Rettungslos verdorben für die Oper

  • Die Bemerkung eines Taminos (sinngemäß), wenn man in der Wiener Oper auch nur das Telefonbuch heruntersingt, wäre dort das Publikum begeistert ...


    Im Grunde hat er ja recht, denn meine faszinierendsten und prägendsten Opernerlebnisse hatte ich mit ausserordentlichen Sängern, die anderswo, hatte man Glück, einer Galavorstellung Glanz und Begeisterung verliehen, bei uns jedoch alltägliches Reperetoire waren. Ich weiß noch genau, wenn beispielsweise in einem Bühneneck der Bastianini stand und im anderen der Bergonzi oder Prevedi oder Corelli, war mir und dem Großteil des Publikums das restliche Bühnengeschehen so etwas wie wurst, denn wir genossen ungemein diese herrlichen Stimmen, das wunderbare Orchester und waren glücklich, wenn wir aus der suggestiven Klangrede dieser in Töne verzauberten Meisterwerke unsere entsprechenden Seelenzustände imaginieren konnten.


    Natürlich waren wir glücklich, wenn die Bühne wunderbar und werkkonform gestaltet war, die Kostüme sich harmonisch in die Opernhandlung einfügten und somit das Ganze eine stimmige, ausdrucksstarke Wirkung entfachte.


    Ich möchte nicht verhehlen, daß ich - wie auch viele andere - sehr oft "zum Gobbi oder Bastianini", "zum Siepi" oder "zur Tebaldi oder Freni" oder "zum Pippo (di Stefano)" oder wem auch immer ging und oft Aufführungen ausließ, weil "nur" zweite Wahl auf der Bühne stand, die heute fast jeder ersten Garnitur zur Ehre gereichen würde, ja, und natürlich waren wir da, wenn bedeutende Dirigenten ihre Sicht der Partitur realisierten.


    Diese Sänger waren exzeptionelle Künstler, die es verstanden, die subtilsten Seelenregungen, die dem Werk immanent waren, teils durch ihre stimmliche Farbskala, andernteils auch durch leidenschaftliche Rollengestaltung auszudrücken, so daß wir die jeweiligen Regisseure eher als nützliche Hilfskräfte sahen, die für einen harmonisch-stimmigen Ablauf des Abends zu sorgen hatten.


    Wie wir alle wissen, hat sich diese Gewichtung massiv in eine andere Richtung verschoben, so daß diese Regisseure heute eigentlich die Hauptdarsteller sind, und wenn man dann auch noch gute Sänger zur Verfügung hat, hatte man wenigstens in dieser Hinsicht noch Glück gehabt.


    So gesehen muß ich sagen, dass ich für die heutige Aufführungspraxis rettungslos verdorben bin und nur noch Hofmannsthal/Strauss zitieren kann: Ich habe nichts mit dieser Welt gemein!

    Arrestati, sei bello! - (Verweile, Augenblick, du bist so schön!)

  • So gesehen muß ich sagen, dass ich für die heutige Aufführungspraxis rettungslos verdorben bin und nur noch Hofmannsthal/Strauss zitieren kann: Ich habe nichts mit dieser Welt gemein!


    Lieber Milletre - diese Art von "Verdorbenheit" würde ich gern teilen und beneide dich aufrichtig darum. Wahrscheinlich aber nicht nur ich. :hello:

    "Tatsachen sind die wilden Bestien im intellektuellen Gelände." (Oliver Wendell Holmes, 1809-94)

  • Zitat

    Diese Sänger waren exzeptionelle Künstler, die es verstanden, die subtilsten Seelenregungen, die dem Werk immanent waren, teils durch ihre stimmliche Farbskala, andernteils auch durch leidenschaftliche Rollengestaltung auszudrücken, so daß wir die jeweiligen Regisseure eher als nützliche Hilfskräfte sahen, die für einen harmonisch-stimmigen Ablauf des Abends zu sorgen hatten.


    Mein lieber Fritz!


    Auch ich teile Deine Auffassung voll und ganz!




    Herzlichst


    Wolfgang

    W.S.

  • Ich weiß noch genau, wenn beispielsweise in einem Bühneneck der Bastianini stand und im anderen der Bergonzi oder Prevedi oder Corelli, war mir und dem Großteil des Publikums das restliche Bühnengeschehen so etwas wie wurst, denn wir genossen ungemein diese herrlichen Stimmen


    Um diese Erlebnisse beneide ich dich wahrlich, milletre.

    "Die Glücklichen sind neugierig."
    (Friedrich Nietzsche)

  • Um unseren Freund Milletre zu ergänzen, kann ich nur aus meiner Erfahrung (?) erzählen:


    Z.B. im "Don Giovanni", wo ich persönlich Siepi immer Nicolia G. vorzog, nur weil er eleganter wirkte, sagte ich einmal zu meinen Freunde: "Wenn im Giovanni nicht der Wunderlich singt, tue ich mir das gar nicht mehr an". - Jugendlicher Hochmut, für den ich heute Büsse!


    Es ist oft vorgekommen, dass ich oft bewusst auf einem Platz mit schlechter Sicht war, nur um mich besser auf die Stimmen konzentrieren zu können.


    Und wenn man in der "Boheme" eine Reihe der damaligen Tenor - Stars hören und sehen konnte.


    Manchmal fühle ich mich - aber nicht wegen meines Alters - wie die Gräfin in der Pique Dame.

  • Tja, auch ich gehöre leider - Gott sei Dank - Eurer Generation an. Wenn man das Glück hatte Sängerdarsteller wie Siepi, Christoff, Windgassen, Nilsson, Varnay, Mödl, etc., etc. live zu erleben, hat man halt echt Mühe, den "Hype" zu verstehen, der um die heutigen Stars von Vogt bis Kaufmann, von Voigt bis Dalaiman gemacht wird, nachzuempfinden. Und wenn einem die Oper dann nach durch Regisseure von Neuenfels bis Marthaler verdorben wird, kann man wirklich nur mit Milletres Hoffman-Zitat übereinstimmen.

  • Zitat von Milletre

    "Ich möchte nicht verhehlen, daß ich - wie auch viele andere - sehr oft "zum Gobbi oder Bastianini", "zum Siepi" oder "zur Tebaldi oder Freni" oder "zum Pippo (di Stefano)" oder wem auch immer ging und oft Aufführungen ausließ, weil "nur" zweite Wahl auf der Bühne stand, die heute fast jeder ersten Garnitur zur Ehre gereichen würde, ja, und natürlich waren wir da, wenn bedeutende Dirigenten ihre Sicht der Partitur realisierten."


    Ach, Milletre, das ist so lange her. Meinst Du wirklich, das interessiert noch? Ist es nicht ein bisschen wie erzähltes Mittagessen? Ich habe gerade einen sehr lange Abend mit einem Freund hinter mir, der Lorenz und die Callas, die Flagstad und wie sie noch alle hießen auf der Bühne gesehen hat. Ich höre die Berichte gern, aber sie bringen mich selbst nicht einen Zentimeter weiter. Und sie sind kein Zugewinn an Erkenntnis. Es ist, als ob mir jemand aus einem sehr fernen Land, unnahbar meinen Schritten, eine Postkarte schreibt. Mehr nicht.


    Rheingold

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • Eigentlich sollte man Deine Gehässigkeiten einfach ignorieren ...

    Ach, Milletre, das ist so lange her. Meinst Du wirklich, das interessiert noch? Ist es nicht ein bisschen wie erzähltes Mittagessen? Ich habe gerade einen sehr lange Abend mit einem Freund hinter mir, der Lorenz und die Callas, die Flagstad und wie sie noch alle hießen auf der Bühne gesehen hat. Ich höre die Berichte gern, aber sie bringen mich selbst nicht einen Zentimeter weiter. Und sie sind kein Zugewinn an Erkenntnis. Es ist, als ob mir jemand aus einem sehr fernen Land, unnahbar meinen Schritten, eine Postkarte schreibt. Mehr nicht.


    Rheingold


    Ach, Rheingold,


    wieder einmal hast Du mich bewußt mißverstanden. Es ging mir, und das müßte Dir klar sein, hättest Du mich richtig gelesen, darum, deutlich zu machen, woran es liegt, daß ich mit der heutigen Opernpraxis so meine Probleme habe - und ich bin bei Gott nicht der einzige! Dein unfreundlicher Bericht ist jedenfalls kein Zugewinn an Erkenntnis! (Ob Mieselsucht heilbar ist?)


    Dein Beispiel mit dem erzählten Mittagessen kann ich schon wegen seiner Absurdität nicht kommentieren.

    Arrestati, sei bello! - (Verweile, Augenblick, du bist so schön!)

  • Mein lieber Rheingold,


    irgendwie fühle ich mich da mitangesprochen, deshalb eine kurze Replik auch von mir. Es ist doch schön, dass du auch solche Erinnerungen hast. Hat dich vielleicht die Zeit so verändert, dass du es nicht mehr so genießen kannst? Es gibt Dinge, die sind inzwischen unsterblich geworden, die verlieren auch nicht durch die Zeit.


    Wer freut sich nicht über eine Postkarte aus dem Land, wo die Zitronen blühen? Aus dem Land, unnahbar meinen Schritten? Ich jedenfalls freue mich darüber. Und bei erzählten Mittagessen kann einem schon das Wasser im Mund zusammenlaufen, zumindest wenn man noch nicht ganz vertrocknet ist.


    Aber wir sind hier nicht in einem zweiten Akt - sondern in einem Forum, wo über diese Dinge, die uns am Herzen liegen, geredet und nicht abgeurteilt wird. Und das "Heraufholen der goldenen Zeit" ist in meinen Augen keine verlorene Liebesmüh. Glaub' mir, es gibt noch Leute die das nicht nur um Zentimeter weiterbringt.


    Und es gäbe noch mehr !!!

  • Hallo Rheingold1876,


    eigentlich würde ich gerne mit Dir (und für Dich) in die Bresche springen, ich tue es nicht


    - weil manche als sachlich und inhaltsreich behaupteten Beiträge der anderen Fraktion sich als leere, inhaltslose Floskeln, als Allgemeinplätze erweisen


    - die Tatsachenverdrehungen, falsche Behauptungen, die Verweigerung der Akzeptanz gewisser Fakten groteske Züge angenommen hat


    - ich auf die Beiträge von Wolfram und...im anderen Thread verweise.


    Mein jetziges Tun macht mich traurig.


    Viele Grüße
    zweiterbass

    Wer die Musik sich erkiest, hat ein himmlisch Gut bekommen (gewonnen)... Eduard Mörike/Hugo Distler

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  • Hallo, zweiterbass,


    wie darf man Deine Replik verstehen? Meinst Du meinen Eingangsbericht oder generell jede Wortmeldung von Opernfreunden, die Du als bestimmte "Fraktion" ausgemacht hast?

    Arrestati, sei bello! - (Verweile, Augenblick, du bist so schön!)

  • So gesehen muß ich sagen, dass ich für die heutige Aufführungspraxis rettungslos verdorben bin und nur noch Hofmannsthal/Strauss zitieren kann: Ich habe nichts mit dieser Welt gemein!

    Genau so sehe ich das auch. War seit Jahren nicht mehr in der Oper, meine letzten Besuche in Berlin (Komische Oper) haben mir den Rest gegeben.
    Es gibt ja große Fernseher und hervorragende Opern auf DVD. Da weiß man vorher, was man kauft. Die letzten 3 Aufnahmen - Don Giovanni, Fidelio, Don Carlos (DVD) aus der Deutschen Oper Berlin sind Beweis genug.


    LG, Bernward


    "Nicht weinen, dass es vorüber ist
    sondern lächeln, dass es gewesen ist"


    Waldemar Kmentt (1929-2015)


  • Zitat

    manche als sachlich und inhaltsreich behaupteten Beiträge der anderen Fraktion sich als leere, inhaltslose Floskeln, als Allgemeinplätze erweisen

    Zitat

    die Tatsachenverdrehungen, falsche Behauptungen, die Verweigerung der Akzeptanz gewisser Fakten groteske Züge angenommen hat

    Zitat

    ich auf die Beiträge von Wolfram und...im anderen Thread verweise.


    Ja, du hast ja so recht!! Was ihr uns häufig zu entgegnen habt, sind wirklich leere und inhaltlose Floskeln, Verdrehungen und falsche Behauptungen, Verweigerung der Akzeptanz unserer Meinungen und nehmen häufig groteske Züge an. Man hat den Eindruck, als ob manche ständig hinter dem Computer sitzen und lauern, das etwas kommt, das sie schnell zitieren und dem sie sofort mit geschwollenen Worten widersprechen können und dass sie wieder (z.T. mit persönlichen Angriffen) provozieren können und damit umfangreiche, aber substanzlose Beiträge produzieren. und sich dann wundern, wenn mit gleicher Münze zurückgeschlagen wird.


    Gerhard

    Regietheater ist die Menge der Inszenierungen von Leuten, die nicht Regie führen können. (Zitat Prof. Christian Lehmann)


  • Ja, du hast ja so recht!! Was ihr uns häufig zu entgegnen habt, sind wirklich leere und inhaltlose Floskeln, Verdrehungen und falsche Behauptungen, Verweigerung der Akzeptanz unserer Meinungen und nehmen häufig groteske Züge an. Man hat den Eindruck, als ob manche ständig hinter dem Computer sitzen und lauern, das etwas kommt, das sie schnell zitieren und dem sie sofort mit geschwollenen Worten widersprechen können und dass sie wieder (z.T. mit persönlichen Angriffen)* provozieren können und damit umfangreiche, aber substanzlose Beiträge produzieren, und sich dann wundern, wenn mit gleicher Münze zurückgeschlagen wird.


    Gerhard


    Für diesen Beitrag, lieber Gerhard, bin ich Dir besonders dankbar, trifft er doch die Sache exakt auf dem Punkt.


    * von mir gefettet.

    Arrestati, sei bello! - (Verweile, Augenblick, du bist so schön!)

  • Lange glaubte ich, Tamino hätte die Zeit der Intrigen und Beleidigungen ausgestanden, nachdem die seinerzeit verantwortlichen und z.T. hochdekorierten Oberratten das sinkende Schiff verlassen mußten. Nun bin ich heute leider eines besseren belehrt worden.


    Eine neue Brut scheint nachgewachsen, um fortan rechtschaffene Beitragsschreiber zu diffamieren und zu beleidigen. Das empört mich und ich bin entsetzt! Warum das? Musik sollte doch darüber erhaben sein. Ich appelliere: "Herr, schmeiß Hirn ra" !


    Lieber Gerhard, auch ich danke dir für deine treffenden Ausführungen.


    Lieber Milletre, glaub mir: Auch dieser Spuk ist bald vorüber.

    Freundliche Grüße Siegfried

  • Auch ich habe in diversen Beiträgen zur Diskussion über traditionell vs. modern meine Meinung kundgetan, die eher im Mittelfeld liegt, ein Feld, das in diesem Forum deutlich einsam zu sein scheint(!), aber ich weise es ausdrücklich von mir dabei jemals hohl daher geredet zu haben (man beachte diese Ausdrucksweise, die ich hier nur von anderen aufnehme) oder irgendjemanden persönlich beleidigt zu haben (das hat mir konkret auch keiner vorgeworfen, das weiß ich! will es aber trotzdem einmal angesprochen haben.)


    Und wenn ich dann sowas lesen muss :


    Eine neue Brut scheint nachgewachsen, um fortan rechtschaffene Beitragsschreiber zu diffamieren und zu beleidigen.


    Na, da vergeht mir ja alles, bei dieser Formulierung! Es gibt in diesem Forum also auch Unrechtschaffene Schreiber :no:

    "Die Glücklichen sind neugierig."
    (Friedrich Nietzsche)

  • wieder einmal hast Du mich bewußt mißverstanden. Es ging mir, und das müßte Dir klar sein, hättest Du mich richtig gelesen, darum, deutlich zu machen, woran es liegt, daß ich mit der heutigen Opernpraxis so meine Probleme habe - und ich bin bei Gott nicht der einzige! Dein unfreundlicher Bericht ist jedenfalls kein Zugewinn an Erkenntnis! (Ob Mieselsucht heilbar ist?)


    Lieber Milletre!


    Wirklich fair finde ich die Attacke gegen Rheingold nicht!
    Er hat gefragt (sic!), was es denn bringt wenn jemand berichtet, dass es mal eine Zeit in Wien gegeben hat, in der großartige Sänger so oft sangen, dass man noch nicht mal in jede ihrer Aufführungen ging!


    Dir ging es wohl nicht darum, in den Erinnerungen zu schwelgen sondern darum zu erklären, dass Du wegen des Überflusses an großen Sängern, den Du einst genossen hast und an dem Du Dich noch nicht einmal bis zur Neige hast laben können, so verwöhnt wurdest, dass Du in der Oper heute nicht mehr findest, was Dir wichtig war und ist.
    Gut! - das ist eine persönliche Aussage! Inzwischen haben einige andere Taminos erkärt, dass es ihnen ähnlich geht.


    Aber warum soll ein Vertreter der jüngeren Generation denn nicht kritisch fragen, wem solche Mitteilungen eigentlich nützen?


    Ich gehöre vermutlich eher in Deine Generation als in Rheingolds, aber ich denke, dass wir nicht gut beraten sind, von besseren Tagen zu schwärmen und damit absichtsvoll und vor allem ganz pauschal zu diskreditieren, was jemanden, der an der Oper Gefallen gefunden hat, heute hören und erleben kann.
    Ich bin selber gelegentlich auch versucht, die 50er und 60er Jahre in den drei Opernhäusern Berlins zu glorifizieren (Wiener haben natürlich noch mehr Talent, ihre großen Zeiten zu glorifizieren als Preussen), aber ich bemühe mich, das doch möglichst zu unterdrücken.
    Meine Erfahrungen und Erinnerungen sind mir viel wert. Für andere werden sie nur interessant, wenn ich mich nicht darauf beschränke, ganz manichäisch eine Goldene Zeit gegen die finstere Gegenwart auszuspielen.


    Wir haben doch in vielen Threads die Möglichkeit, etwas von dem mitzuteilen, was wir gehört haben, und von dem, was uns gut erschien: wenn gefragt wird, wer denn der ideale Manrico war oder wer der beste Hans Sachs, welche Brünnhilde oder welche Fiordiligi ihrer Partie am besten gerecht wurde, dann können wir berichten, wie dieser oder jener Sänger damals gesungen und gestaltet hat.
    Mir fällt immer wieder auf, dass gerade viele der jüngeren Opernfreunde grosse Lust daran haben zu entdecken, was für eine wunderbare Sängerin die Grümmer war und was ein Lorenz zu bieten hatte - um mal nur zwei Beispiele zu geben.
    Gerade weil wir Alten ein grosses Reservoir an Vergleichsmöglichkeiten haben (ich habe beispielsweise in den fast 60 Jahren, in denen ich in die Oper gehe, 44 verschiedene Riccardos, 41 verschiedene Isolden und immerhin noch 22 verschiedene Boris-Interpreten gehört), können wir mithelfen, dass Massstäbe und Standards nicht nivelliert werden.
    So sollten wir in den Diskussionen über Oper, Sänger und Gesangskunst etwas bewahren, was in dem Opernbetrieb unserer Tage verloren gehen könnte, weil Marktgesetze und Marketing dominant geworden sind und Regiedeutungen mehr zugetraut wird als den Gesangs-Künstlern: die Wertschätzung der singenden Menschen auf der Opernbühne. Das wird uns aber nur gelingen, wenn wir auch genau beschreiben und analysieren, war wir gehört haben, und sorgfältig argumentieren, warum das große Leistungen waren.


    Ich hoffe, dass Du diesen Beitrag von mir nicht als Attacke sondern als Ermutigung vestehst! Ich habe mir die Mühe gemacht, ihn zu schreiben, obwohl ich eigentlich gar keine Zeit habe. Aber mir war denn eben doch die Sache zu wichtig! Und wichtig ist mir auch, dass einer wie Rheingold, dessen Beiträge immer wieder Engagement und Sachkenntnis beweisen, nicht vegrault wird!


    Beste Grüße


    Caruso41

    ;) - ;) - ;)


    Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten!

  • Ja, du hast ja so recht!! Was ihr uns häufig zu entgegnen habt, sind wirklich leere und inhaltlose Floskeln, Verdrehungen und falsche Behauptungen, Verweigerung der Akzeptanz unserer Meinungen und nehmen häufig groteske Züge an.


    Mein lieber Gerhard,


    ich denke, zwischen uns gibt es tatsächlich nicht mehr so viel zu sagen.


    Deine oben zitierten Äußerungen fasse ich (einmal mehr) als Decouvrierung der inhaltlichen Leere Deiner Argumente auf. Ich will gar nicht mal auf die Grammatik des zitierten Satzes eingehen.


    Würde ich Dich bitten, auch nur eine einzige Deiner dort aufgestellten Behauptungen am Beispiel zu belegen, so würde das für Dich wohl ähnlich blamabel sein wie in anderen Situationen, in denen ich um Belege für die aufgestellten Behauptungen gebeten hatte.


    Wenn Du "Verweigerung der Akzeptanz unserer Meinungen" einforderst, so wird die ganze Unschärfe Deiner Schreibe offenbar. Dass einige hier Deine Meinungen nicht akzeptieren werden, ist ja vermutlich klar geworden.


    Gemeint hast Du eventuell: "Verweigerung, zu akzeptieren, dass wir anderer Meinung sind" - das ist ja etwas anderes, und ich bin sicher, der Unterschied wird Dir bei etwas Nachdenken auch einleuchten. Natürlich akzeptiere ich, dass Ihr anderer Meinung seid - warum auch nicht. Nur Eure Argumentation konnte ich bisher nicht akzeptieren. Die war nämlich meistens so unscharf wie der von Dir zitierte Satz.


    Im Übrigen fühle ich mich von Dir immer noch als Regietheaterbefürworter in die Ecke gestellt. Als solcher sehe ich mich überhaupt nicht. Es gibt gute und schlechte konventionelle und gute und schlechte Regietheaterinszenierungen. Wenn aber jemand Regietheater pauschal diffamiert, wie ich dies hier häufig lesen musste, dann fühle ich mich durchaus angestachelt, mal in den aufgeblasenen Ballon zu pieken und nachzusehen, wie stark die Gegner zeitgenössischer Inszenierungen denn intellektuell-argumentativ aufgestellt sind. Ich gebe es zu: Vor allem mit der Absicht, diese Gegner zum geistigen Offenbarungseid zu provozieren - und Du kommst dem ja dankenswerterweise nach.


    Dass Dir angesichts des überprüfbaren Unterschiedes in der argumentativen Präzision nur der Breitwand-Rundumschlag bleibt, ist ja verständlich. Es würde Dir allerdings besser zu Gesicht stehen, eine defensivere Sprache zu verwenden.


    :hello:

  • Danke, Caruso, für Deinen ausgleichend gemeinten Beitrag. Weißt Du, vor allem der Ton, der ja die Musik macht, irritiert mich bei dem einen oder anderen. Meinungsunterschiede, die selbstverständlich vorkommen, sollte man doch auf gleicher Augenhöhe und nicht persönlich untergriffig austragen.


    Eine Bemerkung möge mir noch gestattet sein, auch wenn ich sie schon einige Male formuliert habe: Ich habe nichts gegen moderne, zeitgemäße Regie, doch blick' ich umher in diesem edlen Kreise, sehe ich vor allem häßliche Bühnenbilder und Kostüme, völliges Ignorieren von Zeit und Ort der Handlung und die Bühne vollgemüllt mit unsäglichen Kitschutensilien.


    Weiters bedaure ich die völlige Entpersönlichung der Solisten, deren Part bis zum letzten Augenaufschlag durchchoreographiert ist, so unter dem Motto: Euch tumbe (Nur-)Sänger muß ein gesalbter und gebenedeiter Oberguru zu willfährigen Marionetten degradieren, was noch dazu den fatalen Nachteil hat, dass vermöge eines gedrillten Ensembles die Möglichkeit, auch andere Sänger und deren Rollenauffassung erleben zu können, verunmöglicht wird. Dadurch werden die Stücke zur Monokultur, noch dazu, wenn, wie es heute üblich ist, eine Produktion in mehrere Opernhäuser herumgereicht wird.

    Arrestati, sei bello! - (Verweile, Augenblick, du bist so schön!)

  • Lieber Milletre,


    Deine Zeilen habe mein vollstes Verständnis, und immer wieder muß ich betonen, daß mir die Erinnerung an großartige Sänger und Aufführungen unendlich viel bedeuten. Erinnerung ist nun einmal das Vorrecht des fortschreitenden Alters - aber auch der Verinnerlichung besonderer Erlebnisse (nicht nur musikalischer Art und auch bei der Jugend).


    Leider war mir - wohnhaft in der DDR-Provinz - der Zutritt zu den großen Sändern nicht so leicht möglich wie es den Wienern gegeben ist, deshalb kommt in mir sogar etwas Neid auf. Sänger wie Siepi, Corelli, Freni oder Bastianinni kenne ich nur von der Konserve, aber sie zu hören oder eine DVD zu erleben bereitet mir jetzt noch höchstes Vergnügen. Und daß die Wiener jubeln würden, wenn einer das Telefonbuch schön singt, daß ist einfach Dummheit. Die Wiener haben doch dem Domingo oder dem Pavarotti nicht über eine Stunde zugejubelt, nur weil er beim "Y" besonders dramatisch war. Sicher standen immer tolle Aufführungen dahinter. Diese Erinnerungen kann auch kein Wolfram oder Rheingold1876 zerstören. Laßt uns einfach unsere Erinnerungen, weil sie uns Kraft geben.


    Meine Schwiegermutter war in Dresden vor und nach dem Krieg viel in der Oper, auch sie hat geschwärmt von der Cebotari, der Teschemacher, dem Pattiera und vor Allem von Kurt Böhme. 1945 total ausgebombt, ist in Ihrer Erinnerung immer geblieben, wie Kurt Böhme im Winter 1945/46 in einem unbeheizten Dorfsaal ein Konzert gab. Eintritt: ein paar Kohlen, damit der Saal warm wird. Aber die Kraft, die die Musik gegeben hat, als alles ringsum zerstört war, die hat geholfen, das Erlebte für einen Moment zu verdrängen. Diese Kraft hat den Mut zum Weiterleben gegeben .


    Herzlichst La Roche

    Ich streite für die Schönheit und den edlen Anstand des Theaters. Mit dieser Parole im Herzen leb' ich mein Leben für das Theater, und ich werde weiterleben in den Annalen seiner Geschichte!

    Zitat des Theaterdirektors La Roche aus Capriccio von Richard Strauss.

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  • Mein lieber La Roche,


    Dein seelenvoller Bericht löst geradezu Rührung aus in mir, vor allem, da ich gestern abend (von 20 Uhr bis 0 Uhr 30) auf einem Wiener Regionalsender (Radio Stephansdom) mit großer Empathie die "Götterdämmerung" unter Kempe aus 1957 erleben konnte. Und da sang neben einem großartigen Windgassen und einer sagenhaften Nilsson Kurt Böhme einen grandiosen Hagen, den man getrost Frick oder Greindl zur Seite stellen kann!

    Arrestati, sei bello! - (Verweile, Augenblick, du bist so schön!)

  • Diese Erinnerungen kann auch kein Wolfram oder Rheingold1876 zerstören.


    Lieber La Roche,


    keiner will Eure Erinnerungen zerstören oder ihnen den Wert absprechen.


    Aber könnte es sein, dass einige gerne etliche neue Inszenierungen zerstören würden und diesen den Wert absprechen wollen?


    :hello:

  • Liebe Freunde,


    diese Thema ließ sich so gut an. Auch den Beitrag von Rheingold kann ich durchaus noch als sachlich ansehen, denn er hat dort seine Befindlichkeit geäußert und, so wie ich ihn aus seinen Beiträgen einschätze, wollte er damit keinesfalls gegen die Befindlichkeit Milletres stänkern, sondern nur ausdrücken, wie er es empfindet, den Sängern aus älteren Zeiten nachzutrauern, und damit Milletres Ansicht ohne persönlichen Angriff in Frage stellen, was durchaus legitim ist. Doch dann glitt es wieder ab, indem einer, der immer wieder in seinen Beträgen Höflichkeit einfordert, anfing zu stänkern und persönliche Beleidigungen aussprach, und der zweite aus der "Fraktion" musste ja - wie nicht anders erwartet - folgen. Das, wogegen sie sich aussprechen, praktizieren sie ja in hohem Maße selbst und wundern sich dann, wenn der Ball zurückkommt. Es gab nach meiner Ansicht keinen Anlass, sich in die Meinungsverschiedenheit zwischen Rheingold und Milletre mit einem Angriff gegen unsere "Fraktion" einzumischen und auch in diesem Thema wieder den Ungeist hereinzubringen, den sie in anderen Themen erzeugen. Und ich glaube auch nicht, das Rheingold, so wie ich ihn einschätze, dieses "Beistands" bedurft hätte, eher, dass er diese Form ablehnt. Ich habe eher den Eindruck, hier geht es um Stänkern und des Stänkerns willen. Und anscheinend sah zumindest der erste bissige Schreiber hier eine gute Gelegenheit dazu.
    Glücklicherweise sind die Leser dieser Beiträge in der Lage, diese Einlassungen richtig zu beurteilen.


    Liebe Grüße
    Gerhard

    Regietheater ist die Menge der Inszenierungen von Leuten, die nicht Regie führen können. (Zitat Prof. Christian Lehmann)

  • Ich weiß noch genau, wenn beispielsweise in einem Bühneneck der Bastianini stand und im anderen der Bergonzi oder Prevedi oder Corelli, war mir und dem Großteil des Publikums das restliche Bühnengeschehen so etwas wie wurst, denn wir genossen ungemein diese herrlichen Stimmen, das wunderbare Orchester und waren glücklich, wenn wir aus der suggestiven Klangrede dieser in Töne verzauberten Meisterwerke unsere entsprechenden Seelenzustände imaginieren konnten.


    Diese Sänger waren exzeptionelle Künstler, die es verstanden, die subtilsten Seelenregungen, die dem Werk immanent waren, teils durch ihre stimmliche Farbskala, andernteils auch durch leidenschaftliche Rollengestaltung auszudrücken,


    In diesen beiden Punkten möchte ich Milletre zustimmen.


    Zwar durfte ich die genannten Sängerinnen und Sänger qua später Geburt nicht live erleben. Zwar ist die Anzahl meiner Mitschnitte aus der Wiener Staatsoper gering (wenn ich es richtig übersehe, habe ich nur einen Macbeth unter Karl Böhm auf Deutsch aus Mai/Juni 1943 mit Mathieu Ahlersmeyer, Herbert Alsen, Elisabeth Höngen, Else Boettcher, Josef Witt, Willi Franter - alle Stimmenfans werden die Aufnahme ohnehin kennen; auf der Wunschliste steht der Fidelio vom 1955 unter Böhm, die Wiedereröffnungsvorstellung der Staatsoper).


    Doch die Mitschnitte, die ich aus anderen Opernhäusern aus längst vergangenen Zeiten habe, sind so eindrücklich, dass ich sagen muss: Das gibt es heute so nicht mehr. Was hat die Generation, die uns und unsere Eltern erzogen hat, nur falsch gemacht?


    Hoch in Ehren halte ich beispielsweise folgende Live-Mitschnitte:


    Mozart, Nozze di Figaro, Met 1. März 1952, Reiner, Siepi, de los Angeles u. a.
    Mozart, Don Giovanni, Met 7. März 1942, Bruno Walter, Pinza, Bampton, Kipnis, Novotna, Kullman, Sayao
    Mozart, Don Giovanni, Salzburg 11. August 1957, Mitropoulos, Siepi, Frick, Grümmer, Simoneau, della Casa, Corena, Berry, Streich
    Wagner, Holländer, Met 30. Dezember 1950, Reiner, Hotter, Varnay, Svanholm
    Wagner, Ring, Bayreuth 1953, Clemens Krauss, Hotter, Varnay, Windgassen, Neidlinger, Resnik, Vinay, Greindl, Uhde, Streich, Weber, Malaniuk, ...
    Wagner, Walküre, Met 6. Dezember 1941, Leinsdorf, Varnay, Melchior, Kipnis, Schorr, Thorborg, Traubel
    Wagner, Siegfried, Met 30. Januar 1937, Bodansky, Melchior, Flagstad, Laufkötter, Schorr, Thorborg, List
    Wagner, Tristan, Bayreuth 1966, Böhm, Windgassen, Nilsson, Wächter, Ludwig, Talvela, Nienstedt, Schreier, Wohlfahrt
    Wagner, Parsifal, Bayreuth 1951, Knappertsbusch, Windgassen, Weber, London, Uhde, Mödl
    Verdi, Rigoletto, Met 29. Dezember 1945, Sodero, Warren, Björling, Sayao
    Verdi, Trovatore, Salzburg 31. Juli 1962, von Karajan, Bastianini, L. Price, Simionato, Corelli, Zaccaria
    Verdi, Ballo in mascera, Met 14. Dezember 1940, Panizza, Björling, Svéd, Milanov, Castagna, Andreva
    Verdi, Forza del destino, Maggio musicale fiorentino 14. Juni 1953, Mitropoulos, Tebaldi, Protto, del Monaco, Barbieri, Siepi, Capecchi, de Palma
    Verdi, Don Carlo, Met 11. November 1950, Stiedry, Björling, Regal, Barbieri, Merrill, Siepi, Hines
    Gounod, Faust, Met 23. Dezember 1950, Cleva, Björling, Siepi, Kirsten, Bollinger
    Gounod, Romeo et Juliette, Met 1947, Cooper, Björliing, Sayao, Brownlee, Moscona
    Puccini, Tosca, Met 7. Januar 1956, Mitropoulos, Tebaldi, Tucker, Warren
    Strauss, Salome, Met 1949, Reiner, Welitsch, Janssen, Jagel, Thorborg
    Strauss, Salome, München 1951, Keilberth, Borkh, Hotter, Lorenz, Barth, Fehenberger


    Stimmenfans werden die Aufnahmen kennen und die Liste mühelos um ein paar Dutzend verlängern können.


    Ja, ich kann Milletre nur zustimmen: Das gibt es heute nicht mehr. Diese Sängerfeste scheinen der Vergangenheit anzugehören. Wohl denen, die sie erleben durften!


    :hello:

  • ....diese Thema ließ sich so gut an...... Doch dann glitt es wieder ab, indem einer...


    Ja, es gibt offenbar hier im Forum eine verbreitete Verbohrtheit, die dazu führt, genüsslich jede sich bietende Gelegenheit zu nutzen, alte Schlachten wieder mal zu schlagen und offene Rechnungen zu begleichen!


    Mich deprimiert eigentlich viel mehr, dass so gar keine Bereitschaft besteht, Angebote aufzugreifen, die der Diskussion bei allen Differenzen eine konstruktive Wendung geben könnten. Mein entsprechender Versuch (Beitrag 18) ist von Milletre zwar artig begrüßt worden aber ansonsten im Kampfgetümmel untergegangen.


    Ich kann's ertragen! Aber als ich mich entschloss, dem Forum beizutreten, hatte ich andere Erwartungen! Erfreulicherweise gab es auch Diskussionen, die diesen Erwartungen durchaus entsprachen, aber zuletzt waren das nicht mehr sehr viele!


    In den letzten Wochen bin ich dreimal von wildfremden Menschen in Opernhäusern auf meine Mitgliedschaft im Tamino-Klassikforum angesprochen worden. (Obwohl mein Avatar mein Portrait verfremdet, bin ich halt doch zu erkennenn). Alle drei Opernfreunde äusserten, dass sie die Diskussionen - natürlich die über Oper und Sänger - inzwischen nicht mehr so interessant fänden, da zumeist die Inszenierungen und Regietheater in Vordergrund stünden und kaum noch die Gesangsleistungen beschreiben und kritisch gewürdigt würden. Und - so alle drei - wenn denn von Sängern die Rede sei, werde oft lediglich Lob und Tadel verteilt, ohne dass Urteile begründet würden...
    Alfred Schmidt hatte ja mal einen Thread aufgemacht, de dem er fragte welche Relevanz und Wirkung das Forum hätte. Dazu konnte und wollte ich nichts sagen. Nach der kurz geschilderten Erfahrung aber, habe ich den Eindruck, man sollte bei uns mal innehalten und Prüfen, ob wir an den Fragen dran sind, die Opernfreunde wirklich interessieren und - vor allem - ob wir die Diskussionen so führen, dass sie auch für "Besucher" des Forums interessant sind.


    Caruso41

    ;) - ;) - ;)


    Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten!

  • die Mitschnitte, die ich aus anderen Opernhäusern aus längst vergangenen Zeiten habe, sind so eindrücklich, dass ich sagen muss: Das gibt es heute so nicht mehr.

    Lieber und geschätzter Wolfram


    Was sind das denn plötzlich für Töne!? Ich mußte tatsächlich zweimal schauen, ob Du das bist, der hier schreibt. Das klingt ja so vernünftig und verständnisvoll, daß ich Dir sagen möchte, mit dieser Aussage bin ich absolut an Deiner Seite.



    Ja, ich kann Milletre nur zustimmen: Das gibt es heute nicht mehr. Diese Sängerfeste scheinen der Vergangenheit anzugehören. Wohl denen, die sie erleben durften!

    Und da hat doch der verehrte und geschätzte Milletre recht in Deiner Feststellung, "so etwas gibt es heute nicht mehr" und er hat sie erlebt. Es ist doch völlig klar und legitim, wenn sich bestimmte positive Eindrücke im Gedächtnis manifestiert haben, wird man auch immer automatisch Vergleiche ziehen, Unterschiede feststellen und bewerten. Ich selbst kann auf einen solchen reichen Erfahrungsschatz wie unser Milletre und manch anderer auch nicht zurückgreifen. Zum einen war auch ich da noch viel zu jung und zum anderen war meine (Reise-) Freiheit deutlich beschränkt. Das Opernhaus, in dem ich viele unvergeßliche Aufführungen erleben durfte, war in meinem Land das "erste Haus am Platze" mit international anerkannten Solisten und mit Ausstattungen und Inszenierungen, die mit meiner Auffassung und Verständnis übereinstimmten. Natürlich hat mich das geprägt und nachhaltig beeinflußt. Ich finde das auch völlig selbstverständlich. Und jetzt sind wir auch auf der Ebene, warum ich und die meisten unserer Mitglieder eine "normale und vernünftige stimmige Inszenierung" erwarten.
    Wenn ich dann aber Szenenbilder sehe, wo drei Mann auf einer Kloschüssel sitzen, finde ich es ebenso selbstverständlich, daß ich mich auf das Niveau dieser "Regisseure und Künstler" begebe und mich entsprechend drastisch äußere. Wem solche Dinge aber gefallen, meinetwegen, wer´s halt braucht... Von mir aus können sie auch noch das Klopapier reichen.
    Wenn nicht Deine vernünftige obige Ansicht gewesen wäre, wollte ich mich hier zu diesem Thema überhaupt nicht mehr äußern. Bisher glaubte ich eigentlich immer, wir haben hier trotz mitunter unterschiedlicher Ansichten, eine gewisse Meinungsfreiheit. Ein langer Beitrag vor einigen Tagen von einem unserer Mitglieder, von dem ich mich auch indirekt angesprochen fühle, hat mich allerdings eines Besseren belehrt und nachdenklich gestimmt.


    Herzliche Grüße
    CHRISSY

    Jegliches hat seine Zeit...

  • Was sind das denn plötzlich für Töne!? Ich mußte tatsächlich zweimal schauen, ob Du das bist, der hier schreibt.


    Lieber Chrissy,


    wenn Du nicht in die Schwarz-Weiß-Malerei einstimmst, die die Welt scharf in Gut und Böse einteilt, wirst Du ein reich differenziertes Bild sehen ... in der richtigen Welt gibt es mehr als Regietheaterhasser und Regietheaterliebhaber, mehr als Staubis und Radikalerneuerer, mehr als Linke und Rechte, mehr als Dumme und Kluge, ...


    ... aber auch mehr als Freni und Rysanek, um doch noch einen kleinen scherzhaften Seitenhieb mitzugeben ... :hello:


    Und ich habe auch nur die Sängerfeste damaliger Zeiten gelobt und würde diese sängerischen Ereignisse auch begrifflich gerne von Regiephilosophien trennen. Oder bedingt etwa das eine das andere ...? Konnte es Regietheater nur geben, weil es die Stimmen nicht mehr gibt? Das wäre doch mal ein Thread ... aber vermutlich wird der auch zerschossen. So viel dazu: Wieland Wagner wurde für seinen entrümpelten Nachkriegsring heftig angegrifen, als Verräter an der Tradition usw. usw. Und da gab es die großen Stimmen noch. Allerdings setzte Wieland Wagner auf die schlanken Stimmen ...


    Viele Grüße
    Wolfram

  • Lieber Wolfram

    ... aber auch mehr als Freni und Rysanek, um doch noch einen kleinen scherzhaften Seitenhieb mitzugeben ...

    Bestimmt meinst Du doch "Freni und Pavarotti"... Wobei ich nichts gegen Leonie Rysanek sagen möchte, im Gegenteil, ich schätze sie sehr.



    Konnte es Regietheater nur geben, weil es die Stimmen nicht mehr gibt?

    Auch wenn es spekulativ ist, davon bin ich echt überzeugt. Mit den Sängern früherer Generationen wären solche Regieentgleisungen und Verunstaltungen nicht zu machen gewesen. Dafür hätten die sich nicht hergegeben. Sie hatten eine andere Berufsauffassung und Ehre.



    wenn Du nicht in die Schwarz-Weiß-Malerei einstimmst

    Meine Ansicht hat nichts mit Schwarz- Weiß- Malerei zu tun. Das ich wirkliche und gute Regieleistung zu würdigen weiß, kannst Du im Thread "Film" nachlesen. Auch wenn das ein etwas anderes Genre ist.


    Herzliche Grüße
    CHRISSY

    Jegliches hat seine Zeit...

  • Bestimmt meinst Du doch "Freni und Pavarotti"...

    Nein, nein, ich meinte Freni und Rysanek ... das waren schon entgegengesetzte Charaktere, meinst Du nicht? Rysanek hätte wohl nie ein treues Heimchen gespielt ...



    Mit den Sängern früherer Generationen wären solche Regieentgleisungen und Verunstaltungen nicht zu machen gewesen. Dafür hätten die sich nicht hergegeben. Sie hatten eine andere Berufsauffassung und Ehre.

    Meiner unbedeutenden Meinung nach schert dies alle über einen Kamm. Gab es nicht damals auch solche und solche? Wäre vielleicht nicht der eine oder andere dankbar gewesen für eine klare Anweisung, wann er wie wohin zu gehen hat?


    Die Sänger waren Chéreau jedenfalls sehr dankbar für seine Hilfestellungen zu suggestiven, ausdrucksvollen Bewegungen. Hat auch nur einer "nein" gesagt? Nicht, dass ich wüsste ...


    Und 1951, bei Wieland Wagners revolutionären Neuansatz, haben auch alle mitgemacht.


    :hello:

  • Wäre vielleicht nicht der eine oder andere dankbar gewesen für eine klare Anweisung, wann er wie wohin zu gehen hat?


    Die Sänger waren Chéreau jedenfalls sehr dankbar für seine Hilfestellungen zu suggestiven, ausdrucksvollen Bewegungen.


    Nein, nein, das meine ich nicht und das weißt Du genau. Um es aber ganz deutlich zu sagen, ich bin hundertprozentig davon überzeugt, gestandene Größen wie Pavarotti, Freni und andere hätten sich nie (!!!) öffentlich auf eine Kloschüssel gesetzt oder zu ähnlichem Unfug und Klamauk hergegeben.
    CHRISSY

    Jegliches hat seine Zeit...

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