Beethoven-Sinfonien - VIER Dirigenten und EIN Orchester Vol. 1 - Die Wiener Philharmoniker

  • Meine Lieben


    Im Rahmen unseres eigentlich zufällig entstandenen "Beethoven - Schwerpunkt -Programmes" möchte ich einen weiteren Thread hinzufügen - Wenn er angenommen wird ist es gut - wenn nicht - auch gut.


    Als ich die neue Thielemann Kassette mit Beethovens Sinfonien unter Thielemann erwarb, da wurde mir irgendwie vor Augen geführt, wie viele Aufnahmen dieses Orchester von diesem Zyklus unter den verschiedensten hochkarätigen Dirigenten in den letzten Jahren gemacht hat. Nein - Herbert von Karajan war (eigenartigerweise) nicht dabei - er blieb -zumindest in diesem Sektor den Berlinern treu - vermutlich auch eine Folge des damaligen Exklusivvertrages, vielleicht auch weil Karl Böhm - zu dem er - wenn meine Informationen stimmen - ein gutes Verhältnis hatte - eine derartige Aufnahme gemacht hatte.


    Ich habe vie - meiner Meinung nach recht verbreitete Aufnahmen hier zusammengestellt, an Hand derer man sich die Frage stelolen kann - ob die Wiener Philharmoniker - wie so oft behauptet wird - ein Klangideal haben, von dem sie nicht abrücken - oder ob verschiedene Dirigenten auch zu (signifikant !) verschiedenen Ergebnissen kommen.


    Die vier Kandidaten sind


    Karl Böhm
    Claudio Abbado
    Simon Rattle
    Christian Thielemann


    Vier Charaktäre - ein Orchester.
    Auch wenn hier manche anderer Meinung sein sollten - ich verlange keine wissenschaftliche Analyse - sondern einzelne subjektive Eindrücke - das kann natürlich üblicherweise kein Vergleich zwischen zwei Zyklen sein (wer das aber fertigbringt - warum nicht ?) oft auch nicht von zwei Sinfonien. Schon der Vergleich von 2 einzelnen Sätzen eine Aufnahme kann erhellend sein....
    Es genügen umgangssprachliche Beschreibungen - die sollten aber möglichst präzise und treffend abgefasst worden sein....


    Mal sehen ob der Thread auf Interesse stösst.....


    mit freundlichen Grüßen aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Ich begrüße die Idee dieses Threads, verschiedene Dirigenten mit ein und demselben Orchester bei Beethovens Symphonien zu betrachten.


    Allerdings sollte man dann doch vollständig sein. Es liegen in der Tat exakt sieben komplette Beethoven-Zyklen mit den Wiener Philharmonikern vor (Quelle).



    Beethoven: Symphonien Nr. 1–9
    Wiener Philharmoniker
    Wilhelm Furtwängler
    EMI [Nr. 1–7], Orfeo [Nr. 8], Tahra [Nr. 9], 1948–1954




    Beethoven: Symphonien Nr. 1–9
    Wiener Philharmoniker
    Hans Schmidt-Isserstedt
    Decca, 1965–1969




    Beethoven: Symphonien Nr. 1–9
    Wiener Philharmoniker
    Karl Böhm
    DG, 1970–1975




    Beethoven: Symphonien Nr. 1–9
    Wiener Philharmoniker
    Leonard Bernstein
    DG, 1977–1979




    Beethoven: Symphonien Nr. 1–9
    Wiener Philharmoniker
    Claudio Abbado
    DG, 1985–1988




    Beethoven: Symphonien Nr. 1–9
    Wiener Philharmoniker
    Sir Simon Rattle
    EMI, 2000–2002




    Beethoven: Symphonien Nr. 1–9
    Wiener Philharmoniker
    Christian Thielemann
    Sony, 2008–2010



    Selbst wenn man Furtwängler nicht gelten lassen will (man muß auf verschiedene Label zurückgreifen, um einen kompletten Wiener Zyklus zusammenzustellen; es gibt zudem verschiedene Neunte mit den Wienern, habe mal die von 1952 ausgewählt), verbleiben doch sechs andere. Schmidt-Isserstedt (der oft vergessen wird) ist komplett vergriffen, aber einzeln bekommt man ihn noch mit etwas Mühe. Dasselbe gilt für Abbado. Das aber nur am Rande. Ich finde schon, man sollte – wenn schon – alle Zyklen berücksichtigen.


    Ich werde mich später noch im Detail äußern.


    :hello:

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Vorweg gesagt: Thielemanns Aufnahmen kann man für sich genommen eigentlich nicht viel vorwerfen. Das Orchester spielt sehr gut und wird seinem weltweiten Ruf insofern gerecht. Nur: Das gewisse Etwas erkenne ich bei diesem Zyklus mitnichten. Um mal den Vorwurf der Voreingenommenheit gegen die Person Thielemann zu relativieren: Das gilt übrigens auch für den Zyklus von Rattle (sogar noch mehr). Beide spielen klangschön (Thielemann noch ausgeprägter), aber irgendwie auch langweilig auf Dauer. Da gibt's heutzutage zuhauf Konkurrenz, die das interessanter macht: Järvi, Dausgaard, Pletnev, Immerseel usw.


    Aber auch wenn man mit den voran gegangenen Aufnahmen der Wiener Philharmoniker vergleicht, die diese bei Beethoven gemacht haben, dann kann ich mich des Eindrucks nicht erwehren, daß Furtwängler, Schmidt-Isserstedt, Böhm, Bernstein und Abbado Essentielleres geschaffen haben. Bei Furtwängler waren es m. E. allerdings doch eher seine Berliner Aufnahmen (mit Ausnahme der vorzüglichen Vierten, Siebten und Achten), die ich als mit zur Spitze der Beethoven-Interpretation zählen würde. Böhms (letzte) Aufnahme der Neunten ist eine der besten, die es in der Diskographie gibt. Abbados "Eroica" sticht als besonders gelungen hervor. Bei Bernstein schließlich sind alle bis auf die etwas laue Fünfte herausragend (die Fünfte führte er quasi ersatzweise dafür kurz davor mit dem Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks exemplarisch auf). Gegen diese Aufnahmen kommen Thielemann und Rattle nicht an. Und offenbar ist das keine Einzelmeinung, denn ich lese seltenst das Gegenteil.


    Insgesamt geht bei der Kombination Beethoven/Wiener Philharmoniker für mich die Krone an Leonard Bernstein. Was er in den 70er und 80er Jahren mit diesem Orchester aufgenommen hat, stellt für mich persönlich das Gros an den herausragendsten Aufnahmen aus Wien überhaupt dar: Seine Interpretationen der Symphonien von Mozart, Haydn, Beethoven, Schumann, Brahms, Bruckner, Sibelius und Mahler mit den Wiener Philharmonikern sind heute und auch noch in hundert Jahren mit die besten Aufnahmen, die je von diesen Werken gemacht wurden. Hier waren die Wiener Philharmoniker auf ihrem absoluten Zenit und haben Weltklasse-Niveau abgeliefert. Dafür liebe ich dieses Orchester. Leider kam seit den 90er Jahren wenig dergleichen nach. Eher enttäuschend fand ich z. B. auch die Zweite von Sibelius unter Salonen von 2010, die er in Wien aufgeführt hat. Es ist also nicht nur die Person Thielemann, nein. Insgesamt gibt es seit ca. 1990 wenige wirklich herausragende Aufnahmen der Wiener Philharmoniker. Und das stimmt mich traurig.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Vorweg: Die Brahms-Sinfonien mit Bernstein und den Wiener Philharmonikern finde ich nicht herausragend. Die Vierte ist vielleicht noch die beste. Alle anderen genannten in dieser Kombination sind natürlich erste Wahl.


    Insgesamt gibt es seit ca. 1990 wenige wirklich herausragende Aufnahmen der Wiener Philharmoniker. Und das stimmt mich traurig.


    Ich finde das auch traurig! Und aus der Zeit nach 2000 habe ich auf die Schnelle auch nichts gefunden, was die Behauptung widerlegen könnte. Aber aus der Zeit von 1990-2000 gibt es doch sehr Beachtliches, was sogar Referenzstatus beanspruchen kann:



    Für diese Aufnahme verzichteten die Wiener Philharmoniker auf einen Großteil ihres Honorars. So geldgierig sind sie also nicht:



    Strauss und Debussy:



    Sorry, das war natürlich off topic. Aber man muss unterscheiden zwischen der Divergenz von Hype um einen Dirigenten und der abgelieferten künstlerischen Qualität einerseits und den Verdiensten eines der besten Orchester der Welt andererseits.

  • Bleiben wir bei Beethoven:


    Ich habe eigentlich bewusst nur 4 Dirigenten ausgewählt - jene die ich einerseits für die in diesem Zusammenhang besten halte, die tontechnisch einigermaßen am Stand der Zeit sind, und die noch verfügbar sind.


    Zitat

    Das Orchester spielt sehr gut und wird seinem weltweiten Ruf insofern gerecht. Nur: Das gewisse Etwas erkenne ich bei diesem Zyklus mitnichten.


    Eigentlich sollte es ja auch so sein. Aber andrerseits muß es denoch genug Leute geben, die doch ein "gewisses Etwas" hineininterpretieren - oder heraushören- denn sonst wäre die Aufnahme ja nicht so umstritten, und von gewissen Kreisen angefeindet.
    Ich muß gestehen, daß ich mir eine viel getragenere, bombastische Sichtweise vorgestellt habe, nach all den Beschreibungen. Und ich war eher überrascht über ein teils teuriges, teils lyrisches Spiel, das stellenweise allerdings ausgekostet wurde. Es wurde hier gar nicht erst der Versuch gemacht künstlich "originell" oder "interessant" zu klingen, sondern man spielt mit der selbstverständlichen Gelassenheit von Künstlern, die wissen daß sie nicht nur "gut" sind, sondern eine der wenigen Referenzen in dieser tristen Zeit unter einem Dirigenten mit ausgeprägtem Eigencharakter, der nichts forcieren muß um sich zu profilieren, denn Profil ist in ausreichendem Maß vorhanden.
    Es handelt sich um die Aufnahme eines progressiven Konservativen, einerseits doch anders als man es in der Vergangenheit gewohnt war - andrerseits nicht auf der Suche nach "spannenden", weil verfälschenden Neudeutungen.
    Wenn manchem Kammerorchester der zweiten Reihe oder nordischem Provinzorchester der Vorzug gegeben wird - so entlockt mir das heute nicht mal mehr ein müdes Lächeln. Andere wieder schätzen "jugendorchester" aus aller Herren Länder, oder Ochester, welche sich aus gebesserten Ex-Insassen von Besserungsanstalten rekrutieren. Seis drum....


    Bleiben wir aber sachlich: Bei der neuen Aufnahme unter Christian Thielemann handelt es sich um eine Aufnahme unserer Zeit, welche dem romantischen Beethovenbild nahesteht - und dieses - nach Jahren des Schweigens dieser Richtung - wiederbelebt. Es finden sich hier keine "Experimente" keine Suche nach "neuen Lesarten" von Beethoven, sondern ein persönlich gefärber Beethovenstil, der die Vorzüge Thielemanns aufzeigt....


    Bernmstein habe ich in diesem Zusammenhang nicht erwähnt, denn meiner Meinung nach sind die Aufnahmen mit den New Yorker Philharmonikern wesentlich eindrucksvoller als jene unter den Wienern. Das mag zum einen daran liegen, daß die DGG nicht unbedingt für den offenen Klang ihrer Konzertmitschnitte berühmt ist, zum anderen daran, daß Bernstein zwar vielleicht am Höhepunkt seines Ruhmes stand, aber seine allerbeste Zeit schon hinter sich hatte - zumindest hatte ich subjektiv diesen Eindruck, als ich vor Jahren diese Aufnahmen hörte)


    Nun zu den Aufnahmen unter Karl Böhm. Er war wohl - wenn auch nicht Chefdirigent des Orchesters - diese Position gibt es bei den Wiener Philharmonikern nicht - der ideale Dirigent für dieses Orchester. Noch heute wird er mit ihm in Verbindung gebracht. Simon Rattle soll bei der Aufnahme der Beethoven Sinfonien verwundert gewesen sein, wie sehr Böhms Einfluß das Orchester noch weit über dessen Tod hinaus geprägt hatte.

    Während Böhm jedoch Karajan in Sachen Mozart, Haydn und Schubert stets übertrumpfte, gelang ihm das in Sachen Beethoven nicht. Zu übermächtig war der Beethoven Zyklus der sechziger Jahre unter Karajan, der alle Konkurrenten in den Schatten stellte - zumindest in der öffentlichen Wahrnehmung. Ich dürfte wohl einer der enigen gewesen sein, der Böhms Beethovenzyklus über jenen von Karajan stellte. Ein Wiener Philharmoniker, den ich vor Jahren zufällig in einem Plattenladen in der Operngasse traf, und den ich nach seiner persönlichen Meinung zwischen Karajans Berliner Zyklus, und jenen Wiener mit Böhm befragte, meinte, daß die Wiener Aufnahme etwas "weicher" gelungen sein, was von manchen nicht als optimal emfunden wurde. Ein Konzertführer der 70 er Jahre bezeichnete die Wiener Aufnahme indes als "tiefgründige Ausdeutung"
    Ich gestehe, daß ich diese Aufnahme jener von Karajan vorziehe. Die neue Thielemann Aufnahme - wie stufe ich sie ein ?
    Sie ist mit sicherheit eine der besten Einspielungen unserer Zeit. Ob ich sie eines Tges mit der Böhm -Aufnahme auf eine Stufe stelle - das ist eine Frage, die ich mir - von Böhms Klangästhetik geprägt - noch selber nicht beantworten kann. Man sollte Prägung - auch wenn man sich ihrer voll bewusst ist - nicht unterschätzen....


    Über Abaddos Wiener Einspielung und jene unter Rattle (ich war an einem der Vormittagskonzerte, wo mitgeschnitten wurde durch einen Zufall sogar im Publikum) werde ich in den nächsten Tagen schreiben.


    mit freundlichen Grüßen aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Hallo Alfred,


    1. Bei den Thielemann-Einspielungen handelt es sich in der Tat um Aufnahmen unserer Zeit, welche dem romantisierenden Beethovenbild nahestehen. Aber es sind eben keine herausragenden Interpretationen. - Anders gesagt: Warum sollte ich Thielemann kaufen, wenn ich Karajan bereits besitze? Thielemann bleibt mit seinen rückwärtsgewandten Interpretationen jedoch weit hinter Karajan zurück.


    2. Die Zeit der Vormachtstellungen großer traditionsreicher Orchester ist doch längst vorbei. Die Gründung neuer oder neu zusammengewürfelter Orchester stehen immer mal wieder auf der Tagesordnung. Welche hohe Qualität auch solche Orchester in sehr schneller Zeit erreichen, zeigen die Aufnahmen des Chamber Orchestra of Europe oder des Lucerne Festival Orchestra.


    3. Es geht um die Sache der Musik. Da sollte der Name des Orchesters keine Rolle spielen, um zu beurteilen, ob eine Aufnahme gut oder nicht gut ist. Herbert Kegel hat viele ganz ausgezeichnete Aufnahmen mit einem deutschen Rundfunkorchester gemacht! - Anders gesagt: Warum sollten nicht auch kleinere oder noch wenig bekannte Orchester ausgezeichnete Musik machen? Warum nicht auch eindrucksvollere Aufnahmen als die Wiener, die Berliner Philharmoniker oder andere große traditionsreiche Orchester?


    :hello: LT

  • Insgesamt geht bei der Kombination Beethoven/Wiener Philharmoniker für mich die Krone an Leonard Bernstein. Was er in den 70er und 80er Jahren mit diesem Orchester aufgenommen hat, stellt für mich persönlich das Gros an den herausragendsten Aufnahmen aus Wien überhaupt dar: Seine Interpretationen der Symphonien von Mozart, Haydn, Beethoven, Schumann, Brahms, Bruckner, Sibelius und Mahler mit den Wiener Philharmonikern sind heute und auch noch in hundert Jahren mit die besten Aufnahmen, die je von diesen Werken gemacht wurden. Hier waren die Wiener Philharmoniker auf ihrem absoluten Zenit und haben Weltklasse-Niveau abgeliefert. Dafür liebe ich dieses Orchester.


    Ich habe mich auch gewundert, warum Alfred im Startbeitrag gerade den interessantesten Beethoven-Zyklus der Wiener PH mit Bernstein (DG) nicht nennt !?!
    Das ist auf seine Ersteindrücke zurückzuführen, die er vor Jahren auf LP gemacht hat. Alfred hatte schon mehrfach berichtet, dass er auch die Klangqualität und die räumliche Abb der des Aufnahmeortes weniger schätzte. :!: Auf CD gilt diese DG-GA als eine der klangbesten Beethoven-Zyklen ! ;) Das wäre doch eine Überprüfung wert ?
    Zustimmung, dass Bernsteins New Yorker - GA noch eindrucksvoller ist. :thumbdown: Nicht zustimmen, kann ich bei der Feststellung, das Bernstein das er seine beste Zeit schon hinter sich hatte. Ich sage: Bernstein hatte seine beste Zeit erst am † 14. Oktober 1990 hinter sich.


    Die in Beitrag1 genannten 4 Beethoven-Zyklen interessieren mich nicht besonders. Die aus diesen Zyklen gewonnen Eindrücke hatten mich nicht zufriedengestellt (aus den unterschiedlichsten Gründen).
    Für mich gilt des halb auch ganz klar : :thumbup: Bernstein hat für die Wiener Beethoven-Zyklen die Krone verdient. Den kann man wegen vor Jahren gemachter persönlicher Eindrücke hier nicht unterschlagen.

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Insgesamt geht bei der Kombination Beethoven/Wiener Philharmoniker für mich die Krone an Leonard Bernstein. Was er in den 70er und 80er Jahren mit diesem Orchester aufgenommen hat, stellt für mich persönlich das Gros an den herausragendsten Aufnahmen aus Wien überhaupt dar: Seine Interpretationen der Symphonien von Mozart, Haydn, Beethoven, Schumann, Brahms, Bruckner, Sibelius und Mahler mit den Wiener Philharmonikern sind heute und auch noch in hundert Jahren mit die besten Aufnahmen, die je von diesen Werken gemacht wurden. Hier waren die Wiener Philharmoniker auf ihrem absoluten Zenit und haben Weltklasse-Niveau abgeliefert. Dafür liebe ich dieses Orchester. Leider kam seit den 90er Jahren wenig dergleichen nach. Eher enttäuschend fand ich z. B. auch die Zweite von Sibelius unter Salonen von 2010, die er in Wien aufgeführt hat. Es ist also nicht nur die Person Thielemann, nein. Insgesamt gibt es seit ca. 1990 wenige wirklich herausragende Aufnahmen der Wiener Philharmoniker. Und das stimmt mich traurig.

    Die Krone Beethoven/Orchester geht für mich an die Wiener Philharmoniker. Ob sie heute wirklich nicht mehr Weltspitze sind, wer will das mit Bestimmtheit sagen. Auch die Toningenieure bei EMI und DGG haben gewechselt. Es werden hier leider nur immer Aufnahmen aus der Konserve verglichen. Die, die in Berlin bei Thielemann dabei waren, haben das auch etwas differenzierter dargestellt. Ich erinnere mich an eine Sechste von Tschaikowsky aus der Berliner Philharmonie mit den Berlinern unter Solti, das war einzigartig und nicht wiederholbar. Nach dem Abhören von vielen Beethoven-Sinfonien in letzter Zeit mit so viel verschiedenen Orchestern und Dirigenten (Kleiber, Järvi, Herreweghe, Mackerras, Krivine, Abbado, Solti, Böhm, Cluytens, Furtwängler, Knappertsbusch, Wand, Kubelik, Karajan, Gielen, von Dohnanyi, und anderen) bleibt als Fazit: Es sind die Wiener Philharmoniker, der seidige Klang der Violinen, diesem Orchester könnte ich stundenlang zuhören, ohne müde zu werden. Das schließt aber keineswegs aus, das bei der einen oder anderen Sinfonie auch andere Orchester ihre Meriten haben.


    LG, Bernward


    "Nicht weinen, dass es vorüber ist
    sondern lächeln, dass es gewesen ist"


    Waldemar Kmentt (1929-2015)