Instrumentation - Wem gebühren die Lorbeerkränze?

  • Ich habe im Tamino-Forum keinen Thread gefunden, der die Instrumentierung oder Orchestrierung behandelt. Ich finde, dieser vernachlässigte Bereich ist einer näheren Betrachtung wert.


    Unter Instrumentierung oder Orchestrierung versteht man, wie die Stimmen auf die einzelnen Instrumente eines musikalischen Ensembles verteilt werden.


    Jede ob Renaissance, Barock, Klassik, Romantik, Impressionismus oder Klassische Moderne hat in der Orchestrierung ihre Besonderheiten: Grösse der Orchester, Verfügbarkeit der Instrumente, Konventionen, Klangvorstellungen.


    Wem legt ihr den Lorbeerkranz für Orchestrierung aufs Haupt*? Wenn es möglich ist, verleiht Lorbeerkränze an verschiedene Komponisten der oben genannten Hauptepochen der Musikgeschichte und begründet euer Urteil. Es können auch nur einzelne Komponisten einer Epoche genannt werden, mit denen ihr vertraut seid.


    *Ich habe selbstverständlich an die Büste des betreffenden Komponisten gedacht. ;)
    .

    Vor Schuberts Musik stürzt die Träne aus dem Auge, ohne erst die Seele zu befragen:
    so unbildlich und real fällt sie in uns ein. Wir weinen, ohne zu wissen warum; Theodor W. Adorno - 1928




  • ich denke, dass die "großen instrumentierer" bestandteil einer bestimmten epoche sind, nämlich der spätromantik. besonders gelobt werden typischerweise tschaikowski, dvorak, mahler, strauss, ich nehme an auch debussy und ravel dürfen als stars der instrumentation herhalten.


    zuvor und danach hat die instrumentation nicht diesen stellenwert, bzw. ist gar nicht aufgabe des komponisten (renaissance). oder die rolle des klangs ist so elementar geworden, dass die aufgabe gar nicht ist, für einen ton ein instrument zu finden, da nicht mehr zuerst die tonhöhe bestimmt wird, die zu intrumentieren ist, sondern der klang gleich als ganzes gefunden wird (klangkomposition).


    :hello:

  • Hi


    Vielfältig bestätigten Gerüchten zufolge ist der Großmeister der Instrumentierung - der noch dazu das angeblich heute noch gültige Standardwerk dafür geschrieben hat - Hector Berlioz. Dann dürfte in der Hierarchie Strauss folgen (der das Buch von Berlioz in neuer Auflage herausgebracht hat!)...


    :hello:

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • Auch ohne Kenntnis von dem Vorhandensein seines Standardwerkes, man höre sich nur seine Musik an, beim "Römischen Karneval" angefangen, über sein Requiem und bei der "Symphonie fantastique" nicht endend - Feste der Orchesterfarben.
    Vom Requiem schlummert seit langem in den Archiven des BR eine leider nicht zur Veröffentlichung freigegebene FS-Aufzeichnung aus dem Regensburger Dom - ich weiß nicht mehr, waren es nun 8 oder 16 Posaunen - überwältigend.


    zweiterbass

    Wer die Musik sich erkiest, hat ein himmlisch Gut bekommen (gewonnen)... Eduard Mörike/Hugo Distler

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  • Zitat

    ...oder die rolle des klangs ist so elementar geworden, dass die aufgabe gar nicht ist, für einen ton ein instrument zu finden, da nicht mehr zuerst die tonhöhe bestimmt wird, die zu intrumentieren ist, sondern der klang gleich als ganzes gefunden wird (klangkomposition).


    Wenn das so ist, lieber KSM, dann darf in dieser Liste keinesfalls die Nr. 3 aus Schönbergs Orchesterstücken op. 16, betitelt mit "Farben", fehlen. Das wäre nämlich der Prototyp dessen, was Du meinst, nämlich eine reine Klangfarben-Komposition. Aber auch sonst war Schönberg ein Meister der Instrumentation; man höre dazu z.B. "Pelleas und Melisande" op.5 oder die "Gurre-Lieder", oder auch die Instrumentierungen fremder Werke, z.B. hier:


    Aus dem unmittelbaren Umfeld von Schönberg und mit gleicher Intention muss man hier natürlich auch die Orchestrierung (oder sollte man besser sagen: Bearbeitung?) von Bachs "Ricercare a 6" aus "Das musikalische Opfer" von Anton Webern nennen, enthalten in dieser, wie ich finde, exzellenten CD:


    Der Name Ravel wurde schon genannt; als die Instrumentationsstudie par excellence und überhaupt hat natürlich sein "Bolero" zu gelten; nach seinen eigenen Worten enthält das Stück so wenig "Musik" wie kaum ein anderes, der rein "kompositorische" Aspekt tritt hier also gegenüber den klangfarblichen Wirkungen durch die Instrumentation in den Hintergrund. Aber gerade deshalb gehört das Stück für mich zu den faszinierenden Werken der gesamten Literatur.


    Viele Grüße aus dem schönen Odenwald,
    harry