Joseph Wölfl – eine Bilderbuchkarriere als Pianist und Komponist.


  • Joseph Johann Baptist Wölfl wurde am 24. Dezember 1773 in Salzburg geboren und starb am 21. Mai 1812 in London


    Wölfls Vater stand ebenso wie jener von Wolfgang Amadeus Mozart in Diensten der Erzbischofs Colloredo. Die beiden Herren kannten sich. Es wird vermutet, dass Wölfls erste Schritte am Klavier unter der Obhut von Leopold Mozart und Nannerl stattfanden, denn er wurde in Hause Leopold Mozarts sehr gern gesehen. Manche Quellen berichten, dass er wie ein Familienmitglied behandelt wurde Erst im Internat für Domsängerknaben dem „Kapellhaus“ wurde Leopold Mozart dann nachweislich sein Lehrer, ebenso wie Michael Haydn. Auf den Internatsaufenthalt folgten Privatstunden bei Leopold Mozart bis 1787. Anschliessend scheint er sowohl seine Kenntnisse als Pianist auf perfektioniert, als auch ein Kompositionsstudium absolviert haben.
    Wölf und W.A. Mozart waren bekannt, vermutlich sogar befreundet. Mozart verschaffte dem 17 Jährigen eine gute Anstellung in Warschau (und hatte in Wien einen Konkurrenten weniger )
    In Warschau entstanden bereits erste Kompositionen (Sinfonie und Klavierkonzert) und bei seiner Rückkehr 1795 war Wölfl bereits wohlhabend.
    Hier in Wien machte er eine Doppelkarriere als Konzerpianist und Komponist.
    Als Pianist wurde er oft als ebenbürtiges Gegenstück zu Beethoven gesehen – obwohl im Stil völlig verschieden – oder vielleicht gerade deshalb. Woelfl war – ebenso wie Beethoven – ein Meister der Improvisation, jedoch war sein Spiel von Klangschönheit und Klarheit gezeichnet – nicht von stürmischer Wildheit.


    Ein „Duell“ am Klavier zwischen Beethoven und Wölfl (seit 1795 schreibt er sich Woelfl) endet, soweit wir es wissen „unentschieden“ (Das war in der Regel damals so üblich)


    Woelfl verbrachte in Folge 4 erfolgreiche Jahre in Paris, übersiedelte dann aber nach London wo er mit allen Größen des Londoner Musiklebens bekannt wurde und selbst eine war.
    Er gab Konzerte, die regen Zuspruch fanden und er komponiert ausserden. Seine Einkünfte waren geradezu gigantisch. Er verdiente mehr als Haydn, Beethoven und Mozart zusammen und galt bald als einer der bedeutendsten Musiker Londons, der mit Kompositionsaufträgen überhäuft wurde
    Für die kurze Lebensspanne, die Wölfl beschieden war, ist seine Produktion enorm: Knapp 70 Werke mit Opuszahl, und ca 130 ohne eine solche.


    Er schrieb eigentlich für alle Sparten: 8 Sinfonien, 10 Klavierkonzerte, Kammermusik,7 Opern, 4 Ballette, Lieder und Klaviersonaten, sowie Klaviervariationen und Klaviermusik zu 4 Händen……..
    Er lebte ein schnelles intensives Leben in dem für Ruhepausen kein Platz war. Das forderte seinen Preis: Am 21.Mai 1812 starb er
    Betrüblich ist, dass die Diskographie dem gegenüber äusserst schmal ist (ich werde die Aufnahmen die mit zur Verfügung stehen in den nächsten von mir hier verfassten Beiträgen besprechen – so mir nicht jemand kompetenterer zuvorkommt….



    Der geneigte Leser wird nun vermutlich die Frage stellen, warum so wenig von Woelfl aufgenommen wurde. Ich muss darauf antworten: Ich weiss es nicht – eines der ungelösten Rätsel der Menschheit Ich werde demnächst das Orakel von Delphi dazu befragen…..


    Mit freundlichen Grüßen aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Hier stelle ich eine der Perlen aus Woelfls Schaffen vor (sie wird heute auch noch zu meinen "Unverzichtbaren" hinüberwandern. Die CD enthält drei der 8 Klavierkonzerte Woelfls, nämlich die Nummern 1, 5 und 6.
    Schon die Nummer 1 (gedruckt 1801) lässt das Herz jeden Mozartianers höher schlagen und bestätigt zugleich die Berichte von Zeitgenossen, welche über die außergewöhnliche Fähigkeit Woelfls in punkto Variationen eines Themas berichten. Der erste Satz beginn mit einem (leicht abgewandelten) Zitat von Mozarts "Non piu andrai" aus "Figaros Hochzeit, ein Thema, welches nach Unterbrechungen durch ein Seitenthema immer wieder in abgewandelter Form auftaucht und so dem ersten Satz seinen Charakter verleiht.Bei aller Affinität zu Mozart ist dieses Konzert indes (meiner Meinung nach) keine Stilkopie, sondern ein eigenständiges Werk mit "Wölflschem Charakter" Wölfl spendiert diesem Eröffnungssatz ganz 15 Minuten...
    Das Andante (2. Satz) ist sehr einschmeichelnd und schüchtern, das Thema wird wiederum variiert.
    Im dritten Satz (Rondeau a la polonaise) ist das Wechselspiel zwischen Klavier und Horn die Attraktion des Satzes. Wir haben uns hier bereits von Mozart entfernt und ich vernehme gelegentlich eine Vorahnung auf Chopin....


    Beethovens Geist - trotzdem die beiden fast gleichaltrig waren - einander kannten und miteinander (oder sollte man sagen "gegeneinander"?)musizierten - ist hier überhaupt nicht zu spüren....


    Das wars für diesmal. Bei Gelegenheit und Bedarf werde ich den beiden Klavierkonzerten Nr 5 und 6 demnächste ein paar Zeilen widmen
    Die CD wird übrigens von jpc zum Abverkaufspreis von 7.90 Euro angeboten - sollte also für jeden Interessenten erschwinglich sein....


    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • (sie wird heute auch noch zu meinen "Unverzichtbaren" hinüberwandern.


    Da steht diese Scheibe bereits schon seit 2008! Dann ist sie sicher wirklich unverzichtbar … :baeh01:

    Einer der erhabensten Zwecke der Tonkunst ist die Ausbreitung der Religion und die Beförderung und Erbauung unsterblicher Seelen. (Carl Philipp Emanuel Bach)

  • Während ich noch darüber grübelte, ob man bei Wolfl die Sinfonischen Werke von der Kammermusik, und dieses wiederum von den Kompositionen für Klavier trennen sollte, habe ich zu meiner Überraschung feststellen müssen, daß das meiste ohnedies schon gestrichen ist. So auch diese Cd mit Klaviersonaten von Wölfl, der als Pianist ein ernst zu nehmender Konkurrent und durch gegenseitige Sympathie verbundener Kollege von Beethoven war. Leider ist sie schon aus den Katalogen gestrichen, vielleicht aber antiquarisch zu haben (?)
    Mein sclechtes Gewissen, diese Aufnahme nich früher vorgestellt zu haben hat sich jäh beruhigtm als sich gesegen habm daß ich si DOCH bereits gezeigt habem und zwar schon am 6, April 2006 im Thread Klaviersonaten in Beethovennähe
    Schon damals habe ich die Beethovennähe der Sonaten betont, allerdings auch die Einschränkungen erwähnt.
    Schade dass es diese CD nicht mehr im Handel gibt..........
    Erwähnt werden sollte sie hier auf jeden Fall, damit sie nicht in Vergessenheit gerät .- Und wer weiß - vielleicht gibts irgendwann eine Neuaufkage oder Naxos entdeckt den Herrn Wölfl für sich.......

    mfg aus Wien
    Alfred


    PS: Die Tonbeispiele sind derzeit (18.3.2016) noch verfügbar

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !




  • Ich lausche gerade dem 1. Klavierkonzert, und kann auch nur staunen, dass diese Musik so wenig präsent ist; sie scheint mir auch durchaus eigenständig zu sein, anmutig, nachdenklich, geschmeidig fließend, rhythmisch straff, lieblich, aufbrausend...viele Stimmungen und Schattierungen werden hier zum Klingen gebracht. Das Orchester begleitet teilweise mit pizzicati die einprägsamen, ariosen Melodien des Klaviers. Vieles kommt einem natürlich schon vertraut vor, und dennoch auch wieder neu. Eine echte Bereicherung und Entdeckung - über eine Nxos-Serie o.ä. würde ich mich auch freuen, um diesen Komponisten wieder mehr ins Blickfeld zu rücken.


    2015 ist diese Cd erschienen - kennt sie vielleicht jemand? Die Klangschnipsel klingen jedenfalls schon einmal sehr interessant - u.a. gibt es ein Konzert für Harfe und Klavier.


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  • In Beitrag 2 habe ich eine CD des Labels cpo vorgestellt, die 2008 erschienen ist, und die neben 2 anderen Klavierkonzerten und einem einselnen Satz auch das von Don Gaiferos zu recht so bewunderte Klavierkonzert Nr 1 enthält Es erscheint uns deshalb so vertraut weil wir im ersten Satz ein immer wieder variiertes Thema finden das entfernt an Mozarts "Non piu andrai" erinnert...
    Ich gehe davon aus , daß die bereits preislich reduzierte CD nicht mehr allzulange in den Katalogen zu finden sein wird und rate jedem Freund von Klavierkonzerten um 1800 hier zuzugreifen, bevor es zu spät ist.


    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Wölfl hat under anderem auch 8 Sinfonien geschrieben (Nr 0 -7) welche teilweise mit Opuszahl versehen sind, teilweise als Werke ohne Opuszahl laufen
    Hier ein akustisches Beispiel der Sinfonie op 41, welche aus dem Jahre 1804 stammt und dem Impresario Peter Salomon (1745-1815) gewidmet ist.


    Es existiert bedauerlicherweise derzeit keine Aufnahme davon am Tonträgermarkt.
    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • R-1969493-1255763715.jpeg.jpg


    Lieber Alfred, danke für den Hinweis auf das symphonische Schaffen des Komponisten. Es findet sich zumindest noch gebraucht, wenn auch zu sehr hohem Preis, diese Einspielung der Symphonien, die auch die Grundlage für das youtube-Video bildet. Ansonsten möchte ich noch die Gelegenheit nutzen, um auf die hochinteressante Homepage der Joseph-Wölfl-Gesellschaft hinzuweisen: http://www.josephwoelfl.org/de/. Unter "Termine" findet sich folgende spannende Ankündigung:


    Eröffnung Joseph-Woelfl-Haus
    Sonntag, 04. September 2016, 15:00 Uhr - 17:30 Uhr
    von Margit Haider-Dechant


    Mit diesem Festakt wird das Joseph-Woelfl-Haus in Bonn feierlich eröffnet.


    Es regt sich also etwas - man darf hoffen, dass sich da etwas bewirken lässt, um den Komponisten bekannter zu machen.

  • Ich habe heute das Klavierkonzert Nr 2 gehört. Bei dieser Gelegenheit habe ich dank Booklet und Recherche derart viele Informationen zu Woelfl bekommen, daß es mir angebracht scheint, fürs erste die Klavierkonzerte mit einem eigenen Thread zu versehen. Die hier geschriebnen Beiträg dazu bleiben stehen, werden aber als Kopie in den neuen Thread verfrachtet.

    Diese Maßnahme ist IMO weise Voraussicht, denn das Jahr 2023 ist ein Woelfl Jubiläumsjah (250. Geburtstag) und ich gehe davon aus, daß wir mit einer akzeptablen Menge an Neuaufnahmen überflutet werden. Wölfl hat etwa 145 Werk mit Opuszahl (Im Eröffnungdsbeitrag schrieb ich "70" - weil das in den damals vermutlich verfügbaren Quellen so stand - aber auch WIKI lernt andauern dazu....) und etwa 120 ohne Opuszahl hinterlassen. Da kommt schon was - und vor allem: Es ist mehr als hörenswert....


    Eine beliebte Geschichte, Wölft sei auf Grund seines Lebenswandels in Armut und Krankhet verfallen und auf einem feucht-fauligen Strohlager verschieden, ist eine beliebte rührselige moralinsaure Geschichte im deutschsprachigen Raum. Er starb völlig überraschend - und zwar in einer teuren Wohngegend in London.


    mfg aus Wien

    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !