• ich habe die Basler Vokalsolisten im Juni im Rahmen eines goldenen Konzerts erleben dürfen.


    "Ein besonderes Klangerlebnis erwartet die Zuschauer im Rahmen des 4. Goldenen Konzertes . Zwölf Gesangssolisten vereinen ihre Stimmen zu einem sinnlichen, homogenen Ensembleklang und präsentieren Lieder, Chansons und Songs vom Mittelalter bis zur Neuzeit. Es ist eine spannende Mischung aus Volkslied, Kunstlied und alten Kompositionen, die jedem Besucher zeigen wird, welch reiches Liedgut im deutschsprachigen Raum zur Verfügung steht. Die Uraufführung eines Werkes von Traugott Fünfgeld, die für das Ensemble und dieses besondere Konzertprogramm entstand, rundet das vielseitige Programm ab. Der TMV dankt der Stiftung zur Förderung von Kultur und Zivilisation dafür, dass sie uns dieses Konzert mit ermöglicht hat."


    Herr Neidhart (13. Jhd.)
    "Der vil lieben sumerzit"
    "ES WAR EINMAL..."
    Friedrich Silcher (1789-1860) Die Loreley " Ich weiß nicht was soll es es bedeuten"
    Johanes Brahms (1833-1897) "Der bucklichte Fiedler"
    "VERLIEBT-VERLOBT-VERHEIRATET.."
    Friedrich Silcher "Wenn alle Brünnlein fließen"
    Johannes Brahms "Von alten Liebesliedern" , "Da unten im Tale"
    "ESSEN UND TRINKEN"
    Daniel Friderici (1584-1638) "Wir lieben sehr im Herzen"
    Orlando di Lasso (1532-1594) "Baur, was trägst im Sacke"
    Arnold von Bruck (um 1490/1500-1554) " So trinken wir alle diesen Wein mit Schalle"
    "GUTE NACHT!"
    Felix Mendelssohn (1809-1847) "Abschied vom Walde"
    Heinrich Isaak/J. S .Bach (1685-1750) "Nun ruhen alle Wälder"
    J.A.P. Schulz/Max Reger "Der Mond ist aufgegangen"
    Franz Schubert (1797-1828) "Die Nacht"
    "TIERISCH GUT!"
    Felix Mendelssohn "Die Nachtigall"
    Orlando di Lasso "Audite Nova"
    Erasmus Widmann (1572-1634) "Der Floh"
    Max Reger (1873-1916) "Ziege und Bock"
    PAUSE
    "VERSCHIEDENE LÄNDER- VERSCHIEDENE GESÄNGE"
    Traugott Fünfgeld * 1971 "Hoffnung" (UA) Text Friedrich SchillerDIE SCHWEIZ IN IHREN LANDESSPRACHEN
    FRANZÖSISCHE SCHWEIZ
    Pierre Kaelin "Chante en mon coer pays aime", "Chant du ramoneur"
    RÄTOROMANISCHE SCHWEIZ
    Gion Antoni Derungs * 1935 "Prümavaira"
    Tumasch Dolf (1889-1963) "La notg ei vargada"
    ITALIENISCHE SCHWEIZ
    "Alla mattina c`e il caffe", "Vieni sulla barchetta"
    DEUTSCHE SCHWEIZ
    "Meiteli, wänn du witt go tanze", Lueget vo Berge und Tal"
    IRLAND
    Early One Morning, Greensleeves, Sally Gardens, Amazing Grace, An Irish Blessing


    Das Konzert hat mich total beeindruckt. Leider war an diesem Tag Fußball-WM mit einem Spiel von Deutschland, so dass nur Wenige den Weg ins Görlitzer Theater gefunden haben. Trotzdem haben die Musiker auch ein schönes Medley als Zugabe gegeben.
    Ich beschäftige mich zur Zeit mehr mit dieser Art von Liedkunst. Habe auch schon eine CD von Singer pur erworben. Auch von der CD-Reihe Volkslieder bin ich sehr angetan. Als Kind habe ich selber sehr gerne Volkslieder gesungen. Statt in einen Kirchenchor hätte ich mich wahrscheinlich auch eher einem Liedchor anschliessen sollen.
    Was denkt ihr über das Volkslied?


    Bartolifan

  • Was denkt ihr über das Volkslied? Als Kind habe ich selber sehr gerne Volkslieder gesungen.

    Hallo, Bartoli- Fan


    Habe ich auch. Und viele dieser Lieder wurden in meinem Elternhaus und auch in der Schule gepflegt und gesungen und neben vielem anderen war es Musik, die mich von Kindheit an begleitete. Eigentlich ist dieses Liedgut "Volksgut" und es ist schade, daß es mehr und mehr in Vergessenheit gerät.



    ... den Weg ins Görlitzer Theater gefunden haben.

    Gestatte bitte eine neugierige Frage: Wie hast Du denn den Weg ins schöne "Görlitzer Theater" gefunden?


    Herzliche Grüße
    CHRISSY

    Jegliches hat seine Zeit...

  • Hallo Chrissy,


    ich habe im Juni 9 Tage in Görlitz verbracht. Mein Partner ist in einem Posaunenchor und am 16. Juni fand dort der Landesposaunentag statt. Das haben wir zum Anlass genommen uns diese schöne Stadt anzuschauen. Seine Tochter macht in Zittau ihren Master und so haben wir das eine mit dem anderen verbunden.


    Wir haben dort auch eine Vorstellung von Eugen Onegin in Originalsprache gesehen und eine Revue von Georg Kreisler "Du sollst nicht lieben". Der Onegin war mein erstes Mal. Ich dachte immer das Eugen Onegin Ballett ist.


    Mir hat das Theater sehr gut gefallen und das ist wohl auch eine gute Adresse für Berufsanfänger, was ich so aus den Informationen entnehmen konnte.


    LG Bartolifan

  • Hallo 9079Wolfgang


    Das kann ich gar nicht sagen. Der Landesposaunentag wird ja von der Landeskirche (hier: EVANGELISCHE KIRCHE Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz) veranstaltet und somit musizieren da hauptsächlich kirchliche Posaunenchöre, die ja alles Laien sind. Keine Profimusiker.


    Gut von diesen Chören gibt es auch CDs von Konzerten. Keine Studioaufnahmen.


    Wenn Du mehr wissen willst, werde ich mich bei meinem Partner noch genauer darüber informieren. Wer da so alles mit gespielt hat.


    LG Bartolifan

  • ich habe im Juni 9 Tage in Görlitz verbracht... diese schöne Stadt anzuschauen. Mir hat das Theater sehr gut gefallen...

    Hallo, liebe Anita


    Danke für Deine Antwort auf meine neugierige Frage. Vor allem aber "Danke" für das Kompliment an diese "schöne Stadt" und das Theater.
    Ich habe mich darüber sehr gefreut, denn Görlitz ist meine Geburtsstadt und ich wohne und lebe hier.
    Vermutlich war die Veranstaltung mit dem Posaunenchor in unserer schönen Peterskirche. Komm´einfach mal wieder.


    Herzliche Grüße
    CHRISSY

    Jegliches hat seine Zeit...

  • hallo chrissy,


    das werde ich bestimmt tun. Ich fand das Theaterprogramm sehr interessant und da Berlin ja nicht allzuweit weg ist, werden wir bestimmt mal wieder nach Görlitz kommen.


    Mich hat die Eugen Onegin Vorstellung auch sehr beeindruckt. Auch die Kreisler-Revue "hinterm Vorhang" fand ich eine tolle Idee.


    Das Posaunentag war natürlich an und in der Peterskirche. Ich hatte mir allerdings dann einen schlechtne Platz ausgesucht und hatte Beieinträchtigungen beim Hören des großen Hauptkonzertes.


    LG Anita

  • Zitat

    Was denkt ihr über das Volkslied?


    Nach meinen Eindrücken ist das Volkslied in der Bevölkerung so gut wie nicht mehr präsent; die typischen Volkslieder sind der nachwachsenden Generation abhanden gekommen. Gesangvereine fusionieren mangels „Masse“. Mitunter habe ich auch das Gefühl, dass das deutsche Volkslied (wobei ich nichts gegen Volkslieder aus anderen Ländern habe!) geradezu als peinlich empfunden wird und man sich um exotische Texte bemüht, um auf der Höhe der Zeit zu sein.


    Hier wurden von Bartolifan die zwölf Basler Vokalsolisten vorgestellt. Ein solcher „Chor“ hat natürlich eine ganz andere Qualität und ist eigentlich nicht mit Volkslied singenden Laien vergleichbar. Auch verschwimmen mitunter die Grenzen von Volkslied und Kunstlied (zum Beispiel bei Brahms), oder auch bei „Am Brunnen vor dem Tore“.


    Deinen Beitrag nahm ich zum Anlass, mir mal wieder die LIEDERTAFEL anzuhören, eine vor zehn Jahren entstandene CD mit den Tenören Christian Elsner, James Taylor, dem Bariton Michael Volle und dem Bassisten Franz-Josef Selig. Begleitet werden die vier Sänger von dem Pianisten Gerold Huber.


    Alle Genannten haben sich als Solisten seit vielen Jahren auf den Konzertpodien bewährt – hier lassen sie eine Tradition aufleben, die in das Jahr 1809 zurückreicht, wo in Berlin die erste Liedertafel zusammentrat. Das soll der erste Männerchor in Deutschland gewesen sein und bestand aus 24 Mitgliedern – Frauen waren übrigens nicht erwünscht …


    Auf dieser CD werden 13 Schubert-Lieder, 5 Lieder von Silcher, 3 Stücke von Schumann und 3 von Mendelssohn angeboten.


  • Volkslieder, aber auch Küchenlieder haben mich in meiner Kindheit begleitet. Beim Kochen sang meine Mutter immer diese Lieder, manche Texte der Küchenlieder kenne ich jetzt noch (Mariechen saß weinend im Garten, das schönste Blümlein auf der Welt, Warum weinst Du, holde Gärtnersfrau usw...).


    Leider sind Volkslieder nicht mehr "in". Ich erinnere mich an einen Auftritt des Alexandrow-Ensembles nach dem Krieg in Berlin (als Bild- und Tondokument glücklicherweise vorhanden, aber in irgendwelchen Archiven), wo ein Tenor mit einer samtweichen Stimme und herrlichem Dialekt deutsche Volslieder sang. U.A. "Im schönsten Wiesengrunde" - unvergessen die Stelle "Dich mein stilles Tal, gruß ich tausendmal". Später dann bemühten sich Hauff und Henkler in der DDR, die Volkslieder wieder hervorzukramen, nicht so kommerziell wie von "Heini - dem beliebtesten deutschen Schlagersänger" (bitte keine gelbe Karte). Nach der Wende waren diese beiden weg und damit auch leider das deutsche Volkslied. Aber viele, viele Männer- und gemischte Chöre pflegen dieses Liedgut noch, glücklicherweise. Eine Lobby beim Fernsehen haben sie aber nicht mehr.


    La Roche

    Ich streite für die Schönheit und den edlen Anstand des Theaters. Mit dieser Parole im Herzen leb' ich mein Leben für das Theater, und ich werde weiterleben in den Annalen seiner Geschichte!

    Zitat des Theaterdirektors La Roche aus Capriccio von Richard Strauss.

  • Hart hat zu Recht die Frage gestellt: Was ist das eigentlich, das typische Volkslied?


    Im Grunde ist das ja eine Art Oberbegriff für eine ganze Fülle von unterschiedlichen Formen von Liedern, die das Lebensgefühl sozialer und beruflicher Gruppen und Wesensmerkmale ihrer Lebenswelt zum Ausdruck bringen.


    Und da liegt nun auch die Ursache dafür, dass das Volksliedgut als solches und sozusagen in seiner Urfassung heute nicht mehr im Singen und Musizieren gepflegt wird. Genau diese differenzierten, landschaftlich, beruflich und allgemein lebensweltlich geprägten Quellen, aus denen es hervorgegangen ist, sind im Zuge der Einebnung und Vereinheitlichung der Lebenswelt im Zuge der Modernisierung verschwunden.


    Wiederbelebt werden könnte es nur im Geist der Musealisierung, - wie so vieles andere einer vergangenen Welt auch.

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  • Und da liegt nun auch die Ursache dafür, dass das Volksliedgut als solches und sozusagen in seiner Urfassung heute nicht mehr im Singen und Musizieren gepflegt wird. Genau diese differenzierten, landschaftlich, beruflich und allgemein lebensweltlich geprägten Quellen, aus denen es hervorgegangen ist, sind im Zuge der Einebnung und Vereinheitlichung der Lebenswelt im Zuge der Modernisierung verschwunden.


    Nach 1945, das war jedenfalls meine Erfahrung schon in der Jugend beim YMCA (oder auch CVJM), war alles, was mit "Volk" begann, out. Auch das "Volks"lied. Das wollte kaum einer singen. Wer interessiert war, bekam scheele Blicke. Hätte es nicht die alten Platten gegeben und die Erinnerung aus dem Kindergarten so einiges bewahrt, würde ich sicherlich auch keine Volkslieder mehr kennen.


    :hello:

    .


    MUSIKWANDERER

  • Zit.: "...
    war alles, was mit "Volk" begann, out."


    Das, lieber musikwanderer, dürfte Dir in seinen historischen Ursachen mit Sicherheit bekannt sein. Das "Volkslied" wurde in seiner angeblichen völkischen Genese und musikalischen Unverfälschtheit und Nicht-Entartetheit von den Nazis ideologisch gewaltig aufgeladen und auf schändliche, aber kulturpolitisch überaus wirkungsvolle Weise missbraucht.


    Kein Wunder also, dass man sich in der Nachkriegszeit von ihm abwandte, - oder zumindest ein kritisches Verhältnis zu ihm einnahm. Die "neue Zeit", die "Nachkriegszeit" suchte und fand eine neue Art von Musik. Es war eine Zeit des Aufbruchs in eine neue Welt. Das "Volkslied" wurde - insbesondere von der Jugend - als ein Relikt aus der alten empfunden, jener Welt also, die es zurückzulassen und abzustreifen galt.

  • danke für die interessanten Beiträge zu dem Thema Volkslied. Mir fiel beim Lesen ein, dass wir in der Schule die Gruppe "Liederjan" behandelt haben. Mir haben die Lieder so gut gefallen, dass ich mir dann gleich die entsprechende LP gekauft habe, die noch in meinem Besitz ist.


  • Das, lieber musikwanderer, dürfte Dir in seinen historischen Ursachen mit Sicherheit bekannt sein. Das "Volkslied" wurde in seiner angeblichen völkischen Genese und musikalischen Unverfälschtheit und Nicht-Entartetheit von den Nazis ideologisch gewaltig aufgeladen und auf schändliche, aber kulturpolitisch überaus wirkungsvolle Weise missbraucht.

    Aber sicher, lieber Helmut, ist mir heute (damals habe ich das mit mehr oder weniger großem Unverständnis aufgenommen) bekannt. Ich bin mir aber sicher, daß meine im Grunde genommen gleichaltrigen Freunde aus dem CVJM an die "Vergewaltigung" durch die Nazis ebensowenig gedacht haben. Es war einfach für sie langweilig, vielleicht auch spießig (ohne daß ihnen - wie mir - dieser Begriff etwas sagte), da waren Bill Haley, Little Richard oder dann "Elvis" doch interessanter und aufregender als "Ännchen von Tharau" oder "Wenn alle Brünnlein fließen" beispielsweise.


    Und übrigens waren alle meine Freunde für Volkslieder "verloren". Hat mich übrigens nicht weiter gestört, jeder möge das hören oder mitsingen, was ihm gefällt...


    :hello:

    .


    MUSIKWANDERER

  • Ich denke, dass der Niedergang des Volksliedes ein unaufhaltsamer Vorgang ist. Er hängt ganz wesentlich mit den umfassenden und tiefgreifenden Wandlungsprozessen zusammen, die die Entwicklung der europäischen Moderne mit sich gebracht hat. Das kann man hier im einzelnen nicht näher betrachten. Ein Kenner der Materie, L.A. Pétiet nämlich, hat das mal so auf den Punkt gebracht: "Die Volkstümlichkeit ist wie die Jugend: wenn sie vorüber ist, kommt sie niemals wieder."


    Historisch betrachtet, ist der Prozess des Untergangs des Volksliedes ein ziemlich lange währender. Schon Herder, mit dem ja eine Phase der "Wiederentdeckung des Volksliedes" einsetzt und der mit seinen "Stimmen der Völker in Liedern" ein diesebzüglich wichtiges Werk vorgelegt hat, beklagte schon den bald bevorstehenden Niedergang des Volksliedes. Und wenn man sich seine Entwiclung unter rein musikalischen Gesichtspunkten ansieht, dann ist tatsächlich mit dem neuen Volksliedttyp, der sich durch sylabisch exakte Deklamation und strenge Isometrie auszeichnet, bereits ein Verlust der Vielfalt eingetreten, durch den sich das alte Volkslied noch auszeichnete.


    In einer nun schon einige Jahrzehnte alten Untersuchung zu dieser ganzen Problematik hat W. Wiora ("Der Untergang des Volskiedes und sein zweites Dasein", Bärenreiter 1959) u.a. festgestellt:


    "Außer in der Durchsetzung mit restaurativen Zügen besteht die Problematik des zweiten Daseins hauptsächlich darin, daß Volkslieder sich weniger gut als geschlossene Kunstwerke aus ihren ursprünglichen Bindungen herauslösen lassen, ohne dabei den wesentlichen Gehalt einzubüßen, und daß sie noch mehr unter bewußter und beflissener Pflege leiden."


    Damit ist eigentlich alles gesagt: Wenn die "Milieus" nicht mehr existieren, aus denen das Volkslied hervorgegangen ist und in denen es gepflegt wurde - und das geschah eben in dem von mir angesprochenen Prozess, der im Grunde mit der Industriellen Revolution einsetzte - , dann ist das Volkslied buchstäblich zum Untergang verurteilt, - wie eine Pflanze, der man den Nährboden geraubt hat.

  • Wir bewegen uns hier ja im Bereich des Kunstliedes und ich hatte oben bereits darauf hingewiesen, dass die Grenzen fließend sind. Es gibt eine Menge solcher Beispiele, aber ich wähle mal zwei aus, die mir sehr gut gefallen:


    Z´Lauterbach han i mein Strumpf verlor´n , ein Schwäbisches Volkslied (natürlich im Dialekt gesungen), der Komponist ist nicht bekannt.
    Das ist eindeutig ein Volkslied, wird aber zum Kunstlied, wenn man die Aufnahme mit Elisabeth Schwarzkopf hört, die bei ihrer Interpretation nicht gerade sparsam mit Koloraturen und Trillern ihrer Stimme prunkt – eine herrliche Aufnahme!


    Och Moder, ich well en Ding han, Johannes Brahms op. 107 Nr. 33. Auch hier haben wir ein typisches Volkslied. Brahms klagte zum Beispiel seinerzeit, dass das Volk nur noch ordinäre Gassenhauer singen würde und war um eine bessere Qualität in Text und Musik bemüht, wobei das jedoch nicht immer bedeutende Lyrik sein musste, wie dieses Beispiel zeigt.


    Och Mod'r, ich well en Ding han!
    "Wat för en Ding, ming Hetzenskind?"
    En Ding, en Ding.
    "Wells de dann e Pöppchen han?"
    Nä, Moder, nä!
    Ehr sitt kein gode Moder,
    Ehr könnt dat Ding nit rode!
    Wat dat Kind för'n Ding well han,
    Dingderlingdingding!


    Och Mod'r, ich well en Ding han!
    "Wat för en Ding, ming Hetzenskind?"
    En Ding, en Ding.
    "Wells de dann e Ringelchen han?"
    Nä, Moder, nä!
    Ehr sitt kein gode Moder,
    Ehr könnt dat Ding nit rode!
    Wat dat Kind för'n Ding well han,
    Dingderlingdingding!


    Och Mod'r, ich well en Ding han!
    "Wat för en Ding, ming Hetzenskind?"
    En Ding, en Ding.
    "Wells de dann a Kleidchen han?"
    Nä, Moder, nä!
    Ehr sitt kein gode Moder,
    Ehr könnt dat Ding nit rode!
    Wat dat Kind för'n Ding well han,
    Dingderlingdingding!


    Och Mod'r, ich well en Ding han!
    "Wat för en Ding, ming Hetzenskind?"
    En Ding, en Ding.
    "Wells de dann eine Mann han?"
    Jo, Moder, jo!
    Ehr sitt en gode Moder,
    Ehr künnt dat Ding wohl rode,
    Wat dat Kind för'n Ding well han,
    Dingderlingdingding!

  • Johannes Brahms war ein leidenschaftlicher Liebhaber des Volksliedes. In seinem Nachlass fand man 22 Sammlungen. In seinen „Neunundvierzig deutsche Volkslieder mit Klavierbegleitung in sieben Heften“ (1894) griff er stark auf die Volksliedsammlungen Zuccalmaglios zurück. Insgesamt sind 116 Bearbeitungen von Volksliedern durch Brahms bekannt (in unterschiedlichen musikalischen Formen).


    Die Volksliedsammlungen Wilhelm Florentin von Zuccalmaglios (1803-1869) enthalten keine ganz und gar originalen Volkslieder. Dieser Zuccalmaglio ist in bester Manier der literarischen Romantik sehr freizügig mit seinen Quellen umgegangen und hat in großem Umfang daran herumredigiert. Im übrigen nennt er die Quellen seiner Sammlungen gar nicht, was eine Überprüfung der Echtheit dieser angeblichen Volkslieder nur noch schwieriger macht.


    In Schumanns Zeitschrift „Neue Zeitschrift für Musik“ schrieb er mehrere Artikel unter dem Decknamen „Dorfkünstler Wedel“ und nannte dort auch Johanes Brahms einen „starken Streiter“ in Sachen Volkslied. Brahms meinte in den Sammlungen Zuccalmaglios „einen kostbaren Schatz alter Volksliedweisen“ zu finden und bediente sich freizügig daran. Erstaunlicherweise sind beide nie in persönlichen Kontakt getreten.


    Silcher und Hoffmann von Fallersleben hingegen stehen Zuccalmaglio kritisch gegenüber, und andere, wie etwa L. Erk oder F.M. Böhme sprechen in Bezug auf seine Sammlungen von „Machwerken“. Womit sie vermutlich recht haben dürften.


    Gleichwohl hat sich Brahms in genialer Weise musikalisch in diese der Volkslieddiktion nahestehenden Texte oder ihr nachempfundenen Texte eingefühlt und eine höchst gelungene Synthese von sprachlichem und musikalischem „Volksliedton“ zustandegebracht. Ulrich Schreiber konnte so mit Recht feststellen:
    „Mit Brahms … hört die lebendige Geschichte des deutschen Volksliedes auf: was nach ihm kam, wurde entweder zu politisch manipulierbarem ästhetischem Gemeinschaftswillen oder zu archivarischer Wissenschaft.“

  • Ich kann nicht bestätigen, dass das Volkslied unmittelbar nach dem Krieg als verpönt galt, denn wir haben es in der Volksschule und auch noch auf dem Gymnasium gelernt und ich kann noch eine ganze Menge Volkslieder mit allen Strophen auswendig. Auch wurde in meinem wunderbaren Ersatzelternhaus sehr viel gesungen, auch die sogenannten Lieder aus der Küche. Nur zu klassischer Musik hatte - von bekannteren Operettenmelodien abgesehen - keiner eine Beziehung und da hatte ich es nicht leicht, wenn ich klassische Musik, die als "Gejaule" empfunden wurde, hören wollte.
    Ich liebe daher auch die schönen Volkslieder - auch die anderer europäischer Nationen - und habe ein paar CDs davon in meiner Sammlung. Hinzu kam auch, dass meine Frau bis zum Zeitpunkt, zu dem wir uns kennen lernten, nichts anderes als volkstümliche Musik kannte. Sie hat - ausgenommen modernere Klassik - zwar die Liebe zur klassischen Musik gewonnen, hört aber auch heute noch vielfach volkstümliche Musik. Für das, was uns allerdings heute manchmal als volkstümliche Musik angeboten wird und vom billigen Schlager kaum mehr zu unterscheiden ist, kann ich mich nicht begeistern.
    Sicher liegt es - wie Helmut Hoffmann es schon formulierte - am nicht mehr vorhandenen Milieu, dass das Volkslied mehr und mehr verschwindet, aber auch mancher Text sagt jüngeren Leute, die in einer veränderten Umwelt leben, heutzutage nichts mehr. Wer hat in unserer lauten und hektischen Zeit, die von der Technik regiert wird, z. B. noch die Möglichkeit eine romantische Maiennacht mit Mondschein und Silberwölkchen zu erleben und wo findet man noch den Brunnen vor dem Tore mit dem alten Lindenbaum oder die Linde vor dem Vaterhaus. Ich finde es sehr schade, dass dieser Musikzweig völlig zu verschwinden scheint.


    Liebe Grüße
    Gerhard

    Regietheater ist die Menge der Inszenierungen von Leuten, die nicht Regie führen können. (Zitat Prof. Christian Lehmann)

  • Nach der Lektüre des Beitrags von Gerhard Wischniewski - der ja eine sich hier abzeichnende diskursiv-inhaltliche Linie fortsetzt - , denke ich nun:


    Die eigentliche Frage, um die es in diesem Thread geht, ist nicht mit solchen pseudo-musikwissenschaftlichen Beiträgen abgetan, wie ich sie einbringe. Sie ist auch nicht abgetan mit Hinweisen auf diese oder jene schöne Volkslied-CD oder auf hübsche und hörenswerte Kunst-Volkslieder , wie etwa die von Johannes Brahms.


    Die eigentlich hier relevante Frage ist die:


    Ist der - unbezweifelbar faktische - Untergang des Volksliedes ein wirklicher und bedauernswerter Verlust an musikalischer Kulur in unserer heutigen Welt?
    Und wenn ja: WARUM?

  • Hallo,


    da ich nun von einer Pilgerfahrt nach Rom zurückgekehrt bin, möchte ich mich mal in die Diskussion einschalten ! Als Historiker, Germanist und Ethnologe teile ich die Meinung von Helmut Hofmann nicht, daß der Untergang des Volksliedes unausweichlich ist. Die Geschichte des Volksliedes ist nur in den Generationen der Vor-Schriftlichkeit ein reines Abbild verschiedener Lebenswirklichkeiten. Mit Schriftlichkeit und kultureller Ausbildung des Einzelnen wurde es zum Ausdruck kultureller Identität. Das Volkslied lebt nur weiter, wenn es Rezeption erfährt. Bei den deutschsprachigen Kunstlied-Komponisten handelte es sich, meines Erachtens, nicht um den verzweifelten Versuch einer Rettung einer untergehenden Gattung, sondern nur um die künstlerische Veredelung eines Ausdrucks von Identität. Vor einigen Jahren waren meine Eltern einmal in Israel. Bei untergehender Sonne sang eine Gruppe israelischer Soldaten, allesamt sehr jung, ein uraltes jüdisches Lied. Sie waren so jung, daß sie bestimmt in ihrer Freizeit auch mit dem Computer spielten, oder andere zeitgemäße Dinge taten. Sie sangen ein etwa 2000 Jahre altes Volkslied, weil ihnen anerzogen wurde, daß sie sich damit ihrer Identität vergewissern können. Das Volkslied, neben den speziellen, für diese Lebenslauf-Feste geschaffenen Liedern, erklingt oft bei Geburtstagsfeiern, Taufen, Hochzeiten und Beerdigungen. Oder Volkslieder werden natürlich gesungen bei Gruppen oder Organisationen, bei denen die Selbststärkung zur identifikatorischen Abgrenzung nötig ist, beispielsweise Soldaten, wie genannt. Meines Erachtens stirbt das Volkslied nur bei Völkern, die sich aus historischen Gründen, ihrer Geschichte und Kultur schämen müssen, wie es in Deutschland der Fall ist. Niemand wird in China, Indien, südamerikanischen oder afrikanischen Staaten von einem Untergang des Volksliedes sprechen ! Wenn das Volkslied rezipiert werden darf, wird es auch immer wieder in der hohen Komposition Spuren hinterlassen. Wenn ich mich jetzt hier in die Nesseln gesetzt haben sollte, tut es mir leid, aber ich hatte den Eindruck, daß hier versucht wird, einen ethnologisch-philosophischen-politischen Themenkreis nur musikhistorisch zu fassen, was ihm nicht gerecht werden kann !


    Gruß,
    Antalwin

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  • In Gegenden, in denen das Brauchtum erhalten geblieben ist, ist auch die Volksmusik und damit das Volkslied erhalten geblieben. Nirgendwo erklingt so viel echte Volksmusik wie im Alpenraum. Dort ist auch ein Teil der Jugend noch der Tradition verpflichtet, zumindest im ländlichen Raum. Bitte den Riensenunterschied beachten zwischen echter Volksmusik und dem, was man in Fernsehen als "Volksmusik" bezeichnet. Ich muß da eine Lanze brechen für Michael Harles, der durch den Alpenraum zieht und unverdrossen wunderschöne Landschaften, Begegnungen und Musik zum Besten bringt. Seine Sendungen gehören zu meinen Lieblingssendungen, nicht nur der schönen Gegenden wegen.


    Gestern abend habe ich "Wetten daß" und auch die grauenvolle Inszenierung von "Hoffmanns Erzählungen" verschmäht und habe mich von Michael Harles von München in die Alpen führen lassen. Ich habe es nicht bereut!


    La Roche

    Ich streite für die Schönheit und den edlen Anstand des Theaters. Mit dieser Parole im Herzen leb' ich mein Leben für das Theater, und ich werde weiterleben in den Annalen seiner Geschichte!

    Zitat des Theaterdirektors La Roche aus Capriccio von Richard Strauss.

  • Zitat

    Zitat von La Roche: Gestern abend habe ich "Wetten daß" und auch die grauenvolle Inszenierung von "Hoffmanns Erzählungen" verschmäht und habe mich von Michael Harles von München in die Alpen führen lassen. Ich habe es nicht bereut!

    Lieber La Roche,


    daran hast du gutgetan. Die Aufführung war nicht nur grauenhaft, sondern geradezu pervers. Ich habe sie, weil ich Besuch hatte, aufgenommen und anschließend im Querschnitt angesehen. Mit hohem Aufwand erzeugte billige Showeffekte und vorgespiegelte Nacktheiten, die überaus absurd und geradezu peinlich waren. Aber nachdem ein Sender, der sich ZDF-Kultur schimpft, die Kultur aufgegeben hat, kommen auch von 3sat und arte nur noch Inszenierungen, die in die Mülltonne gehören. Es lohnt sich also nicht mehr, so etwas überhaupt noch einzuschalten. Schlimm, dass man unserer Jugend nur noch Seichtes oder Perverses vorsetzt und sich dann über deren Desinteresse wundert.


    Liebe Grüße
    Gerhard

    Regietheater ist die Menge der Inszenierungen von Leuten, die nicht Regie führen können. (Zitat Prof. Christian Lehmann)

  • Antalwin meint : . „Bei den deutschsprachigen Kunstlied-Komponisten handelte es sich, meines Erachtens, nicht um den verzweifelten Versuch einer Rettung einer untergehenden Gattung, sondern nur um die künstlerische Veredelung eines Ausdrucks von Identität.“

    Niemand – jedenfalls ich nicht – hat hier behauptet, es handele sich beim Kunstlied um den „verzweifelten Versuch einer Rettung einer untergehenden Gattung". Komponisten wie Brahms oder Mahler haben sich vom Volkslied inspirieren lassen. Ihre Absicht war dabei, „Kunstlieder“ zu komponieren. Dabei handelt es sich in ihrem – und auch in unseren – Verständnis um eine genuine Gattung.


    Im übrigen, - und das ist ja gerade bezeichnend! - haben sie als Quellen bereits Volkslied-Sammlungen benutzt, also gleichsam archiviertes Volksliedgut. Mahler konnte zwar - wenn ich das jetzt richtig in Erinnerung habe - noch von originalen Erfahrungen praktizierter Volksliedkultur in seiner Jugend zehren. Die Quelle für seine Lieder war aber "Des Knaben Wunderhorn". Und diese Sammlung ist bekanntlich schon ein partielles Kunstprodukt. Für Brahms und Zuccalmaglio gilt das gleiche.


    Der Vergleich mit anderen Kulturen, wie er etwa in der Bemerkung Antalwins aufklingt: „Bei untergehender Sonne sang eine Gruppe israelischer Soldaten, allesamt sehr jung, ein uraltes jüdisches Lied.“ , so führt im Falle des deutschen Volksliedes nicht weiter. Dort in Israel gibt es eben noch eine lebendige „Volkslied-Kultur". Bei uns hier in Deutschland ist das nicht der Fall. Das Volkslied wird hier nur noch museal gepflegt oder im Rahmen der Pop-Kultur missbraucht und verhunzt.


    Wenn Antalwin feststellt: „Das Volkslied lebt nur weiter, wenn es Rezeption erfährt.“
    …so ist das zutreffend. Es erfährt aber heutzutage eben keine Rezeption mehr, - jedenfalls nicht in der Breite. Bei kleinen landsmannschaftlichen Gruppen kann man es hie und da noch hören. Aber das sind eben kleine Gruppen, und es geschieht dort auch im Rahmen der Pflege der Tradition. Da ist die museale Komponente unübersehbar.


    Wirkliches musikalisches Leben sieht anders aus! Und darum ging es mir in meinen Beiträgen hier: Um das aus dem gesellschaftlichen Leben kommende und dort sich permanent regnerierende, weil musizierte Volkslied. Dass es hie und da noch zu hören ist - etwa auch im Fernsehen - ist kein wirkliches Leben. Es ist - ich wiederhole es: Museum!
    Und das heißt: Der Untergang des Volksliedes ist nicht nur unausweichlich, er hat sich längst ereignet.

  • In Gegenden, in denen das Brauchtum erhalten geblieben ist, ist auch die Volksmusik und damit das Volkslied erhalten geblieben.


    Ich verfolge diese Diskussion mit sehr viel Interesse. Seit kurzem gibt es einen Kinofilm zu diesem Thema.



    ""In dem musikalischen Roadmovie SOUND OF HEIMAT begibt sich der neuseeländische Musiker Hayden Chisholm auf die Spuren der deutschen Volksmusik - auf eine Entdeckungsreise quer durch Deutschland. Als Fremder mit unverstelltem Blick auf die deutsche Kultur und mit offenem Ohr für die Texte und Melodien moderner und traditioneller Musiker trifft er auf eine lebendige Vielfalt regionaler Bräuche und Aktivitäten. Dabei beleuchten die Regisseure Arne Birkenstock und Jan Tengeler in SOUND OF HEIMAT auch die in Deutschland so weit verbreitete ambivalente Haltung zur Volksmusik und dem eigenen Heimatverständnis: Themen, welche durch die vergangene Ideologisierung und die "Heile Welt" des Musikantenstadls vielerorts in Vergessenheit geraten sind.""


    Ich habe den Film leider noch nicht gesehen. Er steht aber fest auf meiner Liste und ich hoffe, dass ich es noch schaffe ihn im Kino zu sehen. Ansonsten setze ich auf die Videothek. Vielleicht hat von Euch jemand den Film gesehen?


    Bartolifan

  • Wenn La Roche anmerkt:
    "In Gegenden, in denen das Brauchtum erhalten geblieben ist, ist auch die Volksmusik und damit das Volkslied erhalten geblieben. Nirgendwo erklingt so viel echte Volksmusik wie im Alpenraum. Dort ist auch ein Teil der Jugend noch der Tradition verpflichtet, zumindest im ländlichen Raum."...


    ...und Bartolifan jetzt darauf Bezug nimmt, so bestätigt sich darin ja doch das, was ich in meinen obigen Beiträgen darzulegen versuchte. Das Volkslied ist an die sozialen Räume und Gruppen gebunden, aus denen es hervorgegangen ist. Solange die noch existieren, bleibt auch das Volkslied noch lebendig. Verschwinden sie, so verschwindet mit ihnen auch das Volkslied als noch praktizierte Form des Musizierens.


    Aber es ist unübersehbar: Es handelt sich hier um gleichsam inselhafte Relikte. Ländliches Brauchtum mag da und dort noch praktiziert werden. Aber das sind Überbleibsel einer Welt, die in ihrem größten Teil längst von der Globalisierung nicht nur der ökonomischen, sondern auch der sozialen Prozesse und der Mentalitäten erfasst und damit zu einem historischen Phänomen geworden ist.

  • Hallo,


    vor einigen Jahren wurden "Geräusche" aus dem Musikantenstadl oder von Hansi Hinterseer usw. noch als "volkstümliche Musik" bezeichnet, im Unterschied zur Volksmusik. Auch dies wurde aufgegeben - zugunsten einer Vermassung (zu der ich auch die sog. Weltmusik zähle) - einheitlich ansprechbare Massen sind eben leichter manipulierbar, als Volksmusikfreunde mit zumindest örtlicher Individualität.


    Wenn Bartolifan den Film gesehen hat, wäre für mich ein kurzes Resümee hier wünschenswert.


    Viele Grüße
    zweiterbass

    Wer die Musik sich erkiest, hat ein himmlisch Gut bekommen (gewonnen)... Eduard Mörike/Hugo Distler

  • Auch dies wurde aufgegeben - zugunsten einer Vermassung (zu der ich auch die sog. Weltmusik zähle) - einheitlich ansprechbare Massen sind eben leichter manipulierbar, als Volksmusikfreunde mit zumindest örtlicher Individualität.


    Nein, das kann ich nicht bestätigen. Es gibt nach wie vor eine klare Trennung zwischen Volksmusik und der modernen kommerziellen Variante "Volkstümliche Musik". Mag sein, dass das z.B. in Titeln von Fernsehsendungen unterschlagen wird, das ändert aber nichts an der Tatsache.

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • Nach der Lektüre der beiden letzten Beiträge hier meine ich:


    Es wäre einmal für eine klare Trennung, Inhaltsbestimmung und Definition zu sorgen, was die Begriffe "Volksmusik", "volkstümliche Musik" und "Volkslied" anbelangt. Unser zentraler, threadleitender Begriff hier ist, wenn ich einmal ganz formal von der Threaderöffnung ausgehe, das "Volkslied". Mich wundert ein wenig, dass der Starter dieses Threads - eine Starterin in diesem Fall - diesbezüglich nicht nur nicht für hinreichende sprachliche Klarstellung sorgte, sondern mit dem letzten Beitrag die ohnehin schon bestehende Unklarheit der Fragestellung dieses Threads noch verstärkt hat.


    Hier, in dieser Abteilung des Forums, geht es um Lieder, - "Kunstlieder" insbesondere. Wenn man das "Volkslied" hier denn schon ins Spiel bringt, was ich im Sinne der Abgrenzung beider Gattungen voneinander für sinnvoll halte - dann möge man aber doch bitte solche Produkte außen vorlassen, die sich mit Werbetexten wie diesem verkaufen wollen: "In dem musikalischen Roadmovie SOUND OF HEIMAT begibt sich der neuseeländische Musiker Hayden Chisholm auf die Spuren der deutschen Volksmusik - "


    Das führt - nach meiner Auffassung - hier nicht wirklich weiter. Es geht hier nicht um "Roadmovies" und auch nicht um "Volksmusik". Wenn dieser Thread in der Abteilung dieses Forums einen Sinn und eine Funktion haben soll , dann mit Blick auf die Wesensbestimmung des Volksliedes, seine Geschichte und die Frage seiner gegenwärtigen und künftigen Existenz als musikalische Gattung.


    Das ist eine Meinungsäußerung, - Wesen und Sinn eines solchen Threads betreffend. Sie ist als Beitrag zur Diskussion zu verstehen und möge bitte als solcher gelesen und aufgefasst werden.

  • Grundsätzlich hat Helmut Hofmann mit seiner Trennung nach Volkslied und echter Volksmusik - also nicht die "volsktümliche" - völlig recht, ich gebe nur zu bedenken:


    Z. B. ein "Zwiefacher", nachdem getanzt wird - was nicht ganz simpel ist! - wird manchesmal auch gesungen, es ist also Beides, Volkslied und Volksmusik.


    zweiterbass

    Wer die Musik sich erkiest, hat ein himmlisch Gut bekommen (gewonnen)... Eduard Mörike/Hugo Distler

  • Der Hinweis von zweiterbass hat seine gute sachliche Berechtigung.
    Mir ging es in meinem letzten Beitrag um die klare Abgrenzung der hier in die Diskussion gekommenen Begriffe. Und diesbezüglich ist festzustellen, dass das Volkslied Bestandteil der "Volksmusik" ist, - ein Begriff übrigens, der jünger ist als der Begriff "Volkskied", der auf Herder zurückgeht. Der Begriff "Volksmusik" entstand im zwanzigsten Jahrhundert und beinhaltet - als begriffliche Analogiebildung - die mit Instrumenten vom und im Volk ausgeübte Musik, die zu allen möglichen Gelegenheiten - in der Regel festlichen - praktiziert wurde.


    Der Begriff ist allerdings problematisch, denn zugrunde lag ihm die - von Herder übernommene - Vorstellung einer anonymen Urheberschaft der Musik. Das hängt zusammen mit der unklaren und teilweise ideologiebehafteten inhaltlichen Bestimmung des Begriffes Volk. Diese Annahme ist von der Musikwissenschaft widerlegt. Inzwischen kennt man von vielen Werken der sog. "Volksmusik" den Komponisten. Und um die alte Herdersche Vorstellung von der Genese der "Volksmusik" gleichsam zu retten, führte man den Begriff "volkstümliche Musik" als Nebengattung ein. Eine klare begriffliche Trennung wurde aber in der Literatur nie eingehalten.


    Ich meine aber nach wie vor, dass Gegenstand dieses Threads nicht die "Volksmusik" ist, sondern deren spezieller Bestandteil: Das "Volkslied".
    Und diesbezüglich gilt nun - um den Einwand von zweiterbass aufzugreifen - dass das Volkslied auch Bestandteil des Tanzes war. Die ältesten Tänze hier in Mitteleuropa waren die des sog. "Leichs" (von altfranzösisch "lais"). Das waren langsame Schreittänze, zu denen gesungen wurde. Im 11. Jahrhundert kommt dann aus Südwesteuropa der sog. "Kreistanz" ("carole"). Auch dabei wurde gesungen. Die feste Verbindung des Tanzes mit dem Singen vollzog sich aber in der sog, "Tanzballade" in Skandinavien. Sie lebt fort in den Tanzliedern des deutschen Minnesangs, im "Ich spring an diesem Ringe" (Lochheimer Liederbuch") und in den Kinderreigenliedern des 15. Jahrhunderts.


    Sogar in der Kirche hat das Tanzlied seinen Platz, und zwar im Tanz vor dem Altar, bei dem ebenfalls gesungen wurde, - in erster Linie Totenlieder. Im 13. und 14. Jahrhundert sangen Pilger lateinische Tanzlieder am Wallfahrtsort Montserrat. In Deutschland ist in diesem Zusammenhang die Echternacher Springprozession zu nennen (erstmals im 16. Jahrhundert erwähnt).

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