Das "Erzherzog-Trio", das seinen Namen dem Widmungsträger, Erzherzog Rudolf, dem langjährigen Freund und Unterstützer Beethovens, verdankt, gehört mit Sicherheit zu den drei beliebtesten und berühmtesten Klaviertrios überhaupt. Eigentlich kommen nur Schuberts beide Klaviertrios in der Gunst der Klassikfreunde Beethovens Op. 97 nahe. Für Gründe dieser Gewogenheit braucht man nicht lange zu suchen, denn sie offenbart sich bereits in den ersten Sekunden des ersten Satzes: eine großzügigere, großräumigere Melodie hat Beethoven nicht geschrieben - und lässt sich auch nicht denken. Dieselbe verklärte, luzide Stimmung durchzieht alle vier Sätze dieses Werks, das somit zu einer der glücklichsten Schöpfungen seines Verfassers gehört. Allerdings: Beethoven bleibt Beethoven. Enstanden ist dieses Trio kurz nach dem f-moll Streichquartett, Op. 95, Beethovens Eintrittsstück in die Spätphase und ein hinsichtlich Verknappung, motivischer Dichte und Intensität bis dahin einzigartiges Werk. Op. 97 ist dem gegenüber fast in jeder Hinsicht das exakte Gegenteil. Nicht vergessen zu erwähnen sollte man aber auch die Violinsonate in G-Dur Op. 96, die dieselbe Luft atmet wie unser Trio hier und beispielsweise im Scherzo themenverwandte Töne anschlägt. Offensichtlich war das f-Moll Quartett selbst für Beethoven dermaßen extrem, dass er gleich zwei gelöste und heitere Werke folgen lassen wollte. Das Erzherzogtrio ist viersätzig (wie die Violinsonate Op. 96) und entspricht somit dem von Beethoven geprägten Klaviertriotyp - auch wenn sich Beethoven selbst mit seinem Geistertrio Op. 70/1 eine einmalige Ausnahme erlaubte. Der Kopfsatz mit seiner weiträumigen Anlage schlägt einen Ton an, den man von Beethoven zuvor praktisch nicht kannte: den der (Alters?)Milde. Für mich ist das Hauptthema des Kopfsatzes sehr ergreifend, nahe im Ton kommt ihm vielleicht nur Brahmsens H-Dur Klaviertrio Op. 8. Die friedliche Stimmung ist keine einzige Sekunde gefährdet. Dies gilt auch zunächst für den ausgelassenen zweiten Satz, das Scherzo. Allerdings hat sich Beethoven hier im Trioteil doch eine Eintrübung erlaubt. Das sich in Halbtonschritten sinister hinaufwindende Thema konterkariert den Volkstanzton des ersten Teils vollständig, löst sich aber in erlösendem Jubel auf. Trotz der Magnanimosität des Kopfsatzes ist das Herz des Werkes unbestreitbar das Adagio, ein Variationensatz, der sich sukkzessive in immer fernere, ätherische Gefilde versteigt. Hier spricht unzweifelhaft bereits der "späte Beethoven" zu uns. Den Abschluss bildet ein apollinisches Rondo, das mehrmals den Geist Mozarts anruft und kaum eine Sekunde Trübsal aufkommen lässt.
Mir liegen fünf Einspielungen vor, eine davon auf historischen Instrumenten (L'archibudelli: van Immerseel, Beths, Bylsma):
Im Gegensatz zu den beiden bisher besprochenen Beethoventrios (Opp. 1/1, 70/2) ziehe ich bei Op. 97 eindeutig das Beaux Arts-Trio vor, denn sie lassen auf wahrhaft rührende Weise den großherzigen, milden Charakter des Werkes erklingen - eine fantastische Interpretation. Die Einspielungen der Florestans und des Stuttgarter Klaviertrios sind ebenfalls sehr gut. Explizit warnen möchte ich nur vor den Archibudelli. Wie diese Damen und Herren an den zahllosen Schönheiten des Werks vorbeispielen, ist schwer zu glauben....