Musikwanderers "Unverzichtbare"

  • Da hier persönliche Lieblings-Aufnahmen (das Wort "Unverzichtbar" halte ich für etwas zu hoch gegriffen, aber es ist ja so vorgegeben) gepostet werden können, will ich dann so peu a peu meine CDs einstellen:



    Da ich gerade in einem anderen Thread über Nicolais "Lustige Weiber" geschrieben habe, bleibe ich mal bei diesem Komponisten und wähle die nebenstehende Heger-Aufnahme (und das nicht nur wegen meines Lieblingstenors Fritz Wunderlich!) als erste aus. Hier ist für meinen Geschmack ein heterogenes Sängerensemble zusammengestellt worden, das mit Spielwitz bei der Sache ist.




    Ich bleibe mal bei Robert Heger, dem "guten Kapellmeister alter Schule" (ein Wort, mit dem vor vielen, vielen Jahren Leo Blech geehrt wurde) und nenne seine Aufnahme von Lortzings "Zar und Zimmermann". Auch dem hier eingesetzten Sängerensemble (damals, 1965, in der DDR als innderdeutsche Produktion in Dresden entstanden) zuzuhören, macht richtig Laune. Ohne jetzt jeden Einzelnen erwähnen zu wollen - dieser Eine muß sein: Gottlob Frick, natürlich als van Bett, ist sowas von komisch und überheblich und oberlehrerhaft (immer zum jeweiligen Handlungsverlauf!), daß es eine wahre Wonne ist.



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  • Dieser „Figaro“ wird zu Recht gelobt, er ist auch für mich die Aufnahme von Mozarts Oper schlechthin. Das Solisten-Ensemble mit Poell, della Casa, Güden, Rössl-Maidan, Danco, Corena und Dickie begeistert, und Erich Kleiber liefert ein Dirigat voller Schwung und Charme. So muß Mozart gespielt werden.




    Wenn ich diesen deutsch gesungenen „Figaro“ (den möglicherweise letzten in deutscher Sprache) hier aufführe, dann aus einer nostalgischen Erinnerung heraus - Rückblick an Theateraufführungen in unserer Sprache. Aber diese Einspielung hat ein wunderbares Ensemble mit u.a. Prey, Güden, Rothenberger, Berry, Schreier, Ollendorf, Vogel und Mathis zur Verfügung. Besonders auffällig gestalten Prey als Graf und Berry in der Rolle des Figaro ihre vom Text her intendierten sozialen Unterschiede.


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  • Am Ende des Tages und als dritte Unverzichtbare stelle ich diese "uralte" Electrola-Aufname ein, die aber immer noch frisch und überzeugend (durch Prälat Dr. Karl Forster mit dem Terzett Grümmer, Traxel, Frick) klingt. Seit ich diese Einspielung kenngelernt habe, und das geschah noch zu LP-Zeiten, hat sie mich fasziniert. Ich sehe mich außerstande, eine Sängerpersönlichkeit herauszustellen - das ist ein wunderbare musikalische Einheit - oder vielleicht doch Gottlob Frick, nicht weil seine sängerische Leistung hervorzuheben wäre, sondern weil er, vielleicht durch die Aufnahmetechnik unterstützt, deutlich das Baßfundament hörbar macht. In der Gönnenwein-Einspielung höre ich das nicht. Was den instrumentalen Teil angeht: Es stört mich überhaupt nicht, daß hier ein großes Sinfonieorchester spielt.


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  • Bildergebnis für psalmen davids / hanns martin schneidt


    Diese Psalmkompositionen von Heinrich Schütz gehören für mich zum Besten, was uns der Meister hinterlassen hat. Und es ist gerade diese Einspielung mit den Regensburger Domspatzen unter Hanns-Martin Schneidt, der das Ulsamer Collegium und den Hamburger Bläserkreis für alte Musik für den instrumentalen Teil zur Verfügung hatte, die mir sehr gefällt.[/align]


    Die "Musikalischen Exequien" von Schütz, die mit gutem Grund als erstes "Deutsches Requiem" bezeichnet werden können, ist eines meiner liebsten Schütz-Werke. Wenn es auch, gerade von diesem Werk, viele hervorragende Aufnahmen gibt, muß sich diese Naxos-Produktion nicht verstecken: Das Alsfelder Vokalensemble und die Himmlische Cantorey, das Barockorchester I Febiarmonici und die Solisten, werden von Wolfgang Helbich zu einem hervorragenden Ensemble zusammengeführt. Das knapp halbstündige Werk wird hier um die "Die sieben Worte" und die Motetten "Die mit Tränen sähen" und "So fahr ich hin" sinnvoll ergänzt.



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  • Bildergebnis für Ariadne Strauß Rudolf Kempe. Größe: 176 x 149. Quelle: www.allmusic.com


    Diese gesamtdeutsche (EMI und VEB Deutsche Schallplatten Berlin) „Ariadne“ von 1968 aus Dresden (ich habe sie in der EMI-Opera-Serie mit anderem Cover), ein Klassiker aus dem Archiv der EMI, ist mir ans Herz gewachsen. Die Dresdner Wunderharfe unter Rudolf Kempe spielt zu Recht in der Spitzenliga und das Sängerensemble ist beeindruckend (u.a.): Janowitz als Primadonna/Ariadne (manchmal, nicht immer, unterkühlt), Geszty als Zerbinetta, Zylis-Gara als Komponist, Burmeister (Najade), Stolte (Echo), King Tenor und Bacchus, Adam als Musiklehrer, Schreier ist sowohl Tanzlehrer als auch Scaramuccio, Prey als Harlekin.


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  • 511lcIHc5NL._SY498_BO1,204,203,200_.jpg


    Auch diese DVD ist für mich unverzichtbar. Jedes lobenswerte Wort über die geniale Umsetzung durch Gustaf Gründgens wirkt schwach. Und eine Schauspielerriege der Weltklasse macht diese Abfilmung des Bühnengeschehens sehenswert. Meine Ausgabe hat allerdings noch das alte Cover.



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  • Johann Sebastian Bach


    Als ich diesen Vierteiler aus DDR-Produktion erstmals sah, war ich begeistert, nicht nur über die filmische Umsetzung, sondern auch über die schauspielerische Leistung von Ulrich Thein als Thomaskantor. Das war eine große Leistung des Fernsehens der DDR, das war eine große künstlerische Leistung des gesamten Schauspieler-Teams, und genau wie der Sechsteiler über "Sachsens Glanz und Preußens Gloria" wird auch dieser Mehrteiler auf DVD für mich immer unverzichtbar sein.


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  • My fair lady [IT Import]


    Noch so eine DVD, die mir als unverzichtbar erscheint. Nicht nur wegen der Musik von Frederick Loewe, sondern auch wegen der Schauspieler. Was soll ich an Lobeshymnen noch schreiben, es ist nur noch Abklatsch alles schon Geschriebenen...


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  • Ich habe noch einmal gesucht und ich die nebenstehende DVD ausgegraben, die ich auf keinen Fall nicht missen möchte. Seit vor Jahren mein DVD-Gerät seinen Geist aufgab, habe ich mir keinen neuen angeschafft, weil ich dachte, es lohnt sich wegen der wenigen für mich interessanten Aufnahmen dieses Formats ein neues Gerät nicht. Nun könnte sich doch in Kürze eine Neuanschaffung realisieren lassen und da habe ich inzwischen sogar etliche Opern- und Operettenwerke auf dem Wunschzettel, die meinen Vorstellungen von "artgerechten" Inszenierungen entsprechen. Lange Rede und doch nur kurzer Sinn, was den Furtwängler-Don-Giovanni angeht: das ist für mich eine Jahrhundert-Aufnahme, wobei mich, als Sängerlaie, der Komtur von Deszö Ernster enttäuscht hat. Dennoch ist das ein Gipfel in der Don-Giovanni-Diskographie.


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  • Um thematisch direkt an den vorangegangenen Beitrag anzuschließen: Der Klemperer-Aufnahme des „Don Giovanni“ wurde und wird auch heute noch zuviel Beethoven-Schwere nachgesagt oder es wird ihr der Vorwurf der Überbetonung des „dramma“ und der Vernachlässigung des „giocoso“ gemacht - von den langsamen Tempi ganz zu schweigen. Ich negiere diese Auffassungen, halte diese Einspielung für eine der dramatischten der Mozart-Oper. Vor allen Dingen dem Untergang des Verführers im zweiten Finale ist eine Dramatik zu eigen, die ich bei anderen Einspielungen vermisse. Ghiaurov ist neben Siepi mein Favorit für diese Rolle, der sowohl den Lebemann, als auch den „Wüstling“ hörbar macht. Neben ihm ein gutes Ensemble: Walter Berry als Leporello, Nicolai Gedda als Don Ottavio (für mich geringe Abstriche), Claire Watson als Donna Anna und Christa Ludwig als Donna Elvira, Franz Crass als Komtur (vorzüglich!) und die junge Mirella Freni als Zerlina.


    Nebenbei bemerkt: Mein Cover ist älteren Datums. Aber diese 4-CD-Box (!) hat für Interessenten ein gewichtiges Plus (wie es im Produktinfo heißt): „Durch Zufall fanden die EMI-Produzenten in den Archiven der Abbey Road Studios weiteres Material, das diese Einspielung in der Gedenkedition zu einer einzigartigen Dokumentation ergänzt. Jon Tolansky, profunder Kenner der Geschichte der Fonografie, präsentiert dieses Material, das faszinierende Blicke hinter die Kulissen der Aufnahme erlaubt. Sie zeigen Klemperer nicht nur als Dirigenten, der akribisch nach Perfektion strebte - etwa in der Ouvertüre oder in Don Giovannis Serenade. Auch einige Gespräche im Abhörraum sind in den Dokumenten verewigt: Klemperer diskutiert mit Mirella Freni einige Passagen ihrer Partie.“


    Was die Bezeichnung "Gedenkedition" angeht: In diesem Juli 2013 jährt sich Otto Klemperers Todestag zum 40. Mal.


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  • Ich bleibe mit noch einer Aufnahme beim Thema. Die nebenstehende Einspielung entstand 1958; die Interpreten darf man mit Fug und Recht als Fricsay-Familie bezeichnen: Fischer-Dieskau in der Titelpartie, Sena Jurinac als Donna Anna, Ernst Haefliger als Don Ottavio, Maria Stader als Donna Elvira, Ivan Sardi als Masetto und Irmgard Seefried als Zerlina. Es wurde von Kritikern behauptet, es herrsche „blutleere Studio-Atmosphäre“, die Fricsay bei der später entstandenen „Nozze“ überwunden habe. Ich höre diese Blutleere nicht, und wenn ich FiDis Don Giovanni auch nicht so gut finde wie Siepi oder Ghiaurov, wenn ich den Komtur von Walter Kreppel auch nicht so packend höre wie Franz Crass - dann ist diese Einspielung für mich insgesamt doch ein Plus, die auch bestimmt mit auf die einsame Insel käme.


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  • Lieber Manfred,
    sowohl Figaro mit Siepi und Don Giovanni mit Ghiaurov gehören zu meinen Favoriten. Und jetzt erblasse, lieber musikwanderer: ich habe Ghiaurov noch live gehört (wenn auch nicht als Figaro und Giovanni), und ich habe SIEPI ALS FIGARO UND DON GIOVANNI LIVE GEHÖRT. Das kann man nicht toppen.

    Schönheit du kannst zwar wol binden...

    Schönheit machet viel zu blinden...

    Schönheit alle Freyer grüssen...

    Schönheit reitzet an zum küssen...

    Schönheit lässt sich gerne lieben...

    (Andreas Hammerschmidt,1611-1675)

  • Zu meinen unverzichtbaren Aufnahmen gehört auch der „Rosenkavalier“- mit dem ständigen inneren Streit, ob ich nun Kleiber den Vorzug geben soll oder doch Karajan:


    Richard Strauss , Maria Reining , Wiener Philharmoniker , Ludwig Weber , Sena Jurinac , Hilde Güden , Alfred Poell , Erich...


    Kleibers mit dem "Deutscher Schallplattenpreis" und dem "Grand Prix du Disque" ausgezeichnete Einspielung von 1954 ist eine Offenbarung, weil er nicht nur ein phänomenales Ensemble zur Verfügung hatte, sondern mit den Wiener Philharmonikern auch ein Orchester dirigierte, dem der Wiener Charme sozusagen in die musikalische Wiege gelegt wurde. Das Orchester spielt unter Kleibers Leitung den musikalischen Reichtum der Partitur mit unschlagbarer Präzision und zugleich klanglicher Transparenz aus, dass man vollkommen vergisst, hier eine Mono-Aufnahme zu hören - es genügt ein Wort: Decca! Zu Recht eine Legende der Diskographie dieser Strauss-Oper. Die Abbildung ist übrigens ein Symbolbild, meine Ausgabe hat ein anderes Cover.


    Karajan - Der Rosenkavalier


    Hier nun die andere, die man oft als „wienerischte“ aller „Rosenkavalier“-Aufnahmen bezeichnet hat. Ich persönlich kann dem Statement wegen meiner Liebe zur Kleiber-Einspielung nichts abgewinnen, aber mit Fug und Recht nennt man Karajans Aufnahme "Great recording of the century"! Hier ist ein Ensemble eingesetzt, darunter beispielsweise die junge Christa Ludwig als Octavian, ein als polternder Ochs überzeugender Otto Edelmann, und natürlich eine großartige Elisabeth Schwarzkopf als Marschallin. Wie schon geschrieben: Das Schwanken zwischen jener und dieser Aufnahme ist ja wirklich ein Luxusproblem. Schön, dass ich beide je nach Laune hören kann.


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  • Ob nun Mozarts „Figaro“ oder sein „Don Giovanni“ oder auch „Der Rosenkavalier“ - auch bei Mozarts „Zauberflöte“ spüre ich immer wieder den inneren Zwist, ob ich nun die Referenz-Einspielung von Karl Böhm (1964) oder doch die ebenbürtige Referenz von Ferenc Fricsay (Mono von 1955) bevorzugen soll. Wie in den anderen Fällen muss ich betonen, froh zu sein, beide zu haben. Dass Böhm für seine Einspielung neben dem Deutschen Schallplattenpreis auch noch den Edison-Preis bekam, sei nur am Rande vermerkt. Dass er außerdem in Fritz Wunderlich den für mich besten Tamino aller Zeiten zur Verfügung hatte, macht diese „Zauberflöte“ zu einem wahren Schatz. Und FiDis Papageno (den der Sänger auch bei Fricsay gab) ist für mich, allen Kritiken zum Trotz,
    in beiden Fällen ein weiteres Plus, wobei die jugendliche Frische in der Fricsay-Einspielung gut neun Jahre später bei Böhm naturgemäß nachgelassen hat. Bei den Interpreten der Königin der Nacht und der Pamina gebe ich allerdings der Fricsay-Aufnahme den Vorzug. Hinsichtlich des Sarastro ziehe ich Franz Crass (bei Böhm) Josef Greindl (bei Fricsay) vor: Ihm gelang eine in allen Punkten überzeugende, stimmschöne Leistung; Greindl, ohne Zweifel ein hervorragender Bassist, erinnert mich mehr an Wagner-Gesang. Das geringe Manko der Fricsay-Aufnahme ist für mich, dass die Dialoge der Oper Schauspielern anvertraut wurden, eine damals allerdings übliche Vorgehensweise.


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  • Wenn man mit „Unverzichtbare Klassikaufnahme“ eine interpretatorisch herausragende Einspielung eines allseits bekannten Werkes durch einen oder auch mehrere Künstler (Orchester, Solist, Dirigent) meint, dann gehört die von mir hier eingestellte Aufnahme nicht dazu: Weder ist Conradis ARIADNE ein allseits bekanntes Werk, noch ist sein Schöpfer eine Berühmtheit, und es wird auch - wahrscheinlich - niemals an die Spitze der Operncharts dringen. Barockoper ist nun mal nicht „Herrn (oder Frau) Jedermanns“ Geschmack.



    Wenn man jedoch für „Unverzichtbar“ eine andere Begründung heranzieht, beispielsweise den Repertoirewert, dann ist Conradis ARIADNE in der Tat „Unverzichtbar“. Ein selbst in den Lexika fehlender Komponist, demzufolge auch kein Opus von ihm bekannt ist, taucht der Schöpfer mit einer Oper plötzlich aus dem Orkus der Musikgeschichte auf - und begeistert nicht nur die Barock-Musikfreunde, sondern auch die Kritiker. Und dann darf man diese Einspielung auch mit Fug und Recht mit „Meisterwerk“ belegen, darf die Interpretation trotz fehlender Konkurrenz „herausragend“ nennen und die Interpreten allseits loben.


    Wer für die Barockoper ein Ohr hat, der sollte diese Mischung aus italienischer, deutscher und französischer Musikprovenienz hören. Er wird, beispielsweise, schon darüber begeistert sein, dass Conradi die typische Barock-Arie mit ihrem starren A-B-A-Schema aufbricht, was dem Geschehen stimulierende Wirkung verschafft!


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  • Bachs „Weihnachtsoratorium“ ist nicht nur sein populärstes Werk, zusätzlich dürfte es auch zu den am meisten eingespielten Werken der Musikliteratur überhaupt gehören. Die folgende Aufnahme, die ich seit der Jugendzeit kenne, ist auch nach über fünfzig Jahren und trotz aufführungspraktischer Patina noch immer als eine der Besten des Werkes anzusehen (und sie kam ins Elternhaus, weil die bei einem Umzug verloren gegangene Archiv-Produktion unter Fritz Lehmann und Günther Arndt, mit Gunthild Weber, Sieglinde Wagner, Helmut Krebs und Heinz Rehfuss, dem RIAS-Kammerchor, dem Berliner Motettenchor und den Berliner Philharmonikern zu ersetzen war):



    Noch heute wird mit Fug und Recht diese Aufnahme mit „Zeitlos gültig“ oder „Einfach Perfekt“ beworben. Und das meint nicht nur das überzeugende Solistenquartett (Giebel - Höffgen - Traxel - Fischer-Dieskau), die Thomaner und das Bachorchester des Gewandhauses, sondern auch die exzellente Aufnahmetechnik, die eine gute Textverständlichkeit bietet - wenn das angesichts des hohen Bekanntheitsgrades überhaupt nötig ist.


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  • Diese Aufnahme, gewiss nichts für Puristen, sollte trotzdem nicht im Regal fehlen. Karl Richter legte hier 1965 eine Einspielung vor, die sich am spätromantischen Interpretationsideal orientierte, der heute nicht mehr goutiert wird:



    Dass diese Archiv- Produktion aber seit fast fünfzig Jahren noch immer Faszination ausübt, ist in erster Linie den beteiligten Gesangssolisten Janowitz, Ludwig, Wunderlich und Crass, aber auch den Instrumentalisten (beispielsweise dem Trompeten-Trio, von Maurice André angeführt) geschuldet. Wenn meine Informationen richtig sind, bestand der Münchner Bach-Chor damals noch aus Laien und unter diesem Gesichtspunkt schlagen sich die Choristen tapfer.


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  • Aller guten Dinge sind drei: Wenn diese Volksweisheit eine Berechtigung hat, dann hier. Denn ich nenne an dieser Stelle noch eine weitere Aufnahme des Weihnachtsoratoriums, die für mich unverzichtbar ist:


    1x1.gif1x1.gifBach: Weihnachtsoratorium


    In den siebziger Jahren hatte ich diese Einspielung erworben, einmal, weil sie gute bis sehr gute Rezensionen erhielt (1973 auch den Deutschen Schallplattenpreis und in den USA kam sie in den „immerwährenden Kanon der wichtigsten hundert Plattenaufnahmen“) und zum anderen, weil sie den Weg der historischen Aufführungspraxis beschritt. Schmidt-Gaden ließ im (einen Halbton tieferen) Kammerton der Leipziger Zeit Bachs musizieren (was viele Hörer irritiert hat, weil es ihnen zu dumpf erschien). Das Collegium aureum spielt auf alten Instrumenten (bei den Streichern vorwiegend italienischer Provenienz des 17. und 18. Jahrhunderts). Gewöhnungsbedürftig erschien mir damals nur der Einsatz von Knabenstimmen für die Sopran- und Alt-Sol (Hans Buchhierl, Sopran, Andreas Stein, Alt). Aber das hielt nicht lange vor. Dafür war, chorisch gesehen, diese Aufnahme ein Pendant zu der im Beitrag 16 vorgestellten, nämlich mit Knabenchorstimmen.


    Und ich fand wieder einmal bestätigt, welch großartige Stimme Theo Altmeyer besaß; sein Evangelist war und ist noch immer und trotz beachtlicher Konkurrenz eine Sternstunde in der Diskographie des Weihnachtsoratoriums. Und dann Barry McDaniel: Es ist schade und für mich unfassbar, dass sein Bariton nicht so dokumentiert ist, wie die seiner Konkurrenten Dietrich Fischer-Dieskau und Hermann Prey (obwohl es viele Rundfunkaufnahmen geben soll, die aber, aus welchen Gründen auch immer, nicht auf den Markt kommen). Der schon erwähnte Deutsche Schallplattenpreis ist, so gesehen, auch das Verdienst von Altmeyer und McDaniel.


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  • Vorweg : Meine Begegnung mit Bruckner ist eine Alterserfahrung geworden. Einzig die Siebte war schon zu LP-Zeiten im Regal, mehr mochte ich mir mit diesem Komponisten in Jahrzehnten nicht zumuten.


    Irgendwann habe ich mir die restlichen Sinfonien in Einzelausgaben peu a peu zugelegt: Inbal mit der Studiensinfonie, der Dritten und Vierten, Barenboim mit der Nullten und der Ersten, Tintner mit der Zweiten, der Fünften, der Sechsten und der Neunten, Skrowaczewski mit der Siebten und Wand mit der Achten (aus dem Lübecker Dom 1987). Käufe, die zunächst rein lexikalische Ergänzungen waren, die Musik sich mir dann aber immer mehr erschloß - mit leichtem Zwang gegen mich selbst, zugegebenermaßen.


    Es war dann diese Wand-Einspielung, die bei mir den Funken überspringen ließ. Die Anschaffung, zunächst nur mit viel Selbstkritik getätigt, hat sich im Nachhinein für mich als Glücksgriff erwiesen. Ich habe sie immer wieder gehört, leicht ironisch könnte ich sagen, daß, wären es LP's, die Rillen schon ziemlich schnell völlig abgenutzt wären. Und ich denke, daß ich in diesem Leben keine weiteren Aufnahmen von Bruckners Sinfonien mehr benötige, und daß ich die Einzelaufnahmen, wie oben aufgezählt, eigentlich abgeben könnte, bis auf die Achte von 1987 natürlich. Das „Eigentlich“ ist eine Einschränkung, ja, die frühere Angewohnheit, Duplikate zu verscherbeln oder zu verschenken, habe ich ja längst abgelegt.
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  • Es ist merkwürdig: Die Musik Beethovens war in meinen Kindertagen mit Angst und Trauer verbunden: Das „Schicksalsmotiv“ der Fünften empfand ich als Zweitklässler zwar einprägsam, aber auch bedrohlich. Dann der Trauermarsch aus der Eroica: Das Thema - wieder einprägsam, und in der Wirkung auf mich so, wie es der Komponist gewollt hat: Trauer empfinden. Nein, das gefiel mir überhaupt nicht.


    Nein, Beethoven war nicht mein Favorit, damals Anfang der Fünfziger. Das ist natürlich nicht so geblieben. Hinsichtlich des Trauermarsches aus op. 55 fällt mir noch ein Erlebnis ein, nebensächlich zwar, aber vielleicht für Mitleser interessant: Während meiner vier Wien-Aufenthalte in den Sechzigern wohnte ich immer im CVJM-Haus in der Kenyongasse, nahe des Westbahnhofs. Damals verdiente sich ein sehr freundlicher Rentner dort ein Zubrot als Nachtportier und wir haben, als unsere Liebe zur Musik erkenntlich wurde, manche Nachtstunde verquatscht. Und von ihm erfuhr ich, dass der Trauermarsch, oft beim Tode von Personen öffentlichen Interesses gespielt, tatsächlich auch einmal einem zerstörten Gebäude gewidmet wurde: Nach dem Fliegerangriff vom 12.03.1945, bei dem die Wiener Staatsoper zerstört wurde, unterlegte man die Meldung mit eben jenem Trauermarsch. Von den beim Angriff ums Leben gekommenen fast 9000 Menschen, so erinnerte sich der Nachtportier, war nur beiläufig die Rede.


    Zurück zu den Beethoven-Sinfonien: Auf jeden Fall rangiert für mich ganz vorn diese Karajan-Aufnahme von 1963 mit den Berliner Philharmonikern und den Solisten Gundula Janowitz, Hilde Rössel-Majdan, Waldemar Kmentt und Walter Berry in der Neunten. Der breiten Zustimmung zu dieser Einspielung, nicht nur hier im Forum, sondern weltweit, ist meinerseits hinzuzufügen, dass ich sie mit in den einsamen Urlaub nehmen würde.
    Das bedeutet allerdings nicht, dass ich die anderen Gesamtaufnahmen ganz verbannen würde - weder Blomstedt und Böhm, noch Cluytens und Zinman.
    Und schon gar nicht Günter Wand!


    Die nebenstehende Aufnahme müsste auch noch unbedingt in das Urlaubsgepäck. Wands Interpretation gehört ebenfalls zu den herausragenden Einspielungen, die ich nicht mehr missen möchte. Seine Solisten in der Neunten, Edith Wiens, Hildegard Hartwig, Keith Lewis und Roland Hermann, bieten zwar eine homogene Leistung, vermögen die Solisten der Karajan-Aufnahme aber nicht zu toppen. Günter Wand war wirklich ein profunder Meister seines Fachs - ich bin begeistert.


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  • Das Wissen, Haydn habe neben der "Schöpfung" und den "Jahreszeiten" auch noch ein drittes Oratorium komponiert, hat sich noch nicht allzu lange bei mir festgesetzt. Vor vier Jahren habe ich eine Inhaltsangabe im Tamino-Oratorienführer gepostet, die sich auf das Naxos-Beiheft stützte. Es stammte aus einer Leihgabe aus den Niederlanden, von der mir jetzt die Einspielung übermittelt wurde.


    Nun, da ich das Oratorium mehrmals und in aller Ruhe gehört habe, muss ich sagen, dass es ein für mich überwältigendes Stück Musik ist, das ich nicht mehr missen möchte und das anzuschaffen sich für jeden Oratorienliebhaber lohnt. Das gesamte Interpretationsteam verdient Anerkennung für die gebotene Leistung - wenngleich ich ohne Einschränkung die Solisten-Krone dreimal für die zwei Soprane und den Alt gebe. Insbesondere Ann Hallenberg in der Partie von Tobits (Vater des Titelgebenden Tobia) Gattin Anna ist eine Offenbarung. Sie macht verständlich, dass 1781 wegen dieser enorm anspruchsvollen Partie eine Wiederaufführung scheiterte, denn man argumentierte gegenüber Haydn die Kündigung des Vorhabens mit dem Hinweis darauf, dass man keine Solistin finden konnte, die jene Rolle meistern konnte. Die Hervorhebung von Ann Hallenberg soll beileibe nicht in die Irre führen: Roberta Invernizzi als Azaria (später der Erzengel Raphael) und Sophie Karthäuser als Tobias Gattin Sara sind ebenfalls auf gesangstechnischer Höhe. Kleine Abstriche mache ich bei den Männerstimmen: Anders J. Dahlin (als Tobia, Tenor) und Nikolay Borchev als Tobit (Bass) singen für meine Ohren gut, meistern aber die notierten Koloraturen und Triller nicht so gut wie die Damen; bei Borchev kommt hinzu, dass er in der Tiefe Probleme hat. Von dem VokalEnsemble Köln (Chor der Hebräer) und der Capella Augustina und dem Dirigenten Andreas Spering kann ich ebenfalls nur in den höchsten Tönen schwärmen.


    Dass dieses Oratorium in italienischer Sprache gesungen wird, sei ebenso erwähnt, wie, dass der Librettotext im Beiheft nur in der Originalsprache abgedruckt ist. Das ist Standard bei NAXOS. Immerhin bietet das Label im Internet eine 17seitige Librettovorlage mit deutscher Übersetzung zum Ausdruck als PDF-Datei an. Und das habe ich genutzt...


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  • Die Musik Richard Wagners steht - einige Taminos wissen das von mir - auf meiner persönlichen Rangliste eher hinten. Und je älter ich werde, umso mehr rutscht er weiter nach unten, kommen die Komponisten früherer Epochen nach vorn. Dennoch habe ich alle Opern Wagners (ab „Rienzi“) im Regal - einige davon sogar mehrfach, weil ich mir irgendwann die Box „Die großen Wagner-Opern von den Bayreuther Festspielen“ zugelegt habe. Bis dahin gab es jede Oper jedoch nur einmal.


    In der Beliebtheitsskala steht der „Holländer“ bei mir an erster Stelle und das in dieser Naxos-Aufnahme von 1992/93 (in der Fassung ohne Pause), die meine ältere Aufnahme (1961 aus Bayreuth mit Wolfgang Sawallisch am Pult) in den Hintergrund hat treten lassen. Wenn mir nach dem „Holländer“ zumute ist, dann greife ich immer zu dieser Aufnahme. Die Protagonisten
    Holländer: Alfred Muff / Daland: Erich Knodt / Senta: Ingrid Haubold / Erik: Peter Seiffert / Mary: Marga Schiml / Steuermann: Jörg Hering,
    der Radio-Chor Budapest und das Sinfonieorchester des ORF unter Pinchas Steinberg lassen vergessen, dass hier eine Studio-Produktion vorliegt. Hier wird überzeugend gesungen und gespielt und spannende Bühnenatmosphäre erzeugt.


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  • Um bei Wagner zu bleiben: Die erste Bekanntschaft mit dem „Ring“ machte ich in den 1960ern, als der BR ihn aus Bayreuth übertrug und ich das mit den Reclamheften in der Hand verfolgte. Das war weitgehend überwältigend, manchmal aber auch langweilig (wenn ich an langatmige Szenen aus Siegfried oder Götterdämmerung denke). Aber ich habe mir damals gewünscht, dieses vierteilige Drama mal auf der Bühne sehen zu können, musste mir das aber abschminken, denn Bayreuth war nicht nur weit weg, sondern auch unerschwinglich und die heimischen Theater (Hagen und, vor der Haustüre, Dortmund) boten den „Ring“ nicht. Aber mit Platten gab es die Möglichkeit, sich ihm hörend zu nähern und die Phantasie wirken zu lassen. Allerdings hat es aus verschiedenen Gründen noch Jahre gedauert, ehe diese Aufnahme bei mir ankam:


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    Dass mein Leib- und Magen-Dirigent Karl Böhm auch Wagner „konnte“, ist für mich hier (aber beispielsweise auch am „Tristan“) nachvollziehbar. Es kann also nicht verwundern, dass ich mir in der Nach-LP-Ära diesen „Ring“ dann auch als Audio-CD zugelegt habe, obwohl mittlerweile auch Solti und Janowski im Regal standen. Und beiden letztgenannten kann ich Meriten auf keinen Fall absprechen, wenn ich aber Lust auf den „Ring“ verspüre, greife ich, Nostalgiker, der ich bin, zu Böhm.


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    Opern wie die „Entführung“, wie „Figaro“ und „Don Juan“ war die Welt berechtigt, mehrere von Mozart zu erwarten, aber einen „Idomeneo“ konnte er mit dem besten Willen nicht noch einmal schreiben.
    Carl Maria von Weber wird nicht im Grabe rotieren, weil ich seine Äußerung über die „Entführung“ auf den „Idomeneo“ übertragen habe. Vielleicht hätte er sogar selbst den Satz so formuliert, wenn er die Oper gekannt hätte, woran ich aber zweifle. Mich jedenfalls hat Mozarts „Idomeneo“-Musik sofort begeistert, als ich sie (es war Mitte der Siebziger Jahre) in der Schmidt-Isserstedt-Aufnahme erstmals vollständig hörte. Ich fand, dass von der Ouvertüre bis zum abschließenden Ballett zu erfahren ist, wie begeistert sich Mozart seiner Aufgabe gestellt hat. Und Schmidt-Issterstedt hat mir das mit seinem prominent besetzten Ensemble (u.a. Schreier, Gedda, Dallapozza, Rothenberger, Moser) durchaus verdeutlicht. Die später erschienene Aufnahme von Colin Davis aus 1968 (mit Shirley, Davies, Rinaldi, Tinsley, Tear, Pilley und Dean) noch mehr angesprochen. Dagegen ist seine Aufnahme von 1991 (mit Araiza, Mentzner, Hendricks, Alexander, Heilmann, Hollweg und Peeters) wegen Araiza für mich unakzeptabel.


    Mein eindeutiger Favorit ist seit ihrem Erscheinen jedoch die Harnoncourt-Einspielung aus Zürich. Hier ist jene Begeisterung des Komponisten für mein Empfinden am deutlichsten hörbar. In einem SPIEGEL-Interview hat Harnoncourt klar gemacht, dass für ihn Mozart „in keinem Takt“ (dieser Oper ergänze ich) „ein Softy zur Erbauung seiner Jünger“ ist, sondern sich als ein wagemutiger „Sturm und Drang“-Komponist darstellt, der durchaus auftragskonform einen „enormen Schritt auf seinem künstlerischen Weg zum Opernmeister“ gemacht hat.


    Bildergebnis für idomeneo / harnoncourt


    Nicht zu unterschätzen ist auch die EMI-Aufnahme unter John Pritchard aus dem Jahre 1956 mit Jurinac, Lewis, Simoneau, Udovick, Milligan, u.a., die nach der Glyndebourne-Produktion in der Londoner Kingsway Hall entstand. Und das nicht nur, weil hier ein ausgewogenes Ensemble unter einem hervorragenden Dirigenten versammelt ist, sondern weil sie, orientiert an den Bühnenpraxis, eine sinnvoll gekürzte Einspielung ist:


    Mozart: Idomeneo, K. 366



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  • Aus mir unerklärlichen Gründen hat Haydns ‚Jahreszeiten‘ bei mir nie den Stellenwert eingenomme, den seine ‚Schöpfung‘ stets hatte. Trotzdem war die mehrfach ausgezeichnete Böhm-Einspielung, die ich als Plattenbox schon kurz nach dem Erscheinen für damals teures Geld erworben hatte, jahrelang und einziger Begleiter. Ich habe sie auch (viel) später als CD-Ausgabe erstanden, obwohl ich da schon die Aufnahme von Helmuth Rilling besaß - es war wohl ein nostalgisch begründeter Kauf.


    Jetzt habe ich die bei Naxos erschienene Aufnahme mit Sibylla Rubens (S), Andreas Karasiak (T), Stephan MacLeod (B), dem GewandhausKammerchor (er schreibt sich so) und dem Leipziger Kammerorchester unter der Leitung von Morten Schuldt Jensen geschenkt bekommen - und die hat wegen ihrer frischen und wie federleicht wirkenden Interpretation mein Interesse an dem Oratorium neu geweckt. Es ist eine an der historischen Aufführungspraxis orientierte Aufnahme, aber mit modernen Instrumenten.


    Von den drei Solisten möchte ich besonders Sibylla Rubens als Hanne und Andreas Karasiak als Lukas hervorheben: Beide singen für meine Ohren ohne Fehl und Tadel. Stephan MacLeod als Simon hat es da bei mir etwas schwerer, weil seiner Stimme manchmal die Durchschlagskraft fehlt. Dennoch empfinde ich, dass hier ein homogenes Gesangstrio eingesetzt ist, denn es drängt sich niemand in den Vordergrund.


    Auch der Kammerchor des Leipziger Gewandhauses präsentiert sich als ein gut eingesungenes Ensemble, das mich in den lyrischen Passagen überzeugt hat, das aber auch bei den entsprechenden Stellen, von denen das Oratorium einige bietet, dem Dirigenten folgt und ‚noch eine Schüppe‘ drauflegen kann - und das Leipziger Kammerorchester lässt den orchestralen Part aufblühen. Hier machte mir das Zuhören wieder richtig Spaß!

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    MUSIKWANDERER

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  • Gottlob Frick, nicht weil seine sängerische Leistung hervorzuheben wäre, sondern weil er, vielleicht durch die Aufnahmetechnik unterstützt, deutlich das Baßfundament hörbar macht. In der Gönnenwein-Einspielung höre ich das nicht. Was den instrumentalen Teil angeht: Es stört mich überhaupt nicht, daß hier ein großes Sinfonieorchester spielt.


    Lieber Musikwanderer,


    erst heute las ich die interessante Zusammenstellung Deiner Lieblingsaufnahmen komplett. Bitte sehe es mir nach, wenn ich ohne Absicht mit dem Thread "Die Lieblingsaufnahmen meines Opernlieblings" einen doch sehr ähnlichen Bereich eröffnet habe. Ich finde auch, dass die "Schöpfung" unter Karl Forster und dem Chor der St. Hedwigskathedrale doch etwas Besonderes ist. Der Priester-Dirigent Karl Forster , der unendlich viel für den Aufbau des Musiklebens in Berlin tat, hatte, wie auch Gottlob Frick berichtete , eine ganz besondere Affinität zu geistlichen Werken. Übrigens schrieb Heiko Bockstiegel das lesenswerte Buch " Ein Oberpfälzer als Botschafter des Berliner Geistes und Musiklebens" (Verlag Th. Thoben.) Übrigens ist es ein Glück, dass Gottlob Frick nicht aus dem exzellenten Gesangsterzett heraussticht, denn seine Partner waren Elisabeth Grümmer und Josef Traxel. Gerade, die trotz beseelten Gesanges erreichte Geschlossenheit und Harmonie, ist eine Stärke dieser Aufnahme.


    Herzlichst
    Operus

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!

  • Glucks Musik hat mich immer schon angesprochen. Durch Tonbandmitschnitte meines Vaters kam ich früh mit dem Orfeo und der Aulidischen Iphigenie in Berührung. Der erste eigene Orfeo auf LP war der hier vorgestellte unter Renato Fasano mit der wunderbaren Shirley Verrett in der Titelrolle, deren sängerische Leistung für mich zum Besten gehört, was auf Platten erhältlich ist. Anna Moffo als Euridice und Judith Raskin als Amor wirken auf mich dagegen stellenweise seltsam unberührt vom Geschehen, sind zu sehr auf Schöngesang aus; dennoch ist das Gesamtergebnis dieser Aufnahme aus 1965 auch heute noch hörenswert. Und dass trotz der inzwischen nicht mehr goutierten Mixtur aus Wiener und Pariser Fassung, einschließlich der vollständigen (?) Ballettmusik mit der großartigen Chaconne (die Mozart zweifellos als Vorbild für seine eigene in der Ballettmusik des ‚Idomeneo‘ diente). Und Renato Fasano dirigiert mit sicherem Gespür für die richtigen Tempi; er vermeidet Extreme nach beiden Seiten, und lässt den Chor die Emotionen sowohl traurig als auch furios-dramatisch ausdrücken. Irgendein Rezensent hat zu dieser Einspielung mal geschrieben, hier werde in wohltuender Weise auf ‚diätischem HIP-Klang‘ verzichtet und die handlungsarme Oper gewinne dadurch. Ich unterschreibe das.
    :hello:

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  • Gluck: Orfeo ed Euridice

    So sehr ich an der Fasano-Aufnahme des ORFEO hänge, so sehr ist mir auch die nebenstehende Einspielung ans Herz gewachsen. Dabei sind die Solisten Nancy Argenta (als Euridice) und der Counter Michael Chance (als Orfeo) bestens bekannt, bedürfen meines Lobes nicht. Weil aber der Orfeo die ‚Hauptlast‘ des Gesangs zu tragen hat und Michael Chance seine Aufgabe mit Bravour löst, Trauer, Weltschmerz und Freude hörbar auszudrücken vermag, will ich ihn auch an erster Stelle nennen. Aber Nancy Argenta steht trotz ihrer kleineren Partie dem Orfeo in nichts nach; auch sie überzeugt mit ihrer Ausdrucksfähigkeit in den szenisch bedingten Stimmungsschwankungen. Erwähnenswert ist mir auch die Besetzung des Amor mit einem Knabensopran (Stefan Beckerbauer vom Tölzer Knabenchor); das kommt meiner Vorstellung von einem Amor entgegen, weil er in der bildenden Kunst immer als Knabe dargestellt wird. Und Frieder Bernius hält das gesamte Ensemble (die herausragende kanadische ‚Tafelmusik‘ und der von ihm gegründete Kammerchor Stuttgart) gelingt es in jeder Szene, die emotionalen Nervenenden des Zuhörers zu erreichen - Feinfühligkeit ebenso wie Trauer und Schmerz, Hoffnung und Freude, die Wut der Furien; alles das entlockt der Dirigent dem ganzen Ensemble.
    :hello:

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  • Wer Glucks ‚Orfeo‘ mag, wird irgendwann auch auf die Pariser-Fassung neugierig werden. Die Auswahl, die er zu treffen hat, ist dann groß, aber nicht immer zufriedenstellend - jedenfalls ging es mir so. Ich bin erst spät auf diese Opern-Revision Glucks, die genau genommen, eine Neufassung ist, aufmerksam geworden. Nach langem Hin und Her hat mich die nebenstehende Naxos-Aufnahme am meisten überzeugt. Sie ist nach meinem Dafürhalten sowohl solistisch wie orchestral und chorisch hervorragend gelungen und hat bei mir den gleichen Stellenwert eingenommen wie die Fasano- und Bernius-Aufnahme. Und dieser gute Gesamteindruck hat etwas mit den für mich idealen Tempi zu tun, die Ryan Brown anschlägt, die keine Extreme kennt, das Geschehen ‚panta rhei‘ (fließend) hält. Dabei gebe ich zu, dass es Vollkommenes nicht gibt - hier gemeint, dass die Furienszene durchaus mehr Verve hätten vertragen können. Insgesamt aber ist Ryan Brown und seinem Team (Jean Paul Fouchécourt als Orphée, Catherine Dubosc als Euridice, Suzie Le Blanc als Amour und das Opera Lafayette Orchestra mit seinem Chor) eine wunderbare Interpretation gelungen - wobei auch der Preis eine nicht zu unterschätzende Wirkung ausübt…
    :hello:

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  •    Rossinis „Barbiere“ darf natürlich in keiner Opern-Sammlung fehlen - schließlich ist es die Buffa par excellence! Es gibt in dieser Oper, dem Librettisten Sterbini sei Dank, viel Situationskomik mit italienischem Wortwitz und es gibt dazu Rossinis notierte Umsetzung dieses Wortwitzes in sängerische und instrumentale Kapriolen - und genau dafür wird dieser „Barbier“ geliebt. Leider wird diese Liebe oft enttäuscht, weil sich im Laufe der Zeit bei den gefühlt tausenden von Einspielungen doch ein gewisser Schlendrian eingeschlichen hat:

    Das begann schon im 19.Jahrhundert als z.B. die Soprane die im Original für Mezzo konzipierte Partie der Rosina für sich okkupierten, was sich bis weit ins 20. Jahrhundert erhalten hat und durch Plattenaufnahmen auch entsprechend dokumentiert ist. Ebenfalls im 19. Jahrhundert ging (begünstigt durch den künstlerisch-ästhetischen Stilwandel der Oper) so peu à peu die Kunst des bei Rossini geforderten Gesangsstils verloren. Es gab (wenn überhaupt) nur noch wenige Männerstimmen, die in der Lage waren, Koloraturen zu singen. Außerdem schlich sich schon früh die Praxis der Kürzungen ein - z.B. strich man die Berta-Arie (Il vecchiotto cerca moglie) und die des Conte (Cessa di più resistere) (weil sie als retardierend empfunden wurden) oder auch das Finaletto (noch 1965 bei der deutschsprachigen Aufnahme, Koproduktion von EMI und VEB Deutsche Schallplatten, gegen den Protest von Otmar Suitner praktiziert). Dass muss aber m.M.n. bei Plattenaufnahmen nicht sein!

    Ganz anders bei dieser Naxos-Studio-Produktion: Neben der musikalischen Vollständigkeit bietet sie mit Sonia Ganassi als Rosina auch den von Rossini verlangten Mezzo und dazu, so empfinde ich es, ein ausgewogenes Sängerensemble, das den „neapolitanischen Gesangsstil“ (so der Dirigent Will Humburg im Vorwort des Booklets) hervorragend trifft. Ein weiteres Plus ist die Herstellung von Bühnenatmosphäre durch (sparsame) akustische Einblendungen wie z. B. sich öffnende bzw. schließende Türen oder dass die Zu- und Abgänge der Akteure manchmal mit Symptominterjektionen (Ah, Oh, Hä, etc.) ausgedrückt werden - was übrigens bei einigen Arien, die an bestimmte Personen gerichtet sind (z. B. die „Verleumdungsarie“) ebenso gehandhabt wird. Will Humburg schreibt dazu im Booklet:

    „Wenn eine normale Konversation psychologischen Untersuchungen zufolge zu ca. 30 Prozent nonverbal abläuft, so beträgt dieser Prozentsatz in Neapel wahrscheinlich 50 bis 70 Prozent, denn die Kommunikation verläuft hier viel stärker als anderswo über Körpergesten und Geräusche. Und auch diese gehören zu einer Aufführung des „Barbiere“, da sie sich zwingend aus dem Duktus der Musik ergeben.“

    Mein Fazit: Eine der besten Einspielungen von Rossinis Meisterwerk!


    :hello:

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