Hitparade Orgelbach

  • Johann Sebastian hat 17 CDs voll Orgelmusik komponiert, die will sich bestimmt nicht jeder komplett anhören.
    Auch ich habe bei einigen CDs Schwierigkeiten wachzubleiben.


    Was sind die besten / anhörenswertesten Stücke? Wie gut sind sie interpretiert? Wie gut sind sie aufgenommen? Bitte jeweils Punktwerte von 1 (Grotte) bis 10 (ganz wahnsinnig phantastisch) vergeben, also z. B. BWV 577, Helmut Walcha - 8 - 9 - 4 (für Stück-Interpretation-Klang), wenn möglich mit einer darauffolgenden Begründung, ggf. sogar mit Angaben, welche Orgel, welche CD.


    Damit es nicht allzu unübersichtlich wird, sollten sich Mitstreiter auf 10 Stücke beschränken, ein Stück = eigene BWV (1080 allerdings bitte mit näheren Angaben).

  • Als Liebhaber von Bachs Orgelkompositionen habe ich keine Probleme damit, mir sein gesamtes Werk anzuhören - natürlich nicht hintereinander weg, das wäre doch etwas zu monoton. Aber ich sehe Bachs Kompositionen für die Orgel als einen wesentlichen Bestandteil seines Schaffens, bin sogar überzeugt, daß seine Kompositionstechnik wesentlich von diesem Instrument her angelegt ist.


    Ich habe mir vor Jahren die bei Berlin Classics erschienenen Einspielungen des Bachschen Orgelwerks auf Silbermann-Orgeln angeschafft. Verschiedene berühmte Organisten wie Hans Otto, Hannes Kästner, Christoph Albert, Robert Köbler u.v.a. waren seinerzeit an dem Projekt beteiligt. Wenn ich nun meine Favoriten nennen soll, wie es m-müller vorschlägt, komme ich zunächst, zur Jahreszeit passend, auf BWV 769, die „Canonischen Veränderungen über das Weyhnachtslied 'Vom Himmel hoch'“. Hier liegt eines der kompositorisch tiefsten und musikalisch reifsten Werke vor, das Bach an Orgelmusik überhaupt hinterlassen hat.


    Für das Werk halte ich die 1714 errichtete dreimanualige Orgel des Freiberger Domes mit ihren 44 Registern, die damit ein großes Klangfarbenspektrum aufweist, für eine ideale Wahl. Und auf dieser Orgel hat Christoph Albrecht Bachs Komposition interpretiert. Sie bietet für BWV 769, ein kontrapunktisch-komplexes Werk, mehr als adäquate Voraussetzungen, wie die CD beweist. Die Grundgewalt des 32’ Pedals und das gravitätische Silbermann-Plenum lassen auf spektakuläre Weise die „Canonischen Veränderungen“ als barocke „Orgelsinfonik“ majestätischen Zuschnitts erscheinen, dem sich der Hörer einfach nicht entziehen kann.


    Manchmal frage ich mich, ob man mehr die Komposition oder mehr das Silbermann-Instrument bewundern soll. Wenn ich früher sehr für Helmut Walcha geschwärmt habe, ziehe ich diese Einspielung dennoch dessen Interpretation vor.


    Liebe Grüße vom

    .


    MUSIKWANDERER

  • Hallo Musikwanderer,


    ich lasse gerade 769 von Walcha laufen, es wurde 1950 auf der Orgel der Kirche St. Peter und Paul in Cappel aufgenommen.


    Es ist kein Stück, das ich bisher häufig gehört habe (habe es natürlich oft als Kirchenlied gesungen) und in der vorliegenden Aufnahme erscheinen mir auch die Schwächen des Klangs im Vergleich zu den Meriten überwiegend, auf den Lautsprechern hört es sich schon etwas dünn an, auf Kopfhörern noch dünner, zudem rauscht es ordentlich. Ab ca. 9:30 Minuten wird es zudem katastrophenartig schrill. Der Klang liegt eher so im 2-3 Punkte-Bereich.


    Die Interpretation ist allerdings makellos, wie von Walcha nicht anders zu erwarten.


    Den Bau des Stückes selbst möchte ich an dieser Stelle noch nicht beurteilen, ich muß mal auf modernere Einspielungen wechseln.


    Jetzt läuft die Fagius-Einspielung, 1989 auf der restaurierten Cahman-Orgel der Kristinen-Kirche in Falun, Schweden, aufgenommen. Fagius verwendet im Wesentlichen gedeckte Register, was bei Walcha zu schrill klang, ist hier jetzt eher zu zurückhaltend. Das ändert sich allerdings nach ca. 5 Minuten, dann kommen auch etwas höhenlastigere Register zum Zuge. So, wie Fagius das Stück spielt, erscheint es mir allerdings nicht sonderlich inspirierend, auch wenn es zum Schluß (ab ca. 9 Minuten) an Dramatik und Klarheit gewinnt. So, wie es sich hier präsentiert, wäre es eine 5-5-7.


    Die letzte Aufnahme, mit der ich hier aufwarten kann, ist 2000 von Corti auf der 1986 erstellten Tamburini-Orgel der Kirche Santa Maria Segrata eingespielt worden.


    Die Verzierungen sind hier nicht so dominant gegenüber der Melodiestimme wie bei Walcha und Fagius, die Struktur erscheint mir klarer durchhörbar, die eingesetzten Register sind angenehm, nicht zu warm, nicht zu scharf, allerdings reißt mich das Stück jetzt auch noch nicht vom Hocker. Es ist ein gutes Stück mit feinen Verästelungen, aber aus meiner Sicht noch keines von den großen Highlights. Diese Version würde ich mit 7-7-8 bewerten.


    Auf eine Version mit Silbermann-Orgel kann ich leider nicht zurückgreifen.

  • Was sind die besten / anhörenswertesten Stücke?


    Schwierig - und Geschmackssache. Ich würde versuchen, eine repräsentative Auswahl treffen.


    Grob zerfallen die Orgelwerke Bachs in zwei Gruppen: Choralgebundene Werke (also die, die in irgendeiner Form einen Choral, d. h. ein Gemeindelied als Grundlage haben) und "freie" Orgelwerke (alle anderen).


    Hermann Keller hat in seiner immer noch lesenswerten (gleichwohl in vielen Werturteilen sicher überholten) Darstellung "Die Orgelwerke Bachs" die Werke in folgende Abschnitte eingeteilt:


    - Jugendwerke (Lüneburg, Arnstadt I, ca. 1700 - 1705)
    - Arnstadt II und Mühlhausen (ca. 1706 - 1708')
    - Weimar (1708 - 1717)
    - letzte Weimarer und Cöthener Jahre (1717 - 1723)
    - Leipzig I (1723 - 1730)
    - Spätwerk


    Die "freien Werke" sind vor allem die Präludien, Toccaten, Fantasien und Fugen, dazu die Passacaglia (gehört in jede Auswahl), die Pastorella, die Canzona, das Allabreve. Dazu die Triosonaten und die Bearbeitungen von Vivaldi-Konzerten. Ich empfehle:


    - Jugendwerke: Präludium und Fuge C-Dur BWV 531
    - Arnstadt II und Mühlhausen: Toccata und Fuge d-moll BWV 565, Passacaglia c-moll BWV 582
    - Weimar: Konzerte a-moll und d-moll, "kleine" Fuge g-moll BWV 578, Fantasie G-Dur BWV 572
    - letzte Weimarer und Cöthener Jahre: Präludium und Fuge a-moll BWV 543, Fantasie und Fuge g-moll BWV 542, Toccata und Fuge F-Dur BWV 540
    - Leipzig I: Triosonaten c-moll BWV 526 und G-Dur BWV 530
    - Spätwerk: Präludium und Fuge e-moll BWV 548, Präludium und Fuge Es-Dur BWV 552


    Bei den Choralbearbeitungen müsste ich mal sehen ... das ist etwas unübersichtlicher. Ich melde mich!

  • Ich möchte selbst ein Stück zur Diskussion stellen, keines der ganz bekannten, ist auch nicht mein Top-Favorit (das ist 538 ), aber ich finde es geradezu berauschend gut, ich kann es mir 5 mal hintereinander anhören und öfter, und es dauert gerade mal 3´13 (Corti).


    Es kommt in kleinen, federnden Bögen daher, mit hoher Geschwindigkeit, sozusagen als Vollgas-Stück, und verbreitet Kraft und gute Laune. Es hat einen fast tanzartigen Charakter, obwohl als Fuge bezeichnet, aber ich kann kaum Fugenartiges darin erkennen, es erinnert mich mehr an Toccaten.


    Es ist die Fuge in G-Dur, BWV 577


    Die Einspielung von Corti (Instrument siehe Beitrag oben) würde ich nach einigen Vergleichen bei youtube als exzellent bezeichnen, den Klang auch. Es handelt sich also um ein 9-9-8 Stück, viel besser wird es (imho) nicht mehr.

  • Da ich hier laufend auf den Corti referenzieren werde, habe ich mal nachgesehen, was der gerade kostet - ich habe ihn, soweit ich mich erinnere, für ca. 80 € gekauft, dann wurde er plötzlich mehr als doppelt so teuer, jetzt gibt es ihn gerade wieder runtergesetzt bei jpc für erneut 80 €.

  • Ich bin kein wirklicher Orgelliebhaber und mir sind nicht allzuviele Bachsche Orgelwerke näher bekannt. Meine Lieblingsstücke sind die 6 Triosonaten (und die höre ich ketzerischerweise am liebsten in einer Aufnahme von Power Biggs auf einem Pedalcembalo). Von den Orgelaufnahmen gefällt mir die eher leicht-spielerische von John Butt:



    Die weiter oben genannten "Orgelwerke auf Silbermannorgeln" (zu DDR-Zeiten beliebte LP-Mitbringsel...) gibt es auf CD inzwischen wohl nur noch in einer Komplettbox, jedenfalls sind die Einzelfolgen nicht mehr alle erhältlich oder teils zu teuer (es kann auch sein, dass die CD rechts unten eine neuere Aufnahme ist, ich überblicke das nicht):



    Ich habe ca. 5 CDs aus der Reihe. Die Orgeln sind sicher toll; aufnahmetechnisch teils aus den 1960ern und nicht ganz ideal (aber nicht so historisch wie Walcha Mono); die Interpretationen scheinen mir teils etwas fad (etwa bei den Triosonaten...) Wie gesagt, bin ich sicher kein Kenner, aber vor der Anschaffung der Komplettbox würde ich probehören oder versuchen, eine einzelne CD zu finden.


    Von den anderen Orgelwerken ist mein Lieblingsstück wohl unoriginellerweise Präludium&Fuge Es-Dur BWV 552. Die "Vom-Himmel-Hoch" Variationen gefallen mir auch recht gut; das ist ein äußerlich eher unspektakuläres Stück.

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Lieber Wolfram,


    531 ist tatsächlich doch sehr Jugendwerk, es hat nicht den Tiefgang oder die Komplexität vieler der späteren Werke,


    565 ist mein früherer Dauerbrenner, es ist sicherlich ganz großartig, aber ich habe mich ein wenig leid dran gehört,


    582 ist wohl mit zusammen mit 565 eines der bekanntesten und beliebtesten überhaupt, aber von der Anmutung her soooo schwer, daß man sich als Hörer daran durchaus verheben kann. Ich mag es sehr, kann es aber nur einmal hören und dann ist es für eine Weile gut.


    So, jetzt gibt es den Sonntagsnachmittagsmispochenbesuch - bis später

  • Bei 578 und 572 stimme ich allerdings vollständig mit Dir überein, es sind funkelnde Preziosen der Orgelliteratur, beide würde ich von der Stück-Qualität zu den 9ern zählen, mit Corti und Klang jeweils bei sehr guten 8 (daß es bei der Klangwertung nicht zu mehr reicht, liegt an meinem neuen Kopfhörer, der die eine oder andere zu harte Schärfe der Aufnahmen aufgedeckt hat), und ich kann mir beide mehrfach anhören, ohne ihrer müde zu werden.


    @ JR: 552 finde ich auch ausgezeichnet, es strahlt eine festliche Würde aus, insbesondere die Anfangstakte, eine Würde, die man auch bei Bach selten findet.

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  • "http://www.blockmrecords.org/bach/"


    hier kann man alle? Orgelwerke als mp3 downloaden. Habe das nicht getestet, scheint aber seriös zu sein.

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Lieber M-Mueller,


    "Herr Christ, der einig Gotts Sohn" aus dem Orgelbüchlein? Hm, finde ich nicht besonders - innerhalb des Orgelbüchleins eher Durchschnitt.


    Empfehlenswert für die "Hitparade" sind in jedem Fall die Schüler-Choräle BWV 645-650. Daraus besonders der erste und der letzte ("Wachet auf" und "Kommst Du nun, Jesu, vom Himmel herunter" = "Lobe den Herren").


    Aus dem Orgelbüchlein würde ich "Christ lag in Todesbanden", "Da Jesus an dem Kreuze stund", "Erschienen ist der herrlich Tag", "Erstanden ist der heilig Christ", "Herzlich tut mich verlangen", "Ich ruf zu dir", "In dir ist Freude", "Nun komm, der Heiden Heiland", "O Lamm Gottes, unschuldig", "Vater unser" und "Wenn wir in höchsten Nöten sein" bevorzugen - und natürlich das berühmte "O Mensch, bewein dein Sünde groß".


    Unter den Partiten gebührt wohl "Sei gegrüßet, Jesu gütig" die Krone.


    Aus den "18 Chorälen" mag ich die initiale Fantasie über "Komm, heilger Geist, Herre Gott" - wenigstens alle drei bis vier Jahre ist die an Pfingsten als Orgelvorspiel dran. Wohl dem, der eine gute Posaune 16' hat! :D Ohne "Schmücke dich, o liebe Seele" gehts auch nicht. "O Lamm Gottes, unschuldig" ist einer der interessantesten Choräle aus dem "18". Dazu die drei Choräle über "Nun komm, der Heiden Heiland". Skurril der mittlere mit zwei Bassstimmen. Ganz toll auch das A-Dur-Trio über "Allein Gott in der Höh sei Ehr". Allen Fans der Triosonaten empfohlen! - In den Jahren, in denen ich nicht die "Komm, heilger Geist"-Fantasie spiele, ist "Komm, Gott, Schöpfer, heiliger Geist" eine passable Alternative. - Den berühmten "Vor deinen Thron tret ich hiermit", der der Kunst der Fuge beigegeben wurde, finde ich recht langweilig.


    Der "Dritte Theil der Clavier-Übung". Hm. Recht abstrakt. "Aus tiefer Not" (große Bearbeitung" und "Jesus Christus, unser Heiland" (große Bearbeitung) wären meine Favoriten, aber auch die kleinen Bearbeitungen zu beiden Chorälen gefallen mir gut. Daszu die kleine Bearbeitung zu "Dies sind die heilgen zehn Gebot".


    Unter den Choralbearbeitungen außerhalb dieser Sammlungen gefallen mir "Nun freut euch, lieben Christen gmein" und "Valet will ich dir geben " (D-Dur, c. f. im Pedal).


  • Empfehlenswert für die "Hitparade" sind in jedem Fall die Schüler-Choräle BWV 645-650. Daraus besonders der erste und der letzte ("Wachet auf" und "Kommst Du nun, Jesu, vom Himmel herunter" = "Lobe den Herren").


    Schübler...

  • Die Schübler-Choräle scheinen mir auch ziemlich bekannt. "Wachet auf" ist wohl eines der berühmtesten Bach-Stücke, wenn auch vielleicht vielen zuerst bei W. Carlos, J. Loussier oder dem Modern Jazz Quartet begegnet.


    Vielen Dank jedenfalls an alle für die Tips. Da ich, obwohl beinahe 20 Bach-Orgel-CDs, keine komplette GA besitze, habe ich nicht alle Stücke, zB die Fuge BWV 577 anscheinend nicht. Vorhin habe ich dann mal Fantasie/Fuge g-moll und Passacaglia c-moll gehört und mal wieder festgestellt, dass mir das irgendwie alles zu massig und wuchtig ist...

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • ... dass mir das irgendwie alles zu massig und wuchtig ist...


    Dann hör Dir doch mal 577 bei youtube an;


    nicht so federnd leicht wie bei Corti, aber auch noch nicht "wuchtig"


    "http://www.youtube.com/watch?v=vO2_Hiv01Y4"



    Wolfram,


    bis auf 650 finde ich die Schübler-Choräle so mittelprächtig, in eine Hitparade würde ich sie nicht übernehmen, bei 768 (sei gegrüßt, Jesu gütig) würde ich Dir allerdings zustimmen.


    Und noch eine weitere Übereinstimmung: weiter oben hattest Du 543 erwähnt, die "große" a-moll ToFu. Sie führt meine Hitparade mit an, das zweitbeste Stück für Orgel und eines der besten Musikstücke, das je geschrieben wurde, mit Corti 10 - 9 - 9.
    Johannes sei die wesentlich weniger wuchtige Version von Lizst für Klavier empfohlen (vorzugsweise mit Weissenberg).

  • Guten Abend,


    ich möchte noch 2 Orgelwerke mit Ohrwurm-Qualitäten ins Spiel bringen:


    - Präludium und Fuge BWV 550 und


    - Präludium BWV 568


    Beides wunderschöne Werke aus der Bach´schen Frühzeit. Kann ich immer wieder gerne anhören. Es fehlt vielleicht der große Tiefgang, jedoch für einfach gute Unterhaltung reicht es allemal.


    Viele Grüße


    Andreas

    Johann Sebastian Bach ist Anfang und Ende aller Musik (Max Reger)

  • In diesem Thread war jahrelang nichts mehr los. So versuche ich eine Belebung. Gestern habe ich festgestellt, dass inzwischen sieben Gesamteinspielungen des Orgelwerkes von Johann Sebastian Bach in meiner Sammlung stehen. Ehrenwort, ich habe sie alle durchgehört bis auf meine letzte Anschaffung, die Einspielung von André Isoir.


    Ich nehme es zum Anlass meine Favoriten aus dem riesigen Werk auszuwählen. Als erstes nenne ich die Fantasie und Fuge in g-Moll BWV 542.


    Gombert und Bachiania haben in Beitrag 3 in einen anderen Thread unter dem Titel "Die Rauschende" eine gründliche Analyse vorgelegt. Pracht und Präzision. Freie Orgelwerke von Johann Sebastian Bach


    In diesem YouTube Film kann man die Partitur verfolgen. Die Fuge beginnt bei 5 min 37 s. Michel Chapuis spielt.



    Eine nette Spielerei ist diese Fassung der Fuge, um den Stimmenverlauf verfolgen zu können. Über die Verwendung des Computers als Instrument breite ich den Mantel des Schweigens.



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    Vor Schuberts Musik stürzt die Träne aus dem Auge, ohne erst die Seele zu befragen:
    so unbildlich und real fällt sie in uns ein. Wir weinen, ohne zu wissen warum; Theodor W. Adorno - 1928




  • Mein nächster Favorit in Johann Sebastian Bachs Orgelwerken steht ebenfalls in g-Moll: BWV 578. Höre ich mir eine neue Aufnahme aus einer Gesamtaufnahme an, suche ich mir im Booklet, auf welcher CD ich diese Fuge finde.


    Hier sieht man Ton Koopman bei der Arbeit:



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    Vor Schuberts Musik stürzt die Träne aus dem Auge, ohne erst die Seele zu befragen:
    so unbildlich und real fällt sie in uns ein. Wir weinen, ohne zu wissen warum; Theodor W. Adorno - 1928




  • Der Vorspann des YouTube Filmes mit Ton Koopman hat einen sachlichen Fehler. Es ist nicht die Fuge BWV 574 in c-Moll, die er spielt, sondern wirklich die Fuge BWV 578 in g-Moll.
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    Vor Schuberts Musik stürzt die Träne aus dem Auge, ohne erst die Seele zu befragen:
    so unbildlich und real fällt sie in uns ein. Wir weinen, ohne zu wissen warum; Theodor W. Adorno - 1928




  • Lieber moderato,


    (Glückwunsch zum viertausendsten Beitrag!)


    offenbar waren/sind wir uns über Werk und Interpretation einig - als Beleg ein Teilzitat aus einem der Fugenthreads:


    "Ton Koopman, diesmal an der Grossen Sibermannorgel im Freiberger Dom.


    BWV 578 mag die beliebteste solitäre Orgelfuge Bachs sein, nicht zuletzt wegen des prägnanten, gewissermassen spielgelsymetrisch aufgebauten Themas. Es entzieht sich der typisierenden Einordnung, da es u.a. Elemente des norddeutschen Spielthemas, einer Canzonenfuge oder - infolge der leeren d-Saite - eines Violinthemas enthält, ohne einer dieser Kategorien gänzlich zu entsprechen.


    Über fünf Takte hinweg wird das dreiphrasige (T. 1-2, 3, 4-5) Thema vorgestellt, in Takt 6 beginnt die reale Beantwortung. Insbesondere vor dem zweiten Zwischenspiel sind immer wieder Elemente einer Permutationsfuge präsent; so finden sich etwa vollständige Stimmenvertauschungen.


    Ein erster Scheineinsatz, vielleicht eher eine Beinahe-Engführung, erfolgt in Takt 25, der Themeneinsatz in der Tonikaparalelle in Takt 33, in der Subdominante ab Takt 50. Konsequent-lakonisch wird das Werk durch einen finalen Themeneinsatz im Pedal beendet, diesmal für eine ebenfalls knappe Kadenz verkürzt.


    Dieser Abschluss ist bezeichnend für den äusserst stringenten Aufbau des Stücks. Derartige frühen Orgelfugen Bachs werden in der Musikwissenschaft oft nicht sehr geschätzt, da sie an der kontrapunktischen Elaboriertheit von Werken wie BWV 538, 540 oder 547 gemessen werden. Doch bilden sie eine singuläre Erscheinung in der Geschichte der barocken Orgelmusik, da sie noch nicht den rezeptionsgeschichtlich massstabsetzenden späteren Bachfugen entsprechen, gleichzeitig und trotz formaler Übereinstimmungen auch nicht mehr viel mit den typischen Werken der etwas älteren nord- oder mitteldeutschen Orgelkomponisten - von Leyding bis Buttstedt - zu tun haben.


    Hätten jene wohl mit redundant-motorischer Rhythmik gearbeitet, vermag Bach auf eine subtilere Weise die beinahe kinetische Energie aufzubauen, welche Koopmans Interpretation noch betont. Mögen sich die kontrapunktischen Künste auch nicht in höchste Höhen aufschwingen, bleibt der vierstimmige Satz sehr konsequent und dicht gearbeitet, zumal selbst die Zwischenspiele voller motivischer Bezüge zum Thema sind. "

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