Wie an anderer Stelle schon ausgeführt, ist das Streichquartett meine liebste Musikform. Bis es dazu kam, war es ein weiter Weg, aber inzwischen schätze ich diese Kunstform vor jeder anderen. Fast jeder Komponist, der sich dem Streichquartett ernsthaft zugewendet hat, hat hier wichtige musikalische Aussagen getroffen, einige m.E. ihre wichtigsten überhaupt (Haydn, Beethoven, Bartok, Schostakowitsch). Die Tatsache, dass im Streichquartett im Idealfall vier gleichberechtigte Musiker auf der Suche nach einer gemeinsamen Aussage zusammenfinden, spricht mein Demokratieverständnis besonders an. Ein weiterer Grund sind die vielen neuen jungen Streichquartette, die in den letzten Jahren förmlich aus dem Boden geschossen sind und das technische Niveau auf ungeahnte Höhen gehoben haben. Und sie sind auch "sexy", die jungen Quartette. Vorbei die alten Zeiten, als vier bebrillte distinguierte Herren die Plattencovers zierten und sicher ein jüngeres Publikum schon deshalb meist abschreckten.
Viele der jungen Quartette präsentieren sich eher wie Popstars, das mag man kritisch sehen, aber wenn es denn junge Leute in die Konzertsäle bringt, mag es die richtige Strategie sein.
Das 20. Jahrhundert ist vermutlich dasjenige, in dem die meisten Streichquartette komponiert wurden. Diese Aussage mag im ersten Moment überraschen, haben doch gerade in der Frühzeit des Genres einige Komponisten (Haydn Boccherini etc) fast an die hundert geschrieben. Aber die fast unübersehbare Zahl von Komponisten der Gegenwart zeichnet sich durch eines aus, fast alle haben ein, die meisten mehrere Streichquartette komponiert. So dass ich ohne es belegen zu können, überzeugt bin, dass das 20. Jahrhundert auch das Jahrhundert der Streichquartette ist.
Vor einigen Jahren habe ich mir das Ziel gesetzt, die möglichst alle kennenzulernen, zumindest soweit sie auf Tonträger erhalten sind. Das ist natürlich ein absurdes Vorhaben und ich bin auch denkbar weit vom Ziel entfernt. Aber inzwischen kenne ich schon einiges, teils auch abgelegenes, und möchte in loser Folge auf einige der interessanteren Funde hinweisen. Natürlich in der Hoffnung, bei dem einen oder anderen das Interesse an dieser Musik zu wecken bzw. zu verstärken oder Gleichgesinnte zu finden.
Den Anfang werden ich mit dieser CD machen, die ich heute erstanden, aber noch nicht ganz durchgehört habe. Das heißt, die Besprechung folgt.