Soweit ich das überblicken kann, ist dieser Schumann-Zyklus im Forum noch nicht ausreichend beschrieben; eigentlich kein Wunder, wenn die meisten Forenmitglieder dem „starken Geschlecht“ zuzuordnen sind.
Wie kommt Mann nun zu diesem Thema? Als Zuhörer konnte ich an einem Meisterkurs von Brigitte Fassbaender teilnehmen, und da wurden einige Lieder aus diesem Zyklus einstudiert. Natürlich eine ganz wunderbare und eingängige Musik, die einen nicht mehr los lässt.
Wenn die mir zugänglichen Daten stimmen, sind diese Lieder am 11. und 12. Juni 1840 komponiert worden, also ein Anlass, sie gerade heute hier einzustellen.
Robert Schumann komponierte diesen aus acht Liedern bestehenden Zyklus im Juni 1840 (mitunter wird auch 1841 angegeben). Es war im Jahr der Eheschließung, endlich durften Robert Schumann und Clara Wieck heiraten.
Dieser Zyklus beschreibt ein Frauenleben in der Zeit der Romantik. Es ist ein vom Dichter geplanter Zyklus, der das Leben einer Frau vom verliebten Mädchen, der Hochzeit, dem Mutterglück und schließlich den Tod des Gatten schildert.
Der Textdichter ist Adelbert von Chamisso (1781-1838), der diese Gedichte bereits 1830 geschrieben hat. 1819 heiratete er seine um 20 Jahre jüngere Frau. Es ist nachvollziehbar, dass sie so fühlte; das dürfte es wohl auch heute noch geben, aber die junge Frau wird sich im Jahre 2012 anders ausdrücken …
Die beiden Männer (Chamisso und Schumann) legen einer jungen Frau diese Lieder in den Mund und in heutigen Besprechungen von Liederabenden mit diesem Zyklus, taucht dann oft das Wort „Emanzipation“ auf. „Biedermeierliches, auf Haus und Herd ausgerichtetes Frauenbild“, kann man dann lesen …
Wie berichtet wird, soll Mörike schon gesagt haben, dass ihm das zuwider sei und Dietrich Fischer-Dieskau spricht in seinem Buch „Wort und Gedicht“ von der Schwäche dieser Gedichte.
Der Musikwissenschaftler Peter Gülke hat das dieser Tage in einem Vortrag relativiert und darauf hingewiesen, dass insbesondere wenn das Mutterglück besungen wird, auch Defizite der Männer aufgezeigt werden.
Schumann ist der dritte Komponist, der sich des Chamisso-Textes angenommen hat; bereits 1836 hatte Carl Loewe diesen Zyklus komponiert – und zwar alle neun Strophen, während Schumann nur acht vertont hat. Der allererste Komponist von Frauenliebe und- Leben war Franz Kugler (1808-1858), ein enger Freund Chamissos. 1831 vertonte Franz Lachner das erste Lied des Zyklus „Seit ich ihn gesehen“.
Diese erste Lied ist im Folgenden zu lesen, über den musikalischen Eindruck und andere Dinge – zum Beispiel dass Matthias Goerne diese Lieder singt - kann dann in den nächsten Beiträgen etwas gesagt werden.
1. Seit ich ihn gesehen Sonst ist licht- und farblos
Seit ich ihn gesehen,
Glaub' ich blind zu sein;
Wo ich hin nur blicke,
Seh' ich ihn allein;
Wie im wachen Traume
Schwebt sein Bild mir vor,
Taucht aus tiefstem Dunkel
Heller nur empor.
Alles um mich her,
Nach der Schwestern Spiele
Nicht begehr' ich mehr,
Möchte lieber weinen
Still im Kämmerlein;
Seit ich ihn gesehen,
Glaub' ich blind zu sein.