200 Jahre und kein bißchen leise - VIVA VERDI

  • 2013 ist Verdi Jahr. Die Musikwelt und seine Anhänger feiern den 200. Geburtstag des italienischen Meisters und meistgespielten Opernkomponisten der Welt.
    Dieser thread stellt das Werk des großen Opernkomponisten in den Mittelpunkt und soll zum einen auf neue Veröffentlichungen oder auch Wiederveröffentlichungen hinweisen, die im Laufe des Verdi-Jahres im Bereich CD, DVD und Buch auf den Markt kommen.
    Mit welchem Programm begehen Opernhäuser dieses Jubiläum? Weist auf für euch interessante Vorstellungen und Veranstaltungen hin.


    Andererseits soll es hier um eure Lieblingsopern von Verdi gehen. Welche Opern liebt ihr besonders und welche sind eure Lieblingsaufnahmen?
    Zu welchen Werken habt ihr noch nicht den rechten Zugang gefunden? Gibt es Opern die ihr überhaupt noch nicht kennt und erst entdecken müßt?


    Laßt den Jubilar Giuseppe Verdi hier anhand seines Schaffens hochleben. Eben Viva Verdi!


    Gregor

  • Dem schleiße ich mich an VIVA VERDI! Meine Lieblingsoper von Verdi (und auch sonst) ist der Don Carlo mit all seinen Fassungen. Und die zweitliebste ist die Forza....aber traurigerweise habe ich erst letztens feststellen müssen, dass ich viele Frühwerke des Meisters gar nicht richtig kenne! I Lombardi, La Battaglia di Legnano, Alzira, Il Corsaro.....habe ich noch nie gesehen und kenne ich nur Auschnittsweise. Letzten Monat habe ich mir eine Aufnahme von Un Giorno di Regno besorgt... und liebe dieses Werk über alles..... :)

  • Von Verdi kenne ich außer Oberto, Alzira und Jerusalem (die eine Neubearbeitung der Lombarden ist) alle Opern und besitze sie auf CD und DVD. An erster Stelle rangiert bei mir Aida, aber gleich danach kommen Otello, Rigoletto, Don Carlos, La Traviata, Nabucco und Macbeth. Aber auch alle anderen höre ich immer wieder gern.


    Liebe Grüße
    Gerhard

    Regietheater ist die Menge der Inszenierungen von Leuten, die nicht Regie führen können. (Zitat Prof. Christian Lehmann)

  • Verdi ist für mich - neben Mozart der Größte - aber natürlich hat Verdi viel mehr Opern geschrieben als Mozart - und ich liebe sie (fast) alle. Ich erinnere mich genau an meine erste Gesamtaufnahme einer Verdi Oper - und wie teuer sie mir damals erschien. sie kostete damals es muß um 1967 gewesen sein als ich sie kaufte. Sie ist bis heute im Programm. Es war La traviata.

    Es war eine DGG Veröffentlichung auf drei Langspielplatten. Die Box war mit rotem Leinen überzogen, die Schrift war in Gold geprägt:"In Collaborazione con il Teatro alla Scala " stand ganz obenauf - und das Logo der Mailänder Scala war abgebildet. Man wusste damals was der Sammler von Operngesamtaufnahmen wollte. Die Besetzung war erstklassig, die Tontechnik ebenso. Man hatte den Eindruck etwas ganz besonders kostbares zu besitzen - und in der Tat war das eigentlich ja auch der Fall.

    Trotz des hohen Preises erwarb ich relativ bald danach eine weitere Verdi Oper dieser Serie aus Mailand. Diesmal war es Rigoletto unter Kubelik. Als ich sie dann hatte wurde in meinem damaligen Bekanntenkreis darüber gelästert, Votto sei temperamentlos und langsam, Fischer-Dieskau sei eine Fehlbesetzung - sein italienisch klänge grauenhaft....
    Dennoch hatte ich viel Freude mit dieser Einspielung, Bergonzi allein war schon den Kauf wert. Aber auch Ivo Vincos Sparafucile ist unvergessen. Nicht am Cover erwähnt - aber auf der Aufnahme ist ferner Fiorenza Cossoto. Ich liebe diese Stimme.


    Heute habe ich einige Aufnahmen dieser Oper (die Videoaufzeichnungen - ich habe sie noch nicht gesehen - gar nicht mitgerechnet) - unter anderem auch jene mit Aragall als Herzog - der 4. der Tenöre - für mich die schönste Stimme -aber ein Meister der Absage - seine Nerven waren nicht die besten.....


    Weiteres folgt im Laufe dieses Threads....


    mit freundlichen Grüßen aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Das Verdi-Jahr wird leider nicht überall begangen. In unserem Geraer Theater ist in dieser Spielzeit 2012/2013 kein Verdi auf dem Programm, kein Wagner (außer einem im Konzertsaal angekündigtem ausgegrabenen Wagernfilm, zu dem das Orchester Live-Musik spielt (übrigens unter dem Dirigat des Spezialisten Frank Strobel), die aber nicht von Wagner kommt. Nach massiver Kritik vieler Theaterfreunde hoffe ich auf 2013/2014 - ohne mir Hoffnungen zu machen, hingehen zu können. Unser Intendant mag nur verunstaltete Inszenierungen.


    Außer Oberto, Alzira und auch Jerusalem habe ich sicher schon Musik aus allen Opern gehört, ich habe viele Gesamtaufnahmen auf CD und DVD (darunter 4 Traviatas). Keine Bindung finde ich zu Falstaff.


    Meine Lieblingsopern von Verdi sind Luise Miller (besonders die Aufnahme mit Cebotari, Hermann usw), der Rigoletto (mit Rosvaenge, Schlusnus), Don Carlos in der Pariser Fassung aufgrund einer phantastischen Aufführung vor etwa 12 Jahren in Gera (Regie Hubert Kross jr.), es war die letzte nicht versaute Aufführung einer Verdi-Oper in Gera. Natürlich mag ich die Traviata, die ich aber im Moment über habe, die Aida und auch den Otello, ja überhaupt alle Verdi-Opern. Versaut worden ist mir der Nabucco durch eine Aufführung in Gera, wo Bombenalarm gemacht wurde, Nato-Soldaten mit MPi`s über die Bühne latschten usw. Da ich vor meiner Opernabstinenz zu viele derartig nervtötende und zutiefst zuwidere Aufführungen von Verdi-Opern sehen mußte, was letztlich auch zu meinem Entschluß führte, nicht mehr in`s Theater zu gehen, bleiben mir im Moment nur noch meine DVD und natürlich die Aufnahmen auf Platte und CD.


    Aber Verdi ist und bleibt für mich einer der größten Komponisten. Nirgendwo stirbt sich im 6/8 Takt schöner als bei Verdi!


    La Roche

    Ich streite für die Schönheit und den edlen Anstand des Theaters. Mit dieser Parole im Herzen leb' ich mein Leben für das Theater, und ich werde weiterleben in den Annalen seiner Geschichte!

    Zitat des Theaterdirektors La Roche aus Capriccio von Richard Strauss.

  • Don Carlos in der Pariser Fassung in Gera? Mit einleitendem Chor der Holzfäller, dem großen Handlungsballett, dem Lakrimosa des Königs und den vielen anderen Szenen, die noch vor der Uraufführung gestrichen wurden? In der Fassung also, die Ursula Günther hergestellt hat nach akribischer Forschungsarbeit? Das ist ja ganz enorm. Du siehst mich total sprachlos, lieber La Roche und höchst erfreut. Schade, dass ich erst jetzt davon erfahre, ich wäre gerne gekommen.


    Dir herzliche Grüße von Rheingold

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • Zwar schon aus 1977 - also nicht heuer wiederveröffentlicht - aber derzeit preisgesenkt - sodass man fürchten darf, daß sie bald aus dem Angebot verschwinden wird: Eine der beeindruckendsten Aufnahmen von "La Traviata". Carlos Kleiber - ich bin nicht unbedingt ein Fan von ihm - dirigiert diese Oper mit Feuer und Flamme - die Sänger zählten zu die besten ihrer Zeit und die Aufnahmetechnik - noch analog - hat sich selbst übertroffen. Diese Aufnahme sollte man nicht nur im Plattenschrank (=CD-Schrank) stehen haben - sondern auch (wenn möglich mehrmals) gehört haben......

    mit freundlichen Grüßen aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Zitat Figarooo:

    Zitat

    ....aber traurigerweise habe ich erst letztens feststellen müssen, dass ich viele Frühwerke des Meisters gar nicht richtig kenne! I Lombardi, La Battaglia di Legnano, Alzira, Il Corsaro.....habe ich noch nie gesehen und kenne ich nur Auschnittsweise.


    Hallo!


    Da hast Du aber Nachholbedarf! Denn diese "unbekannten" Frühwerke sind von hoher musikalischer Prägung, und gehören bei mir auf eine Stufe mit den bekannten Standardwerken von Verdi. Du wirst überrascht sein von deren wunderbaren Musik.



    Gruß Wolfgang

    W.S.

  • Zitat

    Da hast Du aber Nachholbedarf! Denn diese "unbekannten" Frühwerke sind von hoher musikalischer Prägung, und gehören bei mir auf eine Stufe mit den bekannten Standardwerken von Verdi. Du wirst überrascht sein von deren wunderbaren Musik.

    Genau !!
    Und wie (fast !!) immer - hat auch hier das Tamino Klassikforum Ratschläge parat:


    VERDI Guiseppe - Unbekannte Opern (Verdis vergessene Juwelen)


    mit freundlichen Grüßen aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Ich sollte mich wohl im Jubiläumsjahr wieder mehr der Oper widmen...
    Ich habe eine Reihe Verdi-Opern im Regal, kenne mindestens Rigoletto, Traviata und Maskenball auch seit Jahren ganz gut (nicht wirklich gut, aber so, dass ich die meisten Stücke daraus wiedererkennen würde). Auf der Bühne gesehen habe ich Rigoletto und Attila (beides lange her, Mitte der 90er oder um 2000). Nun habe ich neulich auf Ebay eine Aufnahme der "Forza del Destino" erstanden (Muti/EMI) und kaum die erste CD durchgehalten. Musikalisch für mich relativ uninteressant und von der Handlung ein totaler Schmarren (ich will nie mehr etwas über Absurditäten in Barockopern hören...).


    Was soll ich tun? Sollte ich mich auf die Spätwerke verlegen (Otello, Falstaff) oder was würden die (für mich erstaunlich zahlreichen) Verdi-Komplettisten hier im Forum für eine Strategie empfehlen? Worauf soll man achten, was ist das besondere an Verdis Musiktheater?

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

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  • Vielleicht als Empfehlung von jemandem, der kein Verdi-Enthusiast ist (und damit deinen musikalischen Befindlichkeiten etwas näher steht), würde ich schon Otello und Falstaff oder auch Don Carlos empfehlen, die haben auch mich begeistert.

    "Die Glücklichen sind neugierig."
    (Friedrich Nietzsche)

  • Lieber Johannes Roehl,


    in Anbetracht der Tatsache, dass man an Verdis Ouvre 50 Jahre Entwicklung der nicht-wagnerischen Oper studierern kann, genauso, wie des Komponisten eigene, würde ich dir zu einer chronologischen Vorgehensweise raten. Fang mit dem Oberto an und hör' mit dem Falstaff auf. So manches erklärt sich dann bei dieser Vorgehensweise von selber, das Problematische vom Problematischen wird deutlicher und mancher große Schrank wird deutlich kleiner (Forza!)


    Viele Grüße
    John Doe
    :hello:

  • Wie gesagt, sind mir einige der bekannteren Opern nicht völlig unbekannt. Ich werde gewiss nicht alle frühen Opern anschaffen und enzyklopädisch-biographisch vorgehen. Mir würde reichen, von einer Oper annähernd so begeistert zu sein wie die Fans....
    Attila besitze ich von den frühen, dann Macbeth (Leinsdorf), Macht des Schicksals (Muti), Rigoletto (Solti), Traviata (Maazel und Kleiber), Troubadour (Callas/Karajan), Simone Boccanegra (Gavazzeni), Don Carlo (Giulini), Otello (Levine und Toscanini) und Falstaff (Karajan). Allerdings habe ich viele davon kaum je richtig angehört.
    Ich bin auch nur sehr sporadisch mit Opern von Rossini/Donizetti/Bellini bekannt. Meine Lieblingsopern sind Purcells Dido und Beethovens Fidelio und Mozart. Händel-Opern sind mir meist etwas zu lang, aber prinzipiell gefällt mir Barockoper vermutlich weit besser als typischen Opernfreunden.
    Tosca, Gianni Schicchi und Turandot gefallen mir ganz gut, Butterfly und Boheme finde ich sehr schwer erträglich. Von Tristan und Ring war ich vor 15-20 Jahren mal recht angetan (habe Parsifal und Siegfried im Theater gesehen), aber Wagner sollte ich mir dieses Jahr auch nochmal ausführlicher vornehmen, besonders auch Parsifal und Meistersinger (von Tannhäuser und Lohengrin werde ich vermutlich auch kein Fan mehr werden). Wagner kenne ich ingesamt sicher erheblich besser als Verdi, bin aber gewiss kein richtiger Wagnerianer, so dass mir deswegen Verdi fernstünde.

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  • Wenn du den Toscanini-Otello hast, kann meiner Meinung nach nichts mehr schief laufen, wenn du denn dann wirklich hörst. Das wäre evtl. die eine Oper, die begeistern könnte...ich finde die Aufnahme großartig.

    "Die Glücklichen sind neugierig."
    (Friedrich Nietzsche)

  • Wie gesagt, sind mir einige der bekannteren Opern nicht völlig unbekannt. Ich werde gewiss nicht alle frühen Opern anschaffen und enzyklopädisch-biographisch vorgehen. Mir würde reichen, von einer Oper annähernd so begeistert zu sein wie die Fans....

    Das hast du wunderbar gesagt, da schließe ich mich an. Ich habe in letzter Zeit und prinzipiell schon "Rigoletto", "Ein Maskenball", "Nabucco", "Ernani", "Die Macht des Schicksals", "Il Trovatore", "La Traviata", "Don Carlos", "Aida", "Otello" und "Falstaff" gehört und mich demzufolge bemüht; aber zum gegenwärtigen Zeitpunkt kann ich nichts damit anfangen. Es berührt mich weder seelisch noch intellektuell; im Gegenteil, ein weltberühmtes Stück wie "Va, pensiero" macht mich beinahe rasend ob seiner musikalischen Anlage; als ob je ein Gefangenenchor derart singen würde. Aber ich weiß und habe es speziell an Mahler gemerkt, dass es manchmal Jahre und Jahrzehnte braucht, um einen Zugang zu einem bestimmten Werk zu gewinnen, wobei mich Mahler natürlich immer interessiert und fasziniert hat; Verdi dagegen nicht. Deshalb finde ich Johannes letzten zitierten Satz so großartig, weil er mir aus der Seele spricht!

  • tja, "Va pensiero". Das sehe auch ich als einen Beleg, dass ich in der Tonsprache einfach nicht drin bin. Ich meine, es sei im Forum schon einmal angesprochen worden, aber ein Vergleich dieses Chores mit dem Gefangenenchor aus Fidelio macht für mich deutlich, was vielleicht eine meiner Schwierigkeiten mit Verdi ist. Bei Beethoven hat man sowohl von der klanglichen Färbung als auch von der Gestik einen sehr plastischen Eindruck davon, wie die Gefangenen zögernd, ungläubig, sich die Augen reibend, geblendet vom ungewohnten Sonnenlicht, stolpernd in ihren Ketten oder aufgrund der im Kerker erstarrten Glieder aus dem Kerker an die Oberfläche kommen.
    Nun drücken die jüdischen Gefangenen nur allgemein ihre Sehnsucht aus, sie steigen in der Szene nicht aus dem Kerker. Aber es ist einfach völlig beliebig. Die Musik passte ebensogut ins Fussballstadion (oder besser :thumbsup: ) oder in sonst eine Opernszene.


    Nun mag das unfair sein, ein frühes Stück, wenngleich Schlager, mit einem so erstaunlichen Meisterwerk wie dem Beethoven-Chor zu vergleichen. Aber selbst mit meinen begrenzten Kenntnissen fällt mir noch ein weiteres Beispiel ein, das ich auch nie einordnen konnte. Die Musik (Cello solo) beim (ersten?) Auftritt Sparafuciles in Rigoletto. Soll das den Killer charakterisieren? Oder soll das gar nichts, oder was? Ich bilde mir ein, einen halbwegs breiten Horizont, gerade auch betreffs "Klangrede" in Vokalmusik von MONTEVERDI über Schütz, Bach, Händel, Mozart bis zu Wagner zu haben, und ich will auch nicht behaupten, dass mir die Affektdarstellungen in allen Barockopern usw. immer intuitiv plausibel erschienen.
    Aber Verdi, extrem populär und den meisten heutigen Hörern offenbar emotional unmittelbar zugänglich (jedenfalls mehr als Monteverdi oder Händel), befremdet mich mit solchen "beliebigen" Passagen wie den genannten. Sorry, wenn ich total uncharakteristische Beispiele herausgehoben habe; das sind aber die, die mir spontan einfallen.

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  • Ich habe eine Reihe Verdi-Opern im Regal, kenne mindestens Rigoletto, Traviata und Maskenball auch seit Jahren ganz gut (nicht wirklich gut, aber so, dass ich die meisten Stücke daraus wiedererkennen würde). Auf der Bühne gesehen habe ich Rigoletto und Attila (beides lange her, Mitte der 90er oder um 2000). Nun habe ich neulich auf Ebay eine Aufnahme der "Forza del Destino" erstanden (Muti/EMI) und kaum die erste CD durchgehalten. Musikalisch für mich relativ uninteressant und von der Handlung ein totaler Schmarren (ich will nie mehr etwas über Absurditäten in Barockopern hören...).


    Hallo Johannes,


    das ist interessant. mit La forza del destino konnte ich bisher auch nichts anfangen, habe mich nach eigener Erinnerung gelangweilt (es war allerdings zudem eine schrottige Inszenierung im Fernsehen, muss man dazu sagen). Zum Glück lernte ich Verdi damals mit dem Don Carlo kennen. Besonders gegen den und gegen Rigoletto fällt die Forza musikalisch m. E. ziemlich ab. Ich bin aber auch gewiss kein Verdi-Experte, obwohl ich ihn — obgleich Wagnerianer — durchaus als den zweiten ganz großen Opernkomponisten ansehe.


    LG

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • ... - aber derzeit preisgesenkt - sodass man fürchten darf, daß sie bald aus dem Angebot verschwinden wird:

    Vermutlich wieder einmal völlig unbegründet. Es ist sehr unwahrscheinlich, dass die paar Studioaufnahmen von Carlos Kleiber aus dem Angebot verschwinden.

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • Ich denke mal genauso wird es vielen Italienern gehen, die nicht verstehen können, was wir Deutschen so an Wagner finden , warum viele von uns so für den Tristan schwärmen. Den Gefangenchor sehe ich immer als " Wunschkonzert Stück ", genauso wie " La Donna Mobile ". Wogegen ich jedesmal bei der Rigoletto Arie im zweiten Akt Gänsehaut bekomme.

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  • mit La forza del destino konnte ich bisher auch nichts anfangen, habe mich nach eigener Erinnerung gelangweilt


    Lieber Josef, dann leg Dir doch mal eine Aufnahme mit Grace Bumbry, Nicolai Gedda, Hermann Prey, Gottlob Frick, der Staatskapelle Dresden unter Patane ein, vergiß die Handlung und höre nur die Musik. Besonders das Finale ist von besonderer Klasse, es geht "ans Herz". Klar ist die Handlung nicht so toll, aber im Troubadour ist sie es ja auch nicht. Übrigens bei der genannten Aufnahme gefällt mir gerade, daß sie auf Deutsch ist.


    La Roche

    Ich streite für die Schönheit und den edlen Anstand des Theaters. Mit dieser Parole im Herzen leb' ich mein Leben für das Theater, und ich werde weiterleben in den Annalen seiner Geschichte!

    Zitat des Theaterdirektors La Roche aus Capriccio von Richard Strauss.

  • Ich finde die Melodik und die Steigerung als solche in Va pensiero schon recht überzeugend (wohingegen La donna e mobile wirklich banal ist). Aber woran höre ich, dass es ein Exilanten/Gefangenchor ist, keiner von Schmugglern, Hofschranzen, Priestern oder was es sonst noch für Chöre gibt? :D


    Und da es hier im Forum massenweise deutsche/österreichische Verdianer gibt, kann das wohl kaum die wesentliche Ursache sein...

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  • Aber Verdi, extrem populär und den meisten heutigen Hörern offenbar emotional unmittelbar zugänglich (jedenfalls mehr als Monteverdi oder Händel), befremdet mich mit solchen "beliebigen" Passagen wie den genannten. Sorry, wenn ich total uncharakteristische Beispiele herausgehoben habe; das sind aber die, die mir spontan einfallen.


    Und eben das ist verdächtig und erinnert mich fatal an Heine! Ich will jetzt nicht behaupten, dass die Leichtigkeit des Zugangs für eine schwache Qualität spricht; aber ich denke schon, dass beispielsweise Wagner vielen Leuten zu Beginn wesentlich mehr Probleme macht als Verdi, wohingegen die spätere Liebe zu ihm dann vielleicht gefestigter ist als die zum Italiener. Ähnlich wie man an einer Frau, die man leicht erobern konnte, als Mann schnell das Interesse verliert.

  • @ johannes Roehl
    Aus beiner Sicht besteht Dein "Problem" mit Verdi aus 2 Teilen.


    Zum einen dürftest Du zur italienischen Mentalitiät zu wenig Zugang haben.
    Zum anderen dürftest Du kaum je eine Verdi Oper GESEHEN haben (??)
    Letzteres ist ja auch wirklich schwer - denn nur in "konventionellen" Aufführungen entwickeln sie ihre volle suggestive Wirkung.


    Verdi wurde ja wirklich oft für Wunschkonzerte "missbraucht" aber vielleicht ist das auch mit ein Grund für seine überproportionale Popularität...


    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Die Musik (Cello solo) beim (ersten?) Auftritt Sparafuciles in Rigoletto. Soll das den Killer charakterisieren? Oder soll das gar nichts, oder was?

    Schon lustig, wie sich die Eindrücke unterscheiden. Der eine muss alles sezieren und logisch ergründen, der andere empfindet und genießt das vernommene. Ich würde die genannte Szene im Gegenteil zu den Meisterleistungen zählen. Kürzer, prägnanter und mit weniger Tönen kann man so etwas nicht mehr gestalten. Die einsame nächtliche Stimmung, der vor sich hinbrütende Rigoletto, der durch eine leere Gasse geht, über Monterones Fluch räsonniert und plötzlich von einer dunklen Gestalt angesprochen wird.
    Die Cello-Melodie? Die soll doch keinen Killer charakterisieren, eher das Gegenteil. Stell dir die Szene doch einmal vor. Du gehst alleine in der Nacht durch eine dunkle (nicht hohle) Gasse, und plötzlich taucht neben dir eine zwielichtige Gestalt auf und spricht dich an. Sparafucile wählt dabei einen betont unverfänglichen Ton für die Ansprache, er will dich ja nicht terrorisieren, sondern bietet dir seine Dienste an. Dass er dabei nicht ganz den gewünschten Eindruck macht, steht auf einem anderen Blatt. Rigoletto - ohnehin schon schlecht drauf - wird vor Angst fast hysterisch, während Sparafucile ruhig und bestimmt auf ihn einspricht. Eine grandiose Szene!
    Den Killer hörst du später - wenn er am Schluss seinen Namen wiederholt dann weißt du, dass er für Geld alles machen wird...


    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • Ich wollte nichts gegen die Szene gesagt haben; ich finde die ingesamt gelungen und beeindruckend.


    Aber nach dem fraglos unheimlichen Beginn, wenn Rigoletto über die Maledizione nachsinnt, ist diese erstmal beinahe gemütlich wirkende Cellomelodie für mich auffällig und eher ein Fremdkörper. Sparsamer wäre es gegangen, wenn man die einfach weggelassen hätte und nur die Rest-Begleitung, die es ja auch noch gibt, erklingen würde.


    Es geht sicher nicht darum etwas immer zu sezieren. (Den Fidelio-Chor muss ich auch nicht sezieren, um den geschilderten Eindruck zu erleben). Sondern darum, dass einem etwas auffällt, was anscheinend als ein besonderes Element gedacht ist, man aber nicht so recht in den szenischen Zusammenhang einordnen kann. Die Flöte mit der Singstimme bei "Teurer Name, dessen Klang" irritiert mich nicht, weil die bruchlos zur Stimmung der Arie passt. Bei der Rigoletto-Sparafucile-Szene irritiert mich das Cello erst einmal, weil ich es schlecht einordnen kann, es aber kein reines Begleitelement zu sein scheint.


    @Alfred: Natürlich sind Opern meistens besser auf der Bühne. Das gilt aber nicht nur für Verdi. Und die (in meinen Augen sehr gemäßigt modernen) Inszenierungen, die ich von "Rigoletto" ca. '93/94 und "Attila" 99 oder 2000 gesehen habe, haben mir durchaus gefallen. Und wie gesagt, kann es wohl nicht nur an der italienischen Mentalität liegen, da Verdi ja weltweit sehr poulär ist. (Offensichtlich transportiert sich die "italienische Mentalität" von Rossini, Donizetti und Verdi sehr viel besser international als die "deutsche" vom Freischütz oder Hänsel und Gretel. Das legt für mich eher nahe, dass in den letztgenannten Werke weit mehr regionale "Mentalität" steckt als in den bekanntesten Werken der italienischen Oper. Aber es ist vermutlich richtig, dass jemandem wie mir, dem Oper insgesamt nicht so nahe steht wie andere Gattungen, die "typische" (italienische) Oper weniger nahe liegt als Purcells Dido oder Bartoks Blaubart.)

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    (Bob Dylan)

  • Zitat von Alfred

    Diese Aufnahme sollte man nicht nur im Plattenschrank (=CD-Schrank) stehen haben - sondern auch (wenn möglich mehrmals) gehört haben......

    Diese Traviata muß man einfach besitzen wenn man diese Oper gerne hört, da stimme ich Alfred bedenkenlos zu. Ileana Cotrubas ist hier als Violetta kaum zu übertreffen. Auch Domingo und Milnes singen auf höchstem Niveau. an Chor und Orchester gibt es auch nichts zu mäkeln, und in der Fachpresse wurde auch das Dirigat von Carlos Kleiber hochgelobt (auch da stimme ich zu). Es ist auch meine meistgespielte Aufnahme dieser Oper, da kommt nur die deutsch-gesungene Aufnahme unter Patané mit Teresa Stratas, Fritz Wunderlich und Hermann Prey mit.

    W.S.

  • Zitat

    Zitat von Johannes Roehl: Bei der Rigoletto-Sparafucile-Szene irritiert mich das Cello erst einmal, weil ich es schlecht einordnen kann, es aber kein reines Begleitelement zu sein scheint.

    Lieber Johannes,


    ich bin auf die Cello-Melodie zu Beginn der Sparafucile-Szene eigentlich erst dadurch aufmerksam geworden, dass du darauf hingewiesen hast, weil ich die Musik weniger analysiere als empfinde. Sie ist mir bisher eigentlich nie direkt so stark aufgefallen, weil ich sie wohl durchaus zu der Stimmung dieser unheimlichen Szene passend fand. Auch hier ist es, glaube ich, wiederum eine Frage der persönlichen Einstellung, wie man den Klang einzelner Instrumente empfindet. Jedenfalls ist es für mich interessant zu lesen, wie andere die Musik empfinden.


    Liebe Grüße
    Gerhard

    Regietheater ist die Menge der Inszenierungen von Leuten, die nicht Regie führen können. (Zitat Prof. Christian Lehmann)

  • Diese Szene mit Sparafucile gehört für mich zum Besten, was Verdi hervorgebracht hat. So dicht. Und sie muss hervorragend gesungen werden. Das Cello, aus meiner Sicht immer ein "positives" Instrument - wenn man das überhaupt so sagen darf - gilt nicht dem Mörder, es gilt Rigoletto. Es drückt seine Einsamkeit aus, sein Unglück, sein Elend, seine vermeintliche Ausweglosigkeit. Worauf habe ich, Rigoletto, mich da eingelassen? Bin ich so weit gesunken, dass ich einen Killer bestelle? Wir wissen, wie es ausgehen wird. In der Katastrophe. Und auch das ist mitkomponiert, klingt in dem faden Cello-Klang bereits an.


    Ist Oper je ergreifender als hier? Viva Verdi!


    Gruß Rheingold

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • Es ist schon seltsam, wie unterschiedlich man ein und dieselbe Szene auffassen kann. Für mich drückt die Cello-Melodie das leise Anschleichen Sparafuciles aus, um Rigoletto in seine Falle zu locken, d.h. als Kunden zu gewinnen.


    LG


    Mme. Cortese

    Gott achtet mich, wenn ich arbeite, aber er liebt mich, wenn ich singe (Tagore)

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