Zum Tod des Geigers Ruggiero Ricci


  • Ruggiero Ricci (* 24. Juli 1918 in San Bruno, Kalifornien; † 5. August 2012 in Palm Springs, Kalifornien) war ein amerikanischer Violinist, Sohn italienischer Einwanderer. Er war ein Wunderkind. Als Fünfjähriger erhielt er ersten Unterricht.
    Als Zehnjähriger trat er in San Francisco zum ersten Mal öffentlich auf. Ein Jahr später debütierte er mit dem Violinkonzert von Felix Mendelssohn Bartholdy in der New Yorker Carnegie Hall.


    Er wurde 94 Jahre alt.


    R. I. P.

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)

  • Den Beitrag von Harald Kral zum Tod von RUGGIERO RICCI habe ich erst jetzt gelesen und bin eigentlich etwas erstaunt, daß dieser Hinweis auf einen großen Geiger ohne jegliche Antwort blieb! Man könnte vielleicht daraus schließen, daß in unserem Forum Geiger nicht einen ähnlichen Stellenwert genießen wie z. B. Sänger, Dirigenten oder Pianisten. Es könnte aber auch daran liegen, daß man RICCI zwar als weltberühmten Interpreten der Werke PAGANINIS kennt und sieht, daß aber dessen virtuose Violinkompositionen nicht jedermanns Geschmack sind.


    Vielleicht könnte sich in einem solchen Fall diese Einstellung auch ändern, wenn man sich einmal unvoreingenommen RUGGIERO RICCIS Einspielung von PAGANINIS 1. und 2. Violinkonzert mit dem LONDON SYMPHONY ORCHESTRA unter ANTHONY COLLINS anhört, in der RICCI PAGANINIS einstiger Hexenkunst auf der Geige wohl unter allen anderen Geigern am nächsten kommt, sieht man einmal von ähnlich gelungenen Einspielungen des 1. Violinkonzerts durch den jungen und genialen VICTOR TRETJAKOW ab, der dieses Konzert ähnlich sensationell mit dem SINFONIORCHESTER DER MOSKAUER STAATLICHEN PHILHARONIE unter NESME JARWI seinerzeit bei Melodia-eurodisc einspielte, und der ebenfalls imponierenden Einspielung des 2. Violinkonzerts durch SALVATORE ACCARDO mit dem LONDON PHILHARMONIC ORCHESTRA unter CHARLES DUTOIT bei der DGG.


    RICCI spielt beide Konzerte nicht süßlich und elegant, wie man dies oft von anderen großen Geigern hört, sondern hart und obstinat, und er agiert und verblüfft dabei mit allen denkbaren technischen Raffinessen.


    RUGGIERO RICCI galt als ähnliches Wunderkind wie MENUHIN, er wurde in den USA, und dann auch in Europa, als solches frenetisch gefeiert, und man sagt, daß er mit seinen Auftritten mehr Geld verdiente als der amerikanische Präsident. FRITZ KREISLER war von RICCI derart begeistert, daß er sich sogar zu der Äußerung hinreißen ließ, daß RUGGIERO RICCI "der größte musikalische Genius seit MOZART" sei!!


    Leider kennt man diesen großen Geiger in Europa wohl überwiegend als genialen PAGANINI-Interpreten. Tatsächlich beschäftigte sich RUGGIERO RICCI von Anbeginn sehr intensiv mit diesem Komponisten, der ihn derart faszinierte, daß er alle Versuche unternahm, dessen übermenschlicher Geigenvirtuosität auf die Spur zu kommen. So äußerte RICCI auch, daß er in seinem Leben von PAGANINI weitaus mehr gelernt habe als von all seinen Lehrern, und so spielte er als Experiment bei der DGG auch 15 verschiedene Stücke PAGANINIS auf 15 verschiedenen Geigen ein, um zum Ausdruck zu bringen, welche Klangfarben dessen Musik zuläßt.


    Aber RICCI war eben nicht der geigerische Draufgänger, der Virtuosität über alles stellte, wie er oft verkannt gesehen wird, sondern er verfügte abgesehen von seiner schier unfehlbaren Grifftechnik über ein großes Stilgefühl und eine höchst vielfältige Ausdruckspalette, die es ihm auch erlaubte, ganz anders geartete und konzipierte Musik beeindruckend differenziert zu interpretieren. So ist wenig bekannt, daß er z. B. in Solokonzerten häufiger BACH als PAGANINI spielte, daß seine Einspielung von TSCHAIKOWSKYs Vionlinkonzert op. 35 und DVORAKs Violinkonzert op. 53 mit dem LONDON SYMPHONY ORCHESTRA unter SIR MALCOLM SARGENT bei der Decca mit hervorragenden Kritiken bedacht wurde, daß er mit FRIEDRICH GULDA die BEEHTOVEN-Sonaten aufnahm, daß er auch häufig modernere Werke spielte und aufnahm, wie z. B. HINDEMITH's Sonaten für Violine solo op. 31/1 + op. 31/2, daß er die PROKOFJEW-Sonate op. 115 für Violine solo in NEW York urauführte, ebenso wie 1963 das ihm gewidmete Violinkonzert von ALBERTO GINASTERAd, und vieles andere mehr.


    Wenn auch etwas verspätet, so möchte ich doch anläßlich des Todes von RUGGIERO RICCI am 05. August 2012, hiermit zu einer kleinen Würdigung dieses großen Geigers beigetragen haben.


    Viele Grüße


    wok



  • Lieber wok,


    dass Ricci mit Gulda die Beethoven-Sonaten einspielte, habe ich nicht gewußt, würde mich aber sehr interessieren. Ich weiß lediglich, dass Gulda diese Sonaten mit Pierre Fournier aufgenommen hat - diese Aufnahme gehört zu meinen absoluten Favorits.


    Fragt man Paganini-Exegeten, wie viele Capricci das op.1 für Violine solo enthält, bekommt man schnell zur Antwort: 24 Capricci. Als ich vor Jahrzehnten einer Doppel-LP ansichtig wurde, natürlich mit Ruggiero Ricci, war mein Kaufwunsch schnell in die Tat umgesetzt. Und da war dann mein Erstaunen groß, da es sich um 25 Stücke handelte, und diese Nr.25 (ebenfalls firmierend unter op.1) eine Duo-Sonate für Violine solo (eigentlich ein Unding!) ist. Man lernt halt nie aus ...


    Von den zahreichen "seriösen" Einspielungen Riccis abweichend, möchte ich allen Freunden der Violine, und besonders der zauberhaften Piècen Fritz Kreislers, besonders Riccis Aufnahmen mit Brooks Smith und später dann mit Bernhard Kontarsky am Klavier ans Herz legen. Grandios!

    Arrestati, sei bello! - (Verweile, Augenblick, du bist so schön!)

  • Zitat

    Milletre: dass Ricci mit Gulda die Beethoven-Sonaten einspielte, habe ich nicht gewußt, würde mich aber sehr interessieren. Ich weiß lediglich, dass Gulda diese Sonaten mit Pierre Fournier aufgenommen hat - diese Aufnahme gehört zu meinen absoluten Favorits.

    Hallo Milletre,


    RUGGIERO RICCI hat definitiv die BEETHOVEN-Violinsonaten mit FRIEDRICH GULDA aufgenommen. Das bestätigt übrigens auch JOACHIM HARTNACK in seinem Buch "Große Geiger unserer Zeit", wo er auf Seit 259 u. a. schreibt feststellt: "RICCI will auch als BEETHOVEN-Spieler ernst genommen werden. Das Maß der Berechtigung dieses Anspruchs läßt sich an seinen mit FRIEDRICH GULDA aufgenommenen Sonaten ablesen" und weiter: "Daß RICCI der bedeutendste BEETHOVEN-Interpret unserer Tage auf der Violine ist, wird er selbst nicht annehmen. Seine BEETHOVEN-Interpretation ist von einer sehr schönen Gefühlsintensität, der es zwar an der dramatischen Expreesssion gebricht, deren lyrisch-kantabler Gehalt aber voll ausgespielt wird..."


    Ich versuchte schon seit langem, die Aufnahme in den verschiedenen Katalogen oder Kaufangeboten zu finden, doch ist diese offenbar schon seit geraumer Zeit nicht mehr auf dem Markt. Sollte ich diese doch noch irgendwo entdecken, so würde ich Dich informieren.


    Zitat

    Milletre: Fragt man Paganini-Exegeten, wie viele Capricci das op.1 für Violine solo enthält, bekommt man schnell zur Antwort: 24 Capricci. Als ich vor Jahrzehnten einer Doppel-LP ansichtig wurde, natürlich mit Ruggiero Ricci,
    war mein Kaufwunsch schnell in die Tat umgesetzt. Und da war dann mein
    Erstaunen groß, da es sich um 25 Stücke handelte, und diese Nr.25
    (ebenfalls firmierend unter op.1) eine Duo-Sonate für Violine solo
    (eigentlich ein Unding!) ist. Man lernt halt nie aus ...

    Ich kenne das op. 1 auch nur mit 24 Capricen, und von einer "Duo-Sonate für Violine solo" habe ich noch nie gehört!



    Zitat

    Milletre: Von den zahreichen "seriösen" Einspielungen Riccis abweichend, möchte ich allen Freunden der Violine, und besonders der zauberhaften Piècen Fritz Kreislers, besonders Riccis Aufnahmen mit Brooks Smith und später dann mit Bernhard Kontarsky am Klavier ans Herz legen. Grandios!

    Ja, die Piecen von FRITZ KREISLER für Violine und Klavier sind köstlich, dabei hoch-virtuos, und einmal eine schöne Abwechslung! Obwohl gerade KREISLER RUGGIERO RICCI als den Genius in den Himmel lobte, und dieser somit ja eigentlich für die Interpretation dessen Kompositionen prädestiniert sein müßte, gebe ich persönlich unter den bisherigen Einspielungen der Piecen für Violine und Klavier am Ende vielleicht doch den Zuschlag der Aufnahme durch HENRYK SZERYING und seinem kongenialen Pianisten CHARLES REINER, da die Stücke des Wiener Komponisten vielleicht doch nach etwas mehr Geschmeidigkeit verlangen als diese die sehr direkte Spielweise RICCIs hergibt. Aber wir vergleichen da Einspielungen auf sehr hohem Niveau, wo dann am Ende nur noch der persönliche Geschmack den Ausschlag geben kann.



    Viele Grüße


    wok


  • heute hätte er seinen 95. Geburtstag feiern können:


    Ruggiero Ricci (* 24. Juli 1918 in San Bruno, Kalifornien; † 6. August 2012) war ein amerikanischer Violinist.


    LG

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)

  • Banner Trailer Gelbe Rose
  • Zwei Violinsonaten mit Ricci und Gulda (opp.30/2 und 96) befinden sich in dieser Box, die als CD-Box inzwischen aber ziemlich teuer ist. Downloads sind ebenfalls erhältlich:



    eine günstigere vermutlich von LP überspielte? Version der beiden Sonaten gibt es hier:


    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Das ist schon in Ordnung-

    Todesanzeigen als Threadtitel für einenlängeren Zeitraum halte ich sowiese für ungeeignet....

    Tamino würde sich auf diese Weise zu einem stets wachsenden Nekrolog entwickeln....

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !