Bass-Arien in Opern

  • Liebe Opern-Kenner und Opern-Liebhaber


    Einfache Frage: Welche Bass-Arien gibt es in Opern?


    Was gibt es zu bewundern?


    In einer Radio-Sendung ging es über Händel in Italien. Eine Bass-Arie liess mich aufhorchen:
    Während seines Aufenthaltes in Venedig komponierte er 1708 für den Darsteller des Polifemo in der Oper "Aci, Galatea e Polifemo" eine sehr schöne Bass-Arie: "Fra l'ombre e gl'orrori".

    Ich zitiere aus der Produktinformation
    FonoForum 10 / 08: "Mitchell Sandler ist im Übrigen die Attraktion der Aufnahme: Er zelebriert die Partie des Polifemo mit extremen Sprüngen und extrem tiefer Lage in geradezu lustvoller Weise. Skurril mutet die Arie "Fra l'ombre e gl'orrori" an, in der sich Polifemo mit einem verwirrten Schmetterling in der Dunkelheit vergleicht; so verwirrt stolpert - freilich absolut intonations- und klangsicher - der Bassist von oben nach unten und umgekehrt durch den Ambitus seiner Partie."

    Vor Schuberts Musik stürzt die Träne aus dem Auge, ohne erst die Seele zu befragen:
    so unbildlich und real fällt sie in uns ein. Wir weinen, ohne zu wissen warum; Theodor W. Adorno - 1928




  • Aci, Galatea e Polifemo ist ja so eine "halbe Oper" (Serenata). Händel hat interessanterweise denselben Stoff noch einmal auf englisch "Acis & Galatea" vertont (und, für ihn ungewöhnlich, ohne musikalische Überschneidungen mit der älteren Version). Auch dort ist der Bass-Part dankbar. Ebenso in einem anderen brillanten italienischen Werk des jungen Händel "La Ressurezione", der Bass ist hier der überwundene Teufel, Lucifero.



    Die Barockoper (sowie opernnahe Stücke wie die genannten) werden ja weitestgehend von hohen Stimmlagen dominiert (mindestens zwei zentrale Kastraten und zwei Frauenpartien). Der Held als Tenor entwickelt sich erst gegen Ende des 18. Jhds. nach der Zeit der Kastraten. In der italienischen Barockoper haben Tenöre nur am Rande (typischerweise als ältere Männer) Platz. Ein bis zwei Bässe sind aber häufig dabei, als Bösewichter oder väterliche Berater, meist jedoch eher in Nebenrollen. (Allerdings kenne ich die Stücke nicht gut genug, um ohne nachzusehen, Bass-Arien empfehlen zu können).

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Zu diesem Thema sei nachdrücklich folgende CD empfohlen:


    "Arie per basso" - Bassarien aus Opern von Antonio Vivaldi. Es singt Lorenzo Regazzo, er wird (phrasenhaft, aber hier stimmt's mal wirklich) kongenial begleitet vom Concerto Italiano unter der Leitung von Rinaldo Alessandrini (AD: 2004).



    Grüße,


    Garaguly

  • Ich liebe Bass-Arien in Opern und möcht hier auch die vier mir am meisten ans Herz gewachsenen mit den entsprechenden Sängern aus meiner Sammlung nennen:

    die Arie des Sarastro: "In diesen heil'gen Hallen kennt man die Rache nicht", gesungen von Franz Crass unter Karl Böhm;
    die Arie des Kaspar: "Schweig, schweig, damit dich niemand warnt", gesungen von Kurt Böhme unter Eugen Jochum;
    die Arie des Rocco: "Hat man nicht auch Gold beineben", gesungen von Gottlob Frick unter Otto Klemperer;
    die Arie des Philipp: "Ella giammai m'amò!" (Sie liebt mich nicht), gesungen von Nicolai Ghiaurov unter Sir Georg Solti;


    Liebe Grüße


    Willi :)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • In Wagners "Götterdämmerung" hat Hagen den berühmten "Mannenruf". Mit etwas Phantasie ginge das als Baß-Arie durch ...


    Besonders beeindruckende Interpreten: Josef Greindl (Keilberth, Knappertsbusch), Gottlob Frick (Solti), Matti Salminen (Levine, Mehta).



    In Mozarts "Entführung aus dem Serail" gibt es die köstliche Arie "Ha, wie will ich triumphieren" des Osmin.


    Bester Interpret für mich forever: Josef Greindl (Fricsay – unbedingt die frühere Aufnahme von 1949!).



    :hello:

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Eine einzige Bass-Arie hat Peter Tschaikowsky für seine Oper Eugen Onegin komponiert: Die Arie des Fürsten Gremin "Lyubvi vsye vozrasti pokorni" (3. Akt, 1. Bild).

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  • Wer kennt sie nicht, dies Bassarien aus diesen Opern?



    LG, Bernward


    "Nicht weinen, dass es vorüber ist
    sondern lächeln, dass es gewesen ist"


    Waldemar Kmentt (1929-2015)


  • Für die oben erwähnte "Entführung" kommt für mich als allererster der unvergleichliche Osmin Gottlob Fricks in Betracht, zumal ich ihn auch öfter in der Staatsoper erleben durfte, und man glaubt es kaum, aber seine tiefen, schwarzen Kellertöne kamen mit einer derartigen Fülle und Magie daher, dass mir diese Abende zeitlebens unvergessen bleiben werden. Da sind die Studioaufnahmen trotz ihrer Faszination nur ein müder Abklatsch, was wiederum beweist, dass die wahre Größe einer Sängerleistung nur live erlebbar ist.


    Über Fricks Hagen muß man dasselbe sagen. Seine Interpretation unter Karajan in der düsteren "Wacht", der beeindruckenden Szene mit Neidlinger ("Schläfst du, Hagen, mein Sohn?") und die glutvoll-beklemmende Mannenszene sowie sein trotzig-beißendes "Meineid rächt' ich!" nach dem Mord an Siegfried ließen das Herz der Zuhörer stillestehen.

    Arrestati, sei bello! - (Verweile, Augenblick, du bist so schön!)

  • Lieber Moderato,
    Deine Frage nach Bassarien kann jetzt mit klingenden Beispielen umfassend beantwortet werden. Gerade ist unter dem Titel: "Gottlob Frick - König und Komödiant" bei Membran eine Box mit 10 CDs und rund 100 Bassarien herausgekommen. Enthalten sind fast alle wichtigen Stücke. Zur Information also ideal. Allerdings -wie von den Kollegen bereits erwähnt - gibt es bei vielen Aufnahmen andere Interpreten als Alternative, zumal Frick alles in Deutsch geungen hat. Äußerst preiswert kann diese Box bei JPC und Amazon bezogen werden.
    Herzlichst
    Operus

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!

  • Lieber operus


    Danke für diesen Tipp von fachkundiger und kompetenter Seite!


    Vor Schuberts Musik stürzt die Träne aus dem Auge, ohne erst die Seele zu befragen:
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  • Ein weiterer Ausnahme-Baß:



    Zum niederknien!

    mfG Michael


    Eine Meinungsäußerung ist noch kein Diskurs, eine Behauptung noch kein Argument und ein Argument noch kein Beweis.

  • Zitat

    "Lyubvi vsye vozrasti pokorni"


    Hallo, moderato!


    Unbedingt zu empfehlen ist der Tip von Operus zu der Box mit GOTTLOB FRICK. Diese Box habe ich schon selber bestellt. Alternativ möchte ich auch diese Aufnahme empfehlen. Eduard Haken singt hier auch einen hervorragenden Fürsten Gremin. Leider gibt es diese Aufnahme nur noch gebraucht zu einem Horror-Preis:


    W.S.

  • Von der 10er-Box mit Gottlob Frick war ich etwas enttäuscht. Jede Menge Wagner (interessiert mich nicht), die deutschen Spielopern sind zwar vertreten, aber da betragen die Spiellängen der CDs gerade mal 48 min. statt der möglichen 70-80, längere Ensemble-Szenen fehlen ganz, und die üblichen Titel, wie "5ooo Taler" hat man ohnehin schon dutzendmal im Regal...,


    Ansonsten empfehle ich dem Tamino moderato diesen Thread: Arien für Alt und Bass,
    da gibt es schon etliches an Beispielen....


    LG


    :hello:

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)

  • Zum guten Schluß möchte ich hier noch einen hervorragenden deutschen Baß empfehlen. Den legitimen Nachfolger des guten Gottlob Frick. Leider singt er hier nicht den Fürsten Gremin.


    W.S.

  • Was ich hier nennen möchte, trifft nicht so ganz zu, ist aber auch nicht falsch. Es gibt ja den Begriff des basso cantante, dessen prominentester Vertreter wohl Cesare Siepi war (den ich selbst als Figaro und Don Giovanni in Wien gehört habe - ein unerhörtes Glück). Ein solcher Bass ist der hier bei uns ganz unbekannte Marcello Lippi. Er singt den Giove in der Oper "La Calisto" von Cavalli (Aufnahme von René Jacobs). Da er sich dort auch in Diana verwandelt, singt er zusätzlich zu seinen Basstönen auch noch Falsett - und das nicht mal schlecht. Fülle und seidenweiches Timbre zeichnen ihn aus. Arien kann man hier weniger finden, die Grenzen zwischen Arie und Rezitativ sind bei Monteverdi und Cavalli noch nicht ausgeprägt.
    Ansonsten natürlich Nicolai Ghiaurov als Boris in der Einspielung von Herbert von Karajan. Eine solche Bassfülle kenne ich sonst nicht.

    Aller Anfang ist schwer - außer beim Steinesammeln (Volksmund)

  • Dieser hervorragende Bass sollte auch erwähnt werden:



    LG, Bernward


    "Nicht weinen, dass es vorüber ist
    sondern lächeln, dass es gewesen ist"


    Waldemar Kmentt (1929-2015)


  • Lieber Harald,


    auch ich habe mit dem sehr erfahrenen Produzenten Klaus Laubrin über die Zusammenstellung der 10 er Box von Gottlob Frick diskutiert. Bei der Fülle des vorliegenden Materials und der Vorlieben des Hörers wird es allerdings immer wieder Lücken geben. Sehr positv empfinde ich, dass der Produzent auch Raritäten, wie z. B die Szene des Papstes aus "Palestrina" oder Piff - paff aus den "Hugenotten" in seine Auswahl genommen hat. Auch die Idee Frick als Rocco in verschiedenen Aufnahmen unter den Dirigenten Keilberth, Furtwängler, Kleiber und Fricsay zu präsentieren ist gekonnt, weil dadurch die Variabilität des Sängers als Rocco in verschiedenen Perioden seines Wirkens deutlich wird. Nun ist die Hinterlassenschaft von Tondokumenten bei Frick so groß, dass eine weitere umfangreiche Zusammenstellung mit interessanten Aufnahmen durchaus möglich wäre.


    Nun haben solche Sammel-Boxen - wie im Grunde alles - ihre Licht- und Schattenseiten. Licht, dass durch solche Projekte ein Künstlerleben in voller Breite dokumentiert werden kann und größere Mengen an CDs schnell verbreitet werden. . Schatten, dass die besten Aufnahmen eines Sängers in Hau-Ruck-Aktionen auf einem Preisniveau angeboten werden, dass Schnäppchen- oder Ramschcharakter hat. Nach dem Abverkauf solcher Serien kommt oft nichts mehr nach. Frick hat ihm gewidmete CDs von EMI, Tetament, Preiser (3 Folgen) und UraCant auf dem Markt. Wie sollen denn diese Produktionen im Katalog, am Markt und im internationalen Angebot gehalten werden, wenn hier eine einzige CD mehr kostet als die neue Sammelbox insgesamt. Uns als Gottlob-Frick-Gesellschaft bleibt allerdings nichts anderes übrig, als mitzumachen, da alle Rechte abgelaufen sind und zu hoffen, dass insgesamt mehr CDs verkauft werden und es auch noch ein Nachher geben wird.


    Übrigens finde ich es verdienstvoll und für Tamino richtig, dass neben Frick eine ganze Reihe anderer großer Bassisten als Empfehlung genannt wurden. Auffällig ist dabei allerdings, dass es sich durchweg um "historische" Sänger handelt. Dabei gibt es, z.B. Mit Pape, Zeppenfeld, Groißböck, König eine ganze Reihe hervoragender aktuell noch singender Bassisten.
    Schwelgen wir in verständlicher nostalgischer Schwärmerei? Ist es Ignoranz oder einfach "frühopernhafte" Prägung, dass wir diese Proritäten setzen?
    Herzlichst
    Operus

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!

  • Mein lieber Bernward!


    Vielen Dank für den Tip mit der CD von Martti Talvela. Sie steht schon in meinem Notizbuch.


    Zitat


    Von der 10er-Box mit Gottlob Frick war ich etwas enttäuscht. Jede Menge Wagner (interessiert mich nicht), die deutschen Spielopern sind zwar vertreten, aber da betragen die Spiellängen der CDs gerade mal 48 min. statt der möglichen 70-80, längere Ensemble-Szenen fehlen ganz, und die üblichen Titel, wie "5ooo Taler" hat man ohnehin schon dutzendmal im Regal...,


    Diese Kritik von Harald verstehe ich nicht. Daß er sich nicht für Wagner interessiert, schreibe ich seinem jugendlichen Alter zu. Aber die Kürzungen muß man bei einer solchen Box mal in Kauf nehmen. Es geht ja hierbei darum, die Vielseitigkeit dieses Ausnahme-Basses zu präsentieren. Vielleicht hat der Eine oder der Andere Interessent die Arien wie "5000 Taler" nur auf einer zerkratzten LP und freut sich über das Vorhandensein auf diesen CD. Ich jedenfalls warte sehnsüchtig auf diese Box.




    Herzlichst


    Wolfgang

    W.S.

  • Ich kann auch noch diese Box empfehlen



    und aus der Serie Dokumente einer Sängerkariere mit 5000 Taler diese (ich habe alle drei)



    LG, Bernward


    "Nicht weinen, dass es vorüber ist
    sondern lächeln, dass es gewesen ist"


    Waldemar Kmentt (1929-2015)


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  • Um noch einmal auf das eigentliche Thema zurückzukommen: Fasziniert bin ich immer von der Interpretation des Mephisto in "Faust" von Gounod. Dieser wird von den Bassisten ganz unterschiedlich charakterisiert. Einer meiner liebsten Baß-Arien ist aber die Partie des Kardinals aus DIE JÜDIN von Halevy. Hier hervorragend interpretiert von Josef Greindl mit "Wenn ew´ger Haß, glühende Rache".


    W.S.

  • Die Freunde von Bass-Arien können natürlich besonders viele schöne Entdeckungen in russischen Opern machen.
    Bisher ist ja wohl nur die Arie des Gremin aus Eugen Onegin eigens genannt worden.


    Allerdings kann man auf den bereits vorgestellten CDs verschiedener Bässe noch weitere Arien aus russischen Opern finden.
    Da aber die Frage des Threads nicht auf Bässe sondern auf Bass-Arien zielte, schreib ich mal eben kurz die Bass-Arien aus russischen Opern auf, die ich besonders schön ound eindrucksvoll finde.




    • Arie des Fürsten Galitzkyj in Fürst Igor (Borodin)
    • Arie des Kontschak in Fürst Igor (Borodin)
    • Lied des Varäger Gastes in Sadko (Rimsky-Korsakov)
    • Arie des Ivan Sussanin in Ein Leben für den Zaren (Glinka)
    • Rondo des Farlaf aus Ruslan und Ludmilla (Glinka)
    • Arie des Ruslan aus Ruslan und Ludmilla (Glinka)
    • Arie des Dämon aus Der Dämon (Rubinstein)
    • Arie des Aleko aus Aleko (Rachmaninov)
    • Arie des René aus Jolante (Tschaikowski)
    • Arie des Gremin aus Eugen Onegin (Tschaikowski)
    • Szne und Arie des Orlik aus Mazzepa (Tschaikovski)
    • Monolog und Arioso des Lanciotto aus Francesca da Rimini (Rachmaninov)
    • Krönungsszene, Monolog und Tod des Boris aus Boris Godunow (Mussorgsky)
    • Erzählung des Pimen aus Boris Godunov (Mussorgsky)
    • Lied des Varlaam aus Boris Godunov (Mussorgsky)
    • Monolog und Gebet des Dosifei aus Chowanschtschina (Mussorgsky)
    • Arie des Müllers und Wahnsinnsszene des Müllers aus Rusalka (Dargomyschskij)
    • Monolog des Kutuzov aus Krieg und Frieden (Prokofiev)


    Will man dieses Repertoire erobern, kann man sich natürlich Boris Christoff, Martti Talvela oder Nikolai Ghiaurov anvertrauen.
    Auch von Mihály Székely, Bernard Ladysz, Eduard Haken, Nicolai Ghiuzelev oder Matti Salminen wird man gut bedient!


    Dennoch möchte ich empfehlen, dieses Repertoire mit Aufnahmen der großen russischen Bässe zu erkunden.
    Hört man etwa Alexander Pirogov, Ivan Petrov, Mark Rezhetin, Boris Gmyria, Jewgenij Nesterenko oder natürlich Fjodor Schaljapin ist das schon was Besonderes.
    Die eigentümlich melancholische Timbrierung dieser Stimmen führt bei vielen Arien geradewegs zum Kern!


    Der Zar unter den russischen Bässen ist natürlich MARK REIZEN.
    Er hatte eine phänomenal üppige Stimme, die ein riesiges Volumen und in allen Lagen eine ungewöhnlich Schallkraft und Prägnanz hatte.
    Er konnte machtvoll in eine ganz schwarze Stiefe hinunterorgeln (herrlich wie er auf das tiefe 'e' absteigt!!!) und ohne Probleme wahrhaft triumphale Bögen in der Höhe bilden.
    In verschiedenen Aufnahmen überrumpelt er mit atemberaubenden Spitzentönen. Das hohe 'f' und das hohe 'g' waren überhaupt kein Problem für ihn. Im Rondo des Farlaf singt er sogar ein hohes 'gis' (der einzige andere Bass, von dem ich das je gehört habe, war José Mardones!).
    Dabei ist Reizen ein höchst kultivierter Sänger. Er hatte eine phänomenale Atemtechnik und ein makelloses Legato wie ein Pinza oder Placon. Die Mühelosigkeit seines Singens ist ebenso imponierend wie die feinen Nuancierungen und die subtilen Färbungen. Die Stimme entfaltet sich so natürlich, dass man als Melomane einfach nur beglückt zuhören kann. Weitausladende machtvolle Bögen gelangen ihm genau so überzeugend wie weiche und zarte Pianophrasen. Dabei konnte er auch behende und con brio singen, rhythmisch genau akzentuieren und virtusose Koloraturen präzise pointieren.
    Als Gestalter hat er immer auf alle histrionischen Effekte verzichtet und Stimmungen und Gefühle ganz aus der Musik heraus verwirklicht.
    Ein ganz Grosser!
    Es gibt ja schon einige Hinweise auf ihn in diesem Forum, aber einen eigenen Thread für ihn gibt es bisher wohl noch nicht. Deshalb habe ich ihn hier etwas vorgestellt. Vielleicht werden über einen Thread, in dem es um Bass-Arien geht, sogar mehr Stimmen- und Gesangsenthusiasten auf ihn hingewiesen als wenn es einen eigenen Mark-Reizen-Thread gäbe?


    Natürlich gibt es viele Reizen-Aufnahmen.


    Die meisten seiner großen Partien konnte er sogar in Gesamteinspielungen singen. In Deutschland sind viele davon zur Zeit nicht leicht zu bekommen.
    Eine 5CD-Box mit Aufnahmen von russischen, französischen und italienischen Arien, die lange in den USA gehandelt wurde, scheint nicht mehr verfügbar.
    Aber die wichtigsten Aufnahmen bekommt man bei LV:



    . . .


    Übrigens ist er noch im Alter von 90 Jahren aufgetreten und hat die Gremin-Arie gesungen.
    Natürlich sind seine früheren Aufnahmen (es gibt meines Wissens vier verschiedene Einspielungen auf LP) schon was anderes!
    Immerhin kann man auf Youtube hören, dass dieser Bass auch mit 90 Jahren noch etwas von seinem Material und seiner Kunst bewahrt hatte!
    http://www.youtube.com/watch?v=B0hVOpCGAD4


    Viel Vergnügen beim Hören


    wünscht


    Caruso41




    :)

    ;) - ;) - ;)


    Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten!

  • Der Hinweis auf den phänomenalen Bass Mark Reizen ist wertvoll. Auf die enormen stimmlichen Möglichkeiten ist von Caruso hingewiesen worden. Interessant ist, dass dieser Sänger eine wahrscheinlich einmalig lange Karriere hatte. Noch als über 90jähriger machte er Tonaufnahmen auf hohem Niveau.
    Herzlichst
    Operus

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!

  • Mein lieber Hans!


    Das Thema Bässe hatten wir ja erst vor Kurzem drauf. Natürlich besitze ich fast alle Aufnahmen (Portraits) von Fjodor Schaljapin, Mark Reizen, Iwan Petrow, Alexander Wedernikow, Boris Stokolov, Jewgenji Nesterenko u. A. und höre diese auch öfter. Mark Reizen ist ein fast kompletter Baß, obwohl wie bei allen Sängern jeder seine Eigenheiten hat. Nur verstecken brauchen sich "unsere" deutschen Bassisten auf keinen Fall hinter den slawischen. Gottlob Frick hat wie schon besprochen, einen hervorragenden Boris interpretiert der, obwohl deutsch gesungen, nicht vielen Sängern so gelungen ist.



    Herzlichst


    Wolfgang

    W.S.

  • Mark Reizen ist ein fast kompletter Baß, obwohl wie bei allen Sängern jeder seine Eigenheiten hat. Nur verstecken brauchen sich "unsere" deutschen Bassisten auf keinen Fall hinter den slawischen. Gottlob Frick hat wie schon besprochen, einen hervorragenden Boris interpretiert der, obwohl deutsch gesungen, nicht vielen Sängern so gelungen ist.


    Es geht doch gar nicht darum, wer sich hinter wem verstecken muss.


    In diesem Thread geht es um Bass-Arien und ich habe mir die Mühe gemacht, mal Bass-Arien aus russischen Opern aufzulisten, die bisher grösstenteils noch nicht einmal erwähnt worden sind. Und dann habe ich auf Bässe hingewiesen, die diese Arien besonders gut interpretieren. Viele der Arien haben ein Frick oder ein Moll, ein Ridderbusch oder ein Greindl überhaupt nicht eingesungen. Da ist es doch wohl berechtigt, auf Sänger hinzuweisen, von denen man sie hören kann.


    Warum muss dann gleich wieder gestritten und die heimische Riege verteidigt werden?
    Niemand hat sie angegriffen!




    Caruso41




    :stumm:

    ;) - ;) - ;)


    Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten!

  • Ich habe niemand angegriffen und möchte auch niemand verteidigen, denn deswegen bin ich nicht im Forum. Vielleicht habe ich das Thema falsch angepackt, das war aber nicht so gewollt. Arien aus slawischen Opern habe ich größtenteils und die gefallen mir auch sehr gut. Da ich ein großer Fan der Bassisten des slawischen Raumes bin, habe ich natürlich diese Partien von den verschiedensten Bassisten aus Osteuropa gesungen. Ich wollte nur noch einmal, weil auch besprochen, zum Vergleich andere Sänger unseres Raumes heranziehen. Mehr wollte ich überhaupt nicht. So ausführlich wie du kann ich aus Zeitmangel auch garnicht berichten, was du ja im Thread unter "Berühmte Stimmen" schon beanstandet hast.

    W.S.

  • Liebe Freunde,


    wunderschön, dass Ihr so hervorragend engagiert mitmacht und auch so sensibel reagiert. Bis jetzt empfinde ich die Diskussoin in diesem Thread als sehr sachlich und Tamino angemessen. Nur das Wesen einer Diskussion ist nun mal eben These und Antithese. Wo ist "Streit" zu empfinden, wenn z. B. einer unserer Patner argumentiert, dass die deutschen Sänger auch russische Arien hervorragend gesungen haben? Ich habe auch vollstes Verständnis, begrüße es sogar, wenn Deutsche für ihre deutschen Sänger eintreten. Das ist doch nur schön, solange es nicht unreflektiert parteiisch wird.
    Gestattet mir bitte persönliche Anmerkungen. Ich als Präsident der Gottlob-Frick-Gesellschaft gerate doch ständig in den Verdacht zwangslläufig einseitig parteiisch zu sein. Die Gottlob-Frick-Gesellschaft hat es geschafft ein "Mekka" der Bassisten zu werden. Wir schätzen uns glücklich Franz Crass, Kurt Moll, Hans Sotin, Günter Wewel, Cornelius Hauptmann, Theo Adam, Harald Stamm, Franz Mazura, Matthias Hölle, Hans-Peter König u. a. als Gäste, Mitglieder und Freunde für unsere Gesellschaft gewonnen zu haben. Dies gelang und gelingt nur, weil wir es von Anfang an vermieden haben unseren Namensgeber Gottlob Frick auf einen Sockel zu stellen und groß herauszuheben. Wir haben das Ziel das Andenken an alle großen Sängerinnen und Sänger, ihre Leistungen und Sternstunden des Gesangs zu erhalten. Genau so sollten wir es in unseren Diskussionen auch halten. Weil ich z. B. Kurt Moll für den überragenden Gurnemanz - den ich erleben durfte - halte, heißt das doch nicht, dass es nicht auch andere hervorragende Interpreten in dieser Partie gibt. Vielleicht mit einer etwas anderen Rollenauffassung und differierendem Stimmcharakter.
    Also lasst uns bitte engageirt und auch durchaus kontrovers weiter diskutieren. Wenn wir dadurch andere Standpunte kennenlernen, auf weiterführende Aspekkte hingewiesen werden und durch neue faszinierende Gesangserlebnisse unseren Horizont erweitern können, hat sich das Ganze doch gelohnt.
    Herzlichst
    Euer
    Operus

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!

  • Also lasst uns bitte engageirt und auch durchaus kontrovers weiter diskutieren. Wenn wir dadurch andere Standpunte kennenlernen, auf weiterführende Aspekkte hingewiesen werden und durch neue faszinierende Gesangserlebnisse unseren Horizont erweitern können, hat sich das Ganze doch gelohnt.


    Ich habe überhaupt nichts gegen eine kontroverse Diskussion. Aber es nervt mich doch gelegentlich, wenn auf einen Beitrag, der zunächst einmal nicht mehr will, als Informationen zusammenzustellen, nicht als Einladung verstanden wird, das aufzunehmen und weiterzuführen. Es wäre ja doch interessant, mal noch einige Bass-Arien aus russischen Opern, die ich nicht erwähnt hatte, anzufügen.
    Da Du, lieber Wolfgang, so reiche Bestände von Aufnahmen mit Sängern aus Osteuropa hast, hätte es mich gefreut, wenn Du ein paar Hinweise gegeben hättest, welche Aufnahmen da noch besonders geeignet sind, die erwähnten Bass-Arien kennen zu lernen.


    Für mich ist zum Beispiel die Wahnsinnsszene des Müllers aus Ruzalka von Dargomyschskij die aufregendste Bass-Szene vor Mussorgsky. Aber es gibt nicht allzu viele Aufnahmen davon - und soweit ich weiss - keine von irgend einem Sänger, dessen Muttersprache nicht russisch ist. Ich kenne Chaljapin, Reizen, Pirogov und Gmyria - sowie den leider ziemlich unbefriedigenden Arutjun Kotchinian. Gibt es noch weitere Aufnahmen?


    Ich fände es sehr hilfreich, wenn wir in einem Thread, der ja doch von Moderato mit - wie er sagte - einer ganz einfachen Frage eingerichtet wurde (Welche Bass-Arien gibt es in Opern? Was gibt es zu bewundern? ), uns auch mal bemühen, "nur" zusammenzutragen, zu sichten und zu ordnen.
    Mit meinem Beitrag hatte ich versucht, erst mal eine Auflistung von Bass-Arien aus russischen Opern zu beginnen. Aber ich hatte eigentlich vor, auch mal Bass-Arien aus französischen Opern aufzulisten. Nur wenn so ein Beitrag gar nicht als das genommen wird, was er ist, sondern nur mehr Anlass ist, gleich wieder dafür einzutreten, dass "unsere" deutschen Bassisten sich auf keinen Fall hinter irgend jemandem verstecken müssen, dann habe ich dazu wirklich keine Lust!


    Ich habe überhaupt nichts gegen Gottlob Frick. Er hatte eine prachtvolle Stimme und war ein guter Sänger. Darüber habe ich anderswo schon mehr gesagt. Ich habe mich immer gefreut, wenn ich ihn gehört habe. Und in München hatte ich dazu oft Gelegenheit! Aber es macht schon einen Unterschied, ob ich den Boris, den Müller, den Kontschak oder den Ivan Sussanin von einem deutschen Bass, von einem französischen Bass (Bastin zum Beispiel hat einige der genannten Arien aufgenommen) oder von einem russischen bzw. ukrainischen Bass höre. Nicht mehr oder weniger hatte ich angedeutet. Aber vielleicht hatte das ja in diesem Thread auch nichts zu suchen?


    Also: bleiben wir beim Thema. Über Frick können wir anderswo diskutieren. Unsere Frage hier heisst einfach:


    Welche Bass-Arien gibt es in Opern? Was gibt es zu bewundern?


    Ich bin neugierig auf weitere Antworten!


    Beste Grüsse aus dem nordeutschen Wintermärchen (Ideales Klima, um über russische Baas-Arien zu reden!! :) )




    Caruso41

    ;) - ;) - ;)


    Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten!

  • Meine liebsten Fricke sind:


    Sein Rocco unter Furtwängler (z.B. die "Nur hurtig fort"-Szene)


    Der alte Götterdämmerungs-Querschnitt der Emi (Kempe?) mit Hagens Wacht (unerreicht)


    "Oh, hätt´ ich meiner Tochter nur geglaubt" aus "Die Kluge" - dies ist eines der besten Psychogramme überhaupt


    Arien sind´s irgendwie alles nicht. "Die Verleumdung, sie ist ein Lüftchen" - da ist Frick auch groß. Ich kann seine Bewunderer schon verstehen, auch in puncto Vielseitigkeit. Denn nicht alle Baßrollen sind pastoral oder komisch. Viele sind beklemmend.


    Für "Ella giammai m´amò" und die russische Version von "Mein ist die höchste Macht" bevorzuge ich von den mir zugänglichen Aufnahmen ganz klar Boris Christoff (unter Santini und Dobrowen). Für den Fliedermonolog Ferdinand Frantz (Kempe).


    Großartig ist auch der erste Monolog von König Arkel aus "Pelléas et Mélisande" (z.B. Ruggiori Raimondi). Für den Karfreitagszauber Ludwig Weber, der trotz Edelmann auch mein Lieblings-Ochs geblieben ist ("Mit mir, mit mir").


    Für die Abendmahlsszene aus der Matthäuspassion Franz Crass (unter Gönnenwein). Als König Marke Martti Talvela (Böhm) und Kurt Moll (live). Na ja, Arien ...


    :hello:

    Zerging in Dunst das heilge römsche Reich


    - uns bliebe gleich die heilge deutsche Kunst!

  • Arie des Dämon aus Der Dämon (Rubinstein)

    Lieber caruso41,


    da nennst Du eine wunderbare Oper, die in meinen sämtlichen Opernführern übergangen wird.


    Das Poem Lermontovs, das dieser Musik zugrunde liegt, ist wohl eines der schönsten und eindringlichsten Werke der russischen Poesie und was den Dichter betrifft,
    stehen dessen Werke wie Der Dämon oder Mzyri auf gleichem Niveau wie die Pushkins.


    Ich nehme an Du denkst hier an ´nje platsh, ditja! nje platsh naprassno!´
    Weine nicht Kind, weine nicht vergebens, wo der Dämon, ein abgefallener Engel nun in Liebe zu Tamara entbrannt, diese über den Tod ihres Bräutigams hinwegtrösten will.
    Er verfolgt natürlich eigene Pläne und verwirrt das arme Kind mit teuflischer Demagogie, indem er auf die Freuden des Paradises hinweist, die der tote Bräutigam nun genießt.


    ´er ist fern, er erkennt und schätzt nicht deine Trauer
    himmlisches Licht labt nun den körperlosen Blick seiner Augen,
    er vernimmt himmlische Klänge ...
    Was sind dem Gast des Paradises die bedeutungslosen Träume des Lebens,
    das Stöhnen und die Tränen eines armen Mädchens.
    Nein, das Los der sterblichen Schöpfung,
    glaube mir, mein irdischer Engel,
    ist keinen Augenblick
    deiner teuren Trauer wert.´


    Es gibt, wie ich glaube eine komplette Aufnahme mit Sjaljapin, weißt Du, ob die irgendwo zu haben ist?


    Vielel Grüße
    hami1799

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