Mendelssohns e-moll Konzert - für Klavier!

  • Jeder kennt es: Mendelssohns Violinkonzert in e-moll. Was weitaus weniger Leute wissen, dass es ein inzwischen ans Tageslicht gezerrtes Klavierkonzert Mendelssohns in e-moll gibt, welches zwar unvollendet (nur die ersten beiden Sätze) aber dennoch vollendeter Qualität ist. Gefunden wurde das in vermutlich 1842 entstandene Werk meines Wissens irgendwann in den 1980ern in London, die Aufführung bzw. die Ersteinspielung der ersten beiden fertig komponierten (aber nicht durchinstrumentierten) Sätze erfolgte in 1996 durch das English Chamber Orchestra unter Sayard Stone. Inzwischen wurde auch das Schlussallegro ergänzt, und zwar in zwei unterschiedlichen Versionen: Der Mendelssohnforscher Larry Todd transkribierte das Finale des in etwa zeitgleich entstandenen Violinkonzerts für Klavier, während der italienische Komponist Marcello Buffalini selbst ein Schlussallegro im Stile Mendelssohns schrieb. Meiner bescheidenen Meinung nach, hat Todd recht getan, sich nicht als Mendelssohn zu versuchen, denn Buffalini verfehlt das Ziel, einen Finalsatz mendelssohnscher Qualität zu fabrizieren, doch ziemlich deutlich.


    Kurz eine Beschreibung der originalen Sätze:


    1. Allegro molto vivace: Ziemlich untypisch für Mendelssohn ist der insgesamt düstere, fast grimmige Ausdruck mit dem das Werk beginnt. Auch später relativiert sich der Ersteindruck kaum, denn das Werk wird nie so heiter wie die beiden bekannten Klavierkonzerte in g- und d-moll sondern eher elegisch. Manche Stellen erinnern in ihrer Wucht fast an Tschaikowsky. Am beeindruckensten ist die Coda des Satzes, die den meiner Meinung nach schönsten melodischen Einfall Menelssohns mit einem strengen Kanon verbindet.


    2. Andante: Dieser Satz ist dafür umso mendelsohnscher! Ein richtiges Gondellied für Klavier und Orchester - sehr schön, wenn es nicht verschleppt wird.


    Folgende Einspielungen sind derzeit erhältlich:



    Von diesen Einspielungen bevorzuge ich bei weitem die von Jenifer Eley unter Sayard Stone. Hier hört man wirklich die Begeisterung für dieses neuentdeckte Werk heraus. In der Kirschnereit-Einspielung kann man das durchaus gelungen transkribierte Finale aus dem Violinkonzert hören. Leider aber, ist der langsame hoffnungslos zu langsam gespielt - für mich eine absolute Todsünde bei Mendelssohn. Die Einspielung von Prosseda unter Chailly ist im Vergleich zu den beiden anderen etwas blass.