Orchesterklang bei Grossen Sinfonien - Wie hätten Sies denn gern ?

  • Diese anscheinend simple Frage ist im Orchestersaal relativ gut beantwortbar - nämlich durch die Wahl des Sitzplatzes. Allerdings klingen ja auch Konzertsäle sehr verschieden....
    Bei Tonaufnahmen indes- har der Kunde keine Wahl - er muß die Aufnahme so hinnehmen wie sie der Tonmeister gestaltet hat - wobei letzteres eher auf Studioaufnahmen zutrifft, weil bei Live-aufnahmen ist der Gestaltungsspielraum relativ gering, wenngleich hier in den letzten 20 Jahren enorme Fortschritte erzielt wurden...
    Woruim geht es eigentlich?
    Ganz einfach um die Frage, wie ein Orchester eigentlich klingen sollte.
    Während die einen (ich zähle mich zu ihnen) der Meinung sind, man sollte die Instrumente einzeln auseinanderklauben könne, jedes ortbar an seinem Platz - so meinen die anderen, dies sei eher unerwünscht und lediglich - als unerwpnschter Effekt den Orchestermusikern und dem Dirigenten zuzumuten - der Klang solle sich vermischen und wie ein Klangteppich das Auditorium einhüllen. Der Mischklang sei das angestrebte Ergebnis.


    Diese unterschiedlichen Auffassunge kann man (leider) oft an Hand von Einspieluingen nachvollziehen - wenngleich in den letzten Jahren die "Analytiker" in der Mehrzahl zu sein scheinen.....


    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Bei einem Konzert in der Gruga-Halle in Essen hat es mich unglaublich genervt, daß ein großer Lautsprecher in der Nähe der Sitze hing und die Zwei- oder gar Dreidimensionalität des Orchesters in eine eindimensionale Schallquelle transformierte. Nie wieder Gruga !!!


    Ich gehe selten ins Konzert, weil die meisten Konzerte aus meiner Sicht zu viel Hochklassik und zu wenig Barock bieten. Aber wenn ich denn gehe, will ich wenigstens das Orchester mehr oder weniger life hören - den Klang aus dem Lautsprecher hätte ich wesentlich besser zu Hause haben können.


    Wie ich es gern hätte ? Unverfälscht, live, mitten drin, laut genug..... Zu viel der Wünsche für gerade mal knapp unter 100 (mit Gattin) ausgegebene Euros ?

  • Dann, lieber m-mueller, gehe doch in die Philharmonie Essen, da spielen sie ohne Lautsprecher. Ich bin morgen um 17.00 Uhr wieder am Ball: Academy of St. Martin-in-the-Fields, Ltg. Patrick Lange, Gabriela Montero, Klavier, u.a. Symphonie classique von Prokofieff und 5. Klavierkonzert von Beethoven. Am 6. November interpretiert Christoph Spering dann das Mozart-Requiem und am 27. November gibt Riccardo Chailly mit dem RSO des Bayerischen Rundfunks Arnold Schönbergs Verklärte Nacht und Gustav Mahlers Lied der Erde. (Das sind nur meine Termine).
    Und der Saal hat eine hervorragende Akustik.


    Schöne Grüße


    Willi :)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Eigentlich sollte es sich hier um Aufnahmetechnik drehen.
    Manche Toningenieure bevorzugen ein analytisches Auseinanderdividieren der einzelnen Instrumente, andere wieder den Mischklang. Beide Auffassungen haben ihre Berechtigung - aber der Käufer muß die jeweils am Mischpult getroffene Entscheidung dann akzeptieren.
    Wobei die Entscheidung oft schon VOR dem Mischpult gefallen ist: Ein Mikro pro Stereokanal (also 2) ohne, bzw mit Stützmikrophonen - oder aber gleich Multikanalaufnahme , wobei dann am Mischpult ein einigermaßern räumlicher Eindruck erzeugt werden soll (was in der Regel mißlingt)
    Der Höhepunkt von Multikanal war vermutlich "DECCA PHASE 4"......


    mit freundlichen Grüßen
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Wenn ich eine CD auflege, möchte ich die Musik so hören, wie im Konzertsaal, am besten, ich sitze in der Mitte Reihe 3 - 7. Egal ob Konzert oder Oper. Mitten drin geht nicht, dann müsste ich ja mitten im Orchester sitzen. Annähernd die Position, die der Dirigent hat, natürlich ein paar Meter weiter zurück, das wärs' doch. Bei Tschaikowskys Sechster in der Berliner Philharmonie habe ich im Rücken des Orchesters gesessen und hatte den Dirigenten genau vor mir. War auch ein Erlebnis aber der Klang war nicht so, als wenn ich genau hinter Solti gesessen hätte.


    LG, Bernward


    "Nicht weinen, dass es vorüber ist
    sondern lächeln, dass es gewesen ist"


    Waldemar Kmentt (1929-2015)


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  • Wobei die Entscheidung oft schon VOR dem Mischpult gefallen ist: Ein Mikro pro Stereokanal (also 2) ohne, bzw mit Stützmikrophonen - oder aber gleich Multikanalaufnahme , wobei dann am Mischpult ein einigermaßern räumlicher Eindruck erzeugt werden soll (was in der Regel mißlingt)
    Der Höhepunkt von Multikanal war vermutlich "DECCA PHASE 4"......


    Nein, es heißt bei Orchesteraufnahmen praktisch immer Multikanalaufnahme. Aufnahmen mit wenigen Mikrophonen sind umgemein arbeitsaufwändig und müssen nicht nur für jeden Saal sondern dort auch für jeden Klangkörper separat ausgetüftelt werden. Das ist schlichtweg zu teuer. Ich sehe bei Orchesterkonzerten, wo der Rundfunk mitschneidet, immer gut 20 Mikrophone im Orchester verteilt, dazu zwei oder drei hoch aufgehängte Mikrophone für die Saalakustik. Der Tonmeister sorgt dann bei der Probe für den ihn befriedigenden Abgleich der einzelnen Mikrophone und macht während der Übertragung nur mehr Feinjustierungen.


    :hello:

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • Ich bevorzuge einen guten Kompromiß zwischen Mischklang und Durchhörbarkeit der einzelnen Orchestergruppen bzw. -Solisten. Beispiele dafür gibt's ja genug, wenngleich einige im Forum diesen "Kompromiß" nicht wollen.

    Arrestati, sei bello! - (Verweile, Augenblick, du bist so schön!)

  • Gerade zu unerlässlich erscheint mir, dass Beethovens Sinfonien, gespielt auf historischen Instrumenten, nicht hier und da die Kraft genommen wird. Leider so geschehen bei Gardiner und Norrington I. Ich weiß nicht wie oft ich diese Aufnahmen in der Hand hielt und sie immer und immer wieder zur Hörstation schleppte. "Das kann doch gar nicht sein" - versuchte ich mir immer einzureden. Aber das Hörergebnis war immer ernüchternd. Zumal es HNorringtons Zyklus damals spottbillig zu erwerben gab. Aber ich war nicht glücklich mit seinen Deutungen, die viel zu leicht daherkamen.


    Aber diesen für mich so wichtigen Anspruch lässt sich auch auf andere Nicht-Beethoven-Aufnahmen anwenden.


    Mir fällt da spontan Gardiners hochgejubelter Schumann-Zyklus ein. Das geht überhaupt nicht. Auch wenn ich den Zyklus immer noch neu für 19,99 € bekommen kann, ist auch er für mich viel zu kraftlos.




    :hello: LT

  • Ich wünsche mir auf Aufnahmen einen Orchesterklang den man auf Aufnahmen von Firmen wie der norwegischen 2L, der (nicht mehr produzierenden...?) Telarc oder auch Denon (hier aber nur die seinerzeit in kleiner Auflage herausgekommenen One-Point-Recordings) zu hören ist.
    Es wurde bei den Denon-Scheiben für Stereo lediglich mit zwei Hauptmikrofonen aufgenommen, die allerdings in einem dafür bestens geeigneten Raum ideal positioniert wurden.





    Auch der "Ring ohne Worte"



    geht klanglich in die von mir gewünschte Richtung.


    Sehr gut soll laut norwegischer Audiophilen-Fachpresse auch z.B. diese Aufnahme hier klingen, die es gleich als Blueray-Audio und einer Hybrid-(SA)CD in einer Verpackung für einen momentan durchaus stattlichen Preis zu bekommen gibt:



    2L verwendet 5 Mikrofone für 5-Kanalige Aufnahmen + zwei Mikrofone die hinten zeigend in den Raum gerichtet aufnehmen. Diese Signale werden für 5.1. wohl den Rearspeakern hinzugemischt, während für 7.1. dafür eigene Kanäle reserviert sein dürften (genau weiss ich es nicht, übernehme diese letzte Mutmassung aus einer norwegischen High-End-Zeitschrift)


    Bei den drei von mir genannten Aufnahmen hätte ich mir übrigens nur den "Ring ohne Worte" aus rein musikalischen Gründen gekauft.
    Die Denon-Aufnahmen sind von den Interpreten und/oder vom Repertoire her nicht so mein Fall und Ole Bulls Violinkonzerte sollen angenehm melodisch und wenig dramatisch klingen - ich kenne sie aber nicht.


    Wie sollte der Klang nun also sein?
    Sehr räumlich, luftig, losgelöst, absolut natürlich, tonal richtig, von der Lokalisation her holografisch in die Tiefe gehend, auch im Grundton voll und sehr dynamisch.
    Wenn die Lautsprecher millimetergenau richtig stehen, bzw. noch besser mit dem Kopfhörer Sennheiser HD800 erlebt man bereits nach den ersten Tönen dieses angenehm erschreckende "Echtfeeling", dass ich schwer beschreiben kann.
    Die Grösse des Aufnahmeraums wird einem im Gegensatz zu multimikrofonierten Aufnahmen wesentlich deutlicher und für Kopf- Hörer hat diese Aufnahmetechnik den Vorteil, wenigstens in die Richtung einer Kunstkopfaufnahme zu gehen, auch wenn es das noch nicht ist.


    Auf open-end-music. de hat der user lotusblüte (Otwin) dazu in seiner speziellen Begabung, Höreindrücke zu verbalisieren einige treffende Aussagen hinterlassen - einfach nach Denon One-Point-Recording und lotusblüte googeln, dann findet man es.


    Gerade für Aufnahmen mit Kirchenmusik, z.B. Bachs geistliche Werke würde ich mir so eine Aufnahmetechnik sehr wünschen, doch eben auch für symphonische Musik oder Oratorien mit Symphonieorchester, wie z.B. das Requiem von Brahms.


    Theophilus hat schon darauf hingewiesen, wie es dahingegen in der sehr überwiegenden Zahl der Fälle gemacht wird.
    Es werden 20 Mikrofone und mehr hingestellt bzw. aufgehängt und die Tontechniker können dann viel später eine ihrer Meinung nach ausgewogene Mischung zustandebringen.
    Der Vorteil dieser Methode ist, dass die Positionierung der Mikrofone nicht derart aufwendig ist, wie bei der puristischen Methode.
    Ich habe selbst schon einige solcher Aufnahmen gesehen bzw. war dabei:
    Man braucht nicht einen abgetrennten optimierten Regieraum mit Monitorlautsprechern vorhalten, sondern kann mit Kopfhörern auskommen.
    Abgemischt und gemastert wird dann später in entsprechenden Studios, wodurch die Produktionskosten geringer sind, denn jede verbrauchte Musikerstunde ist Arbeitszeit, die Geld kostet. Nimmt man puristisch auf, dann muss der Raum immer hervorragend sein.
    Macht man Fehler bei der Positionierung der Mikros, dann rächt sich das mit einer für alle auffälligen falschen Klangbalance, die man nachträglich nicht korrigieren kann, weshalb man hier Zeit zum Probieren etc. nehmen muss.


    Es gibt jedoch Nachteile: Dadurch, dass bei der Multimikrofonie die Mikrofone auch Klanganteile aufnehmen, die von anderen Mikrofonen ebenfalls ins Mischpult gesendet werden, entsteht eine klangliche Aufrauhung. Es klingt technischer, härter, unnatürlicher....
    Der durch Laufzeitunterschiede entstehende Räumlichkeitseindruck wird ebenfalls negiert, weniger in der Breite als in der Tiefe. Durch aufwendige Prozessortechnik versucht man bisweilen, diesen künstlich wieder herzustellen.
    Und schliesslich klingt es m.E. nicht natürlich, wenn man von einzelnen Instrumenten, wie z.B. den Posaunen des Orchesters vornehmlich Direktschallanteile hört. Dieses Phänomen ist mir gestern bei einer Beethoven-Symphonie (Wand) unangenehm aufgefallen, was für mich auch künstlerisch eine Einschränkung bedeutet, denn die Dramatik dieser Stelle entsteht durch den eher entfernt wahrgenommen Mischklang der gesamten Blechbläsergruppe.


    Ich fürchte nur, dass auch weiterhin Kostenüberlegungen dominieren werden und ich auf diese Klangerlebnisse wie oben verzichten muss.
    Wahrscheinlich klingen multimikrofonierte Aufnahmen auch auf Kofferradioanlagen etc. besser als audiophile Einspielungen.


    :hello:


    Glockenton

    "Jede Note muss wissen woher sie kommt und wohin sie geht" ( Nikolaus Harnoncourt)

  • Wenn die Lautsprecher millimetergenau richtig stehen, bzw. noch besser mit dem Kopfhörer Sennheiser HD800 erlebt man bereits nach den ersten Tönen dieses angenehm erschreckende "Echtfeeling", dass ich schwer beschreiben kann.

    Habe die letzten Beethoven-Sinfonien ebenfalls mit Kopfhörer genossen, zwar nur mit dem Sennheiser HD 600, dennoch hochzufrieden und die Nachbarn auch.


    LG, Bernward


    "Nicht weinen, dass es vorüber ist
    sondern lächeln, dass es gewesen ist"


    Waldemar Kmentt (1929-2015)


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  • Ich sehe es ähnlich wie Berward, also wenn es so klingt wie im Konzert, dann mag ich es. Ich liebe ja auch LIve-Aufnahmen. Auf CD klingt es für mich oft steril. Was mich ganz besonders stört, ist, wenn die Mikros so nah bei den Musikanten waren, dass man z.B. andauernd anstoßende Bögen oder so was hört. Auch wenn die ganze Bernstein stöhnt und keucht, so stört mich das ziemlich.
    Ansonsten: Bitte nicht zu analytisch, ich möchte mch doch mitragen lassen....
    Klaus

    ich weiß, dass ich nichts weiß. Aber ganz sicher bin ich mir da nicht.

  • Lieber Klaus, ich habe da ganz andere Erfahrungen gemacht mit der Direktmikrofonie:

    In dieser hervorragenden Box gibt es eine Gesamtaufnahme der 5 Klavierkonzerte von Beethoven aus den sechziger Jahren mit verschiedenen Orchestern und Dirigenten, aber durch die Direktmikorfone bei VOX wurde eine ungeheure Trasnsparenz der Orchesterinstrumente erzielt, auch wenn das manchmal recht rustikal klang, aber es eröffnet einen glasklaren Blick auf die Stimmführung der verschiedenen Instrumentengruppen und konnte von daher auch dem blutigen Laien die Strukturen der einzelnen Konzerte näher bringen. So ähnlich war es auch bei der Aufnahme von Sinfonien.


    Liebe Grüße


    Willi ^^

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  • Jott, wat seid ihr puristisch. Do hässe ne CD am laufe un wäiss doch ja ne mi, wie die anners uffjenomme klinge mööht. Allso, över de transparänz, da freusse disch, un wenn dat orchester so rischtisch druck mach (schalldruck, ne?) freusse disch doch auch? Un dinge öhrsche normalesieren doch soweso de janze zick, du jewööhns disch un finds dat dann normaal, dat es wie wenn de CDU anne rejierung es.


    :hello:

    Zerging in Dunst das heilge römsche Reich


    - uns bliebe gleich die heilge deutsche Kunst!

  • Zitat

    Ich sehe es ähnlich wie Bernward, also wenn es so klingt wie im Konzert, dann mag ich es.


    Das Problem ist nur, daß es auf jedem Platz anders klingt. Desto weiter vorne man sitzt, ums mehr Direktklang bekommt man vermittelt, kann man die einzelnen Instrumente (oder zumindest Instrumentengruppen) auseinanderhalten.
    Weiter hinten im Saal vermischt sich der Klang dann. Dazu kommt, daß die Größe und Bauart des Konzertsaales nicht unerheblich ist.
    Da eine absolute Realitätsnähe ohnedies nicht möglich ist, "tricksen" die Tontechniker.
    Ähnlich wie man heute einer klaren Rindsuppe Suppenwürfel und Geschmacksverstärker beigibt, damit man den Eindruck eines natürlichen Produktes erreicht, mischen die Tontechniker - je nach Klangphilosophie - den Klang recht unnatürlich ab, um ihm Wohnraum die Illusion eines natürlichen Klanges erstehen zu lassen.....


    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • um im Wohnraum die Illusion eines natürlichen Klanges erstehen zu lassen.....


    Wie würde das aber auch klingen, ein vollbesetztes Sinfonieorchester im Wohnzimmer!


    :hello:

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  • Wenn ich im Konzertsaal oder in einer Kirche auf einem Platz sitze, an dem das Verhältnis von Direktschall und Raumklang einem für die jeweilige Musik empfundenen Idealzustand nahekommt, dann ist es ja doch so, dass jedenfalls ich immer noch mit nur zwei Ohren höre und nicht mit zwanzig, die teilweise auch eine Verlängerung haben (wie das aussähe....)
    Mein Gehirn setzt die Informationen vom linken und rechten Ohr so zusammen, dass ein räumlicher Eindruck entsteht, bei dem durch Laufzeitunterschiede ein Richtungshören möglich ist ( auch nach hinten).


    Nun weiss ich ja, dass Mikrofone anders als menschliche Ohren "hören" und man deswegen "etwas machen" muss, insbesondere dann, wenn man die Aufnahme hinterher über Lautsprecher abhören will.
    Am dichtesten kommt der menschlichen Art des Hörens wohl noch die Aufnahme mit Hilfe eines Kunstkopfes. Leider muss man dann aber jene Aufnahmen mit einem Kopfhörer abhören. Die Ergebnisse können, wenn die Aufnahme gelungen ist, zwar überwältigend sein, doch gibt es dafür leider nur einen sehr kleinen Markt.


    Ergänzend zu meinen obigen Aussagen würde ich mir wünschen, dass man dann wenigstens sparsam mit den zusätzlichen "künstlichen Ohren" umgeht, wenn man aufgrund gewisser Umstände ein natürlich klingendes Verhältnis zwischen Direktschall und Raumklang nicht allein mit den Hauptmikros erreichen kann.
    Wenn es um Stereo geht, dann wäre es auch einmal sehr interessant, ein und dieselbe Aufnahme hintereinander z.B. in den Verfahren AB, XY, ORTF, M/S und Multimikrofonie auf einer CD zu hören, bzw. auch Mischformen, wenn man z.B. zu AB auch nach die Informationen von zwei nach hinten gerichteten Raummikros hinzugibt. Dazu kommen ja auch die unterschiedlichen Mikrofoncharakteristika, die hierbei zum Einsatz kommen können.
    Interessierten sei zu diesem Thema eine Publikation von Jörg Wuttke (Schoeps) empfohlen, die wichtige theoretische Grundlagen für dieses Themen sehr gut erklärt.


    Eigentlich ist es schade, dass es zu solchen Büchern nicht auch gleich Musikbeispiele mit vorzugsweisen klassischen Ensembles gibt.



    :hello:
    Glockenton

    "Jede Note muss wissen woher sie kommt und wohin sie geht" ( Nikolaus Harnoncourt)

  • Das Problem ist nur, daß es auf jedem Platz anders klingt. Desto weiter vorne man sitzt, ums mehr Direktklang bekommt man vermittelt, kann man die einzelnen Instrumente (oder zumindest Instrumentengruppen) auseinanderhalten.
    Weiter hinten im Saal vermischt sich der Klang dann. Dazu kommt, daß die Größe und Bauart des Konzertsaales nicht unerheblich ist. ...


    Das ist eine ziemlich starke Verzerrung der Wirklichkeit!


    Im klassischen Konzertsaal ist es in Wirklichkeit so, dass nur ganz wenige Plätze vorne in der Mitte mehr als 50% Direktschall bekommen. Und selbst da hat man nicht annähernd den Stereo-Effekt, den eine gute Aufnahme unter sehr guten Voraussetzungen zu Hause ergeben kann. Auch die "Räumlichkeit" ist überwiegend ein Kunstprodukt und in natura nur schwach ausgeprägt. Schon ein wenig Distanz zum Orchester ergibt mehr als 50% indirekten Schall, zwei Drittel der Zuhörer habe mehr als 75% indirekten Schall, weit hinten sind es schon über 90%. Ortbarkeit nahezu null, Räumlichkeit null! Das ist die Wirklichkeit...


    :hello:

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • Zitat

    zwei Drittel der Zuhörer habe mehr als 75% indirekten Schall, weit hinten sind es schon über 90%. Ortbarkeit nahezu null, Räumlichkeit null! Das ist die Wirklichkeit...


    Ich muß es wohl glauben.
    Vor allem, da diese Aussage durch Erlebnisse aus meiner Jugend bestätigt wird.
    Die wenigsten werden wussen, daß ich mit 20 im HIFI Handel tätig war.
    STEREO war das Zauberwort. Stereo hatte sich noch nicht durchgesetzt, es gab weder allzuviele Geräte in den Haushalten die diese Technik unterstützen, wenngleich das Angebot an Stereoaufnahmen schon recht beachtlich war.
    Es kam aber schon mal vor, daß wir noch eine MONO Platte auflegten, der Verstärker aber auf STEREO eingestellt war.
    Natürlich wurde über ZWEI Lautsprecher wiedergegeben - aber natürlich nur MONO.
    Oft kam es vor, daß jemand vor dem Verstärker (oder Receiver etc) stehenblieb, das leuchtenden Lämpchen "STEREO" entdeckte, und nach seiner Ehehälfte rief; "Claudia . Schnell komm her - Hier kanst Du STEREO hören !!!!"
    ........


    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Oft kam es vor, daß jemand vor dem Verstärker (oder Receiver etc) stehenblieb, das leuchtenden Lämpchen "STEREO" entdeckte, und nach seiner Ehehälfte rief; "Claudia . Schnell komm her - Hier kanst Du STEREO hören !!!!"
    ........

    Mein erster Receiver, ich glaube Saba Hifi Studio 8080 Receiver alt antik, hatte auch noch die Umschalttaste stereo/mono. Nach einigen Wochen bekam ich Besuch von meinem Freund, legte eine Vinyl-Platte (Stereo) auf und wollte meinen Freund beeindrucken. Er hörte die ersten Tankte, ging zum Gerät und sagte, schön, wäre aber noch besser, wenn du es auf stereo stellst. Das ist mir später nie wieder passiert.


    LG, Bernward


    "Nicht weinen, dass es vorüber ist
    sondern lächeln, dass es gewesen ist"


    Waldemar Kmentt (1929-2015)


  • Ich besitze ein "Tivoli-" Radio und das ist Mono. Für viele Zwecke ist das viel geeigneter als ein Stereogerät. Denn es ist klein - Stereo würde gar nicht funktionieren und ich kann mich im Raum bewegen.
    Klaus

    ich weiß, dass ich nichts weiß. Aber ganz sicher bin ich mir da nicht.

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  • Eigentlich mochte ich den Breitwandsound,jedes Instrument an seiner Postion hörbar.
    Das trifft auch heute noch für Kammermusik zu.
    Kammer=Zimmer,da kann es sich im Zimmer anhören wie im Aufnahmeraum.
    Zumindest theoretisch passt ein Kammerorchester ins Wohnzimmer.
    Bei Sinfonien geht das nicht.
    Vor einigen Monaten habe ich Widors 5.Orgelsinfonie gehört,einmal mit Simon Preston breit aufgefächert von links nach rechts,einmal mit Odile Pierre in die Tiefe gehender Mischklang.
    Seitdem kann ich mich nicht entscheiden,was mir besser gefällt. Oder positiv gesehen(gehört)-ich finde jetzt beides gut.
    Weder eine Orgel noch ein Orchester passen in mein Wohnzimmer,deshalb wird es niemals so klingen wie im Konzertsaal.
    Die Orgel mit Preston im Breitwandsound passte nun garnicht ins Wohnzimmer,da kamen mir Zweifel,ob es sich mit dem Orchester genauso verhält.
    Bei älteren Aufnahmen aus der Stereozeit macht sich der Ping-Pong-Effekt besonders deutlich bemerkbar.Neuere Aufnahmen erscheinen mir nicht mehr so breit auseinandergezogen.
    Ich finde es interessant,wenn man den Aufnahmeraum mit einbezieht.
    Wenn eine Sinfonie von Beethoven mit Originalinstrumenten in einem kleinen Saal gespielt wird und das auf der CD so rüber kommt.
    Wie z.B. bei Immerseel oder Brüggen.
    Solche raumbezogenen Aufnahmen fand ich übrigens auch bei Graupners Ouvertüren mit Antichi Strumenti,aber das ist natürlich kein Orchsterklang bei grossen Sinfonien,um den es hier geht.
    Der Kauf einer CD ist klanglich wie eine Wundertüte,man weiß erst wie es klingt,wenn man die CD abspielt.

    mfG
    Michael

  • Zitat

    Eigentlich mochte ich den Breitwandsound,jedes Instrument an seiner Postion hörbar.


    Eigentlich ist das nicht das typische des Breitwandsounds. Ich habe darunter immer wieder eine Art Klangteppich verstanden, wo der Ton über eine Ebene verteilt ist - so eine Art Klngteppich. Die Musik kommt quasi von "überallher" ist nicht ortbar.
    Räumliche Tiefe ist nicht gegeben.


    Die Einbeziehung des Aufnahmeraumes ist ein zweischneidiges Schwert.
    Im Studio ognedies eher unerwünscht.
    Solche Aufnahmen klingen über Kopfhörer und in "schalltoten" abhörstudios, bzw mit
    Nahfeldmonitoren ausgezeichnet, in Wohnräumen eher nicht, weil sich die Akustik von ZEI Räumen mischt, jene des Aufnahmeraumes mit jener des Wiedergaberaumes....


    Kammermusik klingt in "normalen" Wohnräumen am besten, wenn die Aufnahme eher "trocken" ist, soll heissen der Aufnahmeraum wurde kaum mit eingefangen, so kann sich die Akustik des Wiedergaberaumes via Lautsprecher voll entwickeln.....


    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Bei älteren Aufnahmen aus der Stereozeit macht sich der Ping-Pong-Effekt besonders deutlich bemerkbar.Neuere Aufnahmen erscheinen mir nicht mehr so breit auseinandergezogen.


    Hallo Schnewittchen,


    Alfred hat es schon geschrieben: "Das Problem ist nur, daß es auf jedem Platz anders klingt."
    *** Wenn Dir CD-Aufnahmen zu sehr mittenbetont erscheinen, musst Du ganz einfach mit deinem Stereo-Hörsessel ein Stück nach vorne rücken und damit das Stereo-Dreieck verkleinern - :thumbup: dann hast Du deutlich mehr Breitenwirkung.



    8| Was Klaus in Beitrag 20 schreibt ist für mich ein Horrorgedanke: Ein Tivoli-Radio in Mono :no: ..... niemals !!!

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Du meine Güte,


    bei soviel Technik wird´s mir fast schwindlig.


    Keiner hat bisher den völlig neuen Orchesterklang bei Paavo Järvis Beethoven Sinfonien erwähnt. Darf man denn Sinfonien als Kammermusik präsentieren?

  • bei soviel Technik wird´s mir fast schwindlig.

    Das will natürlich niemand. Was kann man denn dagegen tun?

    Keiner hat bisher den völlig neuen Orchesterklang bei Paavo Järvis Beethoven Sinfonien erwähnt.

    Möglicherweise weil bisher noch niemand vor Dir etwas völlig Neues an dem Klang der Deutschen Kammerphilharmonie bemerkt hat. Was macht denn in Deinen Ohren das völlig Neue an dem Orchesterklang dort aus?

    Darf man denn Sinfonien als Kammermusik präsentieren?

    Verstehe ich nicht. Sinfonie oder Kammermusik? Das eine schließt das andere aus. Es sei denn, es ist eine Kammersinfonie. Dann muss man darüber reden, ob die Kammersinfonie noch zur Kammermusik gehört oder schon zur Sinfonie. Im Ergebnis wahrscheinlich letzteres, da der Begriff wohl doch eher nur auf eine kleinere Besetzung abzielt.


    Oder zielt auch Deine Frage eher auf die kleinere Besetzung der Bremer ab? Was ja nichts Neues ist, haben schon viele andere vor und neben ihnen gemacht ... Dass die Uraufführung von Beethovens Eroica mit 28 Instrumenten stattfand, weißt Du? Warum sollte sich da die Frage stellen, ob "man das darf"?

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  • Hallo Meister Ullrich,


    gegen den Schwindel war ich schon in ärztlicher Behandlung.


    Den neuen Orchesterklang höre ich aber immer noch. Wenn ich z.B. die Pastorale mit der Thielemanns vergleiche, dann ist der Klang eben spröder, trockener und durchsichtiger.
    Beim 2. Satz, treten die Bläser doch mehr hervor, als bei mehr ´konservativer´ Lesart.


    Natürlich ist ein kleines Orchester mehr authentisch, aber ich glaube doch, dass Musiker und Hörer beispielsweise eher ein modernes Waldhorm mit Ventilen vorziehen und ein großes Orchester mit seinem volleren Klang eben gewissen Ohren mehr schmeichelt.


    Ich bin überzeugt, dass die Begeisterung für Paavo Järvi bei manchen anfangs nicht in voller Blüte ausschlägt, bei mir war´s jedenfalls so.
    Der erste Satz der Vierten hat jedoch eine Heilungsprozess gestartet.

  • Natürlich ist ein kleines Orchester mehr authentisch,


    Hm, ganz so einfach ist es nicht.


    Man hat sich wohl nach der Raumgröße gerichtet - also ganz pragmatisch.


    Bei Haydn-Oratorien sind wohl alle möglichen Besetzungsstärken nachweisbar, von dreifach besetzten Holz- und Blechbläsern (bei doppelten Posaunen) und Kontrafagott (nicht in der Partitur vorgesehen!) und einem entsprechend riesigem Streicherapparat bis hin zu kleinen Besetzungen mit acht ersten Violinen und einfachen Bläsern.


    Die Voruraufführung der Eroica in Schloss Eisenberg hatte vermutlich eine deutlich kleiner Besetzung als die "eigentliche " Uraufführung im Theater an der Wien.


    Legitim ist also vieles. Was sich am heimischen Lautsprecher überzeugend anhört, ist eine andere Sache.


    Wagner war vermutlich der erste, der gesagt hat: Genau 16 erste und 16 zweite Violinen, genau zwölf Bratschen und Celli, genau acht Kontrabässe (im Ring).


    :hello:

  • Lieber Wolfram,


    vielen Dank für Deine Erläuterungen. Du hast recht, erlaubt ist, was gefällt. Meine Frage, darf man ... war rein rhetorisch.


    Wenn ich vom neuen Orchesterklang bei Paavo Järvis Beethoven Sinfonien spreche, vergleiche ich mit mehr romantischen Interpretationen, z.B. mit denen Thielemanns, ´dem Klang von Jugend auf gewöhnt´.


    Breit dahinfließende Streicher bei der Pastorale katapultieren eben die Elektronen meiner Gefühlsatome auf ein höheres Energieniveau als raffiniertes Bläserspiel, das beweist die Spektralanalyse ganz eindeutig.


    Man könnte es auch so ausdrücken, ich mag noch immer Milchschokolade wo der Kenner Zartbitter bevorzugt.


    Viele Grüße
    hami1799

  • Gefühlsatome

    Auweia, lass dieses Wort mal lieber nicht Zweiterbass lesen, sonst gibt's zur Strafe gleich einen neuen Thread zur nichtgefühlsgesteuerten Intentionalität naturwissenschaftlich messbarer Phänomene und den Hinweis auf das rororo-Taschenbuch "Musikpsychologie" ISBN 978 3 499 55661 8 :rolleyes: Du hast eine Spektralanalyse an Dir vornehmen lassen??? Mit dem Ergebnis, dass Deine Gefühle auf Elektronen sitzen??? Respekt!


    Mit "erlaubt ist, was gefällt" kannst Du natürlich jede Diskussion abschießen. Mir ist es schon wichtig, die konkrete Aufführung oder Einspielung, die ich gerade höre, mit ihren verschiedenen Parametern historisch einordnen zu können - von den Bedingungen zur Uraufführungszeit bis zur Aufführungsgeschichte der jüngeren Vergangenheit. Aber meine frühere Festlegung auf historische Aufführungspraxis als allein seligmachenden Maßstab hat inzwischen doch Platz gemacht für eine sehr viel offenere Herangehensweise. Inzwischen ist es mir wichtiger, die Musiker in ihrer konkreten Intentionalität - ein wunderbares Wort, ich komme im Augenblick nicht davon los - ernst zu nehmen und genau hinzuhören, ohne auf eine vorgefasste Erwartungshaltung zum Orchesterklang zu pochen.

    Die Voruraufführung der Eroica in Schloss Eisenberg hatte vermutlich eine deutlich kleiner Besetzung als die "eigentliche " Uraufführung im Theater an der Wien.

    Möglicherweise. Mit den vermutlich 28 Instrumenten bezog ich mich auf eine weitere Voraufführung, die im Wiener Palais Lobkowitz stattgefunden hatte; für mehr war in dem Saal kein Platz, also spielte man wohl mit dieser Besetzung.

  • Lieber Ullrich,


    ich will die Diskussion ja gar nicht abschliessen. :jubel:


    Authenzität ist mir halt weniger wichtig, als klangliche Berauschung und dazu gehört bei mir eben ein romantischer Orchesterklang, auch beim spätklassischen Beethoven.


    Hier stehe ich und kann nicht anders.


    Viele Grüße
    hami1799

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