Das 20. Jahrhundert war vom musikalischen her ein sehr vielfältiges, u. a. auch deswegen, weil über drei Viertel seiner Dauer zwei Gesellschaftssysteme nicht nur militärisch und wirtschaftlich, sondern eben auch in Sachen Kunst miteinander konkurrierten. Eines dieser beiden Gesellschaftssysteme, nämlich das sozialistische, hat sich gerne gefeiert und dazu auch nach Musik verlangt, die ihm prompt geliefert wurde.
Diesbezüglich kommen mir nun folgende Fragen in den Sinn:
- Kann solche Musik gut sein?
- Muss der WK II bei dieser
Betrachtung als singuläres Ereignis angesehen werden, oder als
systemimmanentes? - Gibt es derartige Musik auch im
Westen? Bei der Beantwortung dieser Frage kann auf Grund ihres
Vorbildcharakters für die russische Revolution durchaus auf die
französische zurückgegriffen werden. - Was bietet diesbezüglich der
Plattenmarkt? Soll, bzw. darf er das auch bieten?
Als Beispiel für solche Musik möchte ich Prokofiews Kantate zum 20. Jahrestag der Oktoberrevolution anführen, ein Werk, das neben hervorragender Musik auch vertonte Originaltexte von Lenin und Stalin beinhaltet.
1936 in Auftrag gegeben wurde das Werkvon Prokofiew termingerecht fertiggestellt aber erst 1966 in stark gekürzter Form uraufgeführt, die Stalin-Passagen wurden im Zuge der Entstalinisierung ersatzlos gestrichen. 1992 wurde es schließlich in London unter N. Järvi ungekürzt der Öffentlichkeit dargeboten. Die Besetzung dieses Werkes ist phantastisch: Doppelter Chor, übergroßes Sinfonieorchester, ein Akkordeonorchester, eine Saxophongruppe und eine weitere Perkussionsgruppe, der auch Kanonen, Sturmglocken und eine Sirene zugeordnet sind. Und vom musikalischen Gehalt her ist es fast ausschließlich Prokfiew at his best.
Viele Grüße
John Doe