Der individuelle, ideale Beethoven-Zyklus – Wie sieht er bei euch aus?

  • Ich greife mal einen Vorschlag auf, den der geschätzte Bernward andernorts gemacht hat:


    Zitat von Bernward Gerlach

    [...] ich würde für später einmal vorschlagen, eine Umfrage zu starten, welche Beethoven-Sinfonie von 1 - 9 (vielleicht je 3) am besten gefällt mit welchem Orchester und welchem Dirigenten (das könnten sowohl Sinfonien aus Zyklen als auch aus Einzelaufnahmen sein). Vielleicht gäbe es einige Überraschungen.


    Nach all den dirigentenspezifischen Beethoven-Zyklus-Threads also einmal ein individueller, bei dem alles erlaubt ist.


    Die Spielregeln sind somit gleichsam bereits definiert, aber nochmal in Stichpunkten:


    - jeder darf pro Symphonie (Nr. 1–9) bis zu drei Aufnahmen nominieren, die seines Erachtens die jeweils besten sind; Begründungen sind erlaubt, aber nicht vorausgesetzt


    - es dürfen sämtliche Aufnahmen, die je für Schallplatte/CD/DVD usw. gemacht wurden, genannt werden; es ist egal, ob die Aufnahmen Mono oder Stereo, analog oder digital, live oder Studio, problemlos erhältlich oder vergriffen sind, ob sie aus Gesamtzyklen oder Einzelaufnahmen sind – sie müssen lediglich exisistieren


    Es ist nahezu ausgeschlossen, daß zwei völlig identische Antworten kommen werden – das macht die Sache allerdings nur noch spannender.


    Auf eine große Teilnahme hoffend


    Joseph
    :hello:

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Lieber Joseph,


    ich verstehe die Fragestellung des Threads nicht. Und ich verstehe seine Motivation nicht.


    Der Begriff „idealer Beethoven-Zyklus“ ist für mich nicht definiert. Es gibt keinen idealen Beethoven-Zyklus. Weder von einem Dirigenten noch durch Einzelaufnahmen mehrerer Dirigenten. - Im Übrigen ist auch keine der Beethovenschen Sinfonien "ideal" - überhaupt, in welcher Beziehung denn bitte "ideal"?


    Die Werke sind so vieldimensional, dass es nicht möglich ist, allen ihren Aspekten mit einer einzigen Aufführung gerecht zu werden. Spielt jemand beispielsweise die kinetischen Energien aus (Paavo Järvi, Gardiner), so bleibt etwas von der Majestät der Werke (die etwa bei Furtwängler und Klemperer erfahrbar wird) auf der Strecke und umgekehrt. Geht jemand einen Mittelweg wie der junge Karajan, so fehlt an beiden Enden etwas. Hebt jemand die Klangschönheit (späterer Karajan) oder die Klassizität (Böhm) der Werke hervor, so fehlt das Revolutionäre, das Innovative der Werke (etwa bei Norrington wäre dies hörbar). Und einer wie Celi macht auf einmal Nebenstimmen hörbar, die weder HIP noch Pfitzner freigelegt hatten. Ich brauche darum für mein Beethoven-Glück mehrere Aufnahmen und freue mich schon jetzt auf die Entdeckungen, die uns in zehn, zwanzig Jahren diesbezüglich noch bevorstehen.


    Natürlich können uns einzelne Aufnahmen überzeugen, ja, wir mögen versucht sein, diese für ideal zu halten. Zum einen hängt es von unseren persönlichen Vorlieben ab, ob das passiert. Du, lieber Joseph, kommst mit Furtwängler sehr gut zurecht (übrigens auch ein Urenkel des deutschen Idealismus‘, der sich gerne als Humanismus tarnt). Andere brauchen die Spielfreude und Transparenz der HIP-Szene. Wieder andere das Bauchmusizieren eines Bernstein. – Zum anderen hängt es davon ab, wie unser Beethoven-Bild gewachsen ist, wie unsere Vorprägung aussieht. Wer seinen Beethoven mit Klemperer, Karajan, Bernstein kennengelernt hat, für den können Gardiner und Järvi plötzlich die Offenbarung sein. Natürlich theoretisch auch umgekehrt. - Was wir für ideal halten, sagt eher etwas über uns selbst: Unsere Vorlieben und unsere Prägungen.


    Ferner möchte ich gerne ins Spiel bringen, dass diese Werke so viele innere Qualitäten haben, dass sie selbst bei Leugnung einiger Vorgaben des Komponisten (Sforzati, Tempo als absolute Metronomvorgabe, Tempo als Charakterbezeichnung, z. B. con brio, con moto) überzeugen. Das merkt man ja bei Aufnahmen von Furtwängler. Vieles, was in der Partitur steht, wird nicht beachtet, und trotzdem ist man überwältigt. Zum einen bleibt genug Substanz dieser Werke übrig, zum anderen war Furtwängler ein dramaturgischer Titan, dessen Eigenanteile beim Darstellen der Musik so viel beitragen, dass die Defizite, die auf der Seite der Umsetzung von Beethovens Vorschriften vorhanden sind, kompensiert werden.


    Beides zusammen – die hohe Qualität der Musik und die Abhängigkeit der Wirkung einer Interpretation von unserer Vorprägung – ist maßgeblich dafür verantwortlich, dass ein neuer Beethoven-Zyklus als „ganz neue Sicht“ gefeiert werden kann. Ich nehme es den Kritikern ab, wenn sie das schreiben! Und zwar weil ich dieselben Erfahrungen auch gemacht habe: Etwa mit Harnoncourt, mit Gardiner, mit Järvi. Aber nicht immer: Mit Mackerras und Hogwood habe ich keine oder nur in geringem Maße neue Erfahrungen gemacht.


    Das bedeutet aber nicht, dass ich die Zyklen von Harnoncourt, Gardiner, Järvi für ideal halten würde – sie haben mir nur Aspekte der Musik nahegebracht, die mir bis dato nicht bekannt waren. Und sie hatten ein schlüssiges Gesamtkonzept, das (mich) die Werke als Einheit wahrnehmen ließ. - Letzteres habe ich z. B. bei Krivine ab und an vermisst.


    Dass Du auf der Suche nach Idealen bist, sagt mehr über Dich und Dein Weltbild aus als über die reale Existenz von Idealen. – Es gab eine Zeit, da suchte man Ideale. Die ideale Musik, die ideale Sinfonie, den idealen Menschen, das ideale Volk, die ideale Rasse, … Übrigens schon im 19. Jahrhundert. Ich spiele also nicht in erster Linie auf die dunkelsten tausend Jahre deutscher Geschichte an, obwohl seinerzeit die für die Philosophen längst überwundene Suche nach Idealen bei der breiten Masse noch einmal Urständ feierte und politisch ausgeschlachtet wurde. – Ich werfe Dir Deine Suche nach Idealen nicht vor (suche nur! Die Suche nach Idealen ist vermutlich der einzige Weg, diese Grundhaltung zu überwinden), doch bleibe wachsam, dass Du nicht nach einer perfekten blauen Blume suchst, wo Du real existierende Blumen mit ihren Unvollkommenheiten, aber auch ihren individuellen Schönheiten mit einem einzigen Griff erreichen könntest.


    (In einem Max Reger, 1873-1916, zugeschriebenen Witz kommt ein Mann in ein Zeitschriftengeschäft und verlangt die Zeitschrift "Ideale Nacktheit". Der Verkäufer ruft ins Hinterzimmer: "Trude, hoschd du die 'Ideale Nacktheit' hinne?" - "Nee, Schorsch, du muschd se vorne hawwe". - So viel zum Umgang mit dem Wort "ideal" im 19. Jhd.)


    Es passt zu Deiner Suche nach dem Ideal, dass du Einspielungen mit Furtwängler, Knappertsbusch, Klemperer und anderen so magst. Auch diese Dirigenten wurden noch in einer Zeit geprägt, die an die Existenz absoluter Ideale glaubte. Ich sage nur: ideale Nacktheit ... :hello::hello::hello:

  • Lieber Wolfram,


    erstmal danke für die Reaktion.


    Die Fragestellung des Threads ist vielleicht weniger tiefgründig als du eventuell denkst. Sie kam mir gestern Abend ganz spontan auf Anregung durch Bernward im Beethoven/Chailly-Thread. Daß es nicht "den" idealen Beethoven-Zyklus gibt, ist uns allen vermutlich klar. Aber ein plakativer Threadtitel lockt oft mehr Mitschreiber an als ein anderer (ist das nicht auch Alfreds Devise? :D). Da eben ein einziger idealer Zyklus kaum definierbar ist, habe ich pro Symphonie auch drei "ideale" Aufnahmen erlaubt. "Individuell" meint eigentlich: für jeden einzelnen ideal, also für das Individuum ideale Aufnahmen. Anders gesagt: Vielleicht hätte man den Thread eher "Der subjektive ideale Beethoven-Zyklus" nennen sollen. Wäre das klüger?


    Die Motivation ist eigentlich primär folgende: Welche Aufnahmen werden von anderen Taminos als "ideal" empfunden? Welche lohnen also der Anschaffung? Ich sehe es insofern als Anregung, hier einige Tipps zu bekommen, die ich noch nicht kannte. Es sollte hier mal ohne Beschränkung die Möglichkeit geschaffen werden, besonders herausragende Aufnahmen zu benennen, ohne immer gleich den gesamten Zyklus dieses und jenes Dirigenten mit anführen zu müssen. Zudem kommen auf die Weise auch Dirigenten zum Zuge, die eben keinen kompletten Zyklus aufgenommen haben.


    Als ich geistig schon versuchte meinen idealen Zyklus zusammenzustellen, fiel mir natürlich auch auf, daß es extrem schwierig ist, selbst wenn man jeweils drei Aufnahmen benennen darf. Ich warte daher selbst noch ab und versuche nochmal in mich zu gehen.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Hallo Wolfram, Hallo Joseph II,


    früher gab es mal den "Thread" Aufnahme für die einsame Insel. Wie wäre es, die Überschrift so zu wählen: Wenn ich jede der neun Beethoven-Sinfonien nur ein-, zwei- oder dreimal haben könnte, welche sollte/müsste auf jeden Fall dabei sein?


    Das bedeutet allerdings, dass man sich die eine oder andere noch einmal anhören müsste, vor allem die älteren Aufnahmen (Celi, Kna, Klemp, HvK, Kleiber, Böhm, Solti, Abbado, von Dohnanyi, Walter u.a.), da man sich bei der großen Anzahl der vorhandenen Aufnahmen nicht mehr an alle aus dem Gedächtnis heraus erinnern kann, welche nicht fehlen dürfte. Ein Unterfangen, auf einen längeren Zeitraum angelegt, dass sich sicherlich lohnen dürfte. Aber er ist vielleicht auch nur etwas für Beethoven-Fans. Die gibt es aber bei tamino, nicht nur Experten. Die gibt es natürlich auch, zwei davon habe ich eingangs schon genannt. Mal sehen, was Norbert dazu sagt.


    LG, Bernward


    "Nicht weinen, dass es vorüber ist
    sondern lächeln, dass es gewesen ist"


    Waldemar Kmentt (1929-2015)


  • Mal sehen, was Norbert dazu sagt.


    Hallo Bernward,


    Wolfram hat's schon gut dargelegt.


    Das Suchen nach dem Ideal ist bei Beethoven wahrscheinlich schwieriger als bei jedem anderen Komponisten, denn zum einen dürften bei keinem anderem Komponisten derart viele Aufnahmen exisitieren und zum anderen ist die von Wolfram sehr gut ausgearbeitete Vielschichtigkeit wohl ausgesprägter als bei (so gut wie?) allen anderen Komponisten.


    Bei Beethoven wurde vor ca. 40-30 Jahren in größer werdendem Umfang damit begonnen, "dem Original auf den Spuren zu kommen". Mit beispielsweise dem Collegium Aureum Anfang der 70er oder mit Michael Gielen Anfang der 80er standen Aufnahmen zur Verfügung, die mit Originalinstrumenten eingespielt wurden und/oder Beethovens Metronomangaben zur Grundlage einer Interpretation machten.
    Gleichzeitig wurde und wird immer noch Beethoven in spätromantischer (Dirigenten-)Tradition aufgeführt.


    Bei Bruckner hat man's heutzutage noch leichter: Fast überall wird das "Weihrauchfass geschwenkt" und herrscht der "breite Pinsel vor". Ein Paavo Järvi z.B. spielt nur einen Beethoven nach "modernem Stand der Forschung", aber keinen Bruckner oder keinen Mahler. Ganz vereinzelt kommen bei Bruckner (und Mahler) die ersten Einspielungen auf dem Markt, die das nachholen, was bei Beethoven vor spätestens 30 Jahren begann.


    Diese Tendenz hat natürlich Auswirkungen auf die Auswahl der "Ideale". Es gibt sicherlich einige "Allzeitfavoriten" einzelner Sinfonien für mich, aber vieles ist bei mir auch "tagesformabhängig". WAs heute ein Favorit ist, weil ich einen "strahlenden Beethoven" hören möchte, ist es morgen wohl nicht mehr, wenn ich ihn "schlanker" und "transparenter" mag.


    Bei Bruckner und Mahler z.B. könnte ich wahrscheinlich drei Favoriten zu jeder Sinfonie benennen (bei Bruckner wird's bei den verschiedenen Fassungen ein breites Unterfangen ;) ), bei Beethoven wohl kaum.
    Ein "Ideal" suche ich bis heute z.B. bei der 9. Karl Böhm 1972 ohne Jess Thomas wäre eins oder Christoph Spering ohne Daniel Borwowski (Baß).


    Natürlich kann man drei Aufnahmen jeder Sinfonie für die "einsame Insel" versuchen zu benennen; es wäre ein ganz interessantes Spielchen (und so von Joseph II wohl auch gemeint). Bloß auch ein sehr schwieriges, wenn nicht gar zu schwieriges...

    Grüße aus der Nähe von Hamburg


    Norbert


    Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten.

    Gustav Mahler


  • Werte Leser,


    der Beitrag von Bernward hat mich zum Nachdenken angeregt. Und wenn man einfach mal reduziert, einfach mal darüber nachdenkt, was einem an einem Zyklus gefällt, also seinem Typus als Hörer folgt.


    Was Wolfram sagt. ist völlig korrekt; besteht hier nicht auch die Gefahr sich zu verlieren? Für mich ist bewußte Auswahl gefragt. Die Schwiergikeiten einer kleinen Besetzung in der Ausführung der Symphonien reizen mich ungemein. Oder einen "Riesentanker" eines Großorchesters beweglich zu halten.


    Kriterien, eine Zyklus abzulehnen, gibt es genug. Auch meine Favoriten sind nicht "astrein". Aber macht das nicht einen Reiz aus, neue Interpretationen zu hören, sich auf seine Tamino`s zu verlassen (man kann nicht alles kaufen!!!) und sich leiten zu lassen. Ich brauche nicht bei jedem Zyklus "mitschreiben", meinen Senf dazugeben.


    Beethoven hat eine Musik geschrieben, die sich noch in den Interpretationen im Gehalt multipliziert. Allen Aspekten dieser Musik gerecht zu werden schafft kaum eine Interpretation. Muss sie das denn schaffen? Wie Wolfram schon sagt, schlicht nein.


    Viele Grüße Thomas

  • Trotz aller Vorbehalte, die Wolfram mit Recht nennt, finde ich das Thema "seine persönlichen Beethoven-Favoriten" aller 9 Sinfonien zu nennen, sehr interessant.


    Wolfram hat das etwas zu eng gesehen - natürlich kann es keinen wirklich "idealen Beethoven-Zyklus" geben; aber die subjektive persönliche Zusammenstellung der favorisierten Aufnahmen der 9 Sinfonien von verschiedenen Taminos wäre schon sehr interessant zu lesen !


    :!: Wir haben dieses Spiel (mehr ist es ja nicht) auch schon bei Bruckner und ich glaube auch bei Mahler durchgeführt - mit Erfolg und großem Zuspruch. Ich selber habe auch vor Jahren meine favorisierten Aufnahmen aller Schostakowitsch - Sinfonien in den entsprechenden Threads gepostet. Ich fand das alles sehr anregend.
    Klar, dass dies auch ein Bild des entsprechenden Taminos wiederspiegelt, wenn er seine TOP-Aufnahmen bekannt gibt !
    Bei mir wäre zum Beispiel kein historisches Mono dabei. :stumm:



    :!: Ich habe erst diese Woche an anderer Stelle einen solchen Thread über die Beethoven-Favoriten gesehen (im hifi forum). Der Beitrag von mir war schon 5-6Jahre alt. Damals sah die Welt noch anders aus und ich stellte fest, das meine Favoriten damals noch sehr Karajan-lastig waren !


    :) Ich möchte auch heute meine Beethoven-Favoriten noch nicht auswählen, da ich das für mich erst noch geneuer prüfen möchte. Die Antworten sind nämlich, wie Josef auch schreibt, gar nicht so einfach und da möchte ich auch erst einmal in mich gehen.


    :thumbsup: Aber eines steht heute bereits ohne lange Überlegung fest - die Sinfonie Nr.5 wird nach wie vor in den Karajan-Aufnahmen (DG) von mit favorisiert; und da ist es auch ganz egal welche der 3 DG-Aufnahmen - die sind für mich alle Drei umwerfend.
    Bei 3 möglichen Nominierungen muss allerdings unbedingt noch Bernstein / Bayerisches RSO München (DG, Benefiz Konzert 17.Okt 1976) als Favorit dabei sein, denn dagegen sind die anderen Bernstein-Aufnahmen laue Lüftchen (besonders die aus Wien). :angel: Das ist Dramatik in seiner höchsten Vollendung !

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Wir haben dieses Spiel (mehr ist es ja nicht) auch schon bei Bruckner und ich glaube auch bei Mahler durchgeführt - mit Erfolg und großem Zuspruch. Ich selber habe auch vor Jahren meine favorisierten Aufnahmen aller Schostakowitsch - Sinfonien in den entsprechenden Threads gepostet. Ich fand das alles sehr anregend.

    Deshalb würde ich es sehr begrüßen, wenn es im neuen Jahr gelänge, dass sich Liebhaber und Sammler von Beethoven-Sinfonien dazu durchringen könnten. Leider ist das möglicherweise zeitaufwendig, dessen bin ich mir bewusst. Aber mich würde dennoch brennend interessieren, die Meinung der taminos zu erfahren und zu sehen, was hinten rauskommt.


    LG, Bernward


    "Nicht weinen, dass es vorüber ist
    sondern lächeln, dass es gewesen ist"


    Waldemar Kmentt (1929-2015)


  • Dann starte ich mal einen Versuch (im Wissen, unzähligen Aufnahmen unrecht zu tun). In Klammern steht immer eine Alternative:


    I. DSO Berlin/Wand 1994 live (BPO/Furtwängler 1954 live)


    II. NDR-SO/Wand 1999 live (Bremer PStO/Knappertsbusch 1952 live)


    III. BBC SO/Barbirolli 1967 Studio (Bremer PStO/Knappertsbusch 1951 live)


    IV. NDR-SO/Wand 2001 live (WPO/Furtwängler 1953 live)


    V. BPO/Furtwängler 1947 live (BRSO/Bernstein 1976 live)


    VI. BPO/Furtwängler 1954 live (NPO/Klemperer 1970 live)


    VII. BSO/Bernstein 1990 live (NPO/Klemperer 1970 live)


    VIII. ByStO/Knappertsbusch 1959 live (NPO/Klemperer 1970 live)


    IX. PO/Klemperer 1957 live (NDR-SO/Wand 1986 Studio)

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Ich kann momentan nur zur ersten Sinfonie etwas Substanzielles sagen, und das beruht auf den Hörerfahrungen, die ich hier (und darüber) mit schwachen Worten zu beschreiben versuchte.


    Mein Favoriten für die erste wären:


    1. Furtwängler 1952 oder Klemperer 1957 - im Zweifelsfalle Furtwängler
    2. Leonard Bernstein, Wiener Philharmoniker
    3. Nikolaus Harnoncourt


    Damit habe ich das genannte Limit von drei Aufnahmen erreicht. Für HIP wäre Gardiner meine Empfehlung, für die Versöhnung von HIP mit modernen Instrumenten greife man zu einer der spannendsten Beethoven-Sichten auf dem Markt: Paavo Järvi. Gardiner und Järvi sind auch diejenigen, die versuchen, Beethovens Tempovorschriften so nahe wie möglich zu kommen.


    Nur aus dem Bauch und auf Grund längst verblasster Hörerlebnisse kann ich noch sagen:


    Sinfonie Nr. 2: Wand, Harnoncourt
    Sinfonie Nr. 3: Klemperer (Studio), Bernstein WPO, Harnoncourt, Paavo Järvi
    Sinfonie Nr. 4: Wand, Harnoncourt
    Sinfonie Nr. 5: Furtwängler BPO 1943, Karajan 1961, C. Kleiber
    Sinfonie Nr. 6: Furtwängler WPO 1952, Bernstein WPO, Harnoncourt
    Sinfonie Nr. 7: C. Kleiber, Hogwood
    Sinfonie Nr. 8: Paavo Järvi
    Sinfonie Nr. 9: Furtwängler 1942 (Briem, Höngen, Anders, Watzke), Furtwängler 19. April 1942, Wand


    Ich hoffe, in zwei, drei Monaten etwas Substanzielles zur 6. Sinfonie sagen zu können ...

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  • So sähe es zurzeit bei mir aus:


    Sinfonie1: Wand, Herreweghe, Chailly
    Sinfonie 2: Järvi, Harnoncourt, Leibowitz
    Sinfonie 3: Gielen, Abbado, Solti (WPO)
    Sinfonie 4: Kleiber, Gardiner, Abbado (BPO 2. Einspielung)
    Sinfonie 5: Kleiber, Karajan, Solti (WPO)
    Sinfonie 6: Böhm, Krivine, Harnoncourt
    Sinfonie 7: Kleiber, Bernstein, Solti (WPO)
    Sinfonie 8: Herreweghe, Chailly, Järvi
    Sinfonie 9: Böhm, Bernstein, Wand


    Nicht endgültig. Weiteres Hören erforderlich. Aber erst einmal ein Anfang.


    LG, Bernward


    "Nicht weinen, dass es vorüber ist
    sondern lächeln, dass es gewesen ist"


    Waldemar Kmentt (1929-2015)


  • Ei, da mache ich auch einmal mit –
    jedoch nenne ich nur eine Alternativ-Aufnahme:


    Sinfonie 1: GOL, Masur; NDR., Wand
    Sinfonie 2: RCO, Sawallisch; Orch. o.t. Eigth of Enlightenment, Fischer
    Sinfonie 3: DSO Berlin, Nagano, Cincinnati SO., Gielen
    Sinfonie 4: RFPh., Herreweghe; Bay. SO, Kleiber
    Sinfonie 5: BPO, Karajan; Kleiber (WPO)
    Sinfonie 6: PO., Giulini; Böhm, BFO, Fischer
    Sinfonie 7: BSO, Bernstein; Kleiber (WPO)
    Sinfonie 8: GOL, Chailly; Philad. Orch., Muti
    Sinfonie 9: SWR SO., Gielen; WPO, Böhm


    Auch noch nicht endgültig, denn … ich komme mit dem Vergleichshören einfach nicht nach … :(

    Einer der erhabensten Zwecke der Tonkunst ist die Ausbreitung der Religion und die Beförderung und Erbauung unsterblicher Seelen. (Carl Philipp Emanuel Bach)

  • Der Begriff „idealer Beethoven-Zyklus“ ist für mich nicht definiert. Es gibt keinen idealen Beethoven-Zyklus. Weder von einem Dirigenten noch durch Einzelaufnahmen mehrerer Dirigenten. - Im Übrigen ist auch keine der Beethovenschen Sinfonien "ideal" - überhaupt, in welcher Beziehung denn bitte "ideal"?


    Im einleitenden Texte von Joseph kommt das Wort ideal überhaupt nicht vor. Nur in der Überschrift. Und Überschriften sind nach deutschem Presserecht nicht gegendarstellungspflichtig. :thumbup:


    Ich finde den Thread interessant, kann und will mich aber nicht direkt beteiligen, weil ich heute heute jene Aufnahme für mich favorisiere, morgen eine andere. Mit Zyklen kann ich fast nichts anfangen - alles mit.... Das finde ich langweilig. Deshalb würde ich mir ganz im Sinne der Fragestellung von Joseph lieber meinen individuellen Zyklus zusammenstellen. Bei mir hätten Scherchen und Mackerras vordere Plätze. Und Leibowitz, der bisher nicht genannt wurde. Auch Bruno Walter bitte nicht zu vergessen. Nach einer "idealen" Pastorale suche ich bis heute. Den meisten Dirigenten gelingt der Einstieg nicht, oder sie unterschätzen das betörende, erlösende Motiv nach dem Gewitter.


    Ich bin gespannt auf die Fortsetzung.


    Rheingold

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • Vorneweg entschuldige ich mich umgehend für den dämlichen Anglizismus. Er stammt nicht von mir, sondern von iregndeinem Werbefritzen von Universal ;)


    Ich erinnerte mich nur, als ich Josephs Eingangsbeitrag las, sofort an die Mahler Box, die eine von Klassikhörern zusammengestellte Einspielung aller Symphonien mit verschiedenen Dirigenten enthielt:




    So ähnlich hatte ich dieses Thema hier auch verstanden; Wolframs Einwände sind in gewisser Weise berechtigt, aber so man den Anspruch ein wenig zurückfährt und das Wort 'ideal' etwas umgangssprachlicher auffasst, erübrigen sie sich doch weitgehend. Herauskommen kann dann einfach das, was Universal für Mahler versucht hat, nur ohne die Beschränkungen der Labelgrenzen.


    Tamino's Edition :jubel:


    Ich werde jedenfalls nach einigem Hören auch mal meine Favoriten in den Ring werfen, vielleicht zeichnen sich bei reger Beteiligung ja tatsächlich Tendenzen ab. Der große Erkenntnisgewinn wird in diesem Thema sicher nicht zu finden sein, aber eine unterhaltsame und anregende Zusammenstellung dürfte am Ende schon dabei herauskommen.

    'Architektur ist gefrorene Musik'
    (Arthur Schopenhauer)

  • Wolfram hat das etwas zu eng gesehen


    Im einleitenden Texte von Joseph kommt das Wort ideal überhaupt nicht vor. Nur in der Überschrift. Und Überschriften sind nach deutschem Presserecht nicht gegendarstellungspflichtig.


    Wolframs Einwände sind in gewisser Weise berechtigt, aber so man den Anspruch ein wenig zurückfährt und das Wort 'ideal' etwas umgangssprachlicher auffasst, erübrigen sie sich doch weitgehend.


    Ja, Ihr habt alle Recht - ich habe überzogen reagiert.


    Ich kenne Josephs Vorliebe für "old style"-Dirigenten wie Furtwängler, Knappertsbusch, Klemperer. Als ich dann "ideal" las (und ein Feature über "Idealvorstelllungen des 19. Jhds.", das ich vor wenigen Wochen im Radio hörte, noch im Hinterkopf hatte), machte es bei mir "Klick" - und Joseph hat es abgekriegt.

  • Entschuldigung angenommen :D


    Aber schade eigentlich, das Thema hätte nämlich, wenn auch nicht in Josephs Sinne, interessant werden können.


    Man könnte aber dennoch mal ein wenig über den deutschen Idealismus und dessen musikästhetische Sichtweisen plaudern..
    So käme auch meine Signatur noch zu Ehren. Schellings Einordnung der Musik in die Reihe anorganischer Künste ist schon interessant, aber ich bin da zugegeberweise dann auch nicht so firm in der Thematik... :(
    Aber vielleicht habe ich ja mal wieder Zeit dazu, mich mehr damit zu beschäftigen...

    'Architektur ist gefrorene Musik'
    (Arthur Schopenhauer)

  • Liebe Forianer,


    eine Reduzierung auf ein Optimum ist mitunter nicht verkehrt...



    Sinfonie Nr. 1: NDR-SO, Wand; AoAM, Hogwood; LCP, Krivine


    Sinfonie Nr. 2: RPO, Leibowitz; AoAM, Hogwood; LCP, Krivine


    Sinfonie Nr. 3: PO, Klemperer (EMI-Studio); SCOÖ, Dausgaard; LCP, Krivine


    Sinfonie Nr. 4: BaySO, C. Kleiber; DSO, Wand; AoAM, Hogwood


    Sinfonie Nr. 5: CSO, Reiner; SCOÖ, Dausgaard; LCP, Krivine


    Sinfonie Nr. 6: WP, Böhm; BaySO, C. Kleiber; LCP, Krivine


    Sinfonie Nr. 7: CSO, Reiner; SCÖO, Dausgaard; AoAM, Hogwood


    Sinfonie Nr. 8: BP, Abbado; AoAM, Hogwood; LCP, Krivine


    Sinfonie Nr. 9: NDR-SO, Wand; SCOÖ, Dausgaard; LCP, Krivine



    :hello: LT

  • Schade, dass so wenige Taminos hier mitmachen.
    Es ist sicher keine leichte Aufgabe, wenn man das Thema ernst nimmt. Ansonsten sind schnell mal neun Sinfonien mit Dirigenten zusammengestellt.
    In den letzten 2 Wochen habe ich durch Hördurchgänge einiges nochmal aufgefrischt um zu einem angemessenen Ergebnis zu kommen.


    :thumbsup: Seit sicher, bei diesen Beethoven-Aufnahmen geht es zur Sache, da ist Feuer angesagt:


    Sinfonie Nr. 1: Bernstein / NY PH (SONY, 64) --- P.Järvi / DKBremen (SONY, Live 2010) --- Dohnanyi / NDR SO (2010)


    Sinfonie Nr. 2: Leibowitz / RPO (Chesky, 60) --- Bernstein / NY PH (SONY, 64) --- Solti / CSO (Decca, 90, DDD)


    Sinfonie Nr. 3: Bernstein / NY PH (SONY, 64) --- Bernstein / WPO (DG, 1974) --- Solti / CSO (Decca, 90, DDD)


    Sinfonie Nr. 4: Bernstein / NY PH (SONY, 62) --- Solti / CSO (Decca, 1975, ADD) --- Dohnanyi / NDR SO (2010)


    Sinfonie Nr. 5: Karajan / Berliner PH (DG) --- Bernstein / Bay.RSO (DG, 1986) --- Solti / Wiener PH (Decca, 58 !!)


    Sinfonie Nr. 6: Karajan / Berliner PH (DG, 1984, DDD)


    Sinfonie Nr. 7: P.Järvi / DKBremen (SONY, 2010) --- Karajan / Berliner PH (DG, 77 - 2.Satz 62) --- Bernstein / NY PH (SONY, 64)


    Sinfonie Nr. 8: Bernstein / NY PH (SONY, 64) --- Solti / CSO (Decca, 90, DDD) --- Dohnanyi / NDR SO (2010)


    Sinfonie Nr. 9: Mackerras / Liverpool PO (EMI) --- Leibowitz / RPO (Chesky, 60)



    Noch ein paar Worte dazu:
    Könnte ich mehr als drei Dirigenten/Sinfonie nominieren, wären noch einige Szell (SONY)-Aufnahmen dabei ! Der sollte nicht in Vergessenheit geraten.

    Bei der Sinfonie Nr.5 hatte ich mit Karajan (DG) und Bernstein Bayern 1986 (DG) eigendlich nur diese 2 Favoriten auf der Liste. :thumbup: Erst diese Woche habe erreichte mich Solti mit den WPO von 1958. Die kann sich in diese 3er-Gruppe in ihrer hochdramatischen Aussagekraft voll einreihen. Alle späteren Solti-Aufnahmen der 5 mit dem CSO haben nicht dieses glühende Feuer --- eine Sternstunde aus Wien !

    Bei der Pastorale habe ich im Prinzip nur den genannten einen Favoriten. Mir gefallen zwar auch Solti, Bernstein, Leibowitz, Szell gut, aber mein wirklicher Favorit ist hier tatsächlich nur einer ...


    Bei der Sinfonie Nr.9 nenne ich nur diese Beiden, weil das die Einzigen sind, bei denen der 4.Satz für mich einigermassen stimmig ist. Aber noch wichtiger ist die straffe Sichtweise bei der die Gesamtspielzeit bei ca 1 Stunde bleibt !

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Es war so schwer wie erwartet drei Favoriten pro Sinfonie zu benennen. Somit sorry an Harnoncourt, Vänskä, Mackerras (Liverpool) oder Gardiner. Sie hätten es auch verdient, genannt zu werden, ebenso wie Carl Schuricht bei der "Eroica", Klemperer bei der 3. oder 9., Wand bei der 9., Ozawa bei der 7., Colin Davis bei der 3., Bernstein mit seiner letzten Aufnahme (Beethovens 7.), Karajan mit seiner Live-Aufnahme zur Eröffnung der Philharmomie (9.) usw...


    Nominiert wurden dann schlußendlich:


    1.: Paavo Järvi (Deutsche Kammerphilharmonie Bremen, RCA, 2008 ), Paul Kletzki (Tschechische Philharmonie, 1968, Supraphon), Béla Drahos (Nicolaus Esterházy Sinfonia, Naxos, 1995).


    -Järvi bietet sehr frische, spritzige Tempi auf, Kletzki ein fantastisches Orchestrspiel und Drahos eine selten gehörte "Farbigkeit"


    2.: Rafael Kubelik (SO des Bayer. Rdfs., Audite, 1971), Roger Norrington (London Classical Players, Virgin, 1997), Heinrich Schiff (Deutsche Kammerphilharmonie Bremen, Berlin Classics, 1993)


    -alle drei Aufnahmen betonen Beethovens "Sturm und Drang" Zeit und interpretieren die Sinfonie als wichtige Vorstufe zur "Eroica"


    3.: Michael Gielen (Cincinnatti Symphony Orchestra, Moss Music Group, 1980), Pierre Monteux (Concertgebouw Orchester, Philips, 1962), Carlo Maria Giulini (LA Philh. Orch., DGG, 1978 )


    -mit Gielen lernte ich Beethovens rasante Tempi bei Beachtung der Metronomangaben kennen, der 87-jährige Monteux liefert ein Musterbeispiel an Esprit und "lebensbejahender Größe", und Giulinis majestätische Grandezza ist in der Ausführung mit dem engagierten Orchester singulär


    4.: Philippe Herreweghe (Royal Flemish Philharmonic, Pentatone, 2005), Carlos Kleiber (Bayer. Staatsorch., Orfeo, 1982), Heinrich Schiff (Deutsche Kammerphilharmonie Bremen, Berlin Classics, 1992)


    -bei Herreweghe klingt es von der ersten bis zur letzten Note inspiriert, farbig, schwungvoll, einfach "richtig", Kleiber ist einfach ein "beseelter Klassiker" und Schiff ist rhythmisch straff und präzise und ebenfalls sehr inspiriert


    5.: Sir Georg Solti (Wiener Philharmoniker, Decca, 1990), Carlos Kleiber (W. Ph., DGG, 1975), Pierre Monteux (London Symphony Orchestra, Decca, 1964)


    -alle drei Dirigenten spielen das so oft „repertoiremäßig abgenudelte“ Werk so, als ob es sich um eine Neukomposition handelt. Solti entdeckt „auf seine alten Tage“ die Originaltempi, Kleiber ist an Spielfreude und Präzision kaum zu überbieten, und Monteux glänzt mit französischem Esprit und großer Rafinesse


    6.: Karl Böhm (Wi. Ph., DGG, 1971), Sir Neville Marriner (Academy-of-St.-Martin-in-the-Fields, Philips, 1985), Ernest Ansermet (Orchestre de la Suisse Romande, Decca, 1959)


    -die drei Aufnahmen, bei denen für mich die größte Atmosphäre vermittelt wird.


    7.: René Leibowitz (Royal Philh. Orch., Scribendum, 1961), Claudio Abbado (W. Ph., DGG, 1987), Pierre Monteux (LSO, Decca, 1961)


    -Leibowitz liefert von der ersten bis zur letzten Sekunde Hochspannung, Abbado verdient die Nominierung schon wegen des Finales, und Monteux weiß sowohl mit Schwung als auch mit einer individuellen Interpretation zu gefallen.


    8.: Riccardo Chailly (Gewandhausorch., Decca, 2008 ), Emanuel Krivine (La Chambre Philharmonique, naïve, 2010), Michael Gielen (SWR Sinfonieorchester, hänssler, 2000)


    -drei Aufnahmen, bei denen keine so oft gehörte „Gemütlichkeit“, kein kompositorischer Rückschritt gegenüber der 7. Sinfonie aufkommt, sondern der Beethovensche Humor und der Schwung exemplarisch ausgearbeitet wird.


    9.: Karl Böhm (W.Ph., DGG, 1970), Christoph Spering (Das Neue Orchester Köln, Phoenix, 2007), Charles Munch (Boston Symphony Orch., Sony, 1958 )


    -Karl Böhm bietet die “majestätischste” aller mir bekannten Aufnahmen auf, Spering zeigt, dass auch mit „hippen Mitteln“ die Großartigkeit der Sinfonie aufgezeigt werden kann, und Munch ist der „feurigste“, der leidenschaftlichste Dirigent, den ich bei diesem Werk kenne.


    So weit meine –selbstverständlich subjektiv geprägte- Liste. Zu vielen der hier aufgezählten Aufnahmen habe ich mich in den entsprechenden Threads zu den Sinfonien ausführlicher geäußert. Falls es dennoch Fragen geben sollte, bitte melden… ;)

    Grüße aus der Nähe von Hamburg


    Norbert


    Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten.

    Gustav Mahler


  • Lieber Norbert,


    vielen Dank für Deine höchst interessante Liste! Viele Namen sind dabei, die man nicht von vorneherein erwartet. Da mag ich die Stunden vor dem CD-Player nur ahnen, in denen diese Liste entstanden ist.


    Macht Lust auf mehr, macht neugierig! Danke!! :hello:

  • Tamino Beethoven_Moedling Banner
  • Lieber Wolfram,


    danke für Deine Reaktion. :) Es ist wohl wahr, in den letzten Wochen hatte ich mir etliche Beethoven-Aufnahmen zu Gemüte geführt, denn trotz Deiner und dann meiner anfänglich geäußerter Skepsis hatte ich Lust bekommen, mir mal "mein" Beethoven-Ranking zu erstellen.


    Bei einigen Aufnahmen mußte ich nicht lange überlegen. Trotz Jess Thomas als grausam knödelnder Solist wird wohl Karl Böhm noch länger der Maßstab bei der 9. bleiben, Michael Gielen fasziniert mich bei der Eroica jedes Mal aufs neue, auch wenn das Metronom und die Beachtung der entsprechenden -angaben keine Sensation mehr darstellt, und bei Herreweghe und der 4. Sinfonie habe ich jedes Mal das Gefühl "so und nicht anders wird's gemacht".


    Aber bei der 1. Sinfonie beispielsweise oder bei der 7., abgesehen von Leibowitz, hatte ich mir noch gar keine Gedanken darüber gemacht, welche Aufnahme ich favorisiere und warum. Beides herauszufinden hat in der Tat etwas gedauert.


    Aber die "Entdeckungsreise" hat Spaß gemacht, zumal die daraus resultierende Liste in einigen Teilen eine "Momentaufnahme" ist -sowohl bei Dir als auch bei mir. Es bleibt also spnannend... ;)

    Grüße aus der Nähe von Hamburg


    Norbert


    Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten.

    Gustav Mahler


  • Danke für die bisher recht rege Teilnahme! War die Idee so falsch doch nicht. :D


    Einige Anregungen habe ich bereits gesehen. Z. B. Norberts mehrfache Verweise auf Pierre Monteux (dessen Aufnahmen leider tlw. nicht ganz leicht zu bekommen sind).


    Bzgl. Beethoven IX/Böhm kann man noch auf seine allerletzte Aufnahme von 1980 verweisen, da erspart man sich Jess Thomas (einen meiner Lieblingstenöre, kenne aber die 1970er Aufnahme nicht, vielleicht ist er ja echt schlimm) und bekommt Domingo. Allerdings ist es schon eine sehr extreme, langsame Interpretation, wenngleich auch auf einem Niveau, das man selten findet. Vielleicht gar meine liebste Böhm-Aufnahme? Wer weiß.


    :hello:

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Lieber Joseph II,


    eine Horizonterweiterung kostet derzeit noch nicht einmal einen Euro... ;)



    Böhms Aufnahme aus 1980 ist in sofern erstaunlich, als daß es Böhm in der Tat schafft, die teilweise extremen Tempi mit Spannung zu füllen und weil er als einer der ganz wenigen Dirigenten überhaupt das Schlußprestissimo beachtet.
    Aber die 1970er Einspielung hat für mich erheblich mehr Schwung und ist an positiver Klangpraqcht und -schönheit kaum zu überbieten.


    Tja und Jess Thomas? Ich mag ihn ebenfalls sehr, ibs. als Stolzing in der Keilberth-Einspielung, aber es wird mir ein ewiges Rätsel bleiben, weswegen er für diese 9. verpflichtet wurde. Er singt in einem "Einheitsausdruck", in einem "Einheitsforte" und ohne den Anschein, als ob er wüßte, was er singt.
    Der fantastische Karl Ridderbusch kann ihn leider nicht gänzlich kompensieren.

    Grüße aus der Nähe von Hamburg


    Norbert


    Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten.

    Gustav Mahler


  • Bei einigen Aufnahmen mußte ich nicht lange überlegen. … Michael Gielen fasziniert mich bei der Eroica jedes Mal aufs neue, auch wenn das Metronom und die Beachtung der entsprechenden -angaben keine Sensation mehr darstellt, und bei Herreweghe und der 4. Sinfonie habe ich jedes Mal das Gefühl "so und nicht anders wird's gemacht".


    Aber bei der 1. Sinfonie beispielsweise oder bei der 7., abgesehen von Leibowitz, hatte ich mir noch gar keine Gedanken darüber gemacht, welche Aufnahme ich favorisiere und warum …


    Hallo Norbert, habe ebenfalls Deine Liste »studiert« – gefällt mir sehr gut. Bei Gielens 3. sowie Herreweghes 4. denke ich genau so.
    Hatte schon vermutet, dass die Dritte mit Leibowitz in Deiner Liste auftauchte …


    Auf jeden Fall neue Anregung, gewissen Aufnahmen nachzuspüren … Merci! :hello:

    Einer der erhabensten Zwecke der Tonkunst ist die Ausbreitung der Religion und die Beförderung und Erbauung unsterblicher Seelen. (Carl Philipp Emanuel Bach)

  • Da ich bisher ja nur zwei Aufnahmen pro Symphonie benannt habe, nun noch jeweils eine dritte Option:


    I. Leningrader PO/Mrawinskij 1982 live


    II. WPO/Bernstein 1978 live


    III. WPO/Bernstein 1978 live


    IV. Leningrader PO/Mrawinskij 1973 live


    V. Leningrader PO/Mrawinskij 1972 live


    VI. Leningrader PO/Mrawinskij 1982 live


    VII. WPO/Bernstein 1978 live


    VIII. WPO/Bernstein 1978 live


    IX. Schwedisches KO/Dausgaard 2009 Studio


    (Alles in Stereo)


    Natürlich hätte es noch andere Möglichkeiten gegeben, aber ich habe mich jetzt spontan dafür entschieden.


    :hello:

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Hallo Norbert, habe ebenfalls Deine Liste »studiert« – gefällt mir sehr gut. Bei Gielens 3. sowie Herreweghes 4. denke ich genau so.
    Hatte schon vermutet, dass die Dritte mit Leibowitz in Deiner Liste auftauchte …


    Auf jeden Fall neue Anregung, gewissen Aufnahmen nachzuspüren … Merci! :hello:


    Hallo Maurice,


    ja, bei der 3. Sinfonie war es besonders schwierig.


    Leibowitz hätte benannt werden können (wie auch bei der 4. oder 5.), Karl Böhm mit den Berliner oder den Wiener Philharmonikern, Bernstein mit dem NY Philharmonic, die oben schon genannten Schuricht oder Davis, Riccardo Chailly, als Geheimtipp Eugen Jochum (Concertgebouw), es war sehr, sehr schwer...

    Grüße aus der Nähe von Hamburg


    Norbert


    Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten.

    Gustav Mahler


  • ...nicht zu vergessen Otto Klemperer...

    Grüße aus der Nähe von Hamburg


    Norbert


    Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten.

    Gustav Mahler


  • Lieber Norbert,


    deine Beethoven-Favoriten-Liste überrascht insofern, als dass Du mit Dirigentennamnen aufwartest, die man in Deinen Beiträgen wenig oder gar nicht gelesen hat.
    Ein interessantes Ergebnis.


    Zustimmen kann ich Dir auch, dass Leibowitz öfter genannt werden könnte als geschehen. So ging es mir in meiner Liste auch (nur bei 2 und 9) - 4 und 5 hätte er auch verdient.


    Solti und die Fünfte:
    Vor Kurzem (Weihnachten 2011) wäre ich noch nicht auf die Idee gekommen, das Solti in meiner Favoritenliste auftauchen könnte. Ich war nämnlich zuerst von seiner zu braven und langsamen Analogaufnahme (in der GA) etwas enttäuscht; später lam die Digitale mit dem CSO dazu, in der er den Beethovenschen Metronomangaben schon weit näher kommt und eine saubere Fünfte abliefert - für die Liste hätte es nicht gereicht.
    :!: Nun erreichte mich nach Weihnachten die seine alte Aufnahme mit den Wiener PH (Decca, 1958.) ! Was er dort an Dramatik, sprühendem Feuer und auch vom Tempo flott abliefert - wie gesagt - eine Sternstunde aus Wien ! Die gehörte klar in meine Liste ! Mich wundert, das seine beiden o.g. späteren Aufnahmen mit dem CSO dagegen doch so krass abfallen.


    8o Nun berichtest Du von Soltis 4.Aufnahme der Sinfonie Nr.5 - auch mit den WPO (Decca, 1990), die an erster Stelle in deiner Liste steht !??! Da würde mich ein Vergleich mit seiner 58er-Aufnahme interessieren ?
    Wie ich gesehen habe ist die CD leider ziemlich teuer an Land zu ziehen. Aber ich halte die Aufnahme/CD im Auge (schon wegen der interessanten Kopplung = Schost 9) !
    Ich nehme an, Du kennst die 58er-Aufnahme nicht und kannst daher keine Vergleichseinschätzung machen ?

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Ich schreibe mal aus dem Bauch heraus und nenne die, zu denen ich jetzt greifen würde (daher also auch erstmal pro Sinfonie nur eine Aufnahme:


    1. Carl Schuricht
    2. Ernest Ansermet
    3. Schmidt-Isserstedt
    4. Wilhelm Furtwängler
    5. Hans Knappertsbusch
    6. Paul Kletzki (mit dem Orchestre National de Paris!)
    7. Ernest Ansermet
    8. Karl Böhm
    9. Jascha Horenstein (Wiener, Patzak, Hoengen, Lipp)


    So weit das Blitzlicht!


    Liebe Grüße vom Thomas :hello:

    Früher ist gottseidank lange vorbei. (TP)
    Wenn ihr werden wollt wie eure Väter waren werdet ihr so wie eure Väter niemals waren.

  • Lieber Norbert,


    deine Beethoven-Favoriten-Liste überrascht insofern, als dass Du mit Dirigentennamnen aufwartest, die man in Deinen Beiträgen wenig oder gar nicht gelesen hat.
    Ein interessantes Ergebnis.


    Lieber Wolfgang,


    es freut mich allegemein sehr, daß meine Liste zu einigen Kommentaren anregt.


    Wirklich überraschend dürfte dort hauptsächlich die Nennung von Monteux und Ansermet sein. Beide Zyklen der Beethoven-Sinfonien hatte ich mir letztes Jahr geleistet und mit großer Begeisterung gehört.


    Beide Dirigenten sind ein wenig in Vergessenheit geraten, wenngleich ihre Namen zumindest im französischen und russischen Repertoire ab und an noch genannt werden, aber als "Beethoven Spezialisten" sind sie nicht bekannt.
    So unterschiedlich sie in ihrer individuellen Ausprägung auch sein mögen (Monteux bietet eher französischen Esprit auf und Ansermet klassizistische Strenge), so sehr eint beide das Bemühen, sich von der in den 60ern noch vorherrschenden "Romantisierung" und "Titanisierung" Beethovens zu lösen. Das Ergebnis ist in beiden Fällen sehr hörenswert und höchst spannend.


    Zitat

    Solti und die Fünfte:
    Vor Kurzem (Weihnachten 2011) wäre ich noch nicht auf die Idee gekommen, das Solti in meiner Favoritenliste auftauchen könnte. Ich war nämnlich zuerst von seiner zu braven und langsamen Analogaufnahme (in der GA) etwas enttäuscht; später lam die Digitale mit dem CSO dazu, in der er den Beethovenschen Metronomangaben schon weit näher kommt und eine saubere Fünfte abliefert - für die Liste hätte es nicht gereicht.
    :!: Nun erreichte mich nach Weihnachten die seine alte Aufnahme mit den Wiener PH (Decca, 1958.) ! Was er dort an Dramatik, sprühendem Feuer und auch vom Tempo flott abliefert - wie gesagt - eine Sternstunde aus Wien ! Die gehörte klar in meine Liste ! Mich wundert, das seine beiden o.g. späteren Aufnahmen mit dem CSO dagegen doch so krass abfallen.


    8o Nun berichtest Du von Soltis 4.Aufnahme der Sinfonie Nr.5 - auch mit den WPO (Decca, 1990), die an erster Stelle in deiner Liste steht !??! Da würde mich ein Vergleich mit seiner 58er-Aufnahme interessieren ?
    Wie ich gesehen habe ist die CD leider ziemlich teuer an Land zu ziehen. Aber ich halte die Aufnahme/CD im Auge (schon wegen der interessanten Kopplung = Schost 9) !
    Ich nehme an, Du kennst die 58er-Aufnahme nicht und kannst daher keine Vergleichseinschätzung machen ?


    Es ist wohl wahr, beide zyklischen Aufnahmen der 5. Sinfonie sind viel zu konventionell, zu "brav", als daß sie über dem Durchschnitt liegen würden, aber der "reife Solti" bietet neben rhythmischer Präzision auch feuriges Temperament und Spielfreude auf, so daß er für mich auf jeden Fall in die Liste gehört.


    Die frühe Aufnahme kenne ich leider nicht, habe sie aber auf dem Wunschzettel, da ich vor Jahren die Aufnahme der Eroica und den W.Ph. hörte und von ihr sehr angetan war.


    Die 1990er Aufnahme habe ich in Kopplung mit Mendelssohns 4. Diese Aufnahme ist aber auch kein Schnäppchen (aber trotzdem bezahlbar ;) ).


    Grüße aus der Nähe von Hamburg


    Norbert


    Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten.

    Gustav Mahler


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