Renato Cioni - Nicht nur Donizetti

  • Renato Cioni, ein italienischer Tenor. Geboren am 15.5.1929 in Porteferraio (andere Verfasser verweisen auf eine Geburt 1932 auf Elba). Er studierte in Florenz bei Tita Ruffo. Er debütierte 1956 als Edgardo in Spoleto, trat 1958 an der Mailänder Scala auf. Sein erster großer Erfolg begann 1959 bei den Festspielen in Spoleto in Viscontis Produktion von Donizettis "Duca d`Alba". Danach sang er in vielen westeuropäischen Opernhäusern, vor allem im Donizetti- und Bellini-Repertoire. Es folgten Gastspiele 1961 in San Franzisco, 1964 in Verona, 1965 am Govent Garden in London und 1969 an der MET in New York. Danach war er ständiges Mitglied des Opern-Ensembles des Opernhauses Rom. Es folgten viele Schallplatten-Aufnahmen, u. A. als Partner von Joan Sutherland.


    Ich besitze von Renato Cioni auch einige Opern-Gesamtaufnahmen, wie "Rigoletto", "Lucia di Lammermoor" und "Madame Butterfly". Hier kann man seine Stimme hören:


    W.S.

  • Renato Cioni ist mir als Callas-Partner bekannt, aber man tut ihm sicher Unrecht, wenn man ihn darauf reduzieren würde. Diese Tosca aus der Covent Garden ist trotzdem einfach genial, wie ich meine, und zwar durch alle drei Künstler:


    "Tatsachen sind die wilden Bestien im intellektuellen Gelände." (Oliver Wendell Holmes, 1809-94)

  • Mit Freude habe ich gesehen, dass nun Renato Cioni einen eigenen Thread erhalten hat!


    Er war eigentlich kein Schallplattensänger sondern ein Künstler, dessen Größe darin lag, dass er Figuren auf der Bühne ein klares Profil geben konnte - durch seine Persönlichkeit, durch seine Schauspielkunst und Darstellungskraft und durch seine gesangliche Interpretation des Notentextes.


    Ich habe mich dazu schon mal in dem Thread geäussert, in dem gefragt war, wer denn der beste Duca di Mantova war.
    Ich erlaube mir mal, daraus zu zitieren:

    Ehe ich sagen kann, welche Interpretation mir besonder eingeleuchtet hat, muss ich mir selbst erst mal klar machen, was für eine Figur der Herzog eigentlich ist. Ja er wird schon als "schöner verführerischer Adeliger beschrieben, dem kein Mädchen widerstehen kann". Aber vor allem ist er ein skrupelloser Renaissance-Macho, der sich nimmt, was er haben will, der sein Vergnügen und Lust sucht aber nicht wirklich Liebe.Wenn er im zweiten Akt klagt, dass Gilda ihm entrissen wurde, steht für ihn nicht die verlorene Geliebte im Vordergrund sondern der geraubte Besitz. Der Duca ist vor allem unverschämt selbstverliebt und egoistisch (In den USA würde man sagen "selfish") und wenn er von Liebe singt, meint er seine Liebe! Da gibt es nicht das wunderbare Wörtlein "und" wie bei Tristan und Isolde.


    Vor diesem Hintergrund habe ich eigentlich nur einen Duca auf der Bühne erlebt, der mich restlos überzeugt hat und das war Renato Cioni. Berlin hatte ja in den 60er Jahren das wahnsinnige Glück, dass in den lyrischen Tenorpartien zwischen Alfredo, Rodolfo und Riccardo ständig Renato Cioni, Giacomo Aragall, Franco Tagliavini und Carlos Cossutta alternierten. Jeder hatte durchaus seine Meriten, aber als Duca war Cioni einfach eine Klasse für sich. Seine blendende Bühnenerscheinung und seine Fähigkeit, Figuren ein klares Profil zu geben, kamen ihm gerade in der Partie sehr zu gute. Er hatte eine sonst bei Tenören kaum je zu erlebende Eleganz und Vornehmheit, aber er verließ sich nicht allein darauf. Er zeigte, wie frivol der Herzog ist, wie kalt und menschenverachtend er mit Anderen umgehen kann. Aber er entwickelte auch einen umwerfenden Charme als Verführer und ließ dabei noch immer ahnen, dass es ihm um Eroberung geht und nicht um Liebe. Rein sängerisch mochte der damals ganz junge Aragall noch mehr für sich einnehmen. (Wenn man nur seine Gesamtaufnahme unter Gardelli kennt, ahnt man kaum, wie gut der einmal war!!!) Aber Cioni verstand es, seiner Stimme so viele Farben und Schattierungen abzugewinnen, dass seine darstellerische Konzeption musikalisch voll beglaubigt wurde. Mal klang er schmeichelnd und verführerisch, sang er Piano-Phrasen mit irritierender Süße und betörendem Schmelz. Und dann ließ er auch wieder ungeduldiges Drängen sowie die zupackende Härte und arrogante Kälte des Machtmenschen hören. Mir ist unvergeßlich, wie er die drei Solo-Paradenummern in diese Rollengestaltung integrierte, ja sie geradezu zu Verdichtungen seines Rollenverständnisses machte. So nahm man ihm denn auch nicht übel, wenn ihm die Kadenz in der Kanzone mal nicht wirklich locker und geschmeidig gelang und die Spitzentöne etwas steif gerieten. Sicher würde ich mir keine der drei Solonummern des Duca von Cioni auf meine Liste der besten Einspielungen dieser Stücke setzen. Aber sein Rollenportrait war für mich überzeugender als alles was ich von anderen Tenören live (und das waren viele) oder in CD-Einspielungen und Aufführungsmitschnitten gehört habe.


    Leider ist Cionis Gesamtaufnahme nicht allzu gut gelungen. Immerhin gibt sie eine Ahnung davon, was er für ein Duca war!

    Auch die anderen Aufnahmen, die von Cioni überliefert sind, geben nur begrenzt eine Vorstellung davon, wie fesselnd er in Live-Aufführungen war!


    Trotzdem: Hört man heute seine Mitschnitte des Elvino (Sonnambula), Duca, Alfredo, Cavaradossi, Riccardo, Marcello (Duca d'Alba), Don Carlo, Paolo (Francesca da Rimini) oder Rudolfo, kann man schon sentimental werden. Wo wäre in diesem Fach heute ein Tenor dieser Klasse?
    Freuen wir uns, dass wir die Mitschnitte haben - auch wenn sie oft arg bescheiden klingen!


    Caruso41

    ;) - ;) - ;)


    Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten!


  • Der italienische Tenor Renato Cioni ist am 4. März im Alter von 84 Jahren in Portoferraio gestorben. Der Sohn eines Fischers auf der Insel Elba wurde am Cherubini Konservatorium in Florenz ausgebildet. Er debütierte 1956 in Spoleto. Er hatte sofort großen Erfolg und sang 1961 schon an der Mailänder Scala.
    Im selben Jahr debütierte er an der ‘San Francisco Opera’.


    Zum Repertoire des lyrischen Tenors gehörten Rollen in ‘La sonnambula’, ‘Rigoletto’, ‘La traviata’, ‘Un ballo in maschera’, ‘Cavalleria rusticana’, ‘La Bohème’, ‘Tosca’, etc.
    Gesangspartner waren Joan Sutherland, Maria Callas, Tito Gobbi, Anna Moffo usw.

    R. I. P.

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)

  • Leider kann er seinen heutigen Geburtstag nicht mehr feiern - er ist vor einem Monat gestorben.



    Cioni, Renato, italienischer Tenor, * 15.4.1929 Portoferraio, gestorben am 4. März 2014 ebenda.
    Er debütierte 1956 als Edgardo in Spoleto, trat 1958 an der Mailänder Scala auf und sang 1959 bei den Festspielen in Spoleto in Donizettis Duca d'Alba. Sang 1961 in San Francisco, 1964 in Verona, 1965 am Londoner Covent Garden, 1969 an der New Yorker Metropolitan Opera, 1972 bei den Caracalla-Festspielen und noch 1979 in Tours; auf Schallplatte häufiger Partner der Sutherland.
    Am Nachmittag des 3. März 2014 wurde Cioni ins Krankenhaus von Portoferraio (Ospedale di Portoferraio) eingeliefert; dort starb er am frühen Morgen des 4. März 2014.


    LG

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)

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