Beethoven: Die Klaviertrios

  • Hallo!


    Die Besetzung Klavier, Violine und Violoncello - kurz Klaviertrio genannt - gehört zu den beliebtesten in der Kammermusik. Auch Beethoven hat einiges für diese Besetzung komponiert, darunter auch wirklich hervorragende Werke.


    Die Idee zu diesem thread kam mir eben beim Hören dieser vorzüglichen Gesamtaufnahme:


    Ich liste nun alle eingespielten Werke auf:


    Zunächst mal sind da die drei Klaviertrios op.1, Beethovens ersten Wiener Kompositionen (1793/94):


    Klaviertrio Es-dur op.1 Nr.1
    Klaviertrio G-dur op.1 Nr. 2
    Klaviertrio c-moll op.1 Nr.3


    Die Werke sind sehr "klassisch" im Sinne von Mozart und Haydn, allesamt viersätzig. Wer eher den "dramatischen" Beethoven bevorzugt, für den sind immerhin die kühnen Ecksätze des c-moll-Trios interessant, das herausragende dieser Dreiergruppe.



    1808 komponierte Beethoven die zwei Trios op.70:


    Klaviertrio D-dur op.70 Nr.1
    Klaviertrio Es-dur op.70 Nr.2


    Sie sind in einer Zeit höchster kompositorischer Produktivität und Qualität entstanden und ein "Muß" für jeden Beethoven-Fan. Im zweiten Satz des ersten Trios verarbeitet Beethoven düstere Musik aus der nicht zustande gekommenen Oper "Macbeth", das trug dem Werk den unpassenden Beinamen "Geister-Trio" ein. Op.70 Nr.2 ist mir das liebste unter allen Beethoven-Trios.



    Nun das bekannteste, letzte, umfangreichste, beste (wie viele meinen),... der Beethoven-Trios:


    Klaviertrio B-dur op.97


    Es ist ist 1811 entstanden und Erzherzog Rudolph gewidmet.



    Dann noch das Trio B-dur op.11 (1798 ), ursprünglich für Klarinette statt Violine komponiert mit dem Beinamen "Gassenhauer", was auf den dritten Satz anspielt, in dem ein damals beliebter Opern-Schlager verarbeitet wurde.


    Wenn wir schon beim Thema sind: Auch in den Variationen für Klaviertrio G-dur op.121a bearbeitet Beethoven einen damaligen "Schlager", nämlich "Ich bin der Schneider Kakadu" von Wenzel Müller. Entgegen der hohen Opuszahl entstand das Werk 1803.



    Eigenbearbeitungen für Klaviertrio:


    Das Klaviertrio Es-dur op.38 ist eine Uminstrumentierung des Septetts op.20.


    Auch die zweite Symphonie op.36 hat Beethoven als Klaviertrio arrangiert.



    Sonstiges:
    Das Klaviertrio Es-dur WoO 38 und noch ein Triosatz Es-dur Hess 48 stammen aus der Bonner Zeit.



    Hier sollen interessante Einspielungen der Werke besprochen werden - Gesamtaufnahmen und Einzelaufnahmen.
    Außerdem ist auch das ein oder andere der Trios eine weitere Besprechung wert.
    Ich hoffe, ich kann einige anregen, hier zu posten!


    Viele Grüße,
    Pius.

  • Tolles Thema!


    Ich höre gerne Stern/Istomin/Rose (CBS-LP), das Suk-Trio (Supraphon-LP) sowie du Pré/Barenboim/Zukermann (EMI-LP) und Kempff/Fournier/Szeryng (oder war der Geiger Schneiderhan? - DG-LP, ist in einer anderen Wohnung, kann erst Ende nächster Woche nachsehen).


    Was mich am Klaviertrio generell fasziniert (also nicht nur bei Beethoven, sondern auch bei Brams, Dvorak, Schubert,...), ist die besondere Konstellation dreier Solisten, die Kammermusik machen. Streichquartette sind (meistens) feststehende Ensembles, die - oft über Jahre - an einem bestimmten Klangideal feilen. Klaviertrios bestehen dagegen (beim Beaux-Arts-Trio und modernen Formationen ist das natürlich eher wie beim Quartett) meistens aus drei Musikern, die auch unabhängig voneinander Karrieren pflegen, und dabei entsteht, wie ich meine, ein besonderer kammermusikalischer Geist: Guten Klaviertrios hört man an, wie sich Individuen aufeinander einstellen, sich inspirieren, aufeinander reagieren - sicher, bei Streichquartetten passiert das auch, aber anders, gebundener, homogener. Schon von der Struktur her (jedenfalls nach Haydns und Mozarts Trios), hat man es beim Klaviertrio mit einem "offeneren" System als beim Quartett zu tun. Die Einzelstimmen sind herausgehobener, solistischer. Davon abgesehen hat der Klang zweier Streicher und eines Klavieres natürlich eine größere Farb-Palette (und wird in diesem Punkt von Klarinettentrio und Horntrio (Brahms)) sogar noch übertroffen.


    Freundliche Grüße


    Heinz Gelking

  • Sagitt meint:


    Definitiv ein Klaviertrio ist das Frühwerk von beethoven, das mir am meisten vom Hausgott gefällt. Das Trio op. 1 Nr. 3 zeigt für mich mehr von dem Beethoven, wie er sich dann so ab op. 13 " entpuppt" als andere Werke, die noch stark unter dem Eindruck seiner großen Mit-Meister stehen.
    Ich will jetzt neben der hinreißend spielfreudigen Aufnahme von duPrè und Barenboim auf eine- ich glaube,technisch ein wenig bessere, aber durchaus ältere Aufnahme von Ashkenazy, Perlman und Harrel hinweisen. Sie haben vor Jahr und Tag alle Beethoventrios eingespielt und mich ebenfalls begeistert. Ich bin ein Freund solcher Formationen. Sie spielen natürlich nicht so regelmäßig zusammen wie beaux arts oder Fontenay, aber als Musiker sind sie doch meist von größerer Bedeutung und ich meine, das hört man auch. Ich kenne keine Klaviertrio-Aufnahme, bei ich diejenige eines solches festen ensembles als die Referenzaufnahme ansehen würde.

  • Salut,


    Beethoven befindet sich bei mir überwiegend auf Schallplatten, daher kein Cover:


    Trios op. 1 Nr. 1-3
    Trios op. 70 Nr. 1,2
    Trio op. 97 "Erzherzog"
    Trio WoO 38
    Trio WoO 39
    14 Variationen op. 44
    Variationen op. 121a "Ich bin der Schneider Kakadu"


    Wilhelm Kempff, Henryk Szering, Pierre Fournier


    Trop op. 11


    Wilhelm Kempff, Karl Leistner [Clarinette], Pierre Fournier


    Weiterhin enthalten:


    Klavierquartette WoO 36 Nr. 1-3


    Christoph Eschenbach, Mitglieder des Amadeus-Quartetts [Norbert Brainin, Peter Schidlof, Martin Lovett]


    Schönes Wochenende
    Ulli

    Die Oper muss Tränen entlocken, die Menschen schaudern machen und durch Gesang sterben lassen.
    (Vincenzo Geilomato Hundini)

  • Ich habe eine Gesamtaufnahme mit dem Seraphin-Trio. Zu meiner Schande muß ich gestehen, seit ewiger Zeit nicht mehr hineingehört zu haben (meine restliche Sammlung ist nicht gerade klein).
    Danke für diese Thread, war ein Anstoß.

    Otto Rehhagel: "Mal verliert man und mal gewinnen die anderen".
    (aus "Sprechen Sie Fußball?")

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  • hallo,


    ich habe auf cd die hier schon genannten, die bei EMI aufnahmen, finde die aufnahmen mit zukerman/du pre/barenboim frischer und kantabler.


    was das 'erzherzog'-trio b-dur angeht, so bleibt mir unvergessen in den ohren die aufnahme mit leonid kogan, m. rostropowitsch und emil gilels auf vinyl (melodiya) aus den 60er jahren. für mich unerreicht, interpretatorisch und klanglich !


    gruß, siamak

    Siamak


  • Ich liebe diese Werke alle sehr. Ein grandioses opus 1, die ersten beidne werden IMO zugunsten des c-moll unterschätzt. Es kam ja angeblich zum Streit mit Haydn, weil dieser Beethoven von der Publikation des c-moll abriet.
    Ich kann auch nicht zustimmen, dass diese Werke im Stile Mozarts und Haydns komponiert sind; sie sind IMO wesentlich deutlicher von deren Trios abgesetzt als z.B. op.18,2-4 von ihren Quartetten (nicht zu reden von op.18,5., das eine hommage an KV 464, hart an der Abkupferungsgrenze :stumm: ist). Das zeigt sich schon bei oberflächlicher Betrachtung an der Viersätzigkeit (die bei Haydn und Moazrt nie vorkommt), am Umfang und an der Rolle des Cellos, wenn man mit Haydns Trios vertraut ist. Auch die Menuette/Scherzi sind durchweg Beethovensch.
    Für diese frühen Trios habe ich unlängst eine Einspieung auf historischen Instrumenten (Castle Trio EMI/Virgin) kenngelernt, IMO sehr überzeugend (und preiswert), zupackend und jugendlich, aber dabei nicht zu ruppig (für manche vielleicht doch, ich finde das historische Cello wunderbar, etwa im langsamen Satz von #1)



    Insgesamt schätze ich aber auch die geradlinige Gesamt-Aufnahme des Trio Fontenay.


    Zitat


    1808 komponierte Beethoven die zwei Trios op.70:


    Klaviertrio D-dur op.70 Nr.1
    Klaviertrio Es-dur op.70 Nr.2


    Sie sind in einer Zeit höchster kompositorischer Produktivität und Qualität entstanden und ein "Muß" für jeden Beethoven-Fan. Im zweiten Satz des ersten Trios verarbeitet Beethoven düstere Musik aus der nicht zustande gekommenen Oper "Macbeth", das trug dem Werk den unpassenden Beinamen "Geister-Trio" ein. Op.70 Nr.2 ist mir das liebste unter allen Beethoven-Trios.


    ACK. Endlich mal jemand, der #2 (ein erstaunlich unbekanntes Stück) mag!
    Ebenso wie op. 97 eines der Schubert nächsten Stücke, die Beethoven geschrieben hat, besonders die Mittelsätze.


    Zitat


    Nun das bekannteste, letzte, umfangreichste, beste (wie viele meinen),... der Beethoven-Trios:


    Klaviertrio B-dur op.97


    Es ist ist 1811 entstanden und Erzherzog Rudolph gewidmet.


    Und ein so großartiges Stück, dass man bedauert, keine weiteren "späten Trios" zu haben. Es war wohl die letzte Gelegenheit, bei der Beethoven öffentlich auftrat und Klaviersonaten hat er ja später noch welche geschrieben, auch die Cellosonaten op.102, aber nciht mehr selbst aufgeführt, vielleicht daher kein weiteres Trio.
    Für das Erzherzogtrio sollte die historische Einspielung mit Heifetz/Rubinstein/Feuermann genannt werden. Wenn es mal lohnt, sich ans Schelllackknistern zu gewöhnen, gewiß hier:



    viele Grüße


    JR

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Klaviertrio c-moll op. 1 Nr.3


    Der erste Satz - allegro con brio - beginnt mit einigen grüblerischen Einleitungstakten, die gleich einer Frage verstummen. Dann beginnt das stürmische 1. Thema, Beethoven "ganz in seinem (c-moll-)Element". Das 2. Thema (dolce) bildet den Gegenpol.
    Ebenso bildet der zweite Satz - andante cantabile con variazioni - den Kontrast zum düsteren bis wildem c-moll der anderen Sätze. Er wirkt größtenteils friedlich und entspannend.
    Der dritte Satz - quasi allegro - ist als Menuett betitelt. Aber das ist kein althergebrachtes Menuett. Vielmehr erleben wir die Geburt des Beethovenschen Scherzo.
    Das Finale ist eine prestissimo-Raserei voll überschäumender Leidenschaft. Interessanterweise läßt Beethoven sie in Dur enden. Ein Zugeständnis ans Publikum? Denn dieses war 1795 solche Werke sicher nicht gewöhnt.


    In einem anderen thread bezeichnete ich das Werk als "Beethovens genialen Einstand in Wien". Zumindest hat er eine deutliche Marke gesetzt. Sind Publikumsreaktionen bekannt (außer von Haydn)?


    22 Jahre später arrangierte Beethoven das Werk übrigens als Streichquintett (op. 104), ein Zeichen dafür, daß es ihn auch später noch beschäftigte.


    @Johannes:


    Zitat

    Ich liebe diese Werke alle sehr. Ein grandioses opus 1, die ersten beidne werden IMO zugunsten des c-moll unterschätzt. Es kam ja angeblich zum Streit mit Haydn, weil dieser Beethoven von der Publikation des c-moll abriet.
    Ich kann auch nicht zustimmen, dass diese Werke im Stile Mozarts und Haydns komponiert sind; sie sind IMO wesentlich deutlicher von deren Trios abgesetzt als z.B. op.18,2-4 von ihren Quartetten


    Die Klaviertrios von Mozart und Haydn meinte ich gar nicht (Mozarts kannte ich damals noch kaum und Haydns immer noch nicht), sondern diverse andere progressive Kammermusikwerke. Das c-moll-Trio sehe ich durchaus im Geiste eines KV 478 oder op. 76 Nr.2.


    Viele Grüße,
    Pius.

  • An den drei Klaviertrios op. 1 dürfte Beethoven vor allem 1793, also nach seiner endgültigen Übersiedelung nach Wien, gearbeitet haben. Auf einer Soirée im Palais seines einflussreichen Gönners, des Fürsten Carl Lichnowsky, erklangen sie dann erstmals vermutlich Ende 1793. Auch Joseph Haydn, der im Januar 1794 seine zweite Reise nach England antrat, war damals zugegen. Nach einem durchaus glaubwürdigen Bericht von Beethovens Schüler Ferdinand Ries soll er seinem 38 Jahre jüngeren Komponisten-Kollegen »viel Schönes« über dessen neue werke gesagt haben. Nur von der Veröffentlichung des dritten Trios in c-Moll glaubte er ihm damals abraten zu müssen. Nie hätte er es für möglich gehalten, dass auch dieses Trio nach der Drucklegung im Verlagshaus Artaria (1795) so rasch rezipiert werden würde; heute ist es sogar das bekannteste der Werkgruppe und eines der bemerkenswertesten Stücke des frühen Beethoven.
    Gleich das Hauptthema am Anfang des Kopfsatzes räumt mit alten Gewohnheiten auf: Kein dramatischer, kein strahlender oder auftrumpfender Beginn, sondern ein fast wesenloses, geisterhaft-fahles Umherschleichen im Unisono aller drei Instrumente. Dessen ungeachtet spürt man sofort die immense Innenspannung dieser einfachen Tonfolgen, und tatsächlich bricht die Entladung kurz darauf wie ein Gewitter los. Das Seitenthema hat wesentlich milderen Charakter. Dem Violoncello ist es in der Reprise sogar vergönnt, das ursprünglich so düstere Hauptthema in eine kurz währende freundliche Kantabilität umzudeuten. Alles mündet jedoch immer wieder in das schroffe c-Moll, welches auch den Satz unversöhnlich abschliesst.
    Die fünf Variationen des langsamen Satzes über ein in einfachen Viertelnoten schreitendes Thema sind im Kontrast zum ersten Satz sehr schlicht, bescheiden und klangschön. Wieder sind einige sehr gesangvolle Soli dem Violoncello anvertraut. Die liebevolle Behandlung des letzteren unterscheidet Beethovens Jugendwerk einmal mehr und zwar fundamental von den gleichzeitig entstandenen Trios des älteren Haydn. Dort ist dem tiefen Saiteninstrument nur das Mitbrummen der Basshand des Klaviers gestattet.
    Der noch "Menuett" genannte dritte Satz hat ausser dem gemässigten Dreivierteltakt nichts mehr mit dem höfischen Tanz gemein. Immer wieder werden die leise-tastenden einfachen Tonfolgen von grotesken Fortissimoschlägen oder von gnomenhaften Arpeggien unterbrochen. Nur das eingebettete Trio ist freundlicherer Natur; dafür sorgt einmal mehr die volksliedhafte Cellothematik.
    Mit voller c-Moll-Wucht bricht das Finale über uns herein. Zwar sind den leiseren und sehnsüchtig-aufsteigenden Seitengedanken hier mehr Raum gegeben, als im ersten Satz, doch können sie sich hier wie dort nicht gegen das elementare Geschehen durchsetzen. Gegen Ende, wenn man schon eines allerletzten und alles zerstörenden virtuosen Ausbruches gewärtig ist, verrieselt das Geschehen vollkommen unerwartet in nervösem spukhaftem C-Dur-Pianissimo. Man glaubt der fahlen Schlussnote nicht und wartet auf Auflösung der aufgestauten Spannung; doch die findet nicht mehr statt. Wie eine dunkle Wolke scheint die Stimmung noch lange im Raum zu schweben.

    Grüße aus Eisenach
    Alexander

  • Hallo Freunde,


    habe gerade 2 Stunden Kammermusik hinter mir. Darunter das Erzherzog-Trio und das Geistertrio. Beides extrem seltene Decca-LP's mit dem Trio di Trieste. Ich meine ja, den drei Italienern kann kein anderes Trio das Wasser reichen. (Menahem Pressler, den ich persönlich kenne, würde jetzt laut werden....)


    Im übrigen teile ich die Meinung über die Kogan-Aufnahme nicht. Ich habe sie gestern gehört und war eigentlich eher enttäuscht. Trotz Spitzenbesetzung fällt das Trio ein wenig auseinander. Als großer Kogan-Fan muss ich das leider so feststellen, vielleicht liegt das geringe Hörvergnügen ja auch an der Platte.


    Aber beim Trio di Trieste hänge ich (trotz erheblicher Störgeräusche auf der sehr alten Platte) regelrecht an den Lautsprechern.


    Hört Euch das mal auf der Gesamteinspielung (DGG) auf CD an, nachdem ja hier nicht so viele Platten-Hörer zu sein scheinen.


    Und übrigens: Absolut zu m Niederknien sind auch die beiden Mozart-Trios KV 502 und 542; auch da finde ich die Italiener mit Abstand am Besten. Wobei ich pianistisch auch Andre Previn unglaublich mozartianisch und feinfühlig finde, aber seine Ex-Frau an der Geige (Mutter) macht an Previns Seite leider keine sehr gute Figur (musikalisch natürlich!)


    Viele Grüße


    Stephan

    ...jeder Tag ohne klassische Musik ist ein verlorener Tag! (Der große Charly Chaplin möge mir die Abwandlung seines berühmten Spruches verzeihen...)

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  • Zitat

    Original von Pius


    Die Klaviertrios von Mozart und Haydn meinte ich gar nicht (Mozarts kannte ich damals noch kaum und Haydns immer noch nicht), sondern diverse andere progressive Kammermusikwerke. Das c-moll-Trio sehe ich durchaus im Geiste eines KV 478 oder op. 76 Nr.2.


    Haydns op. 76 wurde erst nach Beethovens op. 1 komponiert (1796/97)! Selbstverständlich enstanden diese Werke jedoch nicht im luftleeren Raum. Aber seinen Einstand mit einer ziemlich deutlichen Erweiterung einer Gatttung zu geben, rein äußerlich durch die Viersätzigkeit, den Umfang der Sätze, der Rolle des Cello, aber auch vom inneren "Gewicht", ist schon ein starkes Stück. Bei den Quartetten op.18, der 1. Sinfonie, aber auch den Violinsonaten op.12 war Beethoven wesentlich vorsichtiger. Nur in den frühen Klaviersonaten finden sich ansatzweise ähnliche Erweiterungen von Form und Gattung.
    Ich muß gestehen, dass ich das c-moll-Streichtrio aus op.9 kaum kenne. Aber verglichen mit dem Quartett op.18,4 oder der Sonate op.10,1 finde ich dieses frühere Stück insgesamt wesentlich überzeugender. Und wie gesagt, auch die ersten beiden Trios sind sehr gelungene Werke.


    viele Grüße


    JR

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    (Bob Dylan)


  • Hm? Die meisten moll-Werke enden in der Hochklassik in Dur. Es gibt nur wenige Ausnahmen von Werken, die vollständig [also im Haupt- und Finalsatz] in moll beginnen und enden. Also nichts Ungewöhnliches und auch kaum in der Hinsicht interessantes. Gegenbeispiele sind Mozarts KV 421, 466, 478, 516 oder Haydns Sinfonie #95 [nicht mal der erste Satz hält das moll durch]. In die Nähe von Haydns op. 76 II würde ich Beethovens c-moll-Trio keinesfalls stellen: Wo ist das Hexenmenuett??? Das soll keine Abwertung sein, aber Beethovens Trios sind einfach etwas völlig anderes, als Haydns Quartette. Weitaus interessanter ist da Haydns op. 76 Nr. 1, das G-Dur Quartett, bei dem der Finalsatz in g-moll beginnt. :yes:


    Auch würde ich nicht wagen zu behaupten, Beethoven habe das Scherzo erfunden oder gar erstmals in op. 1 Nr. 3 angewandt: Bei Haydn finden sich mindestens zeitgleich jede Menge Menuette, die im Tempo Presto gespielt werden sollen und viel mehr einem Scherzo in dem Sinne als eigene Satzform entsprechen, als ein Menuett.


    Johannes wies ja bereits darauf hin, dass Haydns op. 76 nach Beethovens op. 1, also um 1796/97 entstand.


    Die Haydnschen Klaviertrios solltest Du Dir aber bald vorknöpfen, damit Dein Bochherini endlich verschwindet :wacky:


    Die Trios vom Beethoven werde ich morgen, wenn es die Zeit erlaubt, mal durchhören.


    :hello:


    Ulli

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  • Ich höre gerade das "Erzherzog" Trio zum ersten mal und beim zweiten Satz kommt mir eine Stelle, die immer wieder kehrt, unheimlich bekannt vor.
    Ich glaube diese Stelle verwendet Schubert irgendwo, nur fällt mir jetzt nicht ein wo, habe mir schon einiges von Schubert angehört wo ich glaube dort könnte sie sein und werde mich auch noch weiter durchhören. (Vielleicht irgendwo bei den Werken für Violine und Klavier?)
    Vielleicht kann mir jemand von euch die Lösung verraten.


    mit Grüßen
    Christoph

  • Zitat

    Original von Hayate
    Ich höre gerade das "Erzherzog" Trio zum ersten mal und beim zweiten Satz kommt mir eine Stelle, die immer wieder kehrt, unheimlich bekannt vor.
    Ich glaube diese Stelle verwendet Schubert irgendwo, nur fällt mir jetzt nicht ein wo, habe mir schon einiges von Schubert angehört wo ich glaube dort könnte sie sein und werde mich auch noch weiter durchhören. (Vielleicht irgendwo bei den Werken für Violine und Klavier?)
    Vielleicht kann mir jemand von euch die Lösung verraten.


    Ich weiß zwar nicht genau, welche Stelle Du meinst (den kraftvollen "AufschwungR in den "Trio"-Abschnitten?), aber hast Du schonmal die beiden Trios von Schubert überprüft?
    Das Trio Es-Dur, op.70 und das Erzherzog-Trio op. 97 gehören zu den Werken, in denen Beethoven so stark nach Schubert klingt wie sonst selten (weiteres Bsp. wäre der 2. Satz der Sonate op.90). Auf die Mittelsätze des Es-Dur trifft das meinem Eindruck nach noch stärker zu. Schon interessant, denn der späte Beethoven ist m.E. wieder gänzlich "unschubertisch"


    Der langsame Satz aus op.97 ist einer der schönstens überhaupt von Beethoven. :jubel: :jubel: :jubel:


    BTW glaube ich eher nicht, dass Schubert irgendwo bewußt zitiert. Genaugenommen ist ja eine Ähnlichkeit bei zeitlich und kulturell so nahestehenden Komponisten.


    Kerman vergleicht in seinem Buch zu den Streichquartetten die Anfänge der ersten beiden Sätze von op.97 mit denen aus op.59,1. Sie sind thematisch-melodisch-gestisch in der Tat nicht unähnlich, wirken dennoch völlig anders. Kerman nimmt das als hörbare Verdeutlichung des in vieler Hinsicht ungewöhnlichen, sperrigen Charakters von op.59.
    (Das hat jetzt nix mit Schubert zu tun, aber ich fand es sehr interessant, zumal mir diese Ähnlichkeit vorher nie aufgefallen war.)


    viele Grüße


    JR

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  • Zitat

    Original von Johannes Roehl


    BTW glaube ich eher nicht, dass Schubert irgendwo bewußt zitiert. Genaugenommen ist ja eine Ähnlichkeit bei zeitlich und kulturell so nahestehenden Komponisten.

    ´


    Doch, es ist ganz sicher ein Zitat, das höre ich ganz eindeutig.
    Ich werde noch herausfinden wo Schubert die Stelle verwendet hat, vielleicht in einer Klaviersonate.
    Ach, sowas ist ärgerlich, die musikalische Idee im Kopf zu haben aber nicht zu wissen wo man es einordnen soll.

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  • Zitat

    Original von Hayate

    ´


    Doch, es ist ganz sicher ein Zitat, das höre ich ganz eindeutig.
    Ich werde noch herausfinden wo Schubert die Stelle verwendet hat, vielleicht in einer Klaviersonate.


    Kannst Du vielleicht mal möglichst genau sagen, welche Passage du meinst (z.B. min:sec einer Einspielung (aber Gesamtlänge des Satzes auch angeben)?
    Wie schon sehr häufig gesagt, bin ich persönlich extrem skeptisch bei angeblichen Zitaten. Es gibt Floskeln oder Motive, die einfach zur gemeinsamen musikalischen Sprache gehören. Aber es kann natürlich sein, Schubert muß das Trio auf jeden Fall gekannt haben.


    viele Grüße


    JR

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  • Nein, bestimmt keine Floskel, das ist sicher ein größeres Zitat.


    Beethoven Klaviertrio "Erzherzog" 2.Satz


    Ab 1:52 beginnt die Stelle und geht bis 2:22, dieses langsame, ruhige, als ob sich etwas bedrohliches aufbaut.
    Ich tippe mal auf eine Violinsonate oder eine Klaviersonate, aber irgendwo verwendet Schubert diese Stelle, ich hab sie doch (ein klein wenig verändert) im Kopf.

  • Auf Tamino-Empfehlung habe ich mir die CD schicken lassen.


    Mit dem Erzherzog-Trio stehe ich eigentlich als dem eizigen Werk meines Lieblingskomponisten auf Kriegsfuß. Bis auf den Anfang und das Ende des 3. Satzes gefallen mir die Themen nicht, erscheinen mir banal zu sein.
    (ein Grund, Mahler nicht zu mögen, keine CD zu besitzen und die unumgängliche Anwesenheit im Konzert wegen des Abos hinzunehmen ohne Lust).


    Auch die fantastische, vor allem klangliche Interpretation dieses Ensembles kann diesen Eindruck bei mir höchstens mildern, aber richtig gefällt mir das Klaviertrio immer noch nicht.
    Vor allem ist es die Klavierlastigkeit, wobei der Klavierpart - vermutlich auf den Widmungsträger und sein Spielfähigkeit abgestellt - nicht raffiniert genug gesetzt ist, Beethoven kann das ganz anders!
    Es ist schon beeindruckend, welche Unterschiede allein durch geschickte Auswahl der Aufnahmeräume - und technik entstehen können.


    Wenn Op. 97, dann mit diesem Ensemble.


    Op. 70, wunderschön.
    Es ist aber so, daß man sich nach dem klanglichen Eindruck des 1. Satzes denkt, der 2. wird nun ganz besonders gespenstisch sein. Aber, das hat man offensichtlich nicht gewollt, sondern hier klingt der 2. Satz offen, eher freundlich. Das Wort von "Geister-Trio" würde mit dieser Auffassung nicht entstanden sein.


    Die schönste Einspielung, die von diesen Werken habe.


    Lieben Gruß aus Bonn :hello:

    Was Du nicht willst, das man Dir tu, das füg auch keinem andern zu

  • Bin seit Jahren glücklich mit der Gesamteinspielung durch Isaac Stern (Vl), Leonard Rose (Vc) und Eugene Istomin (Kl): klare Durchdringung, intellektuell und hochemotional, einfühlsam, differenziert - möchte diese Interpretationen wärmstens empfehlen!


    Kennt ein Forianer diese Aufnahmen? Mit welchen Eindrücken...?

  • Lieber Gurnemanz,


    natürlich ist auf diesen Aufnahmen ein hochkarätiges Musizieren zu vernehmen, vor allem dasjenige des Herrn Isaac Sterns.... und daneben gibt es da noch.....wer eigentlich...... ach ja ein gewisser Istomin, und..... äh, da ist ja noch ein gewisser Rose: M.a.W. ich empfinde die Aufnahmen bei diesem Trio meistens sehr geigenlastig. Geschmackssache.


    Mit liebem Gruss
    Walter

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  • Lieber Walter,


    danke für den Hinweis; werde der "Geigenlastigkeit" beim nächsten Hören gern mal nachgehen - ich empfinde es nämlich anders - und das nicht nur im Beethoven-Spiel der Drei: Auch bei Mendelssohn, Schubert und Brahms.


    Hier verstehen wir uns also nicht. Nun gut.
    Mit liebem Gruß zurück

  • Lieber Gurnemanz,
    ich muss präzisieren: Es ist nicht etwa so, dass die Geige lauter ist als die anderen Instrumente: Ich fühle einfach eine interpretatorische Dominanz von Stern. Das muss nicht schlecht sein, nur bin ich persönlich kein Stern-Fan.
    Ich gönne Dir die Stern-Stunden, Grüessli aus Bern von Walter

  • Zitat

    Original von Johannes Roehl
    Für diese frühen Trios habe ich unlängst eine Einspielung auf historischen Instrumenten (Castle Trio EMI/Virgin) kenngelernt, IMO sehr überzeugend (und preiswert), zupackend und jugendlich, aber dabei nicht zu ruppig (für manche vielleicht doch, ich finde das historische Cello wunderbar, etwa im langsamen Satz von #1)




    Das Castle Trio (Lambert Orkis, Fortepiano; Marilyn McDonald, Violine; Kenneth Slowik, Violoncello) hat insgesamt 4 CDs mit Trios von Beethoven gemacht, die aber alle vergriffen sind, die von Dir aufgeführte CD ist eine Wiederveröffentlichung:


    Virgin VC 7 91126-2 (1990) op. 1 Nr. 1 & 3; Variationen op. 44
    Virgin VC 7 91442-2 (1991) op. 97; 10 Variationen op. 121a; WoO 39
    Virgin VC 5 59220-2 (1992) op. 11; op. 1 Nr. 2; WoO 38
    Smithsonian ND 036 (1989) op. 70 Nr. 1 & 2


    Mir gefällt das Spiel der drei ausgezeichnet, so gut, dass ich bisher auf die Anschaffung einer weiteren Aufnahme verzichtet habe. Und da ich sowieso den Klang von historischen Klavieren und Darmsaiten bevorzuge ...


    Ansonsten scheinen in HIP nur Jos van Immerseel, Vera Beeths und Anner Bylsma zwei Trios von Beethoven für SONY/Vivarte aufgenommen zu haben.

  • Andreas Staier hat aktuell auch zwei Trios von Beethoven und eines von Hummel auf Harmonia Mundi France veröffentlicht - ich bin gespannt.



    Habe heute abend die drei Virgin CDs des Castle Trios gehört - da gibt es nicht zu meckern, außer man hat nichts übrig für ein historisch korrektes Klangbild.
    Es gibt außer der oben abgebildeten Doppel-CD noch eine zweite bei Virgin, die den Rest von den drei Vrigin Veritas Original-CDs enthält und die eine CD mit einem Schubert Trio, daß die Castles für Veritas aufgenommen hatten - auch empfehlenswert. Der beherzte Zugriff der drei ohne das aufdringliche Dauervibrato der Streicher lässt die Musik ungeheuer frisch erscheinen.


  • Ich glaube, sie sind hier noch nciht genannt worden, haben mich aber total begeistert:


    Jacqueline du Pré, Pinkas Zukerman, Daniel Barenboim


    mit Beethovens Klaviertrio op1


    Ein solch intensives, sensibles und stellenweise wirklich zärtliches Zusammenspiel habe ich bisher kaum gehört und war enchantée! :jubel:
    Ich glaube, die Cd ist bei Emi erschienen.

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  • Liebe Fairy Queen


    hier das Cover dazu:



    Liebe Grüße Peter


  • Stern/Istomin/Rose waren lange meine prägende (und einzige) Einspielung, die ich sehr mochte. Zukerman/du Pre/Barenboim habe ich mal mit großem Gefallen gehört, besitze ich aber leider nur auf Kassette, und die höre ich nur noch selten.


    Dagegen diese CD mit Ashkenazy/Perlman/Harrell, welche die Stücke mit einer Eleganz angehen, die sie derzeit zu meinen Favoriten macht:



    Für sie alle gilt das schon in anderem Zusammenhang Gesagte: nicht HIP aber hip oder auch: mindestens drei mal drei gute Gründe, die Trios immer wieder mal zu hören.


    :hello: Rideamus


  • Lieber Peter, hallo zusammen,


    ist auf dieser Sammlung dieselbe Aufnehmwe veröffentlicht?


    Jacqueline du Pre - The Complete EMI Recordings





    LG, Elisabeth

  • Eine Mitbewohnerin meines Hauses vertraute mir heute morgen ohne Auftrag an, daß Beethoven für mich ungeeignet und in höchstem Maße gesundheitsschädlich sei. Nunja, ich liebe nun einmal tabak-, nikotin-, blausäure- sowie zimthaltige Dinge und Holzkohlegegrilles... und Beethoven.


    To hear before you die:



    [SIZE=7][Allergikerhinweis: Diese CD kann Spuren von Beethoven enthalten][/SIZE]


    Ludwig van Beethoven [1770-1827]
    Klaviertrio Nr. 3 c-moll op. 1 Nr. 3
    Klaviertrio Nr. 5 D-Dur op. 70 Nr. 1


    Johann Nepomuk Hummel [1778-1837]
    Klaviertrio Nr. 4 G-Dur op. 65


    Andreas Staier, Fortepiano
    Daniel Sepec, Violine
    Jean-Guihen Queyras, Violoncello


    Zur Beruhigung: Beethoven ist nicht nur krebs-, sondern mindestens auch fisch- und skorpionerregend.


    Was Staier, Sepec und Queyras hier servieren ist schlichtweg geister... ähem... meisterhaft! Und schmeckt einfach fabelhaft!


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    Einfach atemberaubend - Einsaugen wie eine Zigarette :D


    Ulli

    Die Oper muss Tränen entlocken, die Menschen schaudern machen und durch Gesang sterben lassen.
    (Vincenzo Geilomato Hundini)

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