Regisseure des Grauens — Teil 5: Peter Konwitschny


  • Peter Konwitschny, "Regisseur"


    Zitat

    Peter Konwitschny (* 21. Januar 1945 in Frankfurt am Main) ist ein deutscher (Opern-)Regisseur und Sohn des berühmten Dirigenten Franz Konwitschny.


    Für seine polarisierenden Inszenierungen an den großen Opernhäusern des deutschsprachigen Raums wurde er von der Fachpresse mehrmals zum Regisseur des Jahres gewählt. Er ist Mitglied der Akademie der Künste zu Berlin, der Freien Akademie der Künste zu Leipzig, der Freien Akademie der Künste Hamburg sowie der Sächsischen Akademie der Künste und seit 2002 Honorarprofessor an der Hochschule für Musik Hanns Eisler in Berlin.
    Wikipedia


    Inszenierungen vulgo Verunstaltungen (Auswahl):


    - Händel: Rinaldo, Halle
    - Verdi: Rigoletto, Halle
    - Bizet: Carmen, Halle
    - Bartók: Herzog Blaubarts Burg, Kassel
    - Wagner: Parsifal, München
    - Wagner: Tannhäuser, Dresden
    - Wagner: Lohengrin, Hamburg
    - Wagner: Tristan, München
    - Wagner: Götterdämmerung, Stuttgart
    - Kálmán: Csárdasfürstin, Dresden
    - Berg: Lulu, Hamburg
    - Wagner: Die Meistersinger von Nürnberg, Hamburg
    - Schönberg: Moses und Aron, Hamburg
    - Wagner: Der fliegende Holländer, Moskau
    - Strauss: Elektra, Kopenhagen
    - Strauss: Salome, Amsterdam
    - Verdi: La traviata, Graz


    Bildbeispiele:






    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Nicht zu vergessen Freischütz (Hamburg, über die dortigen Witzchen lacht man sofern überhaupt nur einmal), Rosenkavallier (Hamburg, gott sei dank abgesetzt), La clemenza di Tito (Hamburg, war ganz gelungen,dafür gab es diese Oper auch nur für eine Spielzeit).
    Ansonsten hat dieser Mann einen ganz primitiven Humor, der sogar noch unter dem von Frau aus Marzan rangiert (über die kann ich auch nicht lachen).
    Aber wenn es dann noch gewöhnlicher wird (kaum zu glauben das so etwas überhaupt noch möglich ist) dann vergeht mir alles wirklich das lachen und zwar endgültig.

  • das Elektra Bild finde ich genial.
    auf die Idee, dass die junge Elektra mit ihrem Vater in der Badewanne war - muss man erst kommen. Als Sinnbild für eine etwas zu starke Vater Tochter Beziehung. (auch ohne Inzest Hintergedanken...)


    ich kann mir nur nicht erklären, wann diese Szene aus der Vergangenheit in der Oper gezeigt wurde. - Ouvertüre gibts ja keine ;)

    während der Arie am Anfang ("sie schlugen ihn im Bade tot" - als Film, der in ihrem Kopf abläuft?)


    Manche Bilder bleiben ganz stark in Erinnerung, auch wenn sie mit eigentlichen Oper nicht direkt etwas zu tun haben.
    man kann die Idee ablehnen, keine Frage, die Plastikente ist eine zusätzliche Provokation...

    Im übrigen bin ich der Ansicht, dass gepostete Bilder Namen des Fotografen, der dargestellten Personen sowie eine genaue Angabe des Orts enthalten sollten.
    (frei nach Marcus Porcius Cato Censorius)

  • Man kann mir meinetwegen vorwerfen, daß ich in keiner dieser "Inszenierungen" drin war. Aber mir reichen da die Bilder, die Freund Joseph II. hier dankenswerterweise eingestellt hat. Nicht geschenkt möchte und würde ich da reingehen! Um eine Entscheidung diesbezüglich für sich zu treffen, reichen mir und den meisten von uns, auch solche Bilder oder Video- Links.
    Nachdem ich vorgestern eine hervorragende Carmen in Liberec gesehen habe, bin ich auf die Idee gekommen, zum Vergleich könnte man ja wieder mal nach Dresden in die Semperoper fahren. Dort ist sie ja auch momentan im Spielplan. Nach kurzer Recherche fand ich einen Link im Netz, den ich mir angeschaut habe. Was ich dort gesehen habe, reicht für meine sofortige Entscheidung, nicht hin zu fahren - ganz sicher nicht. Das tu ich mir garantiert nicht an!!!
    CHRISSY

    Jegliches hat seine Zeit...

  • ich wollte niemanden dazu animieren, diese Vorstellungen anzusehen.


    vielleicht ist es auch ein Problem, wenn eine Oper auf wenige Bilder reduziert wird, noch dazu auf solche, bei denen der Regisseur die Wirkung kalkuliert hat.


    ich fände es wirklich lustig, wenn Forianer mit einer "Tamino-Schlafbrille" solche Inszenierungen besuchen, um die - vielleicht doch ansprechenden - Stimmen zu hören ;)

    Im übrigen bin ich der Ansicht, dass gepostete Bilder Namen des Fotografen, der dargestellten Personen sowie eine genaue Angabe des Orts enthalten sollten.
    (frei nach Marcus Porcius Cato Censorius)

  • ich wollte niemanden dazu animieren, diese Vorstellungen anzusehen.


    vielleicht ist es auch ein Problem, wenn eine Oper auf wenige Bilder reduziert wird, noch dazu auf solche, bei denen der Regisseur die Wirkung kalkuliert hat.


    ich fände es wirklich lustig, wenn Forianer mit einer "Tamino-Schlafbrille" solche Inszenierungen besuchen, um die - vielleicht doch ansprechenden - Stimmen zu hören ;)


    Kein Problem, sofern ich dann aber auch nur den halben Preis zahlen müsste!!!


    LG


    Mme. Cortese

    Gott achtet mich, wenn ich arbeite, aber er liebt mich, wenn ich singe (Tagore)

  • ist das Siegfried 3.Akt?

    Im übrigen bin ich der Ansicht, dass gepostete Bilder Namen des Fotografen, der dargestellten Personen sowie eine genaue Angabe des Orts enthalten sollten.
    (frei nach Marcus Porcius Cato Censorius)

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  • Wahrhaftig, dem scheint in seiner Kindheit manches entgangen zu sein. Ihr könnt euch morgen Abend um 21.30 auf 3sat wieder davon überzeugen, wenn sein Attila aus dem Theater an der Wien übertragen wird. Ich selbst werde aber - ähnlich wie Crissy - gerne darauf verzichten, nachdem ich mich anhand verschiedener Bilder und Ausschnitte von der "Qualität" dieses Machwerks überzeugt habe. Ich will mir den Geschmack an der Oper nicht zerstören lassen, die ich in einer wunderbaren Inszenierung aus der Mailänder Scala besitze.


    Liebe Grüße
    Gerhard

    Regietheater ist die Menge der Inszenierungen von Leuten, die nicht Regie führen können. (Zitat Prof. Christian Lehmann)

  • gibt es tatsächlich eine Inszenierung mit einem echten Pferd auf der Bühne...


    ich denke, diese Götter- und Walkürenwelt stellt jeden Regisseur vor enorme Probleme.


    Wagners Vorgaben sind entweder mit Hollywoodmitteln umzusetzen, also im Film...
    oder mit Andeutungen...


    jeder Regisseur zeigt das, was ihm wichtig ist... und lässt anderes, was er nicht umsetzen will, weg. Ich betone, jeder lässt irgendetwas weg...
    Konwitschny ist hier den ganz radikalen Weg gegangen, so wie ich das spontan sehe.
    Es ist die Welt Brünnhildes, die zusammenbricht, daher passiert alles, was sie singt, in ihrer Phantasie... nicht mehr und nicht weniger...


    das Spielzeugpferd mag lächerlich sein - - wofür brauchen wir das echte Pferd?... (bzw. wie sollte die Dame das Pferd denn besteigen? - - aufwendige bühnentechnik... Punktzüge?


    Wer von uns hat noch keine Fantasien von der Apokalypse gehabt, wenn er eine schwere Lebensenttäuschung erlitten hat?
    In solchen Fantasien geht die Welt unter....alles wird zerstört, alle Menschen kommen um...


    müssen wir wirklich das brennende Walhall sehen, genzugenommen sehen, wie die Götter rund um Wotan in der Burg verbrennen...?
    wollen wir das sehen?


    dazu noch die kritische Frage... dieses etwas süssliche Des-Dur Motiv - - hat das wirklich mit dem Inhalt der Oper noch zu tun... oder ist es schon wieder eine Erlösungsfantasie Wagners? Wenn alle Menschen verbrannt und ertrunken sind, hören wir sanfte Des-Dur Klänge?
    oder ist ja alles nur Theater, was wir gesehen haben...? alle sind eh gesund, nix is g'schehen...

    Im übrigen bin ich der Ansicht, dass gepostete Bilder Namen des Fotografen, der dargestellten Personen sowie eine genaue Angabe des Orts enthalten sollten.
    (frei nach Marcus Porcius Cato Censorius)

  • Zitat

    Zitat von tastenwolf das Spielzeugpferd mag lächerlich sein - - wofür brauchen wir das echte Pferd?... (bzw. wie sollte die Dame das Pferd denn besteigen? - - aufwendige bühnentechnik... Punktzüge?

    Lieber tastenwolf,


    das echte Pferd brauchen wir sicherlich nicht, aber das Steckenpferd ist mehr als lächerlich. Ich habe noch keine Aufführung der Götterdämmerung mit Pferd gesehen. Aber ich habe dieses auch nie vermisst. Der Text spricht zwar davon, aber die Handlung wird durch das Fehlen des Pferdes, das durchaus hinter der Bühne zu denken ist, nicht entstellt, auch wenn das Libretto das Pferd auf der Bühne vorsieht. So jedenfalls meine persönliche Ansicht.


    Liebe Grüße
    Gerhard

    Regietheater ist die Menge der Inszenierungen von Leuten, die nicht Regie führen können. (Zitat Prof. Christian Lehmann)

  • Können wir uns einigen wir uns auf: das Steckenpferd ist eine lächerliche unnötige Provokation.


    leider ist Provokation im Sinne von Aufrütteln des Publikums ein Stilmittel des modernen Theaters, welches man ganz leicht weglassen könnte...


    wäre das für dich ok? - dann hätten wir nämlich eine neue Sichtweise, die Regie zu beurteilen...


    also zu sagen: der Regisseur setzt einige unerträglich provokante Mittel ein, wenn man die beiseitelässt (zB: nach einem doppelten Wodka), wäre also noch eine inhaltliche Diskussion möglich?


    und ich verstehe gut, dass man Menschen verabscheut, die es nur auf eine Provokation anlegen...


    allerdings: warum machen sie das? welche Absicht verfolgen sie?
    ich denke, dass es um mehr geht, als die persönliche Beleidigung treuer Theaterbesucher...


    übrigens bin ich sehr froh, dass du mir bei der Modifikation des Librettos zustimmst...
    mir wären dazu noch die zahlreichen vorgeschriebenen Feuereffekte in der Zauberflöte eingefallen, die nie gemacht werden (auch aus Sicherheitsgründen)... oder auch manche Gewitterszenen, die durch die Musik geschildert werden, obwohl von Donner und Windgeräuschen die Rede ist.'
    Auf den Einsatz der Windmaschine kann ich sehr gut verzichten...


    Übrigens: ist nicht der Einsatz von Projektionen, bzw. Filmen eine riesige Bereicherung für die Oper? (wobei ich nicht auf den verwesenden Parsifalhasen anspiele, sondern auf Landschaften oder Feuer und Wassereffekte...)



    Kein Problem, sofern ich dann aber auch nur den halben Preis zahlen müsste!!!

    es gibt in vielen älteren Häusern immer Plätze mit eingeschränkter Sicht, die billiger verkauft werden... ;) ich finde, es wäre ein gutes Signal... Provokation an die andere Seite.

    Im übrigen bin ich der Ansicht, dass gepostete Bilder Namen des Fotografen, der dargestellten Personen sowie eine genaue Angabe des Orts enthalten sollten.
    (frei nach Marcus Porcius Cato Censorius)

  • Können wir uns einigen wir uns auf: das Steckenpferd ist eine lächerliche unnötige Provokation.


    Warum denn? Nur um des lieben Friedens willen? Deine Denkanstöße, lieber tastenwolf, in den vorangegangenen Postings dieses Threads haben mir sehr gut gefallen.


    Ich kenne die Inszenierung nicht, aber selbst wenn ich mir das Steckenpferd, ein Kinderspielzeug, auf dem gezeigten Bild wegdächte, haftet der Szenerie noch immer etwas Spielerisches und Kindliches an. Die "Motivtapete" im Hintergrund erinnert mich an diejenige, die ein Kinderfreund in seinem Zimmer hatte; Siegfried wirkt naiv und scheint auf einem Kindertisch zu hocken. Und tatsächlich ist ja die Figur des Siegfrieds in vielerlei Hinsicht im Geiste noch ein Kind. Vor diesem Hintergrund eröffnet sich ein Interpretationshorizont, der das simple Abtun des Steckenpferdes als Provokation fragwürdig werden lässt.


    Wie gesagt, dies nur als ein paar flüchtige Gedanken anhand des geposteten Bildes.

    "Geduld und Gelassenheit des Gemüts tragen mehr zur Heilung unserer Krankheiten bei, als alle Kunst der Medizin." (W.A. Mozart)

  • Zitat

    Zitat von Tastenwolf: übrigens bin ich sehr froh, dass du mir bei der Modifikation des Librettos zustimmst...

    Lieber Tastenwolf,


    ich verstehe unter librettogetreu nicht, dass sich der Bühnenbildner und Regisseur genau an den Wortlaut des Librettos hält. Es wird keiner beanstanden, dass der Dom, den das Libretto links vorsieht, auf der rechten Seite steht oder der Sänger, der nach Libretto von rechts auftreten soll, von links oder aus der Mitte kommt. Der Walküren"ritt" bedarf sicherlich nicht unbedingt der Pferde. Für mich ist wesentlich - und das habe ich schon an verschiedenen Stellen gesagt - dass bei zeit- und ortsgebundenen Werken, auch bei Märchenopern und Opern im mythischen Gewand, Zeit und Ort des Originalwerks erkennbar sind und die Handlung als solche unverändert erhalten bleibt. Davon wird aber heute meist abgewichen. Und das nennt man dann "Neudeutung".



    Zitat von Tastenwolf

    Übrigens: ist nicht der Einsatz von Projektionen, bzw. Filmen eine riesige Bereicherung für die Oper?

    Das bestreite ich nicht, ganz im Gegenteil: Mit den modernen szenischen Mitteln lassen sich viele Effekte, die das Libretto vorsieht, sehr viel leichter darstellen und ein einfacherer und schnellerer Szenenwechsel herbeiführen. In Bezug auf Videoeinsatz nenne ich jetzt einmal das eindrucksvolle Ende der Autodafé-Szene in der kürzlich übertragenen Don Carlo-Inszenierung aus Salzburg, die ich insgesamt als gut empfand. Das Bühnenbild war ja auch recht spartanisch, aber es ließ die Orte der einzelnen Handlungen sehr gut erkennen. Selbst der nächtliche Garten in dritten Akt und das gekachelte Arbeitszimmer des Königs, die einige beanstandeten, störten mich nicht.
    Ein weiteres Beispiel mag die Inszenierung der Fanciulla del West letzte Woche in Wien sein. Das Bühnenbild wurde überwiegend durch Container bestritten, die aber so geschickt aufgebaut waren, dass man die Schenke in ersten Akt, Minnies Zimmer im zweiten Akt und die Arbeitsstätte der Goldgräber im dritten Akt durchaus erkennen konnte. Hier kam mir am Ende nur der regenbogenfarbige Ballon, in dem die beiden entschwebten, etwas deplatziert vor, was aber den Gesamteindruck kaum getrübt hat.
    Als letztes Beispiel möchte ich die schon mehrfach von mir erwähnte Inszenierung von Tristan und Isolde aus der Mailänder Scala erwähnen. Hier waren die Kostüme zeitlos und die Bühnenbilder wurden durch eine graue in den einzelnen Akten jeweils veränderte Wand im Hintergrund und ergänzende Requisiten dargestellt, die in ersten Akt das Schiff, im zweiten Akt den Park vor Markes Burg und im dritten Akt Tristans Burg durchaus erkennen ließen.
    In allen diesen Fällen war aber die Handlung nicht willkürlich verändert und dadurch entstellt.
    In anderen Fällen habe ich aber auch Inszenierungen gesehen, die durch übertriebene und lächerliche (Pop)Show-Effekte das Werk in meinen Augen zugrunde richteten.


    Liebe Grüße
    Gerrhard

    Regietheater ist die Menge der Inszenierungen von Leuten, die nicht Regie führen können. (Zitat Prof. Christian Lehmann)

  • ich denke, diese Götter- und Walkürenwelt stellt jeden Regisseur vor enorme Probleme.


    sicherlich vor keine anderen Probleme als vor 100 Jahren! Was soll jetzt schwieriger sein als damals? Zumal die moderne Bühnentechnik doch ganz neue Möglichkeiten bietet, um z.B. aufwändige Kulissen incl zeitraubender Umbauten zu vermeiden, die Hintergrundprojektion auch sinnvoll eingesetzt werden kann, um z.B. die Berglandschaft im letzten Siegfried-Bild oder Walhall selbst darzustellen oder anzudeuten usw.


    Ich finde, die Regisseure hatten früher wesentlich mehr Probleme mit der Darstellung der Götter- und Walkürenwelt, und sie haben es trotzdem besser gemacht als heute. Und um bei Konwitschny und den gezeigten Bildern zu bleiben - das Steckenpferdfoto ist albern, provokativ, einfach doof. Die Lohengrinbilder aus Hamburg gehen noch weiter. Das ist nicht mehr nur Provokation, nicht nur albern, das ist lächerlich, sinnentstellend und in meinen Augen die Annäherung an einen Straftatbestand. Nur kann heute jeder Konwitschny oder Bieitio oder Meese alles verunstalten und damit ein unangreifbares Kunstwerk schaffen. Schade, daß in diesem Land niemand mehr die Rechte der Komponisten bzw. Autoren schützt.


    La Roche

    Ich streite für die Schönheit und den edlen Anstand des Theaters. Mit dieser Parole im Herzen leb' ich mein Leben für das Theater, und ich werde weiterleben in den Annalen seiner Geschichte!

    Zitat des Theaterdirektors La Roche aus Capriccio von Richard Strauss.

  • Zitat von »tastenwolf«
    Können wir uns einigen wir uns auf: das Steckenpferd ist eine lächerliche unnötige Provokation.


    Warum denn? Nur um des lieben Friedens willen?

    Ich habe das Bild hier nicht nur so eingestellt, sondern ich habe Anfang des Jahres diese Inszenierung auch gesehen, meine erste Götterdämmerung im Opernhaus übrigens. Und ich fühlte mich bei dieser Szene mit dem Steckenpferd tatsächlich vera...t. Dass die Nornen am Anfang als Bag Ladies auftraten, o.k., einen richtigen "Beruf" haben sie bei Wagner auch nicht. Dass später die Rheintöchter als leichtbekleidete Barmädchen herummachten, o.k., heutzutage nicht mehr sehr originell, aber so what, diese Art von update ist ja inzwischen Usus und ich habe damit nicht so viel Probleme. Aber was soll dies blöde Pferd und dann dieser Wohnzimmerschinken-Hintergrund, das ist nur lächerlich, damit disqualifiziert der Regisseur für mich sein ganzes Konzept, wenn er denn eins hatte. Hatte er aber auch nicht, weite Strecken kam mir die Inszenierung wie ein zweiter Aufguss der Chereau-Inszenierung aus Bayreuth vor, zumindest was ich davon noch erinnere (habe ich bei der Erstaustrahlung im TV gesehen). Der Schlussgesang war bei meiner Aufführung übrigens nicht wie im Filmausschnitt gezeigt, sondern als Liederabend präsentiert, Brünnhilde rezitiert in roter Abendrote auf dunkler Bühne. :jubel:

  • müssen wir wirklich das brennende Walhall sehen, genzugenommen sehen, wie die Götter rund um Wotan in der Burg verbrennen...?
    wollen wir das sehen?


    Ich wollte das schon immer genauso sehen, wie es im Libretto beschrieben ist. Die moderne Technik würde es möglich machen. Genutzt wird sie scheinbar nicht. Wie ist das im neuen MET-"Ring" gelöst?


    Zurück zum Thema:


    "Wie der Vater, so der Sohn" — der Fall Konwitschny ist ein gutes Gegenbeispiel. War ersterer ein wirklich ernst zu nehmender Künstler, so habe ich bei letzterem immer das Gefühl, er müsste seine Kindheitserlebnisse in seinen Inszenierungen irgendwie aufarbeiten. Das soll der Mann tun, aber bitte beim Psychologen seines Vertrauens. ;)

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • das war eine ernsthafte moralische Frage: wollen wir Menschen beim kollektiven Selbstmord (bzw. eigentlich nur Wotans Selbstmord, die anderen sind kaum freiwillig dabei) zusehen? (ist ja nur gespielt?)



    und ausserdem, die Frage nach Pferden, die in einen brennenden Scheiterhaufen springen, von Verwandlungen eines Darstellers in Kröte bzw. Drache... etc... fliessendes Wasser...
    (Anweisung Rheingold: Woglinde kreist in anmutig schwimmender Bewegung um das mittlere Riff....)


    was heisst das schon: sehen wollen, wie es im Libretto beschrieben ist?


    diese Anweisungen können unsere Phantasie anregen... bestenfalls eine Zeichentrickfilm-umsetzung ist wirklich librettogetreu...

    Im übrigen bin ich der Ansicht, dass gepostete Bilder Namen des Fotografen, der dargestellten Personen sowie eine genaue Angabe des Orts enthalten sollten.
    (frei nach Marcus Porcius Cato Censorius)

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  • müssen wir wirklich das brennende Walhall sehen, genzugenommen sehen, wie die Götter rund um Wotan in der Burg verbrennen...?
    wollen wir das sehen?


    Ich verweise submissest auf den "Ring" von Preetorius/Karajan in Wien 1959/60, wo sich im Finale der Götterdämmerung ("Starke Scheite schichtet mir dort ...") rund um Brünnhilde sanft eine wabernde Lohe entfachte, die vor den Schlußtakten ihres beeindruckenden Monologs (Birgit Nilsson) den vollständigen Bühnenraum erfaßte, bis sich dann der wallende Nebel verzog und in den Takten des Erlösungsmotivs ("O hehrstes Wunder!") eine bläulich-grüne sonnenbeschienende Landschaft imaginierte, die einen Neuanfang des Weltenwunders anzeigte.


    Das war einzigartig, ja bis dato unerreicht in dieser faszinierenden Symbiose von ausdrucksstarker Musik und beeindruckender Bühnentechnik.

    Arrestati, sei bello! - (Verweile, Augenblick, du bist so schön!)

  • das war eine ernsthafte moralische Frage: wollen wir Menschen beim kollektiven Selbstmord (bzw. eigentlich nur Wotans Selbstmord, die anderen sind kaum freiwillig dabei) zusehen? (ist ja nur gespielt?)


    Was hat die Darstellung mittelalterlicher Sagen mit heutiger Moral zu tun? Wollen wir dabei zusehen? Wollen wir davon lesen? Ja - weil es hier um Großes geht, um das Allgemein-Menschliche, um die Art, wie im Brunnen der Vergangenheit Menschliches und Göttliches verhandelt wurde - JA!


    Dürfen deiner Meinung nach unsere Kinder noch davon lesen, dass es Geschichten über Hexen gab, die in den Ofen geschoben wurden, weil sie selbst die Kinder am liebsten in den Ofen geschoben hätten?

    "...man darf also gespannt sein, ob eines Tages das Selbstmordattentat eines fanatischen Bruckner-Hörers seinem Wirken ein Ende setzen wird."



  • hasiewicz: hier ging es um die Frage der Darstellung auf der Bühne, oder etwa nicht?


    wer möchte bestimmen, wie konkret diese Darstellung zu sein hat?


    Milletre: ich danke dem Notar aus dem 1.Akt Rosenkavalier für die Belehrung, die ja ein sehr gutes Beispiel abstrakter Darstellung ist...


    bei Hänsel und Gretel sieht man, wie die Hexe in den Ofen geschoben wird, ja - - aber wir sehen sie nicht verbrennen, oder?
    also im Grunde sehen wir die geschlossene Ofentür und einen Feuereffekt...


    wenn wir also nur noch um den Grad der Abstraktion diskutieren wollen; wer will den festlegen?



    Wollen wir dabei zusehen? Wollen wir davon lesen? Ja - weil es hier um Großes geht, um das Allgemein-Menschliche, um die Art, wie im Brunnen der Vergangenheit Menschliches und Göttliches verhandelt wurde - JA!

    ganz nebenbei - - deinen Majestätsplural könntest du ruhig weglassen

    Im übrigen bin ich der Ansicht, dass gepostete Bilder Namen des Fotografen, der dargestellten Personen sowie eine genaue Angabe des Orts enthalten sollten.
    (frei nach Marcus Porcius Cato Censorius)

  • ganz nebenbei - - deinen Majestätsplural könntest du ruhig weglassen

    Darf ich darauf hinweisen, dass du diesen "Majestätsplural" in den Dialog eingeführt hast:


    Zitat

    wollen wir Menschen beim kollektiven Selbstmord (bzw. eigentlich nur Wotans Selbstmord, die anderen sind kaum freiwillig dabei) zusehen?

    Wenn du diese Frage für dich negativ beantwortest, sag das doch - aber sprich von dir.



    Herzliche Grüße


    Christian

    "...man darf also gespannt sein, ob eines Tages das Selbstmordattentat eines fanatischen Bruckner-Hörers seinem Wirken ein Ende setzen wird."



  • Dürfen deiner Meinung nach unsere Kinder noch davon lesen, dass es Geschichten über Hexen gab, die in den Ofen geschoben wurden, weil sie selbst die Kinder am liebsten in den Ofen geschoben hätten?


    Das Schieben der Hexe in den Ofen oder das Fressen der 6 Geislein (1 steckte im Uhrenkasten) mit anschließender Bauchaufschlitzung durch den Jäger oder auch das Erschlagen von 7 Fliegen auf einen Streich (siehe die Posse über das Lied "Du dumme Fliege") sind doch kleine Fische. Mir haben sie nicht geschadet, glaube ich jedenfalls. Grimms Märchen sind eben Märchen. Ich esse auch noch Äpfel von der Markthändlerin ohne dabei Angst zu haben, daß es mir wie Schneewittchen gehen könnte.


    Was aber dem Fernseh- und Kinopublikum jedes Alters heute vorgesetzt wird, mit Dutzenden Morden täglich, von Schauernachrichten über ertrinkende Flüchtlinge, über Bombenexplosionen sonstwo, über Kriege überall, über Vorverurteilungen durch die Medien ohne Untersuchungsergebnisse abzuwarten (das sage ich als Atheist!) usw. - das ist wesentlich bedenklicher.


    La Roche

    Ich streite für die Schönheit und den edlen Anstand des Theaters. Mit dieser Parole im Herzen leb' ich mein Leben für das Theater, und ich werde weiterleben in den Annalen seiner Geschichte!

    Zitat des Theaterdirektors La Roche aus Capriccio von Richard Strauss.