Messen und Requien der Klassik und Romantik in Aufnahmen seit Beginn der Stereo-Ära

  • Liebe Taminos,


    nachdem ich vergeblich Threads gesucht habe, in denen ich etwas über das Mozart-Requiem und die Krönungsmesse im Spiegel bestimmter Aufnahmen posten konnte, habe ich beschlossen, ein neues Thema hierzu zu erstellen. Ich lade hiermit alle Taminos ein, die gerne Messen und Requien hören und sich auch neue Aufnahmen anschaffen bzw. gerne etwas aus ihrem Bestand posten möchten. Ich möchte auch gleich den Anfang machen und über eine Aufnahme sprechen, die ich heute erhalten habe:

    Herbert von Karajan nahm das Requiem d-moll KV 626 von Wolfgang Amadeus Mozart im September 1975 in der Berliner Philharmonie auf. Ihm zur Seite standen seine Berliner Philharmoniker, "sein" Wiener Singverein und das Solistenquartett Anna Tomowa-Sintow, Sopran, Agnes Baltsa, Mezzo-Sopran, Werner Krenn, Tenor und José van Dam, Bass. Drei dieser vier Solisten arbeiteten sehr lange mir Karajan zusammen, nur der Tenor wechselte ab und zu. Werner Krenn, der in dieser Aufnahme die Tenorpartie sang, hatte schon Ende der 60er Jahre in einer bedeutenden Produktion mit Karajan zusammengearbeitet. 1966 nämlich hatte Karajan im Febrauer mit Wunderlich die Haydnsche Schöpfung begonnen, die er aber wegen des tragischen frühen Todes des Sängers bis Ende 1968 unterbrach, ehe er den fehlenden Teil der Uriel-Partie mit Werner Krenn vollendete und so das ganze Werk doch noch abschließen konnte.
    Schon kurze Zeit nach dieser Aufnahme stand in diesem Solistenquartett dann bei der Aufnahme der 9. Symphonie und der Missa Solemnis der Tenor Peter Schreier zur Verfügung, und 1985 bei der Aufnahme des Verdi-Requiems komplettierte dann José Carreras dieses Quartett.
    Noch 1972, bei der zweiten Aufnahme des Verdi-Requiems, stand keiner dieser Solisten zur Verfügung, da waren es noch Mirella Freni, Christa Ludwig, Carlo Cossutta und Nicolai Ghiaurov.
    Soviel vorweg, Werner Krenn, den ich ja schon von der Schöpfungsaufnahme her schätze, hat sich auch hier im Mozart-Requiem gut im Kreise seiner hochkarätigen Kolleginnen und Kollegen behauptet. Karajan, der hier die Süssmayr-Fassung vorlegt, gibt dem Mozart-Requiem unerhört viel Raum und symphonische Größe und legt die entsprechen Sätze wie das "Dies irae", das "Rex tremendae", das "Confutatis" und selbst das "Agnus Dei" ungeheuer dramatisch an, was der Faktur dieses Stückes guttut. Das Mozart-Requiem ist kein trostreiches Stück wie das Brahms-Requiem, sondern es ist Stück, das Angst und Schrecken ausdrückt, ähnlich wie das Verdi-Requiem, bei dem es auch entwicklungsmäßig schon ganz nahe angesiedelt ist. Auch Stücke wie das Hostias oder das von Süssmayr stammende Sanctus und Benedictus, das sich musikalisch eng an die entsprechenden Messteile aus der ebenfalls auf dieser CD befindlichen Krönungsmesse C-dur KV 317 anlehnt, können nicht darüber hinwegtäuschen. All dies zeigt m.E., dass eine große Besetzung wie die Karajansche, ebenso viel Sinn machen kann wie die im HIP-Zeitalter häufiger gewählten Besetzungen in Kammerorchester-Stärke. Der dramatische Charakter der Musik kommt dabei noch viel mehr zum Tragen.
    Genau so wie das Solistenquartett sind hier natürlich der Wiener Singverein und die Berliner Philharmoniker zu loben und last but not least natürlich der Maestro selbst, dem hier eine eindrucksvolle, dramatische wie klangüppige mitreißende Interpretation gelungen ist.
    Schon unterwegs ist eine Aufnahme vom 24. August 1960 von den Salzburger Festspielen, ebenfalls mit Karajan und einem möglicherweise noch hochkarätigeren Solisten-Quartett, Leontyne Price, Sopran, Hilde Rössl-Majdan, Alt, Fritz Wunderlich, Tenor und Walter Berry, Bass, ebenfalls dem Wiener Singverein und den Wiener Philahrmonikern. Ich bin mal auf den Vergleich gespannt und werde mich dazu ebenfalls an dieser Stelle äußern.


    Liebe Grüße


    Willi :thumbsup:

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Das zweite Stück auf dieser CD ist die Messe C-dur KV 317, "Krönungsmesse" mit der gleichen Besetzung. Alle Vorhaltungen, die man Karajan in der Vergangenheit in punkto "Schönklang" gemacht hat und teilweise auch heute noch macht, ziehen hier überhaupt nicht. Die Krönungsmesse ist eine der Schönsten in der gesamten Musikliteratur, und das Wort Harnoncourts "Musik muss nicht schön sein, sie muss wahrhaftig sein", könnte man hier umwidmen in "Musik kann wahrhaftig und zugleich schön sein. Es gibt keinen Komponisten, der so viele schöne Melodien geschrieben hat wie Mozart, und wer wollte behaupten, seine Musik sei nicht wahrhaftig.
    Karajan nimmt die Krönungsmesse äußerst schwungvoll und beim "Gloria" und dem "Dona nobis pacem" wird man regelrecht mitgerissen, ob als Hörer oder als Mitwirkender, und das Benedictus, das komplett vom Solistenquartett vorgetragen wird, und das Agnus Dei, das nur vom Sopran gesungen wird, sind zum Niederknien schön, wie so vieles von Mozart, denken wir nur an seine herrlichen Operarien und die vielen wunderschönen langsamen Sätze in seinen Klaviersonaten und -konzerten.
    Was den Schwung der Krönungsmesse oder auch die Dramatik des Requiems betrifft, so weiß ich mit meinem bescheidenen Wissen, wovon ich rede, denn ich habe beide Werke schon mit aufgeführt und jetzt gerade i noch an beiden Ostertagen die Missa brevis D-dur KV 194, auf die die Aussagen über Schwung und Drive auch zutreffen und die, ihre Polyphonie betreffend, noch über der Krönungsmesse steht.


    Liebe Grüße


    Willi :)


    Ich habe den thread geschlossen. Es gibt threads zu den Werken im (zugeben seltsam benannten) Subforum "Sonstige Vokalmusik der Klassik/Romantik"


    Mozart Requiem
    Krönungsmesse


    Am einfachsten wäre es, wenn Du, Willi, in diese threads postest und den Inhalt der entsprechenden Beiträge kopierst.


    JR



    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).