Zu meiner Überraschung habe ich unlängst festgestellt, dass Norwegens Nationalkomponist, Edvard Grieg, noch keinen eigenen Thread hier hat. Meiner Meinung nach sollte man diesem Umstand abhelfen, da Grieg in der Musik des späteren 19.ten Jahrhunderts und der beginnenden Moderne eine sehr bedeutende Rolle hat.
[timg]http://upload.wikimedia.org/wi…scheid_1905.jpg;l;220;342[/timg]Grieg (* 1843 in Bergen, gestorben 1907 ebenda) begann seine Karriere eindeutig als "Klassizist", studierte am Leipziger Konservatorium und stand unter dem Einfluss des skandinavischen "Paradeklassizisten" Niels Gade. Allerdings wurde Grieg in Leipzig nicht glücklich und wandte sich von der großen Form nach Komposition seines Klavierkonzerts zunächst ab. Tatsächlich ist Griegs a-moll Klavierkonzert, die einzige "traditionelle" Komposition seiner Jugendzeit, die sich im Repertoire gehalten hat (das dafür gründlich). Seine c-moll Symphonie und seine Konzertouvertüre "Im Herbst" Op. 11 fristen eher ein Randdasein auf Gesamteinspielungen. Zum "großen Komponisten" wurde Grieg durch seine Hinwendung zur nationalen norwegischen Musik, die in seinen weiteren Kompositionen eine sehr große Rolle spielt, und zwar in einer Fülle von Genres: seinen "Lyrischen Stücken" für Klavier, seiner Kammermusik (2.te und 3.te Violinsonate, Cellosonate, Streichquartett), und natürlich seinen Orchesterwerken (Norwegische Tänze Op. 35, Symphonische Tänze Op. 65). Zwei seiner berühmtesten Kompositionen, die Schauspielmusik zu Ibsens Peer Gynt Op. 23 und der Suite "Aus Holbergs Zeit" Op. 40 haben Bezug zur Literatur Norwegens. Das, was ihn unter diversen nationalen Komponisten seiner Generation hervorhebt, ist, dass er die Volksmusik seiner Heimat in seinen Werken nicht nur zitiert oder emuliert, sondern auch dokumentiert, nämlich in seinen "Slåtter" Op. 72, einer Sammlung originaler norwegischer Bauerntänze, die ursprünglich auf der traditionellen Hardangerfiedel gespielt und von Grieg für Klavier transkribiert wurden. Bartók und Kodály ließen sich von diesem Werk zu ihrer mehrjährigen Erkundungsreise der Musik des Karpatenbeckens inspirieren. Es ist u.a. dieses Werk, mit dem Grieg die Tür zur Moderne geöffnet hat. Von großer Bedeutung in dieser Hinsicht sind auch sein Streichquartett in g-moll Op. 27, welches Debussy stark beeinflusst haben soll, und einige seiner Lyrischen Stücke, etwa der "Glockenklang", welcher als protoimpressionistisches Stück angesehen werden kann.
Werke:
Griegs Orchesterwerke kann man in einer wunderbaren Gesamteinspielung genießen:
Enthalten sind auch Raritäten Griegs Opernfragment "Olaf Trygvason" Op. 50.
Griegs Violinsonaten schätze ich sehr und nebenstehende Aufnahme kann ich rundum empfehlen.
Sehr gut gefallen mir die Klaviereinspielungen, die auf Naxos erschienen sind. Von diesem möchte ich besonders nebenstehende empfehlen.
Auf dieser CD befindet sich Griegs Ballade Op. 24, seinem mMn beeindruckenstem Klavierwerk. Es handelt sich um eine etwa 20-minütige Variationensammlung düsteren Charakters.
Griegs "Slåtter" sollte man in seiner Sammlung haben. Außerdem auf dieser CD: eine wundervolle Klaviereinspielung der Holbergsuite (tatsächlich wurde Op. 40 erst für Klavier gesetzt) mit einer wirklich tief rührenden "Aria" - mein Lieblingsstück von Grieg.