hätte) und ist daher in gleicher Weise zu verurteilen.
    Ich möchte, wenn ich einen Wagner, einen Verdi, einen Puccini usw. sehe, auch einen echten Wagner, Verdi, Puccini sehen - nicht das Werk eines Markenfälschers, der seinen Schund unter dem Decknamen eines solchen Meisters laufen lässt, indem er dessen Musik und Text missbraucht, und sich gar noch mit dem Begriff "Künstler" bezeichnen lässt, obwohl er nur ein Werk eines anderen Künstler überschmiert hat.


    Liebe Grüße
    Gerhard

    Regietheater ist die Menge der Inszenierungen von Leuten, die nicht Regie führen können. (Zitat Prof. Christian Lehmann)

  • Zitat von Casimir

    Wie langweilig ist es denn, wenn ich in die Oper gehe und dort nur die Bilder sehe, die ich sehen möchte!

    Mir ist dies überhaupt nicht langweilig! Und im Übrigen schließe ich mich dem Zitat von Gerhard an:



    Zitat

    Ich möchte, wenn ich einen Wagner, einen Verdi, einen Puccini usw. sehe, auch einen echten Wagner, Verdi, Puccini sehen - nicht das Werk eines Markenfälschers, der seinen Schund unter dem Decknamen eines solchen Meisters laufen lässt, indem er dessen Musik und Text missbraucht, und sich gar noch mit dem Begriff "Künstler" bezeichnen lässt, obwohl er nur ein Werk eines anderen Künstler überschmiert hat.

    W.S.

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  • Werte Wolfgang und Gerhard!


    Irgendwie möchten (oder können) Sie mir nicht die Frage beantworten, was denn ein echter Wagner ist. Hier gibt es ja zwei Inzenierungen, die der Komponist selbst auf die Bühne gebracht hat. Diese beiden lassen sich sicherlich anhand vorhandener Quellen rekonstruieren.


    Ist das Ihr Wunsch?


    Noch etwas anderes muss in diesem Zusammenhang erwähnt werden. Wer bestimmt denn, was echt ist? Wer hat hier das gedankliche Monopol?


    Gerade von Wolfgang erwartete ich eigentlich endlich einmal eine Antwort auf meine Frage, ob man den die Regiestile von z.B. Herheim, Chereau und Neuenfels alle in einen Topf werfen kann. Ich bin der Meinung, erst wenn man die Inzenierungen der genannten Künstler kennt, kann man sich auch über diese auslassen. Mir fehlt hier gerade von Ihnen eine Neugier und Offenheit, die dieser Diskussion sehr dienlich wäre. Ich habe mich auch sehr kritisch bzw. ablehnend über den Baumgarten-Tannhäuser geäussert. Aber das konnte ich erst, nachdem ich ihn auch gesehen habe.


    Man sollte den Mut haben, sich nicht nur an Kiritiken und Bildern zu orientieren. Ich weiss, dass das ein Weg ist, der nicht so einfach ist. Aber genau das erwarte ich hier, wenn man sich dazu äussert.


    Ich möche hier mal die Mailänder Tristan-Inzenierung von Chereau als Beispiel nennen. Man kann hier sicherlich Chereau nicht vorwerfen, dass er nicht das Stück inzeniert. Er zeigt sich hier als Meister der Personenregie, als Meister des Regiehandwerks. Er kann Personen führen; Spannungen aufbauen und abbauen; Zusammenhänge finden, die sonst oft untergehen. Das gipfelte für mich in dem Schluss, als Isolde auf der Bühne ganz einfach auf die Bühne sank. Ja, das ist eigentlich nichts besonderes. Aber die Kunst liegt darin, wie das in welchem Zusammenhang geschieht. Und genau hier schafft es Chereau, diese Szene so aufzubauen, dass es einem den Atem raubt.


    Ist das dann auch Stückezertrümmerung???

  • Lieber Casimir,


    Da ich Arbeiten all dieser Regisseure kenne, will ich eine Antwort versuchen:
    Ja man kann alle " in einen Topf werfen", da diese Leute eine Gemeinsamkeit haben: Im Gegensatz zu etwa Wieland Wagner, Schenk oder Zeffirelli inszenieren sie weniger das vorgegebene Stück, als vielmehr ihre eigenen Ideen, die Musik und Text bei ihnen hervorgerufen haben. Dieses Vorgehen kann gelegentlich gelingen, so bin ich nicht so sehr gegen eine Regieleistung, wie den Herheim-Parsifal, aber sehr viel häufiger führt es zu Katastrophen, wie dem absurden, lächerlichen Neuenfels Rattengrin. Nochmals: Der weitaus grösste Teil des zahlenden Publikums wäre glücklicher mit einem Regiestil, wie er in Wels oder z.b. dem neuen Tristan an der Wiener Staatsoper gepflegt wird/wurde.
    Glücklicherweise haben wir keine Diktatur, die uns zwingt Regietheater-Experimente zu besuchen. Es reicht, dass wir gezwungen werden, diese Entstellungen mit unseren Steuergeldern mitzufinanzieren.

  • Wer bestimmt denn, was echt ist?


    Versuchen wir es doch mal damit:


    "Was deutsch und echt,
    wüßt keiner mehr,
    lebt’s nicht in deutscher Meister Ehr.
    Drum sag' ich Euch:
    ehrt Eure deutschen Meister!
    Dann bannt Ihr gute Geister;
    und gebt Ihr ihrem Wirken Gunst,
    zerging in Dunst
    das heil’ge röm’sche Reich,
    uns bliebe gleich
    die heil’ge deutsche Kunst!"


    Mir gefällt, dass Du Deine Auffassung sehr genau begründest, lieber Casimir. Mit dem Mailänder "Tristan" hast Du ein sehr gutes Beispiel gewählt. In dieser Inszenierung wird deutlich, was Wagner uns auch heute noch zu sagen hat. Chereau kann damit zwar nicht an seine Bayreuther "Ring"-Deutung anschließen, großes Theater in dieser Zeit war es allemal. Ich erwarte von einem Regisseur, dass er das Werk ernst nimmt und nicht denunziert und verspottet. Dazu muss das Schmiedefeuer nicht an der gleichen Stelle lodern wie 1876. Wagner hätte - davon bin ich fest überzeugt und das belegen alle seine Äußerungen, die ich kenne - vieles wenn nicht alles ganz anders gemacht, stünden ihm die Möglichkeiten von heute zur Verfügung. Er war ein Mann des 19. Jahrhunderts. Das muss man sich immer wieder deutlich machen. Er war in seinen Anweisungen nur immer deshalb so genau und ausschweifend, weil er den Schlendrian an Theatern seiner Zeit aus eigener Erfahrung kannte. Die sind aber nicht in Marmor gemeißelt. Man erinnere sich nur, was los war in Bayreuth, als Siegfried die ersten Bühnenbilder des "Parsifal" durch neue ersetzen ließ. Seine Schwestern zeterten fürchterlich und sagten den Untergang des Abendlandes voraus. Der Abschied vom Gewohnten tut offenbar genau so weh wie er gut tut und notwendig ist. Die Auseinandersetzung mit Kunst jedweder Art ist für mich nur denkbar, wenn Erkenntnis immer wieder über den Haufen geworfen wird und neu infrage gestellt wird. Das - ich betone es ausdrücklich - ist meine ganz persönliche Meinung.


    Wenn ich aber die von Harald in Beitrag Nr. 19 eingestellte Bilderfolge aus dem neuen "Ring" anschaue, dann reicht mir, was ich sehe. Dazu muss sich der Schlitten, mit dem Wotan vorfährt, nicht auch noch bewegen. Das ist Klamauk von vorvorgestern und nicht der neue Blick auf ein sehr komplexes Stück. Genau so sahen die Bühnen ins Castorfs Berliner Volksbühne schon in den späten Siebzigern aus. Nochmal Marx, Lenin, Stalin und Mao - diesmal wie im Mount Rushmore National Memorial. Die gute alte Imperialismuskritik Made in DDR. Du meine Güte. Wer soll damit heute hinter dem Ofen vorgelockt werden? Das funktionierte schon vor vierzig Jahren nicht.


    Grüße von Rheingold

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • Zitat von Casimir

    Irgendwie möchten (oder können) Sie mir nicht die Frage beantworten, was denn ein echter Wagner ist.

    Lieber Casimir,


    die Frage habe ich - wenn du aufmerksam lesen würdest - und auch andere in den Themen, die sich mit dem sogenannten "Regietheater" befassen schon recht häufig beantwortet. Hier noch einmal für dich:
    Jede Verlegung von der im Libretto vorgegebenenen Zeit und Ort, vor allem aber jede Veränderung der Handlung sind für mich nicht mehr das echte Werk des Libretttisten und Komponisten, sondern - ähnlich wie ein von einem Dilettanten überschmiertes Gemälde eines früheren Künstlers - ein vergehen am Werk. Die Kunst des Regisseurs besteht für mich darin, dass er die Originalhandlung in eine Kulisse spielen lässt, die in uns die Illusion von im Libretto vorgegebenen Ort und Zeit entstehen lässt. Wenn man überhaupt vom Regisseur als "Künstler" sprechen darf, dann wenn er es versteht, in diesem Rahmen die Personen so zu führen, ihre Mimik und Gestik so zu steuern, dass der Gehalt des Werkes deutlich wird. Kunst ist es für mich nicht, wenn er dazu irgendeine dämliche Handlung erfindet, aber auf Musik und Text überhaupt nicht mehr achtet. Die Hauptaufgabe, die richtige Leitung der Darsteller, wird meist überhaupt nicht mehr wahrgenommen. Alles andere ist für mich Schrott.
    Ich hoffe, dir damit die Frage wohl hinreichend beantwortet zu haben.


    Liebe Grüße
    Gerhard

    Regietheater ist die Menge der Inszenierungen von Leuten, die nicht Regie führen können. (Zitat Prof. Christian Lehmann)

  • Aus terminlichen Gründen musste ich eben meine Antwort abbrechen.
    Daher hier die Fortsetzung mit einer Frage an dich, lieber Casimir:
    Was sollte die absurde Anspielung auf 1876?? Du glaubst doch sicher nicht, dass jemand erwartet, dass diese Inszenierung wieder aufgenommen wird. Ich habe in meinem Leben sehr viele Opern von Wagner und sehr vielen anderen Komponisten mehrfach gesehen (im Opernhaus, im Fernsehen, auf DVD). Keine war wie die andere, aber immer verstanden es die Regisseure, Ort, Zeit und Handlung zu wahren, ohne dass es irgendwann langweilig geworden wäre. Erst in den letzten Jahrzehnten glauben viele, das ginge nicht mehr (ich glaube, sie können es nicht mehr!) und sind der irrigen Meinung, sie müssten das Werk völlig über den Haufen werfen und in Müll oder ein billiges Event verwandeln.
    Sollen sie doch, wenn sie etwas Zeitbezogenes erfinden möchten, bitteschön auch den richtigen Text schaffen und einen Komponisten finden, der ihnen dazu die passende Musik liefert. So aber bleibt es für mich ein Missbrauch einmalig geschaffener Werke, den sie in einer Mogelpackung verdecken, indem sie nicht nur Text und Musik, sondern auch den Namen des Komponisten und Werks missbrauchen.
    Ich hoffe, dass du jetzt nicht mehr mich und andere beschuldigst, deine Fragen nicht beantworten zu wollen oder zu können, die längst in den vielen Beiträgen zu diesem Thema hundertfach beantwortet sind.
    Und auch die dauernden Fragen, ob bei Opern, die nicht zerstört sind, keine Regie geführt würde, sind absurd. Leider wird nun mal die Zerstörung früherer Werke in der Öffentlichkeit mit dem sicherlich nicht passenden Begriff "Regietheater" belegt. Auch darüber ist schon mehrfach diskutiert worden.


    Liebe Grüße
    Gerhard

    Regietheater ist die Menge der Inszenierungen von Leuten, die nicht Regie führen können. (Zitat Prof. Christian Lehmann)

  • Lieber Casimir,


    ohne auf die einzelnen Punkte Deiner Argumentationen eingehen zu wollen, gestehe ich, voreingenommen zu sein. Ich habe eine Liste in meinem Kopf, in welcher Regisseure enthalten sind, bei denen mein Gehirn keine Lust hat, aktiv zu werden. Es schaltet ab, wie ein Motor bei Überlastung.


    Ja, ich gebe auch zu, noch nie eine Inszenierung der Regisseure live gesehen zu haben, die im Thread "Regisseure des Grauens" aufgeführt werden. Mir reicht es, wenn viele Taminos - die ich als durchaus sachkundig einschätze - diese Regisseure oder auch nur einzelne Inszenierungen dieser Opernmörder in die Verunstaltungsecke stellen. Und wenn dann in der Fachpresse (z.B. Opernglas u.a.) oder gar der Lokalpresse Lobeshymnen auf Biogastannhäuser, Rattengrin oder Frau ohne Schatten (Salzburg 2012) gesungen werden, dann weiß ich, daß mein Gehirn in Ordnung ist.


    Ich will Freude an einer Inszenierung haben, will mich nicht ärgern, Geld auszugeben für schlechte Laune. Da ändern auch gute Sänger und Dirigenten nichts dran. Lieber gehe ich dann ins Konzert oder eine konzertante Oper. Mich stört z.B in einer Traviata oder Tosca schon ein Plastestuhl auf der Bühne, oder Cavaradossi in Jeans, oder die Violetta als Hartz IV mit TBC im Krankenaus, mit Nachttopf unterm Bett. Solcher schon mehrfach gesehener Käse hat dazu geführt, mich vom Opernbesuch fernzuhalten, wenn es mir auch schwerfällt.


    Übrigens - sollte meine Anrede mit dem forenüblichen "Du" nicht auf Gegenliebe stoßen, dann laß es mich wissen. Ich kann auch die Karl_May-übliche Anrede in der 3. Person anwenden. Das wäre zwar im Forum neu, ist aber immerhin eine Variante, keine Vertrautheit aufkommen zu lassen.


    La Roche

    Ich streite für die Schönheit und den edlen Anstand des Theaters. Mit dieser Parole im Herzen leb' ich mein Leben für das Theater, und ich werde weiterleben in den Annalen seiner Geschichte!

    Zitat des Theaterdirektors La Roche aus Capriccio von Richard Strauss.

  • Ich habe den Cherau Tristan auf Arte gesehen und für eine Tristan Inszenierung hat mir diese Aufführung sehr gut gefallen, da ich auch schon schlimmeres gesehen habe. Nur eine Personenführung findet so gut wie gar nicht statt. Und das Ganze erinnert stark an das frühere "Rampensingen" bei italienischen Opern. Vor kurzem konnte man auf Arte live Web die Elektra aus Aix in der Inszenierung von Herrn Cherau sehen. Beim ersten Blick auf das Bühnenbild hat dieses mich sofort an den Mailänder Tristan erinnert. Und auch hier keine Personenregie. Es wiederholt sich irgendwie alles. Schlimm finde ich es wenn Regisseure von ihren eigenen Werken abkupfern, weil sie denken das das dem Zuschauer sowieso nicht auffällt. Ich habe ja auch schon geschrieben das ich den aktuellen Bayreuther Lohengrin und Parsifal durchaus akzeptabel finde. Den Marthaler Tristan habe ich live gesehen und bin im zweiten Akt fast eingeschlafen, weil einfach gar nichts passiert. Eine Bekannte von mir erlebt zur Zeit bei den Londoner Proms den kompletten Ring unter Daniel Barenboim und am Samstag den Tristan live in der Royal Albert Hall. Bislang war sie sehr zufrieden und hat ein Bühnenbild nicht vermisst.

  • Ein Beispiel dafür, dass Werktreue und Modernität kein Widerspruch sind, ist für mich Robert Lepages Ringinszenierung an der MET. Lepage beruft sich ausdrücklich auf das Quellenstudium (zB Bezug des Rings zu Island) und auf Wagners Interesse an damals innovativer Bühnentechnik bzw. seiner Unzufriedenheit daran, viele seiner Visionen mit dem, was damals ging, nur unzureichend umsetzen zu können. Was Lepage modernisiert ist eben die "Darstellungstechnologie", er bleibt dabei aber sehr eng am Libretto und orientiert sich an Wagners Zielen - und DAS ist der Unterschied. Er sieht die Aufgabe der Ring-Inszenierung als große Verantwortung und stellt sich auch respektvoll den Fragen der traditionsbewussten Wagner-Society, wie man im "Making of" sehen kann. Wenn man dann liest/sieht/hört, wie hier diese Aufgabe einer Ring-Regie wahrgenommen wird, denkt man mit Goethe an das Amerika, das es in diesem Fall besser hat...


    Herzliche Grüße

    "...man darf also gespannt sein, ob eines Tages das Selbstmordattentat eines fanatischen Bruckner-Hörers seinem Wirken ein Ende setzen wird."



  • Die Idee mit der Tankstelle hatte Herr Kosky schon. Also auch nichts neues. Und das Siegfried Bühnenbild erinnert mich stark an die Andrea Chenier Inszenierung bei den Bregenzer Festspielen von vor zwei Jahren. Und wer will so wie Herr Koch als Wotan angezogen ist, Wotan überhaupt als Göttervater ernst nehmen? Das ist doch nur noch eine Karikatur und er sieht eher aus wie ein Mafiosi. Warum inszeniert man nicht gleich den Ring in einer Irrenanstalt?

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