Karl Böhms Beethovenzyklus mit den Wiener Philharmonikern - Im Schatten Herbert von Karajans

  • Ich hatte bereits den Beethoven Zyklus unter Herbert von Karajan, als ich das erste Mal eine Aufnahme einer Beethoven Sinfonie unter Karl Böhm mit den Wiener Philharmonikeren hörte - und ich war sofort begeistert. "Die ist ja noch schöner als jene unter Karajan" - So oder so ähnlich hatte ich damals gedacht.
    "Kein Wunder" wird mancher Taminoianer denken, "Alfred ist ja von Karl Böhm geradezu besessen"
    Zum einen stimmt das nicht wirklich, ich glaube ich kann schon persönliche Vorlieben von tatsächlicher Qualität unterscheiden. So hatte ich damals schon die alte Philips Aufnahme, Ebenfalls unter Böhm - im Ohr (Orchester und Besetzung vergessen, die Vinylplatte ist nicht mehr in meinem Besitz, meine Vinylsammlung wurde vor ca 3 Jahren entsorgt.) Ebenfalls fand ich, daß Kempes Aufnahme von Richard Strauß`"Also sprach Zahrathustra" überzeugender ausgefallen ist, als jene von Böhm. Ich verstehe auch, daß man Böhms Aufnahmen der Beethoven Sinfonien mit den BERLINER Philharmonikern - sie müssen um 1960 herum entstanden sein, gestrichen hat. In meiner Jugend gab es sie noch auf Vinyl in Stereo (allerdings meines Wissens kein kompletter Zyklus) in der Serie Resonance, die damals als Zweitverwertungs-Label der Deutschen Grammophon fungierte und wo der Preis um ein Drittel unter dem Vinyl Hochpreis lag. Um 1970, also ca 8-10 Jahre nach dem legendären Karajan Zyklus, erschienen dann - nach und nach - Neuaufnahmen unter Karl Böhm und den Wiener Philharmonikern, die so dezent beworben wurden, daß ich lange Zeit nicht einmal wusste, daß der Zyklus je abgeschlossen wurde. Erst im Tamino Forum erfuhr ich das vor etwa 3 (?) Jahren - und ich habe glücklicherweisen den gesamten Zyklus
    nachgekauft.
    Heute sind aus dieser Serie nur mehr wenige Sinfonien verfügbar. Warum das so ist, ist mir ein Rätsel - den in Punkto Klangschönheit sind diese Aufnahmen wohl unübertroffen

    Den gesamten Zyklus kann man allenfalls per Japanimport beziehen - die Kassette kostet dann 99.-- Euro.
    Das ist ein Preis, den allenfalls Böhm Hardliner auf den Tisch hinblättern werden...
    Irgendwie ist dieser Zyklus immer im Schatten desjenigen von Herbert von Karajan gestanden, ein Schicksal, das er mit vielen teilt. Jedoch war Böhm in Wien und Salzburg (und in Japan!!!) über alle Maßen beliebt, und er konnte in Sachen Mozart Karajan locker "an die Wand spielen" Böhms Schubert gilt bei Leuten meiner Generation (und glücklicherweise auch bei einigen andern) als das Maß aller Dinge. Warum das bei Beethoven nie der Fall war - trotz hervorragender Beurteilung - das wird mir ewig ein Rätsel bleiben....


    mit freundlichen Grüßen
    aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Sensibilisiert durch zahlreiche engagierte Diskussionen in diesem Forum, habe ich das Thema "Beethoven und Karl Böhm" stets bei meiner Lektüre des FonoForum verfolgt.


    Bei der Besprechung von Gesamtaufnahmen der Beethoven-Sinfonien in FF 1/2008 wurde Karl Böhm mit keinem Wort erwähnt; dasselbe gilt für die Besprechung der Aufnahmen der Eroica in FF 4/2010. Bei Aufnahmen von Beethovenschen Sinfonien scheint dieser Dirigent bislang keinen Stich zu machen.


    Anders sieht es bei Aufnahmen von Vokalwerken Beethovens aus: Beide seiner Aufnahmen der "Missa solemnis" für DG (1955 und 1974) werden sehr gelobt, die jüngere Aufnahme schafft es sogar auf die Shortlist von "sechs besten Aufnahmen".


    Ähnlich beim "Fidelio": Hier steht er sogar zweimal auf der Shortlist (mit acht weiteren Aufnahmen unter anderen Dirigenten), und zwar mit den Aufnahmen von 1955 (zur Wiedereröffnung der Weiner Staatsoper) und 1978 (Orfeo). Hier findet sein Beethovenbild offenbar große Zustimmung, gerade bei der 1955er ist von einer "berstenden Spannung eines wirklichen Theaterereignisses" zu lesen - die Empfehlung kann also nicht nur den exzellenten sängerischen Leistungen geschuldet sein, wie dies vom Böhmschen Tristan, seinem Ring oder seinen Aufnahmen von Strauss-Opern manchmal behauptet wird.


    Auch Musikliebhabern, für die Karl Böhm nicht unbedingt ein Fixstern ihrer Sammlung ist, sind zumindest zweie seiner Aufnahmen von Beethoven-Sinfonien wohl vertraut:


    Die 9. mit Norman, Fassbaender, Domingo und Berry aus dem Jahre 1980 - notorisch wegen sehr langsamer Tempi - und allen voran die 6., die Pastorale, die nach meiner vieler Beethoven-Kenner eine der gelungensten Aufnahmen des Werkes überhaupt ist und damit wohl das Glanzlicht des Zyklus' aus den 1970er Jahren:


  • Die zwei Glanzstücke des Böhm'schen Beethoven sind die von Wolfram genannten Aufnahmen, die "Pastorale" von 1971 und die 9. Wolfram nannte die Digitaleinspielung von 1980, Böhms allerletzte Aufnahme. 1970 hat er sie im Zuge des von Alfred genannten Zyklus allerdings schon mal (sehr beachtlich) aufgenommen (Jess Thomas gefiel mir durchaus, auch wenn ihn Norbert als kleine Schwachstelle ansieht ;)).


    Die Gründe, wieso zwar zumindest die "Pastorale" und die allerletzte 9. durchaus berühmt sind (und auch als die beiden einzigen seit Jahren dauerhaft greifbar, im Falle der 6. sogar in der Reihe "The Originals"), liegt auf der Hand: Sie sind einfach die Highlights. Das soll nicht heißen, daß der Rest fad wäre, aber im Vergleich hat er nicht ganz das außergewöhnliche Niveau (subjektiv?). In guter Erinnerung sind mir die 1., 2. und 7. Dagegen hinterließen die 4. und 5. keinen bleibenden Eindruck. An die 8. erinnere ich mich gar nicht. Und die "Eroica" fand ich mäßig. Ich kann jedem nur raten, die 3. mit den Wiener Philharmonikern unter Knappertsbusch (1962) zu versuchen, das ist m. E. eine ganz andere Liga.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Den gesamten Zyklus kann man allenfalls per Japanimport beziehen - die Kassette kostet dann 99.-- Euro.


    Lieber Alfred,


    ach, nicht wirklich.
    Wer beim anderen Werbepartner auf dem Marktplatz sucht, wird günstig fündig:



    Grüße aus der Nähe von Hamburg


    Norbert


    Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten.

    Gustav Mahler


  • ... Wolfram nannte die Digitaleinspielung von 1980, Böhms allerletzte Aufnahme. ...


    Nein, das stimmt nicht. Böhms letzte Aufnahme war die Elektra!


    Was ich so im Laufe der Zeit aufgeschnappt habe, gilt bei vielen Musikfreunden neben den beiden genannten die Eroica mit den Berlinern als beste Böhm-Beethoven-Symphonie-Aufnahme.

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • ach, nicht wirklich.
    Wer beim anderen Werbepartner auf dem Marktplatz sucht, wird günstig fündig:

    Die habe ich mir besorgt und dafür meine Einzelaufnahmen hergegeben (einem tamino-Mitglied). Die GA soll aber auch noch wiederkommen.


    LG, Bernward


    "Nicht weinen, dass es vorüber ist
    sondern lächeln, dass es gewesen ist"


    Waldemar Kmentt (1929-2015)


  • Nein, das stimmt nicht. Böhms letzte Aufnahme war die Elektra!

    Wie sind hier aber bei den Sinfonien von Beethoven und nicht bei den Opern von Richard Strauss.


    LG, Bernward


    "Nicht weinen, dass es vorüber ist
    sondern lächeln, dass es gewesen ist"


    Waldemar Kmentt (1929-2015)


  • Wie sind hier aber bei den Sinfonien von Beethoven und nicht bei den Opern von Richard Strauss.


    "Böhms allerletzte Aufnahme" hat mit gar nichts zu tun, sondern ist eine absolute Aussage! Und die stimmt eben so nicht...

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • Ich habe mich vor längerer Zeit bei DGG erkundigt, warum dieser großartige Beethoven-Zyklus nicht mehr erhältlich ist und habe diese Antwort bekommen:


    Zitat

    vielen Dank für Ihre Email und Ihr Interesse an der Deutschen Grammophon.


    Aus wirtschaftlichen Gründen können wir leider nicht alle Beethoven-Zyklen, die jemals für die Deutsche Grammophon aufgenommen wurden, gleichzeitig im Katalog halten. Die Zyklen mit Jochum und Scherchen sind ebenfalls im internationalen Katalog zurzeit nicht vertreten. Gerade der Böhm-Zyklus ist aber als Einzel-CDs zu einem sehr erschwinglichen Preis auf dem Label DG Australian Eloquence über http://www.buywell.com problemlos zu beziehen. Dieses Angebot deckt insofern die gegenwärtige Nachfrage nach dem Böhm-Beethoven-Zyklus ab.


    Inzwischen liegen ja die oben genannten Doppel-CDs vor, die man über den Marketplace mit der Amazon-Gebühr für zusammen ca. 35 Euro kaufen kann. Da gibt es doch eigentlich nichts zu meckern, zumal dieser Kauf eine Reihe anderer (neuerer) Gesamteinspielungen wohl überflüssig macht. Ich habe leider schon die meisten auf Einzel-CDs, mir fehlen nur noch 2 und 8. Aber wenn eines Tages eine schöne Gesamtbox erscheinen sollte, werde ich wohl doch schwach werden. Über die Qualität besonders von 3, 6 und 9 ist schon alles gesagt worden.



    Zitat

    Warum das bei Beethoven nie der Fall war - trotz hervorragender Beurteilung - das wird mir ewig ein Rätsel bleiben....


    Ist mir auch rätselhaft. Es ist eben nicht immer nur die Qualität die sich durchsetzt, sondern der Markt und der Publikumserfolg werden auch durch nichtmusikalische Faktoren bestimmt. Für mich sind Böhms Beethoven-Einspielungen musterhaft was Natürlichkeit, Schönheit und Unaffektierheit angeht - vergleichbar etwa mit Günter Wand ... obwohl ... das ist ein weites Feld.


    Meine Mozart-CDs mit Böhm habe ich weitgehend wieder verschenkt, aber mit Bruckner und Beethoven zeigt Karl Böhm sich für mich als großartiger Dirigent.


    Beste Grüße, Andrew

    „Nichts auf Erden ist kräftiger, die Traurigen fröhlich, die Ausgelassenen nachdenklich, die Verzagten herzhaft, die Verwegenen bedachtsam zu machen, die Hochmütigen zur Demut zu reizen, und Neid und Hass zu mindern, als die Musik.“

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  • Ha! Die habe ich sogar - irgendwann mal günstig erstanden. Und: habe nur mal lose hereingehört und mir dann nicht weiter Zeit dafür genommen, irgendwie war keine Zeit... und weil ich mit der späten Karajan-Einspielung der Sechsten zufrieden war. Vielleicht sollte ich die CD doch nicht so vernachlässigen? :P

  • Andrew: vielen Dank für die wertvollen Hinweise!


    Es gibt allerdings einige Mozart- und Schubertaufnahmen mit Böhm, die ich niemals verschenken würde....!


    Wenn man in die Ausschnitte reinhört, dann fällt zunächst sein im Vergleich mit den meisten anderen Dirigenten eher langsameres Tempo auf.
    Nun finde ich das grundsätzlich eher gut, wenn jemand den Phrasen genügen Zeit zum Atmen gibt.
    Und Böhm versteht es ja, den durchs Tempo gewonnen Freiraum zu nutzen - nicht mit extravaganten Knalleffekten oder sonstigen Besonderheiten, sondern durch ein sehr deutlich ausformuliertes und ausbalanciertes Spiel. Es klingt so ähnlich wie Schauspieler in den 50ern, die noch Sprechunterricht nehmen mussten, damit ihr Filmton deutlich `rüberkommt.
    Einige soeben gehörte Ausschnitte der 1. fand ich erfrischend anders - und im Vergleich zu Karajan, dessen Stil m.E. zur 1. nicht so recht passt, frischer und klassisch klarer.
    Es mag sich banal anhören, aber der Gedanke, dass sich Klassik kaum klassischer anhören kann, als wie bei Böhm, ist mir beim Hören schon öfter gekommen.


    Wenn ich in die digitale 9. hineinhöre, dann fallen mir die gemessenen Tempi noch mehr auf.
    Es ist sicherlich eine nahezu unverzichtbare Bereicherung, diese sehr eigene Aufnahme zu besitzen - ich muss sie jetzt demnächst wirklich bestellen, denn ich schiebe das schon ein Jahr vor mir her.
    Wenn ich nur eine 9. behalten dürfte, dann bräuchte ich mir höchsten darüber Gedanken machen, welche von den beiden letzten Karajan-Fassungen denn wohl die gelungenste ist. Trotz der klassischen Klarheit und der ihm eigenen Perfektion wäre mir da, als jemand, der Karajans Sicht der 9. kennt, die Böhm-Fassung nicht mitreissend und dramatisch nach vorne drängend genug.
    Ich höre da z.B. im zweiten Satz eher korrekt gespielt Einzelnoten, weniger eine mächtige und gewollte Bewegung, die die Grenzen der auf Rhetorik aufgebauten Musik voll ausreizt, wenn nicht schon überschreitet.


    Jedoch stellt diese Aufnahme der 9. schon aufgrund der Ausschnitte für mich eine der klarsten und interessantesten Alternativen zu Karajan dar, wenn man einmal die heutigen hippigen Ansätze nicht dazurechnet, weil man das - obschon man es kennt und für barocke Musik selbst einsetzt und schätzt- einfach nicht so hören mag.
    Transparenz gab es schon bei Böhm, mit einem ganz "normalen" Orchester. Er erreicht es nur mit anderen Mitteln.


    Erstaunlich überzeugend finde ich ein youtube-Video bei dem Böhm in Japan den ersten Satz der 5. dirigiert - scheint aus seiner Spätphase zu sein.


    :hello:


    Glockenton

    "Jede Note muss wissen woher sie kommt und wohin sie geht" ( Nikolaus Harnoncourt)

  • Es mag sich banal anhören, aber der Gedanke, dass sich Klassik kaum klassischer anhören kann, als wie bei Böhm, ist mir beim Hören schon öfter gekommen.

    Hallo Glockenton,
    genau das ist für mich der Punkt.


    Darf ich hier schreiben, was ich einmal zu Böhms Einspielung der Neunten geschrieben habe?


    Zitat

    Böhms Interpretation der Neunten ist keineswegs unumstritten. Bemängelt werden in der Kritik die Langsamkeit der Einspielung, sowie der fehlende mitreißende Schwung. Ich habe hier eher den Eindruck, dass Böhm sich auf die Musik einlässt. Böhm gibt der Musik Raum, so dass sie sich entfalten kann. Was Karl Böhm hier mit den Wiener Philharmonikern bietet, ist eine Einspielung, die ich etwas vollmundig „erfüllte Zeit“ nennen möchte.
    Jenseits aller vordergründigen Effekte nimmt sich Böhm mit seinem Orchester die Zeit, die Symphonie so farbenreich und spannungsvoll zu gestalten, dass man – so wie es in einer Kritik dieser CD heißt – wirklich das Gefühl hat, nicht nur einen Dirigenten mit einem Orchester zu hören, der diesem Werk seinen persönlichen Stempel aufdrückt, sondern man hört Beethoven. Viele Einzelheiten und Klangfarben werden wahrnehmbar, die sonst untergehen oder vorbeihuschen …


    Vielleicht passte Karajans Beethovenbild einfach mehr zu dem, was gesellschaftlich als Klangbild gewünscht wurde. Das bedeutet noch keine Abwertung der musikalischen Leistungen Karajans. Das wäre auch wirklich albern. Auch in der Literatur gibt es gute Autoren, die sehr populär sind und trotzdem qualitativ hochwertige Texte schreiben. Und andere nicht weniger gute Autoren stehen in der Publikumsgunst eher in zweiter Reihe, weil ihre Literatur nicht ganz dem entspricht, was viele Menschen gern lesen möchten. Böhm war absolut kein Dirigent in "zweiter Reihe". Aber sein Beethoven ist doch etwas in der Versenkung verschwunden. Ich habe den Eindruck, dass dies vor allem an einem "gewandelten Geschmack" des breiten Klassikpublikums liegt, der Karajan mit seiner Interpretationsart und seiner Inszenierung mehr entsprechen oder den er - um es weniger vorsichtig zu sagen - besser aufnehmen konnte als Böhm. Dies ist kein Urteil über den Wert seiner Einspielungen.


    Ich habe einige Karajan-Einspielungen der Sinfonien Beethovens, darunter die Nr. 1, 3, 5, 6 und 9 aus dem ersten Berliner Zyklus. Die meisten habe ich nur einmal gehört. Ich gebe sie trotzdem nicht weg, weil vielleicht noch einmal eine Zeit kommen kann, in der sie mich ansprechen. Wenn ich "klassischen Beethoven" hören will, dann greife ich gern zu Böhm, seit einiger Zeit genau so gern zu Wand.


    Freundliche Grüße von der Nordseeküste sendet Andrew

    „Nichts auf Erden ist kräftiger, die Traurigen fröhlich, die Ausgelassenen nachdenklich, die Verzagten herzhaft, die Verwegenen bedachtsam zu machen, die Hochmütigen zur Demut zu reizen, und Neid und Hass zu mindern, als die Musik.“

  • Spasseshalber verglich ich das Scherzo aus der 2. Symphonie in folgenden non-HIP-Einspielungen und entdeckte schon recht erstaunliche Unterschiede:



    und zwar auch in der angegebenen Reihenfolge.


    Im Vergleich zu früher spielt und fühlt man heute offensichtlich viel schneller....vielleicht auch ein Kennzeichen unserer Gegenwart.
    Bei Böhm und Thielemann spielten jeweils die Wiener Philharmoniker, sicher jedoch nicht in der gleichen Besetzung...
    Auch vom Orchesterklang her, der ja zu einem grossen Teil sicher auch durch eine andere Aufnahmetechnik verschieden klingt, gibt es ziemliche Unterschiede.
    Über meine PC-Lautsprecher würde ich behaupten wollen, dass der Klang beim Böhm klarer und heller war...will es aber nicht beschwören.


    Die Frage, ob man bzw. ich Böhms Fassungen haben müsse, beantworte ich mit einem Ja, denn diese schulbuchmässige Art finde ich nicht nur als einzigartig im Strauss der vielen Interpretationen, sondern auch als in jedem Fall gut anhörbar. Natürlich muss man bereit sein, sich darauf einzulassen und auch andere Fassungen, die man gut im Ohr hat, einmal für den Moment zu vergessen.
    Zu lernen gibt es immer etwas, meine ich.



    Es wäre ggf. interessant zu hören, wie andere Diskussionsteilnehmer diese Unterschiede wahrnehmen.


    :hello:


    Glockenton

    "Jede Note muss wissen woher sie kommt und wohin sie geht" ( Nikolaus Harnoncourt)

  • Mein Dreiervergleich scheiterte leider daran, daß ich die 2. unter Böhm derzeit nicht finde - ich musste also auf amazon-Klankschnippsel ausweichen. Sicher ein Kompromiss - aber einiges ist doch festzustellen. Thielemann und Karajan wurden jedoch von der CD verglichen -mittels Lautsprecher Canton Vento 809.
    Auffallend und überraschend war das schnelle Tempo Thielemanns in diesem Satz, das manchmal - hat man die beiden Alternativen im Ohr, ein wenig flüchtig wirkt. Dem steuert Thieleman mit einer sehr rhytmisch pointierten, gelegentlich ein wenig hemdsärmelig wirkenden Lesart entgegen. Ein Hauch von Aggressivität entsteht durch das an dieser Stelle extra betonte "aufstampfen", was vermutlich durch das etwas dunkle Klangbild unterstrichen wird.


    Karajans Aufnahme für die Deutsche Grammophon (1962) ist höhenbetonter und ein wenig durchsichtiger - keine Spur vom immer wieder gern hervorgeholten Spukgespenst "Wattiger Breitwandsound" die Rhythmik ist ebnfalls vorhanden, aber meines Erachtens nach eher in den Gesamtklang eingebettet


    Böhm- ich sagte es schon musste von einem kurzen Tonschnippsel her beurteilt werden. Näher bei Karajan als bei Thielemann ist das Überbetonte des Rhythmus fast völlig verschwunden, das Auffallende ist ein strahlender Klang mit großem Bogen, ein "positiver, "triumphierender" Beethoven


    Dieser Vergleich bezieht sich natürlich nur auf den besagten Satz, ist also sehr spezifisch. Andere mögen an anderen Stellen zu anderen Ergebnissen kommen.....


    mit freundlichen Grüßen aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !