Otto Schenk und Günter Schneider-Siemsen: Inszenierungen aus einem Guss

  • Gestern sah ich eine Aufführung der Fledermaus aus München und habe mir vorgestellt, wie diese Inszenierung heute auf die Regiefetischisten wirkt. Die ätzenden Kommentare sind ja wohlbekannt und werden bis zum Erbrechen rezitiert. Das Fiese ist, dass sie so destruktiv und ätzend sind, dass sie einem wirklich die Freude an traditionellen Inszenierungen nehmen können. Man entwickelt immer wieder so ein kleines, schlechtes Gewissen, doch das habe ich nachher zum Verstummen gebracht:-)


    Welche Inszenierungen von Schenk und Schneider-Siemssen kennt Ihr? Im Kölner Raum war das erfolgreiche Duo seltener zu Gast. Leider! So kenne ich nur Freischütz und Meistersinger in Düsseldorf und Tannhäuser in Wien von Livebesuchen. Und alle Bühnenbilder von Schneisi für das Salzburger Marionettentheater. Auf DVD ganz klar den MET-Ring und von vielen Fotos die Salzburger Prachtinszenierungen von z.B. Don Carlos. Hat irgendwer mal den Lohengrin gesehen? Und hat zufällig jemand hier die dreiteilige TV-Doku zum Bühnenbildschaffen von ihm?

  • Live sehe ich bald die Meistersinger in Wien (auch auf DVD erschienen). Von DVD kenne ich ihren Ring und Parsifal aus der MET. Für Freunde traditioneller Inszenierungen wohl nach wie vor mit die besten Adressen, tlw. sogar die einzig möglichen, will man keine Verfremdungen sehen.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Ja, Tannhäuser in Wien habe ich damals geliebt. Die Presse giftete natürlich: "Zurück zum Historismus!", aber ich fand es toll! Wie die Grotte mit Donnerschlag versank und dann das Wartburgtal erschien. Das war ganz zauberhaft! Ich habe von Schneisi übrigens Bühnenbildentwürfe für Königskinder, die er mal in Bremen gemacht hat. Ein Traum!!!! Und heute? Tristesse an allen Ecken und Enden!

  • Von Otto Schenk seine Münchner Bohème von 1969... Schöner kann man diese Oper nicht machen. Von der ärmlichen Mansarde über den Dächern von Paris, über das opulente Quatier Latin bis hin zu dem leise rieselnden Schnee am Stadtrand von Paris ( Ausstattung: Rudolf Heinrich). Dann gibt es noch hier den berühmten Rosenkavalier in Jürgen Roses Pracht-Rokoko-Bühnenbildern aus dem Jahr 1972... Zwei zeitlose, ewig gültige Produktionen! Von Günther Schneider-Siemssen habe ich nur eine Cavalleria Rusticana/Pagliacci gesehen. Die Inszenierung war ein Traum. Ich kenne von ihm noch den Parsifal und den Ring von der Met von meinen DVDs. Beides ist perfekt und die Absetzung durch den Met Direktor Peter Gelb ist ein Verbrechen...

  • Den Rosenkavlier konnten wir auch an der Rheinoper genießen, bis der RT Schwachsinn umsichgriff. Und seiine Meistersänger waren phantastisch. Wo erlebt man es noch das es Applaus giibt wenn der Vorhang aufgeht , außer an der Met.

  • Zitat

    Das Fiese ist, dass sie so destruktiv und ätzend sind, dass sie einem wirklich die Freude an traditionellen Inszenierungen nehmen können. Man entwickelt immer wieder so ein kleines, schlechtes Gewissen.......


    Also - ich sehe mir die Herkunft, die Selbstpräsentation, ihr propagiertes "Kunstverständnis - an, und erst dann entscheide ich, welchen Stellenwert ich ihnen einräume. Viele "Kunstschaffende" von heute möchten ja gerne alle Kunst der Vergangenheit gerne als "altmodisch" abgestempelt wissen, weil sie sich dessen bewusst sind, daß sie hier in keiner Weise mithalten könnten.


    Man hat versucht - ob es gelungen ist wir die Zukunft zeigen - die einstige Oberschicht und ihr Kunstverständnis zu diffamimieren - und sich selbst an deren Stelle zu setzen. Meiner Meinung nach machen diese Leute dort meist eine klägliche Figur.


    Ich kann mich selbstverständlich über (fast) alles lustig machen, vorzugsweise wenn es einen elitären Anspruch erhebt, über Kirche, Monarchen (der Vergangenheit, weil man da seinen Kopf behält), Bildungsbürgertum, Sänger, Dirigenten, Kritiker und Lehrer.
    Das Regietheater indes hat an sich zumeist den Charakter einer Karikatur oder Parodie - sodaß es nicht wirklich parodierbar ist.
    Meist ist eine solche für den Leser nicht als solche erkennbar, wie moderne Kunst sich generell nur von eingeweihten erkennen und abschätzen lässt,
    Die der tragische Fall von Beuys "Fettecke" so drastisch aufzeigt.


    http://de.wikipedia.org/wiki/Fettecke


    NEIN - ich lasse mir meine Freude an traditionellen Inszenierungen (ich sammle sie auf DVD) wirklich nicht vermiesen - wohl aber wundere ich mich wie manche Leute zu ihren Positionen gekommen sind......


    Und ich freue mich stets darüber, daß "Regietheater" lediglich eine "Kunst des Augenblicks" soeben noch da - und schon dahin.
    Mit jeder Aufführung wiedergeboren - und zugleich gestorben - bis eines Tages der letzte Vorhang gefallen ist.


    mit freundlichen Grüßen
    aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Dass ich ein großer Liebhaber der Schenk-Schneider-Siemssen-Produktionen bin, muß ich ja nicht extra erwähnen. Beide Ausnahmekünstler haben mit großer Könnerschaft und vor allem unendlicher Liebe zu den von ihnen auf die Bühne gebrachten Werken immer wieder das Publikum verzaubern und hinreißen können.


    Wenn man bedenkt, dass Otto Schenk allein in Wien 31 (einunddreißig!) Inszenierungen, Schneider-Siemssen 29 Werke ausgestattet hat, scheint es unmöglich, hier auch nur einige anzuführen. Daß beide Künstler im Almanach der Opernregie einen herausragenden Platz innehaben, haben sie doch das Musiktheater in aller Welt prägend mitgestaltet, sichert ihnen höchste Anerkennung und Dankbarkeit des begeisterten Opernpublikums.


    Wenn man daran denkt, wie's heute aussieht ...

    Arrestati, sei bello! - (Verweile, Augenblick, du bist so schön!)

  • Also - ich sehe mir die Herkunft, die Selbstpräsentation, ihr propagiertes "Kunstverständnis - an, und erst dann entscheide ich, welchen Stellenwert ich ihnen einräume. Viele "Kunstschaffende" von heute möchten ja gerne alle Kunst der Vergangenheit gerne als "altmodisch" abgestempelt wissen, weil sie sich dessen bewusst sind, daß sie hier in keiner Weise mithalten könnten.


    Die Regietheaterliga hat schon ziemlich gute Arbeit geleistet mit ihren Säuberungsaktionen. Überleg mal, wie wir Regietheatergegner lange Zeit den Ball flach gehalten haben. Eigentlich regt sich doch erst dank Deines Forums oder der facebook-Seite "Against modern opera productions" größerer Widerstand. Dennoch scheinen sich viele Befürworter klassischer Inszenierungen nach wie vor zu schämen für ihre Vorliebe. Viele von uns haben diese Werteverschiebung leider derart aufgesogen, dass sie sich selbst kasteien mit Sätzen wie:
    "Mir gefällt das Alte auch besser, aber so kann man es heute ja nicht mehr aufführen." So was in der Art stand doch erst kürzlich in dem WELT-Artikel, über den wir diskutiert haben. Ich frage dann immer: "Warum?????" Nur, weil die Kulturimperialisten in ihrer Intoleranz das so vorschreiben????? Ich möchte jeden ermuntern, sich nicht kleinzumachen vor denen: Boykottiert die Aufführungen. Schreibt Rezensionen bei amazon. Schreibt an die Theater und Zeitungen.

  • rodolfo hat weiter oben den "Rosenkavalier" bereits erwähnt - einer der großen Erfolge von Otto Schenk und Günter Schneider-Siemssen an der Düsseldorfer Oper.


    Berühmt wurde die Neuinszenierung der Oper "Fra Diavolo" in Düsseldorf. In meinem ersten Beitrag hier im Forum habe ich bereits davon geschwärmt - da hat sich seitdem nichts daran geändert!
    Die Oper wurde bei der Premiere in allen Medien gelobt - sogar das Fernsehen kam um "Fra Diavolo" aufzuzeichnen.
    Vor 2 Jahren wurde dieses Meisterwerk im ZDF-Theaterkanal nochmals gesendet!
    Daniel Francois Esprit Auber - Fra Diavolo - Das Gasthaus zu Terracina


    LG

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)

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  • Zitat

    Zitat von Knusperhexe: Die ätzenden Kommentare sind ja wohlbekannt und werden bis zum Erbrechen rezitiert. Das Fiese ist, dass sie so destruktiv und ätzend sind, dass sie einem wirklich die Freude an traditionellen Inszenierungen nehmen können. Man entwickelt immer wieder so ein kleines, schlechtes Gewissen, doch das habe ich nachher zum Verstummen gebracht:-)

    Lieber Knuspi,


    Ich lese zwar diese ätzenden Kommentare manchmal in meiner Tageszeitung. Die Musikzeitschriften, die solche "historischen" Inszenierungen verdammen, lese ich schon lange nicht mehr. Die ätzenden Kommentare, die ich also mehr per Zufall lese, können in mir aber weder ein schlechtes Gewissen erzeugen noch die Freude an den letzten vernünftigen Aufführungen und Aufnahmen nehmen. Im Gegenteil: Sie reizen mich, gerade diese Aufführungen zu sehen oder mir die entsprechenden DVDs anzuschaffen. Die lobenden Kommentare zu Verunstaltungen des sogenannten "Regietheaters" (denn man erfährt darin ja auch meist, was da wieder an Unsinn verzapft worden ist) hingegen warnen mich, diese Aufführungen nicht zu besuchen.



    Zitat

    Zitat von Alfred Schmidt: Viele "Kunstschaffende" von heute möchten ja gerne alle Kunst der Vergangenheit gerne als "altmodisch" abgestempelt wissen, weil sie sich dessen bewusst sind, daß sie hier in keiner Weise mithalten könnten.

    Lieber Alfred,


    Ähnliches habe ich hier auch schon an einigen Stellen geäußert. Ich - und da bin ich (wie ich weiß) mit vielen Opernfreunden einig - bin ganz klar der Auffassung, dass dieser Schwachsinn allein aus dem Unvermögen der Regisseure resultiert, wie die guten Regisseure und Bühnenbildner der Vergangenheit dem Libretto und der Musik entsprechend auch in historischem Gewand eine interessante Inszenierung zu gestalten. Also müssen sie ihre irren Fantasien verwirklichen und es gibt auch noch Leute, die das mögen. Ich traf gestern einen langjährigen Freund, den ich schon einige Jahre nicht mehr gesehen habe, und der auch sein Abonnement aufgegeben hat. Er sagte ein treffendes Wort: "Heute geht es vielen doch nicht mehr um das Werk. Sie wollen nur ein "Event".



    Zitat

    Zitat von Joseph II: Von DVD kenne ich ihren Ring und Parsifal aus der MET. Für Freunde traditioneller Inszenierungen wohl nach wie vor mit die besten Adressen, tlw. sogar die einzig möglichen, will man keine Verfremdungen sehen.

    Ich habe mir vor einiger Zeit den Schenk-Siemssen Ring auf DVD bei Amazon gekauft. Nach allem, was ich über Neuinszenierungen des Rings gehört, gelesen und in Ausschnitten gesehen haben (eine ganze Verunstaltung dieser Art würde ich mir nicht antun wollen) kann auch ich nur bestätigen, dass dieser Ring wohl der einzige heute noch anschaubare Ring ist (Einmal abgesehen von Karajans "Rheingold". Die anderen Teile unter Karajan wurden leider nicht aufgezeichnet). Der Schenk-Siemssen-Ring wurde gerade von einigen Anhängern des Regietheaters, die jetzt nicht mehr im Forum sind, arg zerrissen.
    Auf Wunsch von Amazon hatte ich dort eine Rezension abgegeben, die zu den 12 (von 14) äußerst positiven Rezensionen gehörte. Ein ehemaliges Forumsmitglied, auf dessen beleidigende Worte ich hier damals nicht mehr reagierte (darüber bin ich längst hinaus), glaubte nun, mich bei Amazon namentlich mit einem Kommentar zu meiner Rezension angreifen zu müssen (nachzulesen unter den Rezensionen zu dem genannten Ring bei Amazon). Wäre ich nicht von Amazon über den Kommentar benachrichtigt worden, hätte ich das nicht einmal gewusst. Aber ich konnte nur herzhaft darüber lachen.


    Liebe Grüße
    Gerhard

    Regietheater ist die Menge der Inszenierungen von Leuten, die nicht Regie führen können. (Zitat Prof. Christian Lehmann)

  • Lieber Gerhard,


    da hast Du recht. Auf amazon oder in den Gästebüchern der Opernhäuser geht der Kleinkrieg ja weiter und meist unter der Gürtellinie, wie Dein Beispiel beweist. Dazu passt, was Strano in einem anderen Thread schrieb:


    [quote='Figarooo','index.php?page=Thread&postID=442930#post442930']Auch ich freue mich, lieber Alfred, dass die Lage so eindeutig ist, und du die Briefe wieder reinstellen konntest. Ich hoffe, dass es bei Tamino auch weiterhin möglich ist frei zu sagen, was man über das Regietheater denkt, auch wenn das gewissen Herrschaften aus Berlin bzw. Zürich missfällt.

    Vor allem weil diese "gewissen Herrschaften" am lautesten nach "Demokratie" und "künstlerischer Freiheit" schreien, die sie selber aber keinem anderen zugestehen. :whistling:

  • Von Otto Schenk haben wir in Wien (noch) Rosenkavalier, Andrea Chenier, Fidelio, Liebestrank und die bereits erwähnten Meistersinger. Alles zeitlose und optisch sehr ansprechende Inszenierungen.
    Bis vor wenigen Jahren gab es an der New Yorker MET die meisten noch bestehenden Inszenierungen von Schenk an einem Opernhaus überhaupt. Während das moderne Regietheater längst in Europa wütete und seine Inszenierungen abgesetzt wurden, erfreuten Schenk-Produktionen weiterhin das New Yorker Publikum.
    Doch inzwischen findet man auch an der MET immer weniger seiner Arbeiten. Diese Saison werden dort noch sein Rigoletto und sein Parsifal ersetzt.


    Seine Boheme in München ist auch sehr schön. Gibt es da überhaupt eine DVD davon? ?(


    Gregor

  • Von Otto Schenk haben wir in Wien (noch) Rosenkavalier, Andrea Chenier, Fidelio, Liebestrank und die bereits erwähnten Meistersinger.

    Ist der Chénier auch von Schneider-Siemssen? Wenn ja, dann kenne ich neben dem Ring somit eine weitere Zusammenarbeit des erfolgreichen Duos.
    Im zweiten Akt dominiert ja die umgeworfene Kutsche das Bühnenbild. Ein interessanter Gedanke - der Sturz des Ancien Régime, die Umwälzung einer gesamten Epoche - nichts ist mehr so, wie es war. Besonders gefallen mir an dieser Produktion auch die Kostüme - nicht irgendein Standard-18.Jahrhundert, sondern wirklich das Ende desselben mit den typischen Riesenfrisuren, den antikisierenden Kleidern und den Schnallenhüten sowie den Pellerinenmänteln bei den Herren. Da spürt man Liebe zum Detail, Darstellungskunst und Interesse am Stück.



    Die Regietheaterliga hat schon ziemlich gute Arbeit geleistet mit ihren Säuberungsaktionen. Überleg mal, wie wir Regietheatergegner lange Zeit den Ball flach gehalten haben. Eigentlich regt sich doch erst dank Deines Forums oder der facebook-Seite "Against modern opera productions" größerer Widerstand. Dennoch scheinen sich viele Befürworter klassischer Inszenierungen nach wie vor zu schämen für ihre Vorliebe. Viele von uns haben diese Werteverschiebung leider derart aufgesogen, dass sie sich selbst kasteien mit Sätzen wie:
    "Mir gefällt das Alte auch besser, aber so kann man es heute ja nicht mehr aufführen." So was in der Art stand doch erst kürzlich in dem WELT-Artikel, über den wir diskutiert haben. Ich frage dann immer: "Warum?????" Nur, weil die Kulturimpeialisten in ihrer Intoleranz das so vorschreiben????? Ich möchte jeden ermuntern, sich nicht kleinzumachen vor denen: Boykottiert die Aufführungen. Schreibt Rezensionen bei amazon. Schreibt an die Theater und Zeitungen.

    Allerdings, lieber Knuspi! Dieser Satz "So kann man das heute ja nicht mehr aufführen" entlockt mir immer ein Grinsen und die sofortige Gegenfrage "Warum denn nicht?" Was dann an ausgelutschten, hohlen Phrasen wie auswendig gelernt heruntergebetet wird, erheitert mich nur noch mehr, und ich frage dann meistens noch
    "Wen haben Sie jetzt zitiert? " :D
    Schlechtes Gewissen? Nein, bestimmt nicht. Höchstens vielleicht, weil man eben wirklich viel zu lange "den Ball flach gehalten" hat, dafür sollte man in der Tat Buße tun.

    "Tatsachen sind die wilden Bestien im intellektuellen Gelände." (Oliver Wendell Holmes, 1809-94)

  • Zitat

    Zitat von Strano Sognator: Dieser Satz "So kann man das heute ja nicht mehr aufführen" entlockt mir immer ein Grinsen und die sofortige Gegenfrage "Warum denn nicht?"

    Liebe Strana,


    hast du jemals eine Antwort darauf erhalten? Ich kenne zwar unter allen meinen Bekannten und auch Fremden, die ich schon darauf angesprochen habe, keinen einzigen, der das Verunstaltungstheater befürwortet. Nur hier im Forum gibt es eine kleine Minderheit, die es verteidigt. Auf die konkrete Frage, warum heute nicht mehr librettogerecht aufgeführt werden kann, was sich wohl Librettisten und Komponisten (auch moderne) dabei gedacht haben, wenn sie einen historischen Stoff wählten und ob man Geschichte und Mythos gänzlich aus dem Gedächtnis des modernen Menschen löschen sollte, hat mir bisher keiner der Verteidiger eine Antwort gegeben und kann es wahrscheinlich auch nicht.
    Reicht der Bildungsstand dieser "modischen" Regisseure nicht mehr aus oder können und wollen sie es nicht, sich in die Geschichte hineinzudenken. Bei vielen habe ich den Eindruck, dass sie sich überhaupt nicht mit Libretto und musikalischer Aussage des Werkes auseinandergesetzt haben. Nehmen sie sich nicht mehr die Zeit dafür und wollen nur das schnelle Geld verdienen?
    Den in diesem Thema genannten Regisseuren können sie jedenfalls noch nicht einmal entfernt das Wasser reichen.


    Liebe Grüße
    Gerhard

    Regietheater ist die Menge der Inszenierungen von Leuten, die nicht Regie führen können. (Zitat Prof. Christian Lehmann)

  • Bei euren Tiraden frage ich mich immer, von wem ihr eigentlich redet? - Ich für meinen Teil habe den Werken, die ihr so oft geschändet seht, auf dem Theater immer wieder neue, unegahnte Seiten abgewonnen, und ihre Kenntnis wurde durch Theaterbesuche immer bereichert. Durch eure stets sich wiederholenden Schmähformeln grinst, wenn ihr nicht achtgebt, die Bedeutungslosigkeit einer Kunst, die auf ihren Darbietungsstil reduziert wird.


    Vielleicht ist euch nicht bewußt, daß ihr, durch euren Vortragsstil, diejenigen Menschen mitbeleidigt, die dem Theater einen vielfältigen und geschichtlich gewachsenen Stellenwert im kulturellen Leben unserer Gesellschaft zugestehen, dem sie auch selber angehören. Was erwartet ihr, wenn ihr verbal alles in den Schmutz zieht, was in euren Augen von einer Norm abweicht, die in der Kunst nirgendwo erhoben wird?


    Nicht eure Meinung und Haltung stört mich im Geringsten, sondern euer Ausholen zu Schlägen in das Gesicht von Mitmenschen, die anders in dieser Sache denken und dies wenigstens auch begründen können. - Weder gibt es, wie ihr behauptet, keine werkgerechten Inszenierungen mehr, noch ist jede nicht werkgerechte Inszenierung, wie ihr gleichfalls behauptet, allein dadurch diskreditiert. Auch läßt sich die Kunst niemals, wie ihr das zu unternehmen versucht, anhand von Indizien "überführen" - weder vom Hörensagen noch anhand von Szenenbildern kann man zu einem Urteil über die Qualität einer Inszenierung gelangen.


    Ich finde sehr wenig von der Liebe zu den Werken, die ihr überall propagiert, in euren Beiträgen. Noch weniger von der Liebe zum Theater, dem ihr Vorschriften machen wollt, als wolltet ihr dem Meer gebieten, parallele Wellen zu schlagen. Wollte ich nur die Ohnmacht hinter eurem wortreichen Auftrumpfen vernehmen, ich würde Mitleid haben mit euch. Euren gehässigen Mannschaftston aber finde ich unverzeihlich.


    :hello:

    Zerging in Dunst das heilge römsche Reich


    - uns bliebe gleich die heilge deutsche Kunst!

  • @ Farinelli: Deinen Beitrag würde ich nicht gern unkommentiert lassen, schreibe dazu aber im Thread "Operninszenierungen - modern vs "altmodisch", da es hier komplett offtopic wäre.

    "Tatsachen sind die wilden Bestien im intellektuellen Gelände." (Oliver Wendell Holmes, 1809-94)

  • Ich finde sehr wenig von der Liebe zu den Werken, die ihr überall propagiert, in euren Beiträgen. Noch weniger von der Liebe zum Theater, dem ihr Vorschriften machen wollt, als wolltet ihr dem Meer gebieten, parallele Wellen zu schlagen. :


    Wir würden uns wohl kaum so aufregen, wenn wir das Theater nicht lieben. Und wer heute dem Theater Vorschriften macht, das sind Intendanten, die Auftrag geben: "Inszenieren Sie wies Sie wollen, nur nicht traditionell!" und Medien, die Rezensenten abstrafen, wenn sie z.B. Herrn Bieto nicht huldigen. Oder ist das für Dich "künstlerische Freiheit"? Wohl kaum!

  • Wir würden uns wohl kaum so aufregen, wenn wir das Theater nicht lieben. Und wer heute dem Theater Vorschriften macht, das sind Intendanten, die Auftrag geben: "Inszenieren Sie wies Sie wollen, nur nicht traditionell!" und Medien, die Rezensenten abstrafen, wenn sie z.B. Herrn Bieto nicht huldigen. Oder ist das für Dich "künstlerische Freiheit"? Wohl kaum!

    Die heutigen Strukturen an den Opernhäusern haben mit Freiheit, weder für die Künstler, Presse und Publikum nicht mehr im geringsten etwas zu tun. Das ganze hat fast schon Mafia-Strukturen angenommen. Wer nicht mitmacht und sich an diesen von der Presse manisch bejubelten Trend anbiedert hat verloren....

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  • Lieber Farinelli,


    Dein Beitrag geht leider in die Hose. Gesteh doch bitte den Leuten, die eine Oper nach ihrem Geschmack sehen wollen, dies auch zu. Ich habe doch auch nichts dagegen, wenn es Dich amüsiert, auf der Bühne "Künstlern" bei der Notdurft zuzusehen oder Radames mit dem Moped zur "Siegesparade" kommt. Und wenn wir darüber reden müssen, dann fehlt mir immer die Erläuterung dazu, warum man Opernaufführungen nicht mehr so machen kann wie es 100-200 Jahre ohne Diskussion ging.


    La Roche

    Ich streite für die Schönheit und den edlen Anstand des Theaters. Mit dieser Parole im Herzen leb' ich mein Leben für das Theater, und ich werde weiterleben in den Annalen seiner Geschichte!

    Zitat des Theaterdirektors La Roche aus Capriccio von Richard Strauss.

  • Zitat

    Zitat von Farinelli: Was erwartet ihr.....

    Lieber Farinelli,


    Was wir erwarten, ist mit einfachen Worten zu sagen: Wir erwarten, dass wir ein Buch so lesen können, wie der Autor es geschrieben hat, Wir erwarten, dass wir ein Bild so sehen können, wie es der Künstler gestaltet hat, wir erwarten, dass eine Oper so inszeniert wird, wie es der Librettist und der Komponist gesehen haben. Die Frage, warum eine Oper nicht in der Zeit spielen kann, in der sie der Librettist und der Komponist angesiedelt hat und warum der Musik, die auf diese Handlung geschrieben ist unbedingt eine nicht wieder zu erkennende neue Handlung unterlegt werden muss, habe ich schon mehrfach gestellt, ohne dass sie mir ein Befürworter dieser Machwerke bisher beantwortet hat. Ich habe nichts dagegen, wenn für diejenigen, die so etwas lieben, neue Opern geschaffen werden, aber man soll mir nicht diese Oper unter der Mogelpackung eines anderen Werkes verkaufen wollen. Und warum die Originalwerke heute nicht mehr so aufgeführt werden dürfen, wie sie geschrieben wurden, konnte mir bisher niemand begründen. Regisseure, wie Schenk, um den es hier geht, und andere, die unter dem Thema "Lieblingsregisseure" genannt wurden, haben es deutlich gezeigt, das das durchaus geht. Was hat sich denn geändert??? Die jungen Leute verstehen es ohnehin nicht wenn ihnen zu einem klassischen Text eine ganz andere, nicht erkennbare, oft gegenläufige Handlung vorgesetzt wird.
    Ich stelle daher nochmals die ganz konkrete Frage um eine plausible Antwort, warum heutzutage alles anders gemacht werden muss. Also sagt doch endlich warum das unbedingt so sein muss.


    Liebe Grüße
    Gerhard

    Regietheater ist die Menge der Inszenierungen von Leuten, die nicht Regie führen können. (Zitat Prof. Christian Lehmann)

  • Wobei ich als Anhänger von konventionellen Inszenierung doch sagen muss das es schon etwas lustig aussieht, wenn z,B, bei Norma Pollione in einer Römerrüstung mit weißem kurzem Röcken auftritt und mit einem Plastikschwert rumfuchtelt. Ich habe grundsätzlich nichts gegen RT , bin auch sehr leidensfähig aber irgendwann muss alles seine Grenzen haben. Ich kann nicht Tristan und Isolde z,B, wie an der Rheinoper in den ersten beiden Akten in ein und dem selben Raum spielen lassen der aussiieht, als könnte man auch das Bühnenbild für La Traviata oder den Rosenkavalier verwenden und der sich nur durch das Drehen der Drehbühne verändert und einmal die Vorderseite einer Villa und dann den Innenraum der Villa zeigt. Im ersten Akt sollte es für mich mindestens die Andeutung eines Schiffes geben, denn was macht es für einen SInn wenn der Steuermann singt: Es ist Land in Sicht und alle befinden sich bereits an Land ? Oder wenn Nabucco miit einem Bagger seinen großen Auftritt im ersten Akt hat ? Ich habe auch sehr gute RT Aufführungen an der Rheinoper z.B. von Peter Grimes und Billy Budd gesehen . Dort kam der Regisseur mit wenigen Mittel aus und verstand trotzdem zu fesseln und man verstand , auch wenn man nur den Inhalt des Stückes kennt, wie das normale Abo Publikum, ohne sich tiefer damit auseinanderzusetzen, was da grade passiert.

  • Ist der Chénier auch von Schneider-Siemssen? Wenn ja, dann kenne ich neben dem Ring somit eine weitere Zusammenarbeit des erfolgreichen Duos.
    Im zweiten Akt dominiert ja die umgeworfene Kutsche das Bühnenbild. Ein interessanter Gedanke - der Sturz des Ancien Régime, die Umwälzung einer gesamten Epoche - nichts ist mehr so, wie es war. Besonders gefallen mir an dieser Produktion auch die Kostüme - nicht irgendein Standard-18.Jahrhundert, sondern wirklich das Ende desselben mit den typischen Riesenfrisuren, den antikisierenden Kleidern und den Schnallenhüten sowie den Pellerinenmänteln bei den Herren. Da spürt man Liebe zum Detail, Darstellungskunst und Interesse am Stück.


    Nein, das Bühnenbild stammt von Rolf Glittenberg. Die Kostüme stammen übrigens von Oscar-Preisträgerin Milena Canonero, die die Kostüme für Filme wie Barry Lyndon, Die Stunde des Siegers, Jenseits von Afrika, Cotton Club, Ocean's Twelve oder Marie Antoinette geschaffen hat. Um nur einige zu nennen.


    Gregor