Claqueure - Stimmungsmache gegen Bezahlung

  • Claqueure liefern Applaus gegen Entgelt. Bei einer Recherche stiess ich auf ein Stelleninserat:
    Zitat
    "Statisten/Claqueure gesucht Wir suchen zahlreiche Personen in jedem Alter für verschiedene Veranstaltungen in xy (Name einer deutschen Grossstadt)! (Definition Claqueur: Person die bezahlten Applaus liefert) Vorraussetzungen: Ein Lächeln im Gesicht und ausgelassene Stimmung Verdienst (je nach Veranstaltung) zwischen 11, 00 und 14, 00 Euro / Stunde" Zitatende


    Dann ging meine Suche weiter und ich geriet an diesen Artikel aus der "Zeit":
    (Weil hier keine Werbung gemacht werden soll, habe ich den Namen der Firma anonymisiert.)
    Zitat:
    "Wer lieber klatscht statt klotzt, eignet sich prima als Claqueur. Der Job besteht darin, "richtig Stimmung zu machen", wie K. B. sagt. Er ist Eventmanager bei der Firma Xy. In ganz Deutschland schickt das Unternehmen seine Claqueure zu Rockkonzerten, Messen und Informationstagen, deren Veranstalter Angst vor zu wenigen Besuchern haben. Abgesehen von politischen Ereignissen wie Demonstrationen und Parteitagen gibt es keine Tabus. Der Lohn ist üppig: Fürs Klatschen, Anfeuern und Feiern bekommen die Claqueure je nach Auftrag 15 bis 20 Euro Stundenlohn. Eventmanager Bernhard zufolge hat das viele Jobsuchende überzeugt: 6.000 Stimmungsmacher seien schon in der Yx-Datenbank registriert, ungefähr drei Viertel von ihnen Studenten. Zudem sei der Job sehr flexibel: "Die Events finden ziemlich kurzfristig statt und man kann von Mal zu Mal entscheiden, ob man Lust hat, hinzugehen." Allerdings ist auch die Arbeit eines Claqueurs nicht ohne Nachteile: "Wie viel Geld man monatlich verdient, ist nicht vorherzusagen. Für manche Claqueure gibt es nur ein bis zwei Aufträge im Jahr", sagt Bernhard. Und lustig sind die Veranstaltungen auch nicht immer. So mancher Claqueur wurde schon für eine Beerdigung gebucht."
    Zitatende


    Ich weiss, dass in der Operngeschichte die Stimmung einer Aufführung durch bezahlte Claqueure in eine vom Auftraggeber gewollte Richtung gelenkt wurden. Das konnte über Erfolg oder Misserfolg eines Werkes entscheiden, je nach Intentionen des Auftraggebers.


    Kennt ihr Beispiele aus Vergangenheit und Gegenwart?
    Gibt es Claqueure auch im Klassik-Bereich?

    .

    Vor Schuberts Musik stürzt die Träne aus dem Auge, ohne erst die Seele zu befragen:
    so unbildlich und real fällt sie in uns ein. Wir weinen, ohne zu wissen warum; Theodor W. Adorno - 1928




  • In der Vergangenheit soll es besonders im Opernbereich bestellte Claqueure gegeben haben. Auch von Wien hört man die Legende, dass es unter den berühmten "Stehplatzern" Gruppen gab, die Sängerlieblinge durch gezielten Beifall protegierten und popularisierten. Dabei wird jedoch sofort berichtet, dass diese engagierten Opernfreunde niemals bestechlich waren. Es ging aussschließlich darum Sänger, von denen man überzeugt und begeistert war, zu feiern und zu unterstützen. Zur Musik und besonders zur Oper gehören große Gefühle. Deshalb ist es richtig, dass Besucher ihren Gefühlen freien Lauf lassen und auch durch Bravissimo Stimmung machen. Man sehe sich doch nur einmal die Begeisterung bei Rock- oder Popkonzerten an. Ein Geheimnis für deren Faszination und Popularität
    Davon sollten wir Klassiker lernen, denn Begeisterung steckt an und deshalb sollten wir grenzenlose Begesiterung ausstrahlen und ausdrücken. Dies bekennt ein Musikfreund mit bald 80 Jahren - der für seine Bravorufe beim Heilbronner Sinfonie Sinfonie Orchester berühmt-berüchtigt ist und der sich auch als Ehrenvorsitzender - der eigentlich vornehm, zurückhaltend sein sollte - niemals scheut, Jubel ganz offen zu zeigen.


    Herzlichst Operus :jubel: :jubel: :jubel:

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!

  • Vor einigen Jahren habe ich eine ORF-Doku....so weit ich mich erinnere war sie vom ORF....über die "Arena di Verona" und weitere Opernhäuser in Italien gesehen, in der ganz offen über die Aktivität von Claqueuren berichtet wurde. Das ist wohl noch immer gängige Praxis, ein junger Mann gab darin zu, dass er eine ganze Gruppe von bezahlten Buhern oder Jublern "unter sich habe" und darin auch nichts Ehrenrühriges erkennen könne!
    Er sagte, dass diese Menschen die Oper liebten und so, trotz geringen Einkommens, regelmäßig Vorstellungen besuchen könnten...was ja per se gut sei. :yes:


    LG
    Fides :hello:

    La vita è bella!

  • Es gab die Claqueure in dieser Form schon sei 200 Jahren. Ich zitiere WIKIPEDIA nur selten und ungern, aber diemal ist eine Ausnahme angezeigt, da der Artikel zu diesem Stichwort nicht nur informativ, sondern auch unpolitisch UND witzig ist.
    Bezahlte Applaudierer gab es bereits sei etwa 1820 (persönlich vermute ich jedoch: schon früher) und sie hiessen in Frankreich
    „Chevaliers de lustre“, (Ritter des Kronleuchters)
    Intern gab es diverse Funktionen, die ich hier einstelle:



    Quelle:Wikipedia http://de.wikipedia.org/wiki/Claqueur


    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Banner Trailer Gelbe Rose
  • Um die von Alfred zitierte Liste der bezahlten Claqueure zu aktualisieren und ergänzen:


    Animateurs (Moderatoren): Sie sollen nach vorgegebenem Text die Aufführung loben und damit Buhrufe übertönen.
    Journalistes: Sie haben die Aufgabe, hochtrabende Artikel über miserablen Unsinn zu schreiben.

    Liebe Grüße
    Gerhard

    Regietheater ist die Menge der Inszenierungen von Leuten, die nicht Regie führen können. (Zitat Prof. Christian Lehmann)

  • Gerade letztere (Journalistes) scheinen heute noch extrem weit verbreitet zu sein (nein ich nenne jetzt keine Namen) aber man stößt beim Lesen der Welt, des Hamburger Abendblattes und des Fono Forums immer wieder auf diese Spezies.