Ungeliebtes Repertoire zum Kennenlernen - Welche Strategien habt ihr ?

  • Es gibt zahlreiche Werke, wo man sich ziemlich sicher ist, daß es einem nicht gefallen wird. Aber es handelt sich um berühmte Werke, die man eigentlich kennen sollte. Bei mir kommt dazu, daß ich manche Werke kennenlernen will, einfach um mir ein Bild darüber zu machen - egal ob sie mir letztlich gefallen oder zuwider sind. - Wie schön, wenn gelegentlich doch was dabei ist, das einen - wenn schon nicht begeistert - so doch :


    Es gibt zumindest DREI Strategien, die man hier anwenden kann


    a) Man akzeptiert den eigenen Widerwillen und verzichtet auf den Erwerb einer Aufnahme.
    b) Man möchte kein Risiko eingehen und kauft die billigste am Markt befindliche Aufnahme - zum Kennenlernen wird schon reichen
    c) Um sicher zu gehen, daß man nicht durch eine unterdurchschnittliche Interpretation abgeschreckt wird - kauft man eine sogenannte "Referenzaufnahme"


    WElche Strateie verfolgt ihr ? - und warum


    mfg aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Nun ja, wenn ich es mal als gegeben annehme, daß mir die Musik sicher nicht gefallen wird, muß schon ein anderer schlagender Grund vorliegen, damit ich mich für ein Musikstück interessiere (wozu ich 'wichtiges Werk, sollte man kennen' erstmal nicht unbedingt zähle). Und an dem Punkt bin ich eigentlich schon weiter, als daß ich mir zum Kennenlernen des Werks erst noch eine 'Strategie' zur Selbstüberwindung zurechtlegen müsste - da siegt dann doch die Neugier. :) Vielleicht nicht sofort, aber wenigstens auf den Einkaufszettel wird betreffendes Stück sicher wandern...



    Und da würde ich erfahrungsgemäß wahrscheinlich erstmal einem 'rennommierten' Label vertrauen oder nach Aufnahmen von Künstlern Ausschau halten, die ich schon kenne und schätze. Neben dem Tonträgerkauf ist die risikofreieste Variante YouTube - da ist auch im Klassikbereich mittlerweile sehr viel verfügbar, das zum reinen Reinhören ausreicht.

  • Kostenlos via YouTube o. ä. erst mal reinhören. Da kommt es dann nicht so auf die optimalste Tonqualität an. Es geht ja um ein Kennenlernen. Wenn es mir zusagt, lege ich mir auch ggf. eine Aufnahme zu. Wenn nicht, habe ich nichts verloren, außer Zeit. ;)

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Ich finde das ein sehr seltsames Szenario und weiß nicht, ob ich mich je bewusst in einer solchen Situation befunden habe. Offensichtlich ist es keine vielversprechende Kennenlernsituation, wenn man bereits überzeugt ist, ein Stück mit hoher Wahrscheinlichkeit eh nicht zu mögen. Statt sich dann noch groß Gedanken über die Vorgehensweise zu machen, sollte man vielleicht eher versuchen, wie auch immer, eine offenere Voreinstellung zu finden.


    Es kommt vermutlich drauf an, u.a. darauf, was für Einspielungen überhaupt zur Auswahl stehen. Als Anfänger mit einer Überfülle von Werken konfrontiert (aber eher solchen, bei denen man eigentlich davon ausgeht, dass man sie mögen wird) habe ich wohl meistens zu preiswerten, aber soliden Aufnahmen gegriffen.
    Wenn ich heute zB eine Oper von Meyerbeer (interessiert mich überhaupt nicht, würde mir vermutlich nicht gefallen, aber ich werde es bis auf weiteres wohl nicht herausfinden :D) kennenlernen wollte, würde ich aber, abgesehen davon, dass hier die Auswahl sehr mager sein dürfte, wohl versuchen, eine laut Meyerbeer-Fans möglichst gute Einspielung zu kriegen. Gerade bei Opern kann der Eindruck durch schwache oder Fehlbesetzungen in einigen Rollen sehr schief sein.


    Für ganz unverbindliches Probehören ist heute natürlich youtube oft eine Option, aber das ist noch so neu, da denke ich normalerweise auch nicht dran.

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Lully langweilt mich total, aber ich habe eine irrationale Abneigung gegen französischen Gesang.


    Ich finde das ein sehr seltsames Szenario und weiß nicht, ob ich mich je bewusst in einer solchen Situation befunden habe. Offensichtlich ist es keine vielversprechende Kennenlernsituation, wenn man bereits überzeugt ist, ein Stück mit hoher Wahrscheinlichkeit eh nicht zu mögen. Statt sich dann noch groß Gedanken über die Vorgehensweise zu machen, sollte man vielleicht eher versuchen, wie auch immer, eine offenere Voreinstellung zu finden.


    Los geht's! Schließlich hat nicht nur Lully Opern in französischer Sprache geschrieben. (Genau, auch Meyerbeer ...)

  • Banner Trailer Gelbe Rose
  • Ich verfolge definitv Strategie b. Musterbeispiel: ich weiß, dass mir der französische Impressionismus nicht liegt, andererseits aber auch, dass Debussy ein sehr beliebter und berühmter Komponist ist. Deswegen möchte ich genaueres wissen/hören und bestelle mir alte GUTE Aufnahmen im budget-Segment der jewiligen Labels, z.B EMI. So habe ich mir große Teile Debussys Orchestermusik zugelegt (Prêtre) und obwohl ich mit dem meisten nichts anfangen kann, gefällt mir La Mer ganz ausgezeichnet. Es hat sich also ausgezahlt. Eine full-price CD um 22 Euro hätte ich mir wahrscheinlich nicht zugelegt.


  • Los geht's! Schließlich hat nicht nur Lully Opern in französischer Sprache geschrieben. (Genau, auch Meyerbeer ...)


    o.k.
    Von Lully habe ich zwei CDs, eine zu dem Film "Der König tanzt" und eine von Naxos "Ballet Music for the Sun King". Letztere war nicht teuer, aber beide wurden vermutlich vom Lullisten oder einem anderen Frankophilen empfohlen. Von einer kompletten Oper habe ich Abstand genommen, weil diese Aufnahmen keine allzu große Begeisterung auslösten. Ich werde aber mal eine heute abend anhören.


    Von Rameau habe ich Castor & Pollux in der Aufnahme unter Harnoncourt; das dürfte, als ich sie vor Jahren gekauft habe, eine von wenigen Optionen gewesen sein und vermutlich eine übliche Empfehlung. Dann habe ich mir letztes Jahr oder so Hippolyte & Aricie unter Minkowski, als sie preiswert wiederveröffentlicht wurde, gekauft. Auch das eine hochdekorierte Aufnahme.


    Ergebnis: Meine Vorgehensweise entspricht eher c) wobei ich - wie immer - versuche, möglichst preiswert fündig zu werden.


    Aber bevor Meyerbeer den Hauch einer Chance kriegt, muss ich erstmal zB Contes d'Hoffmann oder Samson & Dalila verdauen (beide aber schon mindestens ein bis zweimal komplett gehört, anders als bei Rameau).

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • ich bin nicht so konsequent, mal b mal c aber es gibt ja bei bekannteren sachen meistens sehr gute einspielungen im tiefpreissegment, wodurch dann b=c ist.


    spontini, boieldieu, auber und meyerbeer sind aber zweifellos bedeutende meister ... drei von ihnen habe ich aber auch erst in den letzten paar jahren kennengelernt - und zwar in variante b "historische einspielungen".

  • Da ich vielseitig interessiert bin und als musikalisch leider nicht ausgebildeter, einfacher Musikliebhaber in erster Linie das Werk kennen lernen möchte, habe ich mich - als ich noch in Köln beschäftigt war - häufig in der antiquarischen Abteilung eines Musikhauses herumgetrieben, wo CDs zu geringen Preisen angekauft und wiederverkauft wurden. Hier habe ich viele mir noch unbekannte Werke - auch von Komponisten, deren Namen ich bisher nur gelesen hatte oder die ich garnicht kannte - zugelegt und zu Hause angehört. Manchmal habe ich das Werk erst beim zweiten Hören schätzen gelernt. Auf mich trifft daher eher Alfred zweite Strategie zu. Bei dem geringen Preis konnte ich nichts verderben und später die Ausgabe bereuen. Ich muss aber sagen, dass ich - bis auf äußerst seltene Ausnahmen, keines der Werke wieder hergeben wollte. Ungeliebtes (also für mich mit Vorurteilen belastetes) Repertoire kenne ich eigentlich nicht, sondern nur mir noch unbekanntes, an das ich unbelastet herangehe.


    Liebe Grüße
    Gerhard

    Regietheater ist die Menge der Inszenierungen von Leuten, die nicht Regie führen können. (Zitat Prof. Christian Lehmann)

  • Natürlich kaufe ich nicht bewusst die teuersten und empfohlensten Aufnahmen.
    Die Naxos-CD bei Lully ist eher ein Fall b.
    Ich habe jahrelang bei fast allem unbekannten Repertoire eher nach Option b gehandelt, wobei ich natürlich dennoch versuchte, positiv rezensierte Aufnahmen zu kriegen. Allein, weil ich gar nicht mehr Geld hatte als Schüler oder Student. Dieses Kaufverhalten ist aber beinahe völlig unabhängig davon, ob ich eher damit rechne, dass mir die Musik gefallen wird oder eher Zweifel hege. Inzwischen bin ich etwas großzügiger, aber Vollpreis zahle ich nach wie vor nur in wenigen Ausnahmefällen.


    Mittels sehr günstiger Brilliant-Boxen habe ich zB Orchesterwerke Rimskys, Faurés Kammermusik und Telemanns Tafelmusik zuerst kennengelernt, aber das waren alles ziemlich gute Einspielungen.


    Andererseits habe ich zB einige CDs mit Haydn-Sinfonien von Naxos, die ich mir mal, weil es die entsprechenden Werke einzeln sonst gar nicht oder nur teuer gab, gekauft hatte, auch wieder abgestoßen, weil ich später, nachdem mir die Musik wichtiger wurde, bessere Alternativen hatte. Insofern meine ich schon, dass b) in Einzelfällen auch nach hinten losgehen kann.


    Rameaus Hippolyte hatte ich über einen Versand bestellt und eigentlich gedacht, es handele sich um ein Restexemplar der alten Auflage. Da die neue kein libretto hat, habe ich mich sogar geärgert. Aber für ein wenig mehr ein Gebrauchtexemplar der alten Auflage zu kaufen und die anderen CDs wieder loswerden, war mir dann zuviel Aufwand.
    Also bei Rameau war es eher Zufall; ich habe vor ein paar Monaten allerdings (für mich) vergleichsweise viel Geld für eine Doppel-CD mit Suiten unter Savall gezahlt.

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Banner Trailer Gelbe Rose
  • Banner Trailer 2 Gelbe Rose
  • Kostenlos via YouTube o. ä. erst mal reinhören. Da kommt es dann nicht so auf die optimalste Tonqualität an. Es geht ja um ein Kennenlernen. Wenn es mir zusagt, lege ich mir auch ggf. eine Aufnahme zu. Wenn nicht, habe ich nichts verloren, außer Zeit.

    Das ist auch meine bevorzugte Strategie. Ab und zu rufe ich bei Experten an und frage, was an dem miesen Stück so interessant sein soll.
    Da kann es dann dummerweise passieren, dass mir so ein Kenner meine lieben Vorurteile ermordet. Beil Lully leben sie aber noch, obwohl Wundbrand nicht ansteckend sein soll.

  • Es gibt zahlreiche Werke, wo man sich ziemlich sicher ist, daß es einem nicht gefallen wird. Aber es handelt sich um berühmte Werke, die man eigentlich kennen sollte.


    Das ist eine Threaderöffnung. die ich merkwürdig finde.
    Sie wirft Fragen auf, auf die sie aber eigentlich gar nicht zielt!


    Frage 1:
    Woher bin ich denn bitte "ziemlich sicher", dass mir ein bestimmtes Werk nicht gefallen wird? Welche Erfahrungen stehen denn dahinter, welche Annahmen? Welche Konstruktionen ? Welche Urteile?


    Frage 2:
    Was begründet eine Unterscheidung in berühmte und weniger berühmte Werke? Wer konstituiert sie? Welche Relevanz und Gültigkeit hat sie? In welcher Zeit? Für wen?


    Frage 3:
    Und woher kommt denn der Imperativ, dass ich berühmte Werke "eigentlich kennen sollte", sogar dann noch, wenn sich - aus welchen Gründen auch immer - bei mir etwas dagegen sträubt?


    Also, solche Fragestellungen finde ich nicht hilfreich.
    Aber vielleicht wollte ja Alfred einfach nur anregen, dass wir uns darüber austauschen, wie wir uns bisher unbekanntes Repertoire erschließen?
    Wodurch lassen wir uns dazu anstoßen?
    Und: welche Praxis verfolgen wir, um die Werke hören zu können?



    Sollte ich auf so eine Frage antworten, müsste ich zuerst darüber reden, dass meine Praxis natürlich heute eine ganz andere ist als vor 30 Jahren und wieder eine ganz andere als in der Zeit, in der ich überhaupt erst begann, Repertoire kennen zu lernen.
    Gleichwohl: ich nahm und nehme mir eigentlich immer die Freiheit, mal so und mal so zu verfahren.
    Nur eines ist bei mir doch generelle Regel: ob mir ein Werk gefallen könnte oder nicht, entscheide ich erst, wenn ich es zumindest schon mal gehört habe.


    Caruso41

    ;) - ;) - ;)


    Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten!

  • Ich gestehe, dass ich meist Werke kaufe, deren Interpreten mich interessieren - natürlich nicht ausschließlich, denn manchmal kaufe ich auch eine Aufnahme eines Werkes wegen. Also das ist sehr unterschiedlich ...

    Arrestati, sei bello! - (Verweile, Augenblick, du bist so schön!)

  • Frage 2:
    Was begründet eine Unterscheidung in berühmte und weniger berühmte Werke? Wer konstituiert sie? Welche Relevanz und Gültigkeit hat sie? In welcher Zeit? Für wen?

    Dafür hatten wir, glaube ich, schon eigene Threads. Diese Thematik würde den Thread hier sprengen ...



    Zitat

    Frage 3:
    Und woher kommt denn der Imperativ, dass ich berühmte Werke "eigentlich kennen sollte", sogar dann noch, wenn sich - aus welchen Gründen auch immer - bei mir etwas dagegen sträubt?

    Aus dem Bedürfnis, ein "Kenner" zu sein? Aus dem Wunsch, das als Wertvoll erachtete auch selbst wertschätzen zu können, sein Leben zu bereichern?

  • Banner Trailer Gelbe Rose
  • Ich kann Carusos Einwände zur Fragestellung schon verstehen, vielleicht zielt es wirklich mehr darauf, wie man sich unbekanntes Repertoire aneignet (also ganz neutral). Es gibt keine Werke, die ich grundsätzlich ablehne, die einzige Unterscheidung für mich wäre, ob mich ganz persönlich ein Werk interessiert. Was mich nicht interessiert, dass muss nicht zwangsläufig schlecht sein, aber ich beschäftige mich auch nicht damit.
    Wenn ich doch an etwas interessiert bin, mir aber unsicher bin, ist meine erste Adresse eindeutig Youtube, dort habe ich mich nicht nur schlau gemacht, sondern auch ganz ohne Initiative ganz neue Werke spontan entdeckt...eine wahre Fundgrube für mich. Dann schaue ich nach Aufnahmen und entscheide meist für die, die so angepriesen wird, dass sie meinen Vorstellungen entspricht oder, wenn das nicht möglich ist, definitiv auch nach dem niedrigsten Preis.
    Sollte sie mir dann doch nicht gefallen oder ich noch bessere Versionen finden, verkaufe oder verschenke ich die alte CD.

    "Die Glücklichen sind neugierig."
    (Friedrich Nietzsche)

  • Ich finde die Fragestellung doch einigermaßen interessant und Carusos Fragen kann ich für mich relativ leicht beantworten. Die Sicherheit - oder besser die Befürchtung - daß mir ein bestimmtes Werk nicht gefallen könnte ergibt sich aus bisherigen Hörerfahrungen, da bildet sich schon manches (Vor)urteil gegenüber einer Epoche, einer Gattung, einem Komponisten oder Interpreten heraus, das auf Bestätigung oder Widerlegung wartet.
    Eine Unterscheidung in "berühmte" oder "unbekannte" Werke spielt in diesem Zusammenhang wohl nicht so die Rolle. "Eigentlich kennen" sollte man Schlüsselwerke der Musikgeschichte, Werke die in Lexika, Publikationen oder hier im Forum eine größere Rolle spielen. Man stößt auf Meinungen, die man für sich nur bewerten kann, wenn man das betreffende Werk wenigstens einmal gehört hat.


    Wie gehe ich nun mit solchen Werken um? Ich habe es glücklicherweise diesbezüglich ziemlich einfach, gibt es in meiner Heimatstadt doch eine sehr gut sortierte Stadtbibliothek. Ich durchforste die Regale gern nach mir völlig Unbekanntem. Muß ich das Anhören nach wenigen Minuten wegen Ohrenschmerzen abbrechen, so ist's nicht schlimm. Hat keinen Pfennig gekostet.... Ansonsten findet auch immer mal eine 1€-ebay-CD zu mir...


    :hello:

    Einer acht´s - der andere betracht´s - der dritte verlacht´s - was macht´s ?
    (Spruch über der Eingangstür des Rathauses zu Wernigerode)

  • Ich möchte gerne etwas über diesen Threadtitel und sein Entstehen sagen:
    Er entstand aus der Praxis - meiner Kaufpraxis, die im Laufe der Jahre ziemlichen Schwankungen im Kaufverhalten unterworfen war.


    Als ich 20 war (das ist schon ein paar Monate her....) habe ich natürlich viele Komponisten nicht gekannt -Hörproben waren damals selten.
    Um auf Nummer sicher zu gegen habe ich ausschliesslich Komponisten in meine Sammmlung aufgenommen, deren Geburtsjahr im 18. Jahrhundert lag - also z.B 1797-1828)
    Hier glaubte ich sicher zu sein, daß keine Musik die mich abstieß dabei sein konnte. Und lange Zeit habe ich nur in Ausnahmefällen was anderes gekauft.
    Alles orientierte sich an Wolfgang Amadeus Mozart, Beethoven, Schubert, Haydn - und Vivaldi. Ausnahmen gab es schon - aber selten.


    Um auf die Frage 1 zu antworten: Ich bin mir "ziemlich sicher", daß Werke des 20. Jahrhunderts mir nicht gefallen werden - aber natürlich gibt es Ausnahmen.



    Zitat

    Was begründet eine Unterscheidung in berühmte und weniger berühmte Werke? Wer konstituiert sie? Welche Relevanz und Gültigkeit hat sie? In welcher Zeit? Für wen?

    Nun, niemand wird bestreiten, daß zB. Schönberg von vielen als "berühmt" gesehen wird - Hören muß ich ihn deswegen noch lange nicht.



    Zitat

    Und woher kommt denn der Imperativ, dass ich berühmte Werke "eigentlich kennen sollte", sogar dann noch, wenn sich - aus welchen Gründen auch immer - bei mir etwas dagegen sträubt?

    Einerseits ein ungeschriebenes Gesetz des "Bildungsbürgertums" - dem ich mich verwandt fühle, bzw mit ihm sympatisiere.
    Andrerseits aus der Funktion eines Forenbetreibers für "klassische Musik"


    .....Und natürlich kann ich schon nach 30 Sekunden entscheiden ob mir ein Werk gefällt oder nicht.


    Um die Sache aber von meiner Person zu lösen und allgemeiner zu machen.
    Viele Leute mögen keine Kammermusik - aber bei manchen Werken (ich würde hier das "Amerikanische Quartett" von Dvorak vermuten) werden sie dann doch mitgerissen oder beeindruckt.
    Genügt hier eine "Durchschnittsaufnahme - oder wäre eine allseits als "Referenzeinspielung" gelobte Aufnahme zu bevorzugen?
    Man darf nie vergessen, dass hier auch das Risiko besteht, daß Geld sinnlos in den Sand gesetzt wird.....


    mit freundlichen Grüßen aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Es kommt auf das Werk an und der Noch-Nichtkenner kann nur schwer beurteilen, ob eine "Durchschnittsaufnahme" reicht. Wenn es sehr viele Aufnahmen eines Werks gibt, ist die Wahrscheinlichkeit, dass eine zufällig (oder nach Preis) gewählte, recht ordentlich ist, groß. Bei einem so eingängigen Stück wie Dvoraks 9. oder dem Amerikanischen Quartett dürfte selbst eine mittelmäßige kaum ihre Wirkung verfehlen. (Bei Dvoraks 5. oder 6. Sinfonie sieht es vielleicht schon anders aus.)


    Bei Stücken wie Händels Opern ist man dagegen in der Situation, dass es nur sehr wenige Aufnahmen ohne erhebliche Wermutstropfen gibt. (Verglichen etwa mit dem "Messiah", einer Bach-Passion oder einer berühmten Mozart-Oper, ist das Angebot nicht nur quantitativ schwach.) Diese Werke wurden für die damals besten Sänger der Welt innerhalb einer hochkompetitiven Kultur von Virtuosen komponiert, dazu etwa die Hälfte der Hauptrollen für Kastraten-Stimmen, die es heute (zum Glück, aber musikalisch doch bedauerlich) nicht mehr gibt. Wenn die (teilweise) mit Sänger/innen mit beweglichen, aber kleinen und ausdrucksarmen Stimmen, die dazu einem puritanisch-reinen (vermutlich historisch ganz unhaltbaren) an der Sakralmusik geschulten Klang- und Ausdrucksideal verpflichtet sind und von mäßig fantasievollen Dirigenten begleitet werden, ist es kein Wunder, das meistens Langeweile aufkommt, zumal Oper ohne Bühne selten ganz unproblematisch ist.
    (Aus ähnlichen Gründen würde ich, sollte ich mich mit Meyerbeer befassen wollen, eben auch versuchen, eine von den Meyerbeerianern angesehene Interpretation zu hören, was nicht heißen muss, dass ich 60 EUR für etwas zahlen würde, was im Regal verstaubt. Aber der Kompromiss kann dann eben auch Aufschub oder Verzicht sein.)


    Oder eine Standardempfehlung (besonders in den späten 1990er Jahren), vor der ich eher warne, obwohl ich damit den soliden Interpretationen auch ein wenig Unrecht tue: Haydns Quartette mit dem Kodaly-Q. Erstens von Penguin empfohlen, zweitens preiswert, man weiß ja nicht, wie viele von dutzenden von Quartetten einem überhaupt gefallen werden, kauft man eben eine oder mehrere dieser CDs. Nun sind diese Werke nicht so interpretenabhängig wie Barockopern, aber gerade für Hörer aus der Romantik auf den ersten Blick eher einförmig, nicht so ausdrucksstark usw. Da wird eine biedere Interpretation nur selten Begeisterung für die Werke auslösen.


    Das kann der Hörer vorher freilich oft gar nicht wissen, obwohl die simple Statistik natürlich ein wenig hilft.

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Da habe ich gleich ein Beispiel aus meiner Sicht:


    Zu den Pettersson-Sinfonien habe ich bisher nie den durchschlagenden Durchbruch geschafft.
    Sie gehören eigendlich von meinem Interessengebiet zu den Werken, "die man kennen sollte".


    Gestört hat mich bereits bei meinen Erstkontakten durch Kollegenempfehlung und ausleihen einiger CD´s Ende der 80er-Jahre, dass man unheimlich lange warten muss bis sich inerhalb der Werke mal was tut, was bewegt, mal die Post abgeht ... Langeweile war der Ersteindruck. Und Warten ist ohnehin Gilft für mich !
    Meine Tonbandaufnbahmen einiger Sinfonien aus der Zeit habe ich eigendlich nie wieder gehört ... soviel dazu, welche Lust ich dafür verspüre.


    Ein Hochpreis-Angebot war schonmal ausgeschlossen für "das trübe Zeug", so mein Gedanke ! Zudem wurden die Sinfonien Jahrzehnte nur in recht teuren Einzelaufnahmen angeboten. Ein Kauf war somit schonmal verschoben. Ich wollte auf die GA warten. Ich glaube es war Anfang 2012 oder Ende 2011, da hat jpc die cpo-GA für knapp nen Fuffi rausgegeben. Die hatte ich bestellt und jetzt vorliegen !


    Natürlich informiere ich mich generell vorher, ob es sich um gute oder referenzverdächtige Aufnahmen handelt, die auch anständig klingen sollten. In diesem Fall erfüllen die cpo-Aufnahmen alle diese gewünschten Vorgaben, soweit ich dass erkennen kann ganz gut.
    8-);) So langsam kommt jetzt die Zeit, dass ich Pettersson mehr und mehr schätze; aber ich lasse mit viel Zeit, weil andere Prioritäten in Bezug auf Musikauswahl nicht immer die Zeit dazu lassen.


    Es ist noch unglaublich viel offen um mir ein sinnvolles, geweige denn abschliessendes Urteil über Pettersson bilden zu können !

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Banner Trailer Gelbe Rose
  • Tamino Beethoven_Moedling Banner