Rafał BLECHACZ - die polnische Hoffnung

  • Rafal Blechacz (geb. 1985) gewann 2005 den Chopin-Preis mit großer Überlegenheit. Nicht nur gewann er alle Einzelpreise, sondern ein 2. Preis wurde nicht vergeben!



    Seither hat er sich als ein sehr gedankenvoller und gewissenhafter Interpret von sich Reden gemacht. Blechacz hat übrigens auch Philosophie studiert und sich mit Phänomenologie beschäftigt.


    Seine bisherigen Plattenaufnahmen:



    Wer hat schon solch eine Debutplatte vorzuweisen! Beeindruckend - gleich ein "Klassiker" seine Interpretation der Chopin-Preludes.



    Ebenfalls sehr beeindruckend! Er folgt hier offenkundig der "epischen" Linie von Krystian Zimerman.




    Er bemüht sich um klassische Schlichtheit. Pianistisch makellos und ohne Mätzchen. Sehr puristisch. Manchmal wünschte man sich etwas mehr Ausdrucksintensität - aber da ist noch viel Potential drin. Er kann schließlich noch reifen!


    Eine sehr schöne Platte! Der Schumann sehr gut und auch ein sehr subtil gespielter früher Debussy.



    Die letzte Blechacz-Platte. Der Szymanowski hervorragend. Der "reife" Debussy ist mir zu rhapsodisch. Irgendwie kommt er in die Musik nicht richtig hinein. Man höre einmal Debussy selbst zum Vergleich (Estampes Nr. 2, Welte-Mignon-Aufnahme) - die insistierenden, sich verdichtenden rhythmischen Binnenstrukturen und die sich darauf aufbauende Spannung - davon spürt man bei Blechacz nichts.


    Schöne Grüße
    Holger


    APUT


  • Zu dieser CD: Wenn ich auch kein Freund von mehreren Komponisten auf einer CD bin* - so passen sie wenigstens zusammen.
    Blechacz erklärt in der Produktinfo, daß er den Hörer darauf hinweisen will, wie eng die Beziehungen Haydn-Mozart Beethoven sind.



    Ich finde, daß er Haydn auch ein wenig "beethovennah" spielt, vor allem was die Dynamik und Energie angeht. Man hört das recht gut im Sample-Track Nr 4 - Finalsatz "Presto". Von meiner Seite ist dagegen nichts einzuwenden, er spielt Haydn weniger "harmlos" als manch andrer, sondern durchaus mit bestimmtem Anschlag, wo das angebracht erscheint, und verleiht der Sonate somit mehr "Bedeutung".
    Bei Mozart ist das weniger ausgeprägt, aber im Track Nr 13 ist der energische Zugriff auch auf den Samples einigermaßen zu erahnen.
    Es ist - so ist zumindest meine Erfahrung - immer hilfreich - wenn man einen Interpreten beim Spiel zusehen kann (auch wenn manche da anderer Meinung sind) - um ihn kennenzulernen. Diese Möglichkeit bietet uns der Videoclip der Deutschen Grammophon-Gesellschaft.


    mit freundlichen Grüßen aus Wien
    Alfred


    *ich ordne meine CDs nach Geburtsdatum des Komponisten..........

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Die Diskographie von Rafal BLECHACZ wächst um eine weitere CD: Chopin Polonaises sind diesmal auf dem Programm. Seit einigen Tagen im Handel erhältlich. Resensionen sind gerne gelesen....


    mit freundlichen Grüßen aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !




  • Rafal Blechacz stellt einmal mehr unter Beweis, dass er nicht nur ein glänzender Pianist ist, sondern ein Interpret, der wirklich etwas zu sagen hat. Seine Lesart der Polonaises ist weder die von Harasiewicz, noch die von Rubinstein oder Pollini. Er betont bei diesen „polnischsten“ Tänzen nicht das Heroische und Gewichtige, gibt ihnen vielmehr eine an die Mazurken erinnernde, nicht minder „polnisch“ anmutende tänzerische Eleganz. Blechacz´ Polonaisen sind lyrisch-intim, feinsinnig und beglückend schön, mit ehrlichem leidenschaftlichem Gefühl beseelt, das auch die dunklen, dämonischen Seiten dieser Musik hervorbrechen lässt. Dieser sehr konsequent und ungemein klar durchgestaltete Chopin ist zugleich in einem höheren Sinne frei – „schulmeistert“ also nicht, sondern trägt die sehr persönliche Handschrift des Pianisten, wie dies die originelle und schlüssige Betonung der Stimmen gleich in der 1. Polonaise zeigt. Für mich gehört diese Aufnahme zu den Referenzen und meinen Favoriten insbesonders! Allerdings gibt es auch eine merkliche stilistische Zäsur – um nicht zu sagen einen kleinen Bruch – was die berühmte Oktaven-Polonaise und die Polonaise-Fantasie angeht. Man spürt deutlich, dass Blechacz das Virtuosen-Bravourstück Nr. 6 vielleicht schon länger im Repertoire hat. Es bleibt auch in dieser „Serie“ ein etwas widerborstiges, mit virtuoser Brillanz prunkendes Einzelstück, das die lyrische Intimität der Nummern 1-5 dann doch nicht fortsetzt. Die folgende Polonaise-Fantasie ist zweifellos überragend gestaltet, mit ihrer virtuosen Verve am Schluss und dem glasklaren Spiel selbst im geschwinden Fortissimo aber auch ein bisschen sehr technisch „hart“. Trotz alledem: wieder einmal eine überragende Blechacz-Aufnahme, die in keiner Klaviersammlung fehlen sollte!


    Schöne Grüße
    Holger


  • Heute habe ich mir den Blechacz-Bach endlich gekauft und das auch noch günstig - zum Jubiläumspreis der DGG. Blechacz spielt Bach bestechend klar und perfekt durchstrukturiert, mit Sinn für den Tonsatz von barocker Orgelfülle, polyphoner Stimmführung und Registrierung. Besonders eindrucksvoll sind die intensiv gespielten langsamen Sätze, wo Blechacz keinerlei rhetorische Übertreibungen braucht, um eindringlich-empfindsam und zugleich differenziert zu gestalten. Der einzige Kritikpunkt: In den schnellen Sätzen ist er mir etwas zu forsch und der Flügel-Klang ist zu gläsern hart. Aber das ist letztlich nicht entscheidend für den überaus positiven Gesamteindruck: Das ist eine überragende Bach-CD, die man sich gerne auch nochmals anhört. Ich bleibe ein Blechacz-"Fan" - und würde ihn wirklich gerne mal im Konzert erleben! :)


    Schöne Grüße
    Holger

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  • Habe mir soeben etliche Schnipsel der CD bei jpc angehört - tatsächlich beeindruckendes, glasklares Spiel. Hinsichtlich der Tontechnik habe ich aber schon Besseres gehört - zuviel Hall, und den kann man gerade bei Bach nicht gebrauchen. Ich hoffe, das ist nur ein Artefakt der Schnipsel.

  • Habe mir soeben etliche Schnipsel der CD bei jpc angehört - tatsächlich beeindruckendes, glasklares Spiel. Hinsichtlich der Tontechnik habe ich aber schon Besseres gehört - zuviel Hall, und den kann man gerade bei Bach nicht gebrauchen. Ich hoffe, das ist nur ein Artefakt der Schnipsel.

    Zum Hall: Beim Durchhören gestern ist mir da nichts Negatives aufgefallen - ich fand den Klang eigentlich sehr natürlich. Ich muss mir das allerdings nochmals mit der Erstanlage anhören. Da werde ich dann speziell in dieser Hinsicht nachhören und mich melden.


    Schöne Grüße
    Holger

  • Bomsori Kim & Rafal Blechacz - Faure / Debussy / Szymanowski / Chopin




    DGG 2019


    https://www.jusi-muenster.de/k…/vergangene-konzerte.html


    image.jpg


    Das Junge Sinfonieorchester an der WWU Münster hatte – wirklich erstaunlich – in seinem diesjerigen Konzert im Wintersemester (mit freiem Eintritt in der Aula am Aasee!, Link s.o.!) die Geigerin Bomsori Kim zu Gast, eine Solistin von internationalem Format, die u.a. den ARD-Wettbewerb 2013 gewann. Sie meisterte das Tschaikowsky-Konzert mit Noblesse und sonorer Selbstkontrolle. Übertriebenes russisches Expressivo mied sie, wirkte immer kontrolliert. Geigentechnisch spielte sie perfekt mit einem schönen Ton. Als Zugabe gab es die Paganini-Caprice Nr. 5. Es war ein eindrucksvolles Konzert. Was die Studenten-Laienmusiker da vollbrachten, war höchst beachtlich. Und man darf auch feststellen: Die zierliche Bomsori Kim ist nicht nur hübsch, sondern eine bildschöne Frau! Erwähnt wurde, dass sie gerade ihre erste CD zusammen mit Rafal Blechacz bei der „Deutschen Grammophon“ eingespielt hätte. Sie habe ich mir natürlich gleich besorgt. Im Begleitheft ist zu lesen, dass Rafal Blechacz sie beim Wieniawsky-Violinwettbewerb 2016 im Fernsehen sah. Sie war seine Favoritin – und gewann schließlich den 2. Preis. Blechacz suchte eine Kammermusikpartnerin und schrieb sie an. Bomsori war überrascht – die Bewunderung war wechselseitig.


    Man muss sagen: Da hat sich ein Traumduo gefunden. Wirkte die 29jährige Geigerin beim Tschaikowsky-Konzert vielleicht ein bisschen zu zurückhaltend, so geht sie als Partner von Blechacz ganz aus sich heraus. Was für ein großes Ausdrucksvermögen sie doch besitzt und was für eine Differenzierungsfähigkeit von Farben, emotionalen Nuancen bis hin zur berstenden Leidenschaft!! Von wegen nur Schönspielen – was sie natürlich auch überragend kann! (Die Violine ist so präsent aufgenommen, dass man ihr Atmen und ihre Seufzer hört.) Rafal Blechacz mit seiner idealen Balance aus Formsinn und slavischer Expressivität unterstützt sie hier voll – so kann sie neben ihrer Fähigkeit zum klug-ausgewogenen Spiel ihre emotionalen Fähigkeiten ausleben.

    Die 1. Fauré-Sonate für Klavier und Violine zeigt das Problem der Gattung. Der Komponist fand erst keinen Verleger – die Franzosen wollten nur Vokalmusik, keine Instrumentalmusik hören, wie es Fontenelle formuliert hatte: „Sonate, que me veux-tu?“ Anders als Yefim Bronfman und Shlomo Mintz, die Fauré vielleicht originär „französischer“ spielen, im Anschluss an Faurés Barcarolles mehr den musikalischen Fluss betonen, die gewisse Eleganz, kratzen Bomsori Kim und Rafal Blechacz das Werk expressionistisch auf, was ihm aber hörbar gut tut. Damit verschwindet die gewisse „Glätte“ – Kammermusik für Klavier und Violini wird zur lyrischen Apotheose. Eine wirklich ganz großartige Interpretation. Auch den späten Debussy nehmen die beiden Solisten wenig klassizistisch, sondern lassen expressionistische Dämonie spürbar werden. So „Expressivo“ genommen verliert dieses Werk allerdings auch etwas von seiner enigmatischen Zurückhaltung, dem Spiel symbolistischen Andeutens, wie dies Shlomo Mintz und Yefim Bronfman vorführen, das bei Bomsori Kim und Rafal Blechacz einer direkten Ausdrucksgeste Platz macht. Aber das ist Ansichtssache – und auf jeden Fall ein Gewinn für das Werk, es so expressionistisch zu hören. Wie zu erwarten ist der Szymanowsky das Zentrum – Spätromantik mit expressionistischen Zügen. Wirklich eine Werbung für dieses großartige Werk! Und als wunderbare Zugabe gibt es ein wahrlich betörendes, zauberhaft gespieltes Chopin-Nocturne in der Transkription von Nathan Nilstein, wo sowohl die Geigerin als auch der Pianist ihr Ausnehmekönnen unter Beweis stellen. Man kann nur hoffen, dass die beiden so großartigen Solisten noch mehr Früchte ihrer wunderbaren Zusammenarbeit veröffentlichen werden! :) :) :)


    Schöne Grüße

    Holger

  • Alfred_Schmidt

    Hat den Titel des Themas von „Aktive Pianisten unserer Tage: Rafał BLECHACZ - die polnische Hoffnung“ zu „Rafał BLECHACZ - die polnische Hoffnung“ geändert.
  • Etwa 80% der oben vorgesellten und teilweise begeistert beschriebenen CD sind aus dem Katalog verschwunden - Nur einige wenige sinf übriggeblieben und werden teilweise um 9.99€ verschleudert : Offenbar ein Phänomen, daß man schon bei Mozart beobachten konnte: Wennman ins Erwachsenenalter kommt verblasst der "Jugendbonus"


    Aber offenbar ist Blechacz doch noch für die Deutsch Grammophon aktiv: Eine 2022 eingespielte Aufnahmr mit Werken von Chopin wurde im März 2023 veröffenlicht, wobei man verzichtet hat, auf der Frontseite des Covers anzugeben um welche Stücke es sich handelt

    (Klaviersonaten Nr. 2 & 3; Nocturne Nr. 14; Barcarolle op. 60)


    Ein anonymer "Rezensent" im Internez hat die Aufnahme als "Solide","Respektabel", "brav" und "kaum bemerkenswert"abqulifiziert

    (Ich LIEBE dies anonymen Heckenschützen des Internets X( )


    ganz anders die Einschätzung des Rezensenten des FONO FORUM (das uns ja jetzt doch erhalten bleibt - wie von mir andeutungsweise prophezeit:


    »Alles an diesem Album wirkt wie gewachsen, natürlich in den gewählten Phrasierungen, organisch in der Dramaturgie, ob bei den sanften Übergängen oder bei abrupten Wechseln.« (FONO FORUM, Mai 2023)


    mfg aus Wien

    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



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