Es gibt zwar eine Art Einstiegsthread zu Janácek, der war mir für meinen Lieblingskomponisten allerdings zu wenig (und auch seine Werke sind nur sehr sporadisch als Threads vertreten), deshalb setzte ich ihm hiermit ein Zeichen in diesem Forum, denn ich persönlich (ich hoffe rehingold verzeiht mir, dass ich seinen Satz borge, den er auf Verdi bezogen hat), halte Janácek für den größten Musikdaramtiker der Oper. Weil er immer menschlich ist.
Leos Janácek
[timg]http://www.operaarts.com/image…eos-janacek.jpg;l;250;299[/timg]Leos Janácek verbrachte fast sein gesamtes Leben in der mährischen Hauptstadt Brünn. Zu Ruhm und Ehren kam er sehr spät - noch als 60-Jähriger war er außerhalb von Brünn nahezu unbekannt. Erst zwei legendäre Aufführungen seiner Oper "Jenufa", 1916 in Prag und 1918 in Wien, brachten den Durchbruch zum Welterfolg. Beflügelt von diesen Triumphen, erreichte Janácek im letzten Lebensjahrzehnt den Gipfel seines kompositorischen Schaffens und schrieb in den Altersjahren seine bedeutendsten Werke.
Neben Puccini und Richard Strauss ist Janácek der meistgespielte Opernkomponist des vergangenen Jahrhunderts.
Janácek wird am 3. Juli 1854 geboren, in Hukvaldy (Hochwald), Nordostmähren.
Er absolviert sein Studium in Brünn in Tschechischer Sprache und Literatur. 1874 besteht er seine Reifeprüfung an der k.u.k. Lehrerbildungsanstalt, wird Hilfslehrer und erlangt Aufnahme in die Orgelschule von Prag. In den folgenden Jahren besteht er die Staatsprüfung in Prag für Chorgesang, Klavier- und Orgelspiel und die für Violine, die ihn letztlich zum Musiklehrer an der Lehrerbildungsanstalt befähigen, außerdem wird er zum Chormeister des Philharmonischen Vereins Beseda in Brünn gewählt .
Im Juli 1881 heiratet er die um 11 Jahre jüngere Zdenka Schulz und wird zum Direktor der Orgelschule in Brünn (bis 1919). Er gründet die erste Brünner Zeitschrift für Musik und Theaterkunst "Hudební listy" (Musikalische Blätter).
Seine erste Oper "Šárka" schreibt er 1887 und beginnt im Sommer 1888 in der Lachei und in der Walachei Volkslieder zu sammeln. Diese Beschäftigung mit der mährischen Musikfolklore inspiriert ihn nicht nur zu dem Werk "Lachische Tänze", sondern stellt auch das Fundament für seine Sprechmelodiemotive, der Sprache abgelauschte, melodische Wendungen, Intervalle etc. dar, die alle seine späteren Opern prägen wird und auch in den Instrumentalwerken ihren Widerhall findet.
Im November desselben Jahres beginnt er mit der Arbeit an der vierten Oper "Schicksal" [Osud]. Am 1. Januar 1904 findet die Uraufführung der Oper "Její pastorkyňa" [Jenůfa] in Brünn statt und Janácek wird als Musiklehrer der Lehrerbildungsanstalt in den Ruhestand versetzt. Es folgt eine längere Periode der musikalischen Orientierungslosigkeit in der der Komponist nach anderen Wegen in seiner Musik suchte. Im Mai 1916 gibt es eine erste Aufführung der Oper "Její pastorkyňa" (Jenufa) am Prager Nationaltheater.
Im darauf folgendem Jahr begegnet Janácek Kamila Stösslová, die 37 Jahre jünger ist. Es gibt Biografen, die diese Begegnung und die platonische Liebe des Komponisten zu der jungen Frau als so etwas wie einen Wendepunkt in seinem Leben und Schaffen betrachten, die Frauenfiguren seiner späteren Opern sollen gar Personifikationen von Kamila sein.
Er beendet die Opern-"Bilogie" "Die Ausflüge des Herrn Broucek auf den Mond und ins XV. Jahrhundert" [Výlety pana Broučka do měsice a do XV. Století] und das Klavierwerk "Tagebuch eines Verschollenen" [Zápisník zmizelého]. Auch begrüßt Janácek, welcher stets ein politischer Mensch war, die Gründung der Tschechoslowakei am 28. Oktober 1918.
Ab diesem Zeitpunkt beginnt eine äußerst produktive Phase in Janáceks Schaffen, die man als ununterbrochen beschreiben kann, weil die Arbeit an einem Werk in das nächste übergeht. So entstehen ab November 1918 bis 1928 seine Opern der "Katja Kabanova" [Kaťa Kabanová], "Das schlaue Füchslein" [Příhody lišky Bystroušky],"Die Sache Makropulos" [Věc Makropulos]und "Aus einem Totenhaus" [Z mrtvého domu] , als auch das Streichquartett auf Anregung von L.N.Tolstojs 'Kreutzersonate'" und "Intime Briefe" [Listy důvěrné] , sowie die "Sinfonietta" für grosses Orchester und die "Glagolitische Messe" [Mša glagolskaja] für Soli, gemischten Chor, Orchester und Orgel.
Im Jahr 1927 wird er zum Mitglied der Preussischen Kunstakademie in Berlin ernannt. Sein letztes Werk ist das Klavierstück "Erinnerung" [Vzpomínka].
Leos Janácek stirbt am 12. August 1928 in einem Sanatorium in Ostrava an einer Herzlähmung nach Lungenentzündung.
Janácek leistete nicht nur für die Fortführung der tschechischen Musik nach Smetana und Dvorak Großes, sondern für die Musikgeschichte, und vor allem die Oper einige der größten Beiträge des 20. Jahrhunderts.
Zu seiner Sprachmelodiemetheode sagte Janácek einmal selbst in einem Interview :
ZitatWissen Sie, es war sonderbar, wenn mir jemand etwas sagte, verstand ich seine Worte vielleicht nicht recht, aber der Tonfall! Ich wusste gleich, was in ihm steckt : ich wusste, was er fühlt, ob er lügt, ob er erregt ist, und wenn er dann mit mir sprach – es war ein konventionelles Gespräch -, fühlte ich, hörte ich, dass er im Inneren vielleicht heimlich weinte. Die Töne, der Tonfall der menschlichen Rede, überhaupt jedes lebenden Geschöpfes, besaßen für mich die tiefste Wahrheit. Und sehen Sie : das war mir eine Lebensnotwendigkeit!
Dieser abgelauschten tiefsten Wahrheit kann man in Janáceks Werken begegnen und wenn man sie erst einmal vernommen hat, gibt es kein zurück mehr.