Die Nachwelt flicht dem Mimen keine Kränze - dem Klassikinterpreten aber schon!(?)

  • Das ist quasi das Pendent zum folgernden Thread - der aber auch noch aktiv ist - wenngleich schon voluminös und unüberschaubar geworden....


    Die Nachwelt flicht dem Mimen keine Kränze - und den Interpreten auch nicht (??)


    Auf die Idee kann ich, als ich heute im internen Thread über das Altersprofil der Tamino-Mitglieder schrieb und las.
    Und ich habe mir die Frage gestellt inwieweit die Vorliebe für Interpreten der Vergangenheit mit dem Alter des jeweiligen Publikums in Verbindung stehen - und wieweit es eine reine Frage der Qualität ist - wobei die Frage nach Qualität in der Kunst ohnedies ein heikles Thema ist. Sind die Interpreten der Vergangenheit wirklich beliebter, als jene von heute - und wenn die Frage bejaht wird, dann folgt darauf: WARUM?
    Andererseits gibt es auch Leute, die alte Interpretationen als "verstaubt" bezeichnen. Mir fallen da spontan die Namen Karajan, Böhm, Karl Richter, Wilhelm Kempff, Karl Münchinger ein. Wenn ich diese als Beispiel nehme, dann ist das keineswegs abwertend gemeint - denn sie zählen ja meiner Meinung nach zu den "ganz Großen".
    Die Meinungen in solchen Fällen reichen von kritikloser Verehrung, ja Vergötterung, bis zur Verächtlichmachung.
    Generell aber muß man sagen, daß ein Künstler im Bereich der Klassik umso verklärter gesehen wird, desto länger er tot ist - und desto schwieriger es ist an seine Aufnahmen heranzukommen........


    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Ein Phänomen finde ich warum ist Wilhelm Furtwängler immer noch ein Hit und Dirigenten wie Kubelik, Kempe, Keiberth, Jochum u.v.a mehr in Vergessenheit geraten, das gilt auch für zahlreiche Sänger die heute kaum jemand der jüngeren Generation kennt.
    In einer Diskussion mit jungen Gesangsstudenten sprach ich mit Nachwuchssängern und da fielen u.a. Namen von Elisabeth Grümmer oder Christa Ludwig, da merkte ich die beiden Sängerinnen kannten die Studenten nicht. Das hat mich doch sehr gewundert!
    Ich dachte naja ist halt die neue Generation!
    Aber wie das kommt kann ich mir nicht erklären!
    Interessant ist das auch bei Regisseuren finde ich, wer kennt noch Lietzau, Barlog, Sellner, Götz Friedrich um nur einige zu nennen.
    Vergessen wird auch, dass Karajan als Opernregisseur nur verrissen wurde gerade auch bei dem legendären Troubadour in Salzburg, wo nicht nur die Wiener Kritik kein gutes Haar am Regisseur Karajan ließ.
    Auch bei Schauspielerin da kennen alle Gustaf Gründgens, aber dann bei Werner Krauss oder Aslan hört das schön auf.


    :yes:

    mucaxel

  • Mir ist kürzlich folgendes passiert. Eine Studentin, die gerade ihre Doktorarbeit schreibt, hatte erzählt, dass sie sich einen Plattenspieler gekauft habe und Platten ganz toll fände. Da sie wohl auch ein wenig Interesse an klassischer Musik hat und gerade Geburtstag hatte, habe ich ihr zwei meiner Sammlungsdoubletten geschenkt, Beethovens 9 Symphonien mit Karajan (60er Jahre-Zyklus) und Lucia di Lammermoor mit der Callas. Sie hat sich sehr gefreut und bedankt, aber auf meine Bemerkung hin, dass das eine der großen Rollen der Callas gewesen sei, reagierte sie so, dass ich nachfragte und sie sagte tatsächlich, den Namen hätte sie noch nie gehört. Ich war erst etwas ungläubig und mochte dann gar nicht mehr fragen, ob sie denn den Dirigenten kennen würde. Ich habe dann aus dem Internet einen Spiegelartikel von Jürgen Kesting über die Callas heruntergeladen und ihr per e-mail geschickt. Sie schrieb zurück, dass sie im Institut herumgefragt habe und NIEMAND hätte den Namen jemals gehört. So sind die Zeiten.

  • Ich glaube, dass "wir", damit meine ich alle jenseits der "60", gegenüber den Jüngeren einen Vorteil haben: in unserer Jugendzeit wurde noch klassisches Theater, manchmal auch verfilmt, und wurden noch regelmäßig Opern, obwohl es anfangs nur ein Programm gab, im Fernsehen gezeigt. Die Namen waren uns geläufig, ob es nun Oper oder Schauspiel waren.
    Zwei Beispiele will ich herausheben, einmal

    jenen legendäre deutschsprachige Barbier, der an Weihnachten 1959 live im Deutschen Fernsehen gezeigt wurde mit dem unvergessenen Duo Fritz Wunderlich (Almaviva) und Hermann Prey (Figaro "von Geburt"), sowie der mitreißenden Erika Köth als Rosine, dem beeindruckenden Max Proebstl als Bartolo und dem legendären Hans Hotter als Basilio, alles unter dem Dirigat des großen Joseph Kelberth in der Bayerischen Staatsoper. Dagegen muss man sich mal anschauen, was es heute so an Weihnachten zu sehen gibt.
    Das zweite Beispiel sah ich knapp 5 Jahre später:

    "Die Physiker", vom Dichter Friedrich Dürrenmatt 1964 selbst für das Fernsehen aufbereitet mit einem Who is Who an Schauspielern, Therese Giese als Ärztin, Siegfried Lowitz als Inspektor Voss, Gustav Knuth als Beutler (Newton), Kurth Erhardt als Ernesti (Einstein), Wolfgang Kieling als Möbius sowie Rosemarie Fendel, Willy Semmelrogge und Lilo Barth in weiteren Rollen. Regie führte damals Fritz Umgelter.
    Diese Möglichkeit haben heutige Jugendliche nicht mehr, denn es wird bis auf wenige Ausnahmen in 3Sat nichts mehr live übertragen, abgesehen vom Silvesterkonzert aus Berlin und Neujahrskonzert aus Wien.
    Das Interesse der Jugendlichen hat sich durch die Vielfalt der "neuen" Medien verlagert (ist verlagert worden). Positive Gegenbeispiele wie "Joseph II" sind Ringeltauben (sorry Joseph).
    Deswegen wird sich auch das Durchschnittsalter in Tamino in den nächsten Jahren kaum signifikant verändern, höchstens noch weiter ansteigen.
    Das gleiche Phänomen mit dem Durchschnittsalter erlebe ich seit vielen Jahren in den Konzerthäusern in Essen, Berlin und Köln, obwohl doch immer wieder junge Menschen dort anzutreffen sind (Gott sei Dank).


    Liebe Grüße


    Willi :rolleyes:

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Ich habe aber auch den Eindruck, dass wir in eine Phase der Geschichtslosigkeit steuern. Die jungen Leute kennen in einem Bereich, der sie interessiert, die aktuellen Akteure, aber haben gar kein Gefühl und Interesse mehr für die geschichtliche Entwicklung dieses Bereichs. Ich bin kein Cineast, gehe nur noch ganz selten ins Kino und gucke so gut wie nie einen Film im Fernsehen. Trotzdem kenne ich die wichtigen Regisseure des 2O. Jahrhunderts dem Namen nach und kann auch meist einen Film benennen. Und das konnte ich schon als junger Mensch. Ich bin auch kein großer Jazzfan, weiß aber wer Louis Amstrong, Duke Ellington, Ella Fitzgerald, Miles Davis usw waren und könnte in vielen Fällen vermutlich auch ihre Musik identifizieren. Ich weiß auch wer Madonna, Beyonce, Rihanna, Anastasia und Adele sind, obwohl mich diese Musik gar nicht interessiert. Zugegeben, da könnte ich nicht identifizieren, wer was singt.

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  • Ich hatte nie die Illusion, das "klassische Musik" "mehrheitsfähig" sei, selbst die in einem anderen Thread propagierten Daten erscheinen mir zu hoch. Der Schnitt der "Klassikhörer" ist nach meinen Informationen (sorry, es ist lange her - und ich kann keine Quellen mehr nennen) bei 3,5% in USA angeblich sogar bei 2,5% Wien sollte damals angeblich mit 10% (vermutlich der vielen japanischen Musikstudenten wegen) eine Quote von knapp 10% gehabt haben. Egal - wie dem auch sei.


    Zu der jungen angehenden Akademikerin: Es gibt zahlreiche junge Akademiker, die, was Allgemeinwissen anbelangt, strohdumm oder amusisch sind und einen Geschmack wie jeder "Nächstbeste" aufweisen. Sie sind darauf gedrillt in ihrem Fachbereich zu funktionieren, aber über eine elitäre Bildung, wie sie früher für jedes mittelbegabte Mitglied des Bürgertums selbstverständlich war, verfügen sie nicht. Was hier so arrogant klingt ist in Wahrheit die Realität - Man bildet sich lediglich um im Beruf Erfolg zu haben - Alles darüber hinaus ist LUXUS.
    Und da wären wir schon beim nächsten Punkt angelangt. Klassische Musik ist Luxus. Das war immer schon so, wird immer so sein - und ist auch gut so. Im Gegensatz zu früheren Zeiten hat sie aber weniger Wert als Statussymbol, genauso wie man heute mit dem Zitieren alter Klassiker niemand mehr beeindrucken kann.
    Ich möchte noch ein paar Zeilen zur Generationsfrage in "Klassikkonzerten" und auch bei Tamino in seiner Eigenschaft als "Klassikforum" schreiben.
    Klassikkonzerte - Schon in meiner Jugend gab es in Wien (und es wird in vergleichbaren Städten vergleichbares geben) die sogenannten "Jeunesse-Konzerte" - Eine Abonnentreihe mit klassischen Konzerten für Leute unter 26, wobei es verschiedene Serien gab - und das alles zu stark reduzierten Eintrittspreisen. Wer sich für diese Musik interessierte nahm also dieses Angebot in Anspruch - und besuchte demzufolge keine anderen Konzerte - bzw nur in Ausnahmefällen. Es ist klar, daß der Altersschnitt in den anderen Veranstaltungen dadurch anstieg.
    Klassikforum - Wenn wenige musikinteressierte junge Leute in ein Klassikforum gehen, dann hat das verschiedene Gründe.


    a)Es ist eine Zeitfrage, der Beruf wird immer anspruchsvoller, man verlangt von der Jugend für relativ wenig Geld oft hohe Leistungen, Weiterbildung und (meist unbezahlte) Überstunden. Meine Generation hätte und hat hier Widerstand geleistet.


    b)Man wird von der Familie beschlagnahmt


    c)Die eigene CD-Sammlung ist noch nicht riesig - man hat noch nicht viel vergleichend gehört


    d)Man hat noch wenig Erfahrung - und hat Angst sich vor all den "Koryphäen" zu blamieren
    (Letzteres wird mir immer wieder telefonisch bestätigt - und es ist ja auch ein Körnchen Wahrheit dabei. Was erwartet jemanden in einem Klassikforum, der Callas und Karajan nicht kennt und eine Sinfonie als "Lied" bezeichnet. Letzteres war auch ein Akademiker - wo mir das passiert ist)


    Es gibt sie natürlich schon, die jungen Selbstbewussten, die allen Alteingesessenen gerne erklären möchten, wie die Welt funktioniert - und sie warengelegentlich auch hier - aber zumeist nicht lange.


    Senioren, Lehrer, Priester, Singles aus Überzeugung, Klassikbesessene mit Eloquenz, Musikkritiker aus Berufung etc etc - die werden das Forum stets bereichern - da mach ich mir wenig Sorgen.


    Kommen wir wieder zurück zum eigentlichen Thema - und befassen wir uns damit, wer heute "Legende" ist - und wer vergessen.
    Und vor allem WARUM.
    In Bezug auf Callas erinnere ich mich, daß hier vor Jahren ein Thread begonnen wurde, der wegen Weggang des mehr oder weniger im Alleingang agierenden Mitgliedes zum Erliegen gekommen ist - und der auf einen "Prinzen" wartet, der ihn aus seinem Dornröschenschlaf holt. :D



    Maria Callas: The Complete Studio Recordings


    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Ich glaube, dass "wir", damit meine ich alle jenseits der "60", gegenüber den Jüngeren einen Vorteil haben: in unserer Jugendzeit wurde noch klassisches Theater, manchmal auch verfilmt, und wurden noch regelmäßig Opern, obwohl es anfangs nur ein Programm gab, im Fernsehen gezeigt


    Nicht nur im Fernsehen!! Sehr gut erinnere ich mich an Kinofilme mit Opernstoffen, Komponistenportraits, ganze Opernverfilmungen, auch Filme mit Opern- und Operettenmusik als Inhalt. Viele damals Jugendliche sind da reingegangen, nicht nur ältere Leute, und es wurde ein bestimmter Geschmack gebildet und gefördert.


    Ich erinnere mich an Kinofilme wie Giuseppe Verdi, Rigoletto, Aida, Das Haus Ricordi, Fidelio (Opernverfilmumg), Tosca (mit Corelli), die Lanza-Filme, die Schock-Filme, die Gigli-Filme. Wer noch tiefer nachdenkt, findet noch viel mehr, nur war in der DDR das Angebot nicht identisch mit den Kinofilmen im Westen.


    Und natürlich gab es in den 60-er Jahren die Opern-Unterhaltungen mit Anneliese Rothenberger, Margit Schramm, Ernst Stankovski, selbst Willy Schneider oder der blaue Bock machten keinen Bogen um die Oper. In der DDR Theo Adam, Peter Schreier, Reiner Süß, später Gunter Emmerlich uva. Vorbei, Krimis, Rock- und Schlager, sogenannte Volksmusik und seichteste Unterhaltung bestimmen das Niveau nicht nur der Privaten.


    Das gibt es nicht mehr!! Woher soll ein Jugendlicher denn Maria Callas kennen, wenn die Medien einen Bogen darum machen? Die Österreicher sind da noch ungleich besser dran, ich halte die Ösis trotz ihres Andreas Gabalier oder Hansi Hinterseer für das kulturvollere Volk gegenüber den Deutschen.


    La Roche

    Ich streite für die Schönheit und den edlen Anstand des Theaters. Mit dieser Parole im Herzen leb' ich mein Leben für das Theater, und ich werde weiterleben in den Annalen seiner Geschichte!

    Zitat des Theaterdirektors La Roche aus Capriccio von Richard Strauss.

  • Vor dreißig Jahren habe ich auch mehr Milka-Schokolade gegessen als heute. Das liegt vor allem daran, dass es heute ein 10 x größeres Angebot gibt. Dasselbe gilt für die Musik, die sich immer weiter auffächert: neben den alten Recken wie der Klassik, dem Pop und dem Rock, gibt es heutzutage Ethnomusic, elektronische Musik, Techno, etc... Dass Sparten wie die Klassik da an Zulauf verlieren, ist wohl kaum erstaunlich. Vor 50 Jahren gab es noch so etwas wie einen verbindlichen Kanon, an den man sich halten musste. Durch die Globalisierung ist das zunehmend in Frage gestellt. Ich bin zudem überzeugt, dass die Mehrheit der Klassikfreunde vor 50 Jahren auch nur Schweinsohren hatte, nur das hörte, was zum guten Ton gehört, und sich weiter nicht um Musik scherte. Aus diesem Grunde - dem guten Ton nämlich - gibt es auch die per se nicht unbedingt plausible Kopplung aus Abendgarderobe und Konzertbesuch.

  • Und ich glaube, viele aus der Altersgruppe der Jugendlichen sind auch heute gar nicht mehr in der Lage, sich konzentriert der Klassischen Musik, ja sich konzentriert irgendetwas zuzuwenden. Das haben die Macher von Techno, House, Rap etc. längst erkannt, produzieren am Stück, überschwemmen über unzählige Fernsehkanäle und Internetportale das Zielpublikum, das sich ohne viel eigenes Zutun beschallen lässt. Ein gewisser Grundrhythmus, Melodie unnötig bzw. gar nicht vorhanden (Techno), und schon geht's ab.
    Da ist es nicht verwunderlich, dass das klassische Publikum, vor allen in jüngeren Schichten immer mehr abnimmt.


    Liebe Grüße


    Willi :)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Und ich glaube, viele aus der Altersgruppe der Jugendlichen sind auch heute gar nicht mehr in der Lage, sich konzentriert der Klassischen Musik, ja sich konzentriert irgendetwas zuzuwenden. Das haben die Macher von Techno, House, Rap etc. längst erkannt, produzieren am Stück, überschwemmen über unzählige Fernsehkanäle und Internetportale das Zielpublikum, das sich ohne viel eigenes Zutun beschallen lässt.


    Entschuldigung, das sind doch Allgemeinplätze! Ich könnte jetzt genauso sagen, dass über 65-jährige graubraune Kleidung anziehen und eine Heidenangst vor Computern haben. Auf Internetportalen wie youtube kannst Du hunderttausende von Klassiktiteln finden, nicht nur Techno oder House. Und dass man für Rap weniger Konzentration braucht als für Operette und Schlager, möchte ich auch bezweifeln. Das Abendland ist bereits tausende Male untergegangen - einmal mehr macht da auch nichts aus....

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  • Lieber Felix,


    ich habe da als Lehrer in über 42 Dienstjahren meine ganz speziellen Erfahrungen gemacht, was Konzentrationsvermögen der Jugendlichen betrifft, und die deckten sich in der Regel mit den Erfahrungen der Kollegen.
    Speziell auf Musik bezogen, haben sich die Erfahrungen auch in meinem Musikunterricht ergeben, da waren die Schülerinnen und Schüler der Jahrgangsstufen 9 und 10 in den seltensten Fällen willens und in der Lage, klassischen Stücken länger als einige Minuten konzentriert zu lauschen oder sich im anschließenden Unterrichtsgespräch konstruktiv darüber zu äußern. Brachte ich aber Hörbeispiele der o.a. Richtungen, wurde sofort der Rhythmus (manchmal ganzkörperlich) aufgenommen, wobei wirklich die Melodie eine ganz untergeordnete Rolle spielte.
    Die Erfahrungen waren in anderen Fächern ähnlich, z.B. im Literaturunterrricht. Klassische Literatur war da überhaupt nicht mehr gefragt, Kurzgeschichten waren schwierig zu vermitteln, nur aktuelle Jugendromane, in denen Jugendliche mit aktuellen Problemen (Suchtprobleme, Ausgrenzung, Ausländerproblematik, Rechtsradikalismus etc.) geschildert wurden, waren noch einigermaßen vermittelbar
    Nun rede ich hier von Hauptschule, an Gymnasien mag das Ergebnis etwas positiver gewesen sein.


    Liebe Grüße


    Willi :)

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  • Was ich schon seit Jahren bei unseren Quotenfrauen und Herrn Mende bei den öffentlicht Rechtlichen Anstalten bemängele.
    Die historischen Aufnahmen bekommt halt keiner von denen mehr mit Anlauf gratis ins Gesäß geschoben, deswegen werden sie heute nicht mehr gespielt und darum kennt keiner mehr die großen Sänger der Vergangenheit.
    Außerdem entsprechen sie den höchsten technischen Maßstäben nicht mehr, das kann heute doch nun wirklich niemanden, namentlich seien hier Plüschomi und ähnliches erwähnt, beim bügeln und kochen nicht mehr zugemutet werden.

  • Lieber Felix,


    ich habe da als Lehrer in über 42 Dienstjahren meine ganz speziellen Erfahrungen gemacht, was Konzentrationsvermögen der Jugendlichen betrifft, und die deckten sich in der Regel mit den Erfahrungen der Kollegen.


    Lieber Willi,
    ich glaube Dir und ich kenne auch die Schule nicht, in der Du unterrichtest hast. Hier in Wien ist es aber jedenfalls so, dass sich die Hauptschule in den letzten 40 Jahren von einem normalen Schultyp in eine Sonderschule für die Unterschicht gewandelt hat. Das heißt, dass ganz einfach eine andere Gruppe Schüler heute in die HS geht als vor 40 Jahren. Könnte es nicht einfach daran liegen?

  • Natürlich ist das so, lieber Felix, aber das Problem zieht sich im Grunde genommen im dreigliedrigen Schulsystem Hauptschule-Realschule-Gymnasium durch alle drei Stufen, so dass es den Gymnasiasten von vor 40 Jahren mit der Intelligenz, den vielfältigen Interessen und der Arbeitshaltung heute im Großen und Ganzen nicht mehr gibt. Selbst mit den immer umfangreicher werdenden Fördermaßnahmen erreichen die Schüler heute qualitativ nicht mehr die Ergebnisse wie vor 40, 50 Jahren. Das ist eine Niveauverschiebung des gesamten Schulsystems nach unten und nicht nur des gesamten Schulsystems, sondern des ganzen Gesellschaftssystems. Also, keine rosigen Aussichten.


    Liebe Grüße


    Willi :)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Ich fürchte der Grund sind die komplizierteren Familienverhältnisse heutzutage, die eine gedeihliche Förderung der Kinder erschweren. Alleinerziehende oder Eltern, die beide arbeiten müssen, können einfach nicht mehr die Erziehungsleistung bringen bzw. ihren Kindern dieselbe Aufmerksamkeit zuteil werden lassen wie noch vor 40-50 Jahren.

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  • Das kommt noch hinzu, lieber Felix, zunächst ein Stadium, in dem beiden Elternteile arbeiteten, um den gestiegenen Lebensstandard zu halten oder ihn überhaupt zu steigern, natürlich auf Kosten des Familienlebens und der Erziehung der Kinder, dann in der nächsten (nach unten gerichteten) Stufe, in der wir uns heute etwa befinden, dass beide Elternteile arbeiten oder sogar mehrere Jobs übernehmen, um die Famlie überhaupt unterhalten zu können, oder eben, dass diese Aufgabe von Alleinerziehenden vollbracht werden muss, natürlich auf Kosten.... ein Teufelskreis.
    Doch nun genug der dunklen Gedanken. Ich will mal schaun, ob ich in Schlaf komme.


    Liebe Grüße


    Willi :)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Die Österreicher sind da noch ungleich besser dran, ich halte die Ösis trotz ihres Andreas Gabalier oder Hansi Hinterseer für das kulturvollere Volk gegenüber den Deutschen.


    Na ja, offenbar können wir musikalisch nichts anderes in die BRD exportieren.... :stumm:

    ;)

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • Das ist eine Niveauverschiebung des gesamten Schulsystems nach unten und nicht nur des gesamten Schulsystems, sondern des ganzen Gesellschaftssystems. Also, keine rosigen Aussichten.

    Ich fürchte der Grund sind die komplizierteren Familienverhältnisse heutzutage, die eine gedeihliche Förderung der Kinder erschweren.

    Hallo,


    dem 1.Zitat stimme ich voll zu.
    Dem 2. Zitat weniger in dem Sinn, als die Familienverhältnisse nur eine Folge des verheimlichten politischen Willens sind, das Niveau abzusenken - dumme Menschen sind leichter manipulierbar - man sehe sich nur an, wie nun auch in der BRD seit Jahren Wahlkampf betrieben wird - übernommen von "unserem großen Freund" jenseits des großen Teiches. Übrigens wurde hier(?) oder an anderer Stelle von der akademischen Ausbildung gesprochen, die nur noch dem Ziel dient, möglichst viel Geld zu machen, also rein wirtschafts-, finanzorientiert ist; das Ergebnis kann man auch "Fachidioten" nennen.


    Viele Grüße
    zweiterbass

    Wer die Musik sich erkiest, hat ein himmlisch Gut bekommen (gewonnen)... Eduard Mörike/Hugo Distler

  • 1. Die Erstbegegnung mit klassischer Musik ist ganz wesentlich für die junge Generation.


    2. Auslöser für ein besonderes weiterführendes Interesse an klassischer Musik kann im Elternhaus (Hausmusik, CD/DVD/Fernsehen), Schulmusik-Unterricht oder ein Konzert-, Ballett- oder Opernerlebnis sein.


    3. Danach werden in der Regel alle elterlichen Klassik-Schätze durchgehört, preiswerte CDs gekauft oder regelmäßig Konzerte, Ballette und Opern besucht.


    4. Problematisch ist hierbei das gegenwärtige Regietheater, dass den jungen Leuten suggeriert, nur so kann man Oper überhaupt noch aufführen.


    5. Wichtig ist, dass der junge Mensch seinen eigenen Weg sucht, findet und voranschreitet was die klassische Musik betrifft und nicht den Werbe-Sprüchen so einfach Glauben schenkt, sondern lieber vergleichend hört und dann entscheidet, wobei auch ältere Aufnahmen in Betracht kommen.


    6. Ältere Semester haben oft das Problem, das bei ihnen oft die Zeit mit dem Ableben Karajans und Bernsteins stehen geblieben ist. Schlimmer noch: die eine wahre Mono-Phobie an den Tag legen, die nur wenig STEREO überhaupt zulassen und auch nicht bereit sind, sich für NEUES zu öffnen und sich auch etwas zuzulegen. Viele (auch von den hier angemeldeten Taminos) kennen ja nicht mal Sänger wie Behle, Cencic, Gerhaher oder Sängerinnen wie Pizzolato, DiDonato, Podles, Pendatchanska und wenn doch, dann meist nur dem Namen nach. Wenn man sie auffordert, einmal Aufnahmen von diesen Künstlern vorzulegen -- Fehlanzeige. Klar, sie sind fernab des großen Werberummels ...



    :hello: LT

  • Naja Liebestraum, interessant sind die Namen schon mit denen Du gerade jonliert hast.
    Interessant insofern weil alle meines Wissens einen nicht so schlecht bezahlen Vertrag mit einer CD Firma in der Tasche haben.
    Wie sieht es aber mit Mirella Golinelli (irgentwo zwischen Sopran und Mezzo angesiedelt), Giancarlo Monsalve (Tenor, seit ca. 2008 aktiv), Brandon Jovanovitch (überwiegend im Wagnerfach zu finden, singt aber unter anderem auch Verdis Don Carlos und den Pinkerton) bzw. Angela Meade (Norma, Leonora und singt auch Rollen des früheren Verdi).
    Da diese alle keinen Vertrag mit einem etablierten CD Vertrieb haben wird es fürchte ich auch hier im Forum schwierig mehr als eine handvoll Personen zu finden den diese Namen etwas sagen und auch mit Mitschnitten dieser Künstler vertraut sind.


    Daniel Behle ist mir noch aus seinen Anfänger vertraut ( Konzert mit Renate Behle und der Johannes Passion ), bevor er seinen Vertrag mit einem CD Vertrieb in der Tasche hatte.
    Gerhaher kenne ich nur weil es seine ersten CDs zu einen guten Kurs gab.
    Cencic fand ich schon immer herausragend.
    Podles seit ihren Anfängen bei Naxos, Pizzollato bewußt erst seit ca 20 Monaten, mit Pendatchanska erging es mir bewußt ebenso und di Donato auch erst so richtig bewußt seit ich sie in einer Richard Tucker Gala als Einspringerin für Susan Graham Live erleben durfte.
    Sie war mir zwar vorher zwar ein Begriff gewesen aber doch eher unter ferner liefen.

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  • Lieber Sven,


    ich glaube mit der Nennung meiner Namen sind viele hier schon überfordert. Geschweige dann von deinen hier aufgezählten Künstlern. Zumal für mich (und sicherlich nicht nur für mich) nur Aufnahmen mit einem besonderen Standard in Frage kommen. Laut-krachende Bühnengeräusche, verzerrte Ton- bzw. Bildwiedergabe, die einem alles verleiden, nur um einen Künstler mit einer interessanten Stimme zu hören, kommt für mich ohnehin nicht in Frage.


    LT

  • Ältere Semester haben oft das Problem, das bei ihnen oft die Zeit mit dem Ableben Karajans und Bernsteins stehen geblieben ist. Schlimmer noch: die eine wahre Mono-Phobie an den Tag legen, die nur wenig STEREO überhaupt zulassen und auch nicht bereit sind, sich für NEUES zu öffnen und sich auch etwas zuzulegen.

    Als älteres Semester möchte ich das jetzt mal so nicht stehenlassen. Ich glaube schon, dass sich auch ältere Semester hier für Neues erwärmen können (wenn auch meist nicht für neuere Operninszenierungen :D ). Aber es ist natürlich schon so, dass ich wenn schon der Beethoven von Furtwängler, Klemperer, Bernstein und Wand neben vielen anderen im Regal steht, nicht gleich glühende Ohren bekomme, wenn ich höre, dass Herrn Zinman oder Herr Järvi auch noch einen auf den Markt geworfen haben; auch wenn das Marketing versucht uns glauben zu machen, hier könnten wir jetzt Dinge hören, die wir vorher nicht gehört haben.
    Aber als Freund des Geigenspiels und des Streichquartetts können sich (fast) alle jungen neustartenden Künstler sicher sein, dass ich mir eine ihrer frischgebackenen CDs kaufe, es sollten allerdings nicht nur Bruch und Mendelssohn Violinkonzerte bzw. Haydn-Quartette drauf sein.


    Und das mit der Mono-Phobie habe ich jetzt gar nicht verstanden, das zeichnet doch die älteren Semester nicht aus, eher doch die jungen, die schon beim Hören von verbliebenem Bandrauschen zusammenzucken.

  • Zitat

    Viele (auch von den hier angemeldeten Taminos) kennen ja nicht mal Sänger wie Behle, Cencic, Gerhaher oder Sängerinnen wie Pizzolato, DiDonato, Podles, Pendatchanska und wenn doch, dann meist nur dem Namen nach. Wenn man sie auffordert, einmal Aufnahmen von diesen Künstlern vorzulegen -- Fehlanzeige. Klar, sie sind fernab des großen Werberummels ...


    Darin sehe ich kein Problem - und auch nichts Ungewöhnliches.
    Die Generation über 50 versucht zu retten was zu retten ist und kauft vorzugsweise Opernvideos aus der Prä-Regietheaterära.
    In Sachen gegenwärtiger Aufnahmen wird dann oft nur eine CD gekauft, und hier ist es nicht so selbstverständlich sich die Namen zu merken, man hört das Werk und nimmt die Besetzung nur am Rande wahr. Wer vermutet auf einer Naxos-Opern-CD schon Namen von Sängern die man kennen muß ? (aber es gibt sie vereinzelt doch)


    Man muß hier auch die Mentalität des durchschnittlichen Klassikhörers in Betracht ziehen - Er akzeptiert nur in Ausnahmefällen Künstler, die jünger sind als er selbst. Und vor allem akzeptiert er kaum je "Shooting-Stars".


    Kommen wir zu den genannten Namen. Ich habe mich selbst abgeprüft und bin zu folgendem (überraschenden Ergebnis gekommen:
    Gerhaher (ich mag seine Stimme nicht),Di Donato habe ich BEWUSST gekannt.
    Eva PODLES und Behle kannte ich den Namen nach.
    ABER:
    Ich besitze eine Aufnahme der Regimentstochter mit Podles, hab das aber nicht näher registriert (wer mal Sutherland gehört hat will nichts anderes mehr).
    Ebenfalls auf irgend welchen Operngesamtaufnahmen in meiner Sammlung mit dabei sind ALLE andern ausser Behle.


    Letzteres lieg nicht an der Stimme dieses Sängers, sondern daß ich mich nicht entschliessen konnte meinen etwa 12 Operngesamtaufnahmen der Zauberflöte noch eine 13. hinzuzufügen. Noch dazu eioen wo im Werbetext folgende Warnung untergebracht ist:


    Diese Einspielung ist weniger eine Oper als ein großes Hörspiel mit Musik, bei der die Arien weniger opernhaft gesungen werden und die Dialoge näher an der Oper sind als üblich.


    Es ist nicht Aufgabe der älteren Generation jene der jüngeren Generation zu "entdecken - das muß schon die Jüngere erledigen. AUSNAHMEKÜNSTLER indes - Di Donato würde ich dazu zählen - werden immer als solche erkannt - früher oder später.
    Entsprechend der Mentalität des Klassikpublikums - eher später......


    mit freundlichen Grüßen aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Na ja, offenbar können wir musikalisch nichts anderes in die BRD exportieren....


    Womit wir wieder beim Thema wären. Jeder Export will auch importiert sein. Und wenn meine Landsleute lieber Hinterseer oder Borg importieren als Martina Serafin oder Sebastian Holecek, dann beweist das nicht eine schlechte Qualität der Exporteure, sondern geistige Defizite im Import.


    Übrigens bin ich jetzt auch einmal stolz auf eine Deutsche. Dagmar Schellenberger ist ja den gegenteiligen Weg gegangen (Hoffentlich ist sie jetzt keine Ösi, sonst stehe ich ja richtig als Piefke da, was für mich kein Schimpfwort ist!!) von BRD an den Neusiedler See. Bin besonders stolz darauf, weil ich mit ihr schon einmal anläßlich eines Opernballes in Gera anstoßen durfte, mit Küßchen!!


    La Roche

    Ich streite für die Schönheit und den edlen Anstand des Theaters. Mit dieser Parole im Herzen leb' ich mein Leben für das Theater, und ich werde weiterleben in den Annalen seiner Geschichte!

    Zitat des Theaterdirektors La Roche aus Capriccio von Richard Strauss.

  • Wenn es einen Tenor wie Corelli oder Pavarotti heute gäbe, wäre er die Nr. 1 meiner CD-Sammlung. Gibt es aber nicht. Wenn es einen Bariton wie Bastiannini oder Panerai oder Gobbi heute noch gäbe, wäre mein Regal noch voller. Viele, viele andere Namen kann ich bringen.


    Vielleicht bin ich verklärt, vielleicht aber auch kritisch. Joyce di Donato und Diana Damrau halte ich für Spitzensängerinnen, die auch mit älteren Aufnahmen konkurrieren können. Aber mit der Callas um 1950??


    Ich kann dem also nicht folgen, daß mit den Jahren der Geschmack und die Erinnerung stehenbleiben. Die o.g. Beispiele kann jeder von uns beliebig fortsetzen. Dabei gebe ich recht, die Verunstaltungen auf den Opernbühnen halten davon ab, die heutige Sängergeneration als Liveerlebnis einzuschätzen.


    Für mich ist bei einem Sänger der Wiedererkennungswert wichtig. Rosvaenge, Lanza, del Monaco erkenne ich nach den ersten 5 Tönen, viele andere der "Alten" auch. Villazon erkenne ich auch sofort, aber leider.......Oft hört man eine schöne Stimme (z.B. Schirrmacher), aber sie nach wenigen Tönen zu erkennen, braucht es halt Zeit.


    Daß aber - wie oben geschildert - junge Opernfreunde mit Callas oder junge Schauspieler mit Gründgens nichts anfangen können, das ist schon bedenklich!


    La Roche

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    Zitat des Theaterdirektors La Roche aus Capriccio von Richard Strauss.

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  • Podles ist eine ganz andere Stimmlage als Sutherland... nur mal so am Rande...


    Ich verstehe den Zusammenhang des Threadtitels, mit dem, was hier teils diskutiert wird, nicht.


    Es ist doch offensichtlich ein riesiger Unterschied, ob z.B. ein Opernsänger ein lebender Superstar ist, der in der (Klatsch-)Presse ständig präsent ist, oder ob es sich um eine Größe von vor 50 oder mehr Jahren handelt. Ganz abgesehen von der schon genannten Vervielfachung der Medien und anderer Angebote: 1955 musste man vermutlich nur die Titelseiten der Illustrierten überfliegen, um zu wissen, wer die Callas ist, während heute ein bewusstes Interesse nicht nur am Operngesang überhaupt, sondern auch an dessen Geschichte im 20. Jhd. notwendig ist.
    Ich frage mich, wie viele derer, die bestürzt darüber sind, dass in den 1980ern Geborene nicht wissen, wer Callas war, ihrerseits in den 1960ern mehr als einen Sänger (nämlich Caruso), dessen Höhepunkt vor 1920 gelegen hat, nennen konnten. Ich selbst könnte heute zB außer Caruso keinen Sänger des frühen 20. Jdhs. nennen und habe keinen anderen bewusst gehört, obwohl ich vermutlich einige Namen erkennen würde.


    Wie schon gesagt, kommt noch dazu, dass z.B. die Opernsänger heute nicht mehr die typischen Prominenten sind, sondern Popstars, Sportler, Supermodels usw. Das hat sich in den letzten 50 Jahren tatsächlich geändert.
    Andererseits war auch damals schon die Unterhaltungsmusik dominant (wie selbst bei Tamino die entsprechenden Nostalgie-threads belegen) und ich halte es für eher unwahrscheinlich, dass Schlager um 1960 erheblich besser waren als Pop, Rap etc. von heute. Nur ist ein größerer Teil der schrottigen Schlager längst vergessen und wir erinnern uns selektiv an ein paar Evergreens.


    Und wenn man ehrlich ist, ist es mit den großen Interpreten nicht anders. Ich will den Rang einzelner Künstler und ihrer Aufnahmen nicht schmälern, aber wie viele Aufnahmen sind hauptsächlich legendär, weil sie die erste in akzeptablem (oder sehr gutem Sound) gewesen sind?


    Sie begannen als Referenz mangels Konkurrenz und das wurde dann einfach weitergeschrieben. Das soll deren Qualitäten nicht schmälern, aber es erklärt ein gut Teil des legendären Rufs und warum der, sobald es breitere Konkurrenz gab, gelitten hat. Natürlich werden Richters Bach oder Vivaldi von den Musici Referenz, wenn es wenig Alternativen gibt und die, die es gibt, zB alle schlechtere Klangqualität o.ä. Probleme haben. Wenn man heute aber zwei dutzend Aufnahmen der Matthäuspassion in ebensoguter oder besserer Qualität hat, wird selbstverständlich Richter nicht mehr die ex-cathedra-Aufnahme sein.

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Podles ist eine ganz andere Stimmlage als Sutherland... nur mal so am Rande...


    auch noch so am Rande: Ewa Podles singt in der "Regimentstochter" die kleine Alt-Rolle der Marquise de Berkenfeld und nicht die "Marie" wie die Sutherland....

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)


  • auch noch so am Rande: Ewa Podles singt in der "Regimentstochter" die kleine Alt-Rolle der Marquise de Berkenfeld und nicht die "Marie" wie die Sutherland....


    dann "passt" es ja wieder. Da ich die Oper nicht kenne, war mir nur klar, dass irgendwas schief sein musste, nur nicht was.
    Die Frage ist freilich, ob sich aus solch einer Nebenrolle ein angemessenes Bild der Virtuosität und des Stimmumfangs dieser Altistin ergibt. Podles wäre nämlich ein schlagendes Beispiel dafür, dass es auch heute exzeptionelle Sänger gibt, für die man nicht sofort einen oder zwei der Vergangenheit, die "eh besser" sind, nennen kann.

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  • Stimmen von heute - Ewa Podles


    Die Stimmlage "Koloratur-Alt" ist relativ selten. Ewa Podles gehört hier sicher zu den bedeutendsten Interpretinnen unserer Zeit.
    Vegleichbar vielleicht mit Isabella Colbran zu Zeiten Rossinis, der ihr etliche Rollen in die "geläufige Gurgel" komponierte....


    LG


    :hello:

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)

  • Noch einmal Ewa Podles: Ganz großartig fand ich ihre Leistung als Tancredi in der Naxos-Produktion der Rossini-Oper, mit der ebenfalls überragenden Sumi Jo als Amenaide - Leitung Alberto Zedda.


    :hello:

    .


    MUSIKWANDERER

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