19. November 1828 – Franz Schuberts Todestag, ein Grund einen neuen Thread zu eröffnen.
Die Klavierlieder Franz Schuberts haben ihren Siegeszug um die Welt angetreten und sind – um es in unserer zeitgemäßen Sprache auszudrücken – ein „Markenartikel“ geworden. Kein Wunder also, dass sich im Laufe der Zeit viele Kunstschaffende modifizierend an dieser wertvollen Grundsubstanz bedient haben …
All diese Erzeugnisse können abgelehnt, bewundert oder toleriert werden. Dieser Thread wird zeigen, dass solche vom Ursprung des Schubertschen Sololiedes abweichende Bearbeitungen kontrovers diskutiert werden.
Bei Durchsicht meiner CDs bemerkte ich, dass sich zu diesem Thema mit der Zeit einiges angesammelt hat, was andere Schubertfreunde auch interessieren könnte.
Da ist zunächst die rein sachliche Darstellung dessen, was es da so alles gibt, wobei dies im Folgenden natürlich nur Beispiele sind, die keinerlei Anspruch auf Vollständigkeit erheben.
Von der Chronologie her beginnt man sinnvoller Weise mit den Transkriptionen Liszts und dessen Schüler Leopold Godowsky, der seinen Lehrer allzu früh verlor.
Man sagt, dass Franz Liszt die Werke seines Freundes Berlioz bekannt machen wollte, als er diese, quer durch Europa reisend, in den Konzertsälen der Metropolen darbot, das war 1833.
Etwas später brachte er Beethovens Sinfonien auf seine Weise zum breiteren Publikum. Franz Liszt bearbeitete sowohl eigene Lieder als auch Lieder von verschiedenen anderen Komponisten, aber den mehr als 50 Schubert-Liedern (in der Literatur werden mal 55 aber auch 56 genannt) war ein besonderer Erfolg beschieden.
Im Frühjahr 1838 reiste Franz Liszt nach Wien; wo ursprünglich eigentlich nur ein Konzert geplant war, aber der umtriebige Verleger und Veranstalter Tobias Haslinger arrangierte deren zehn, innerhalb eines Monats. Stets wurden diese Schubert-Transkriptionen von Publikum und Presse als Höhepunkt der Konzerte gefeiert; bei einem Konzert in Leipzig (März 1840) soll bei der Erlkönigversion ein Teil des Publikums auf den Stühlen gestanden sein …
Der „Erlkönig“ kam in vierzehn unterschiedlichen Auflagen auf den Markt, vom „Ave Maria“ zehn.
Bei so viel Begeisterung soll auch die kritische – aber gleichzeitig anerkennende Stimme Dietrich Fischer-Dieskaus nicht fehlen:
„In Wien aber geschah während des Frühjahrs 1838 für das Schubert-Lied Bedeutendes: Franz Liszt trat zum ersten Mal mit seinen Liedübertragungen an die Öffentlichkeit. Seither sind diese gemeinhin als Sakrilegien verschrienen Bearbeitungen oft verurteilt worden. Andererseits muss man sich aber auch darüber klar sein, dass bei solcher Gelegenheit erstmals vor eine wirklich breite Hörerschaft gebrachte Kunst Schuberts keinen besseren Liebesdienst hätte erfahren können.“
Kritisiert wurde zum Beispiel, dass Liszt aus einer eher dramatischen als lyrischen Haltung heraus Schubert-Lieder opernhaft überladen ausgeformt habe.
Der im Jahre 2005 im Alter von 44 Jahren gestorbene Pianist Nikolaus Lahusen hat uns eine CD mit 14 Schubert-Liedern hinterlassen. Zu diesen Transkriptionen sagt er unter anderem:
<Die Transkriptionen sind für mich primär Schubert-Werke, die Dank der singulären Begabung von Franz Liszt als Pianist und Komponist zu eigenständigen Klavierwerken wurden. Die Vielschichtigkeit der Transkriptionen, bestehend aus zwei bis drei eigenständigen Begleitstimmen und einer Melodiestimme, macht den hohen pianistischen Reiz aus. Dies macht nebenbei auch den hohen pädagogischen Wert aus, den Liszt ja selbst erkannte und weswegen er diese Werke bis ins hohe Alter unterrichtete.
Bei den Transkriptionen von Franz Liszt ist es das Nebeneinander von zwei sich scheinbar widersprechenden Elementen, welches mich am meisten fasziniert: zum einen die großen pianistischen Mittel, die Liszt wie kein anderer zur Verfügung hatte und für uns als Herausforderungen in diese Transkriptionen einbrachte, und zum anderen die Schlichtheit und Innigkeit der „einfachen Gefühle“ im Ausdruck der Schubertschen Originale >
Im Folgenden sei diese 2002 entstandene CD vorgestellt.