Französische Orgelmusik Franck

  • Hallo,


    zum Lebenslauf von Cesar Franck (1822 - 1890) verweise ich auf "Wikipedia".


    Lustige (?) Begebenheit am Rande:
    Über die Musikbücherei der Stadt Nürnberg erhielt ich ein Buch "Cesar Franck", Untertitel "Ein deutscher Komponist", Erscheinungsjahr 1942. Daraufhin angesprochen bat mich die Bibliothekarin, bei der Rückgabe auf "Besonderheiten" aufmerksam zu machen.
    Es genügte ein kurzes Querlesen des 8-seitigen(!) Traktats über die Abstammung von Franck, das Buch 3 Tage später zurück zu bringen.
    Kurzzitat aus den 8 Seiten: "Mütterlicherseits rein deutsch, Vater Belgier, 1. Wohnsitz der Eltern im deutschen Grenzgebiet, dann zufälligerweise Wohnsitznahme in Lüttich (wallonisch) und seine Geburt, wieder zufälligerweise, in Paris. Wenn man deswegen Franck als französischen Komponisten vereinnahmen wolle, müsse H. Pfitzner (meine Einfügung - gerade er!) ein Russe sein, da er ja in Moskau geboren wurde" - abenteuerlich! Paradox wird es nun: Nach jüdischem Verständnis wird das "Jude sein" von der Mutter übertragen (es bedarf dazu keiner den christl. Religionen der Taufe entspr. Handlung). Und mit diesem jüdischen Verständnis (wer erbt von wem und was) übertragen auf einen arischen Abstammungsnachweis wird in den 1940er-Jahren (!) versucht, einen französischen Komponisten (er lebte sein Leben lang in Paris!) "einzudeutschen".
    Das Buch wird aus den zu entleihenden Beständen entfernt.

    Franck ist der Vater der romantischen (symphonischen) Orgelmusik in Frankreich - und die von Franck ausgehende menschliche Wärme brachte ihm auch bei seinen Schülern den Namen "Vater" ein. (Franck wird als uneigennützig, freundlich, bescheiden beschrieben; um eine Professur an der Pariser Musikhochschule hatte er sich z. B. nicht beworben, sie wurde ihm angetragen - aber, an seinen als richtig erkannten musikalischen Grundsätzen hielt er in seiner als still bezeichneten Art fest.)





    Wie schon im Beitrag zu den Cavaille-Coll-Orgeln angedeutet habe, werde ich nun Grundsätzliches zu den Spielanweisungen und zur Registrierung grob beschreiben, die ohne wesentliche Abweichungen für alle Komponisten der französischen Orgelschule gelten.


    Die Möglichkeiten der Klangbeeinflussung beim Klavier durch die max. 3 Pedale hat eine Orgel nicht. Wenn der Organist die Taste am Manual oder Pedal los lässt, ist der Ton der Pfeife sofort weg. Das Verbinden der Töne oder Akkorde, das Legatospiel, ist aber zwingend nötig, um die Klangvorstellungen romantischer (symphonischer) Musik zu realisieren.
    Zu den bislang praktizierten Varianten der Auslösung des Anschlages über die Finger, das Handgelenk oder den Ellenbogen des Organisten kam neu hinzu, die Tonübergänge durch "verschieben" der Spielfinger (Fingergleiten) von einer auf die nächst zu spielende Taste weich, fließend und übergangslos zu gestalten und so einen Legatoklang zu erreichen, unabhängig von der Raumakustik.
    Auch die "verbundenen Noten" dienten dem Legato - war derselbe Ton unmittelbar folgend in 2 Stimmen notiert, so wurde nur einmal angeschlagen, die beiden gleichen Töne wurden also nicht durch einen 2. Anschlag unterbrochen (Ausnahme: Die Erkennung der Melodieführung würde dadurch erschwert.)
    Auch durch die verbesserte, individuelle Windversorgung von Registern konnte ein gewünschter Legatoeffekt erzielt werden.


    Vor der französischen Orgelschule war es weitgehend dem Organisten überlassen, wie er die klangliche Interpretation gestaltete, natürlich unter Beachtung des Werkcharakters. Erst zu Zeiten Francks wurde es üblich, den gewünschten Klang/die Klangentfaltung der Orgel durch eine bis ins kleinste Detail vorgeschriebene und einzuhaltende Registrierung festzulegen. Dabei galt die vorgeschriebene Registrierung logischerweise für die Orgel, welche dem Komponist z. Zt. der Komposition zur Verfügung stand.
    Als Franck 1847 die 2. Organistenstelle an "Notre-Dame-de-Lorette" in Paris antrat, hatte er noch eine Orgel nach dem klassizistischen Bauprinzip (Bauj. 1838 ) zur Verfügung. Als er dann 1851 an der Kirche "Sainte-Croix-Saint-Jean" in Paris eine Anstellung fand, war er von der dort 1846 eingebauten 2-manualigen Cavaille-Coll-Orgel begeistert. Von 1859 - 1890 war er Titularorganist an Sainte-Clotilde, Paris (Kirche Bj. 1856) und hatte dort die 1860 neu installierte 3-manualige Cavaille-Coll-Orgel (Disposition auf Wikipedia) zur Verfügung, an deren Konzeption er wohl beteiligt war auf der er seine großen Orgelwerke konzipierte.

    Und nun kommt doch wieder die ganz besondere Kunst des Organisten zum Tragen, denn: Nicht nur die vielen Cavaille-Coll-Orgeln (Zitat aus Nr.4 "in 50 Jahren ca. 600 Orgeln") sind unterschiedlich gebaut - 2 bis 5 Manuale, unterschiedliche Pfeifen, Register, Tremulanten, Schweller, Windladenkonstruktionen usw.- und es gibt natürlich auch andere Orgelbaumeister zu jener Zeit, mit noch mal anderen Orgelkonstruktionen (von späteren, modernen Orgeln ganz zu schweigen).
    Der gute Organist hat nun die Wahl: 1. Soll er das Werk im Klang so spielen, wie es die Registrierung vorschreibt, dann muss er möglichst genau kennen, wie diese notierten Register klingen und dann versuchen, über die ihm zur Verfügung stehenden Klangmöglichkeiten, Register der Orgel, den vom Komponisten gewünschten Klang zu erreichen. 2. Unter Beachtung der Werkcharakteristik und der zur Zeit der Komposition üblichen/möglichen Registrierung seine eigene (mögliche!) Registrierung wählen und dabei die Klangwünsche des Komponisten "übertragen" zu erfüllen.



    Im nächsten Beitrag beginne ich nun mit der eigentlichen franz. Orgelmusik und starte mit Orgelwerken von Franck



    Herzliche Grüße
    zweiterbass



    Nachsatz 1: Ich verbringe nun einen 14-tägigen Urlaub - ich werde mich so um den 20.10. mit meinem 2. Beitrag zu Franck, seinen Orgelwerken, zurückmelden.


    Nachsatz 2: Eine große Bitte an die Organisten und Orgelexperten im Forum: Es wäre sehr hilfreich und wünschenswert, wenn meine 2-wöchige Abwesenheit genutzt werden könnte, erforderlich gehaltene Ergänzungen und Fehler in diesem und letzten Beitrag zu berichtigen und entspr. zu posten - damit es dann ab 20.10. "losgehen" kann - herzlichen Dank!

    Wer die Musik sich erkiest, hat ein himmlisch Gut bekommen (gewonnen)... Eduard Mörike/Hugo Distler

    Einmal editiert, zuletzt von zweiterbass ()

  • Einleitung und "Fantaisie C-Dur"


    Hallo,


    es gibt hier im Forum schon einen Thread "C. Franck, Das Orgelwerk", den ich aber nicht fortführen will; die Beiträge von Nr. 37 bis 56 sind eine "sonderbare, überflüssige Streiterei" über Werbung für Labels; die Beiträge Nr. 1 bis 36 sind informativ.


    C. Franck steht am Übergang von Spätromantik zum Impressionismus in der Musik. Es gibt typische Wesensmerkmale des Musikimpressionismus, dessen bedeutendste französische Vertreter Debussy und Ravel waren, deren große Schaffenszeiten von ca. 1885 - 1930 reichten. Franck hat in seinen großen Orgelwerken (1860 - 1890) einzelne impressionistische Musikmerkmale vorweg genommen, als da sind: Klangverschiebungen/Akkordrückungen, Bordunquinten bzw. tiefe Pedaltöne im Quintabstand, Ostinati - bei markanten Stellen in einzelnen Werken gebe ich kurze Hinweise.



    Für alle Besprechungen von Werken "Französische Orgelmusik" gilt: CD-Laufzeitangaben 0.00 bis .... Taktzählung - ohne Auftakte - durchlaufend (oder nach Angabe) in /……../



    Ich werde bei jedem neu zu besprechenden Komponisten die CDs erstmal vorstellen, auf die ich mich beziehe, Begründung: Am Thread interessierte Mitglieder können sich u. U. CD(s) "noch schnell mal anschaffen" und ungekehrt, auf wichtige CDs in ihrem Besitz hinweisen/zum Kauf anregen.





    Dabei handelt es ich um die sog. "großen Orgelwerke"; neuere CD-Pressungen kommen mit 2 CDs aus - meine Aufnahme besteht noch aus 3 CDs.



    Die Orgeldisposition ist bei Wikipedia zu ersehen; zur großen Orgel in der Kathedrale von Beauvais habe ich schon im Beitrag Cavaille-Coll-Orgeln, vorletzter Absatz, geschrieben. Die von Franck vorgeschriebenen Orgelregistrierungen gebe ich hier nicht an, da meine Aufnahmen nicht auf einer Cavaille-Coll-Orgel entstanden sind. (Die Werke der weiteren Komponisten sind meist auf Cavaille-Coll-Orgeln aufgenommen - dort werde ich die Angaben machen, soweit ich sie verfügbar habe.)
    Für alle Aufnahmen dieser CDs gilt, dass durch die Überakustik der Kathedrale von Beauvais (und durch die Tontechnik?) ein sehr schöner Legatoklang entsteht, der zuweilen auf Kosten der Klangdurchsichtigkeit geht (die zwar bei dieser Musik nicht im Vordergrund stehen muss), aber doch auch beachtet werden soll.


    O. Messiaen hat über viele Jahre mit der Organistin J. Bate zusammengearbeitet; verschiedene Werke von ihm sind ihr gewidmet und sie hat auch div. seiner Werke uraufgeführt.


    Es erscheint mir sinnvoll, sich über die Werke in der Reihenfolge ihrer Entstehung Gedanken zu machen, also:
    "Six Pieces" op. 16-21:
    Fantaisie C-Dur (1860)
    Priere cis-Moll (1860)
    Prelude, fugue, variation h-Moll (1862)
    Final B-Dur (1862)
    Grande piece symphonique fis-Moll (1862)
    Pastorale E-Dur (1863)


    "Trois Pieces pour le Grand Orgue":
    Fantaisie A-Dur (1878 )
    Cantabile H-Dur (1878 )
    Piece heroique h-Moll (1878 )


    Choral pour grand orgue E-Dur (1890)
    dto. h-Moll (1890)
    dto. a-Moll (1890)


    Die "Six Pieces" hat er im Alter von 40 - 43 Jahren komponierte. Viele Namen der Stücke sind Programm und so will ich meine Phantasie spielen lassen (aber nicht nur sie) - um der


    "Fantaisie C-Dur"

    näher zu kommen:


    Ich habe schon oft gepostet, dass m. E. in eine rationale/objektive Musikbetrachtung unweigerlich subjektive Einflüsse hereinspielen; nun also erst mein Gefühl, dann der Verstand (in dieser Reihenfolge läuft auch die Verarbeitung von Musik im Gehirn ab!).



    Ich verbinde selten vor meinem Auge aufsteigende Bilder mit Musik. Hier aber sehe ich immer wieder die weiten Landschaftsausblicke im franz. Mittelgebirge - es ist kein strahlender Sonnenschein, aber es ist auch nicht diesig, eine weite Rundsicht bei mildem Licht. Dabei kommt eine große Ruhe, Gelassenheit und Friede über mich; nichts behindert, es herrscht, nein es wirkt auf mich, wie eine natürliche Ordnung über Allem.



    Von 0.00 bis 0.28 /1-8/ wird das 1. Thema, eine sehr eingängige Melodie in C-Dur (einfache Diatonik lt. Booklet), vorgestellt, rechts in einem obertonreichen (Aliquote-) Register, links im mittleren Tonbereich, kein Pedal; von 0.29 bis 0.56 /9-16/ eine Wiederholung mit einer, in der Mitte, kleinen Moll-Eintrübung.
    Ab 0.57 /17/ hat das Pedal den Fortgang im Nebenthema, das links ½ Takt nachversetzt (kanonartig) erklingt.
    Ab 1.10 bis 2.11 /29-40/ kommt rechts das 2. Thema, eine (volks-) liedhafte Melodie, links das Nebenthema im Pedal. Ab 2.11 bis 3.06 /40-56/ erneute Wiederholung Thema 1, Abwandlung mit kleiner Molleintrübung , mit weiteren Registern rechts und links - Dynamiksteigerung. Nun wird auch der Orgelpunkt im Pedal und links deutlich hörbar, der schon in /1-4/ und /13-15/ links "voraus gehört" werden kann (angekündigt wird). Das Ganze in einem sehr ruhigen, nicht eilenden, aber doch voranstrebenden Tempo (poco lento). Ganz deutlich zu hören der Legatoanschlag/-klang; die Akkorde gehen fließend ineinander, es gibt keine Klangunterbrechung, von Pausen nat. abgesehen.

    (Die oftmalige Wiederholung der einprägsamen Themen, das Tempo, der allmählich sich verdeutlichende Orgelpunkt und der ausgeglichene Klang dürften meine o. g. Emotionen ausgelöst haben.)


    3.07 bis 3.43 /57-64/ Akkordfolgen, die schon an Akkordrückungen denken lassen und die Überleitung bringen zum

    Allegretto cantando in f-Moll (die liedhafte Melodie aus dem "poco lento" soll sanglich vorgetragen werden): Ab 3.44 bis 8.05 /65-189 / werden Thema 1 und Thema 2 in vielen Varianten, Moll-Tonarten (meist nahe dem Quintenzirkel) und sehr unterschiedlichen Registrierungen bearbeitet.


    Mit ähnlichen Akkordfolgen wie bei 3.07 bis 3.43 /57-64/ kommt nun von 8.06 bis 9.23 /190-205/ in "Quasi lento" eine Überleitung zum


    Adagio 9.24 bis Ende /206-Ende/, in welchem die Themen, wechselnd rechts, links, Pedal, nochmals erklingen, durch langsames Tempo verdeutlichend und einprägend; ab /246/ zum Adagio noch rall. - ein friedlicher, sanfter Schluss.



    Herzliche Grüße
    zweiterbass



    Nachsatz 1: Das 2. Thema hat sich bei mir als "Ohrwurm" eingenistet.


    Nachsatz 2: Als nächste Werke kommen Priere und Prelude.

    Wer die Musik sich erkiest, hat ein himmlisch Gut bekommen (gewonnen)... Eduard Mörike/Hugo Distler

  • Hallo,


    Priere (Andacht-Gebet) in cis-Moll (1860)


    Franck macht es nicht so einfach wie bei "Fantaisie C-Dur".


    Das 1. Thema wird erst bei 1.42 bis 1.47 /32-34/ + 1.53 bis 1.58 /36-38/ im Pedal und 1.47 bis 1.52 /34-36/ + 1.59 bis 2.04 /38-40 rechts vorgestellt. Welchen "Sinn" haben dann die Takte /1-31/? In das Erkennen des Themas wird quasi bedächtig eingeführt, um es dann erkennen zu können - es kann aber auch verstanden werden als Zeit innerer Sammlung vor dem Gebet. Von 2.36 bis 3.01 /51-60/ können sehr gut Akkordrückungen verfolgt werden.


    Das 2. Thema ertönt, Vortragsbezeichnung "cantando", bei 3.09 bis 3.18 /63-66/ rechts und 3.19 bis 3.28 /67-70/ im Pedal.


    Bis zum Ende des Stücks werden beide Themen in vielen Variationen bearbeitet: Verdopplung der Notenzeitwerte, Durchgangsnoten in der Art einer Akkordbrechung, Tonartenmodulation, Registerwechsel, besonders aber Thema 1 und 2 werden in der Form eines Kanons verarbeitet.


    Franck wurde gelegentlich vorgeworfen, er würde durch die vielen Wiederholungen - besonders "penetrant" wird im Pedal von 9.30 bis 9.57 /196-206/ das 1. Thema als Teilstück 10 Mal wiederholt - gleichsam lehrmeisterhaft auf die Struktur seiner Werke hinweisen. Wer das Thema allerdings als Gebetsruf hört und interpretiert, wird diesen Vorwurf nicht erheben und eben darin ein inständiges, andauerndes Gebet nachvollziehen können (man kann es aber auch als Ostinato hören).

    Die Vortragsbezeichnung lautet "Andantino sostenuto", mit 4-maligem rall., Letzteres kann als "sammeln der Gedanken" gehört werden.
    Die ungewöhnlich vielen Bindebögen fallen auf, ebenfalls "verbundene Noten"; das kann als äußerliche kompositorische Klangrealisierung verstanden werden, aber auch als eine "ununterbrochene Andacht".







    Prelude, fugue, variation h-Moll (1862)


    Prelude - andantino (cantabile) 9/8, fugue - allegro man non troppo (semper cantando) ¾, variation - andantino 9/8




    Prelude, ein "kleines" Andante im 9/8-Takt - wie hört sich das an: Deutlich wird's wenn von 0.07 bis 0.13 /3-4/ rechts durchgängig Achtel- und Viertelnoten, links Achtelpause, zwei Viertelnoten, Achtelpause, zwei Viertelnoten, Achtelpause und wieder zwei Viertelnoten und im Pedal Achtelnote, zwei Achtelpausen, Achtelnote, zwei Achtelpausen, Achtelnote und wieder zwei Achtelpausen erklingen - dieses Schema ertönt, mit Unterbrechungen, während des ganzen Prelude (schade, dass auch nicht nur kurze Notenbeispiele gepostet werden können). Durch den langen Nachhall in der Kathedrale von Beauvais gehen die Achtelpausen etwas unter; trotzdem meine ich ein noch mal etwas "kleineres" Andante durch den 9/8 Takt zu hören.


    Obwohl in Moll stehend, wirkt das Prelude auf mich nicht unfreundlich, nein, wie ein Spaziergang in einer vertrauten Umgebung.


    Wieder wird eine sehr sangliche, einprägsame Melodie, meist in p, als Thema von 0.00 bis 0.53 /1-15 rechts drei Mal vorgestellt (links und Pedal siehe oben). Von 0.54 bis 2.39 /16-43/ wird rechts das leicht abgewandelte Thema aus links /1-15/ verwendet, während links, auch wieder leicht verändert, fast eine Umkehrung von links /1-15/ erklingt. Zum Abschluss erklingt das Thema rechts erneut von 2.40 bis 3.10 /44-50/.


    Ein 9-taktiges Zwischenspiel in mf /51-60/, ¾-Takt, lento, leitet zur "fugue" über und gibt auch gleich deren Takt vor.
    Fugue, von 3.53 bis 6.30 /61-141/. Ein Thema, nicht sanglich, das aber durch kleine Wiederholungen innerhalb des Themas einprägsam ist. Nach einer lang ausgehaltenen Fermate in Takt 141 geht die Fuge fast übergangslos über in die
    Variation ab 6.31, in wechselnder Dynamik; anfangs 6.31 bis 6.48 /142-147/ ertönt links (über einem quasi Orgelpunkt im Pedal) einstimmig eine "Einführung" in die Themen des Preludes, welche dann vielfältig variiert werden.


    Herzliche Grüße
    zweiterbass


    Nachsatz: Als nächste Werke kommen Final B-Dur und Grand Piece…fis-Moll

    Wer die Musik sich erkiest, hat ein himmlisch Gut bekommen (gewonnen)... Eduard Mörike/Hugo Distler

  • Hallo,


    Final B-Dur


    Wieder eine Überraschung von Franck: Das Werk beginnt mit einem 28-taktigen Pedalsolo in Oktavverdopplung und weil der Titel des Werkes Programm ist, wird Allegro maestoso vorgeschrieben in 4/4. Im Übrigen lebt das Stück nicht nur von einem 3-maligen Tonartwechsel, vom Beginn in B-Dur (auch in der parallelen g-Moll) wechselt es nach dis-Moll - auch Fis-Dur - dann nach C-Dur - auch a-Moll - um dann wieder nach B-Dur zu wechseln und so zu enden. Nein, auch innerhalb der vorgenannten Tonarten werden die Tonarten und -geschlechter häufig gewechselt und nicht selten treten Akkordrückungen auf, sodass sich eine sehr lebhafte, überraschende Harmonik ergibt. Die Dynamik wechselt häufig von pp bis fff, mit sehr vielen dim. und cresc. auch kurz aufeinander. Auch das anfängliche Allegro maestoso wird ziemlich heftig acc. um kurz darauf in ein ruhiges Andante zu rit.



    Das Thema wird sofort anfangs im Pedalsolo von 0.00 bis 0.13 /1-6/ vorgestellt - Generalpause - (Franck will sagen "merkt euch dass Thema") und von 0.14 bis 0.26 /7-11/ gleich noch mal fast unverändert wiederholt (wieder Generalpause, wie vor) , wobei die Betonung der einzelnen Notenwerte innerhalb der Takte vorgeschrieben ist, abweichend von der üblichen Betonung in 4/4. (Zu meiner Überraschung stelle ich fest, dass im 3. + 4. und 9. + 10. Takt die erste Achtelnote in meiner Aufnahme eine Oktave tiefer gespielt wird als notiert?) Bis zu 0.59 /28/wird das Thema bereits im Pedalsolo variiert.


    Ab 1.00 bis 9.52 /29-304/ wird das Thema in fast unzähligen Varianten "durchexerziert":


    Da werden unterschiedliche Bruchstücke des Themas rechts mit links und/oder dem Pedal verknüpft, gegenübergestellt, kanonartig verbunden.
    Da wechselt der 3-, 4-, 5-taktige Orgelpunkt vom Pedal nach rechts in die Oberstimme, dann nach links und zurück nach rechts in die Unterstimme. So geht z. B. ab 1.26 /43/ rechts in den Bassschlüssel um dann mit 3 Mal drei Achteln aus dem Thema das Thema im Pedalsolo (auch in der Tonhöhe) vorzubereiten, mit Oktavverdopplung ab 1.31 bis 2.05 /45-58/, eine leicht variierte Wiederholung von 0.00 bis 0.13 /1-6/ und 0.14 bis 0.26 /7-11/, auch wieder mit Generalpausen wie oben.
    Ab 2.21 bis 2.46 /67-79/ wird nun 1.00 bis 1.25 /29-42/ wiederholt, allerdings variiert, da rechts nun dreistimmig ist, sodass der Orgelpunkt rechts in der Ober- und Unterstimme liegt, das Thema in der Mittelstimme (bei 1.00 bis 1.25 lag das Thema rechts in der Oberstimme).
    Beim Wechsel nach dis-Moll - auch Fis-Dur - /123/ geht es dann in längeren Notenwerten und auch in der Dynamik ruhiger zu.


    Dies sollen nur Beispiele sein, wie Franck ein Thema be- und verarbeitet. Alles 1.00 bis 9.52 /29-304/ im Einzelnen so darzustellen wie in den Beispielen, würde den Rahmen sprengen - hören und in den Noten (stehen im Internet kostenlos zur Verfügung) mitlesen.


    Ab 9.53 bis 10.22 /305-318/ - hier lange (vorgeschrieben!) Generalpause - werden vorbereitet die Klangkaskaden (nur rechts und links), die ab 10.23 /319/ beginnen und ab 10.42 /337/ kommt im Pedal der Orgelpunkt dazu, aber je 4/4 Takt nur eine Viertelnote auf dem 3. Taktteil - durch die fast penetrant wirkende Wiederholung, über 20 Takte, das ist eine deutliche Tonsprache; das geht bis 11.13 /357. In den Takten /355-357/ im Pedal ein prägnantes Teil des Themas - Generalpause - Takte /357-359/ Wiederholung von /355-357/ - Generalpause - (das wirkt wie "Atem holen" vor dem)
    fulminanten Ende in fff ab 11.24 bis 11.40 /360-371/, das Pedal beginnt jeden Takt (ein prägnanter Teil des Themas) mit einer punkt. Viertelnote, während rechts und links zusammen je Takt ¼ Pause, dann eine sechsstimmige Viertelnote, ¼ Pause und wieder eine sechsstimmige Viertelnote - das gibt einen beschleunigenden rhythmischen Effekt und baut Spannung auf, da die Harmonik nicht aufgelöst wird. In den Takten /372-379/ halbe Noten rechts und links, im Pedal ganze Noten, keine Harmonikauflösung, Takte /380-382/ ein Achtelnotenlauf rechts über 2 Oktaven aufwärts - Takte /384-386/ endlich die Harmonikauflösung mit je einer Viertelnote und ¾ Pause, Takt /387/ ganze Note und große Fermate.


    Mein Höreindruck diesmal am Ende:
    Ich bewundere Francks Kunst, aus einem 6-taktigen, auch wieder eingängigen Thema ein überaus abwechslungsreiches Stück zu entwickeln. Da kommt nirgendwo Langeweile auf, auch auf der Orgel ungewohnte rhythmische Effekte, die Harmonikwendungen z. T. überraschend, unterschiedlich gestaltete Arten der Orgelpunkte. Und die oben beschriebenen Stellen ab 9.53 - das höre ich als Abschluss einer freudigen, festlichen Musik. (Und wäre für mich ein passendes Orgel"stück" am Ende eines Gottesdienstes an einem freudigen, kirchlichen Festtag - wenn dafür die Predigt kürzer wäre - "Des Antonius von Padua Fischpredigt" in der treffenden Vertonung von Mahler lässt grüßen.)


    Herzliche Grüße
    zweiterbass

    Wer die Musik sich erkiest, hat ein himmlisch Gut bekommen (gewonnen)... Eduard Mörike/Hugo Distler

  • Hallo,


    Grande Piece Symphonique fis-Moll


    Mit knapp 25 Min. - das längste der großen Orgelwerke Francks. Wenn ich mir ansehe, wie viel Text ich für ein 12-Minuten-Werk gebraucht habe - ich muss versuchen, den Text für dieses Werk zu straffen, selbst auf Kosten einer auch nur annähernden Übersicht - sonst liest das hier Keiner mehr.



    Anders als das einsätzige Final B-Dur besteht "Grande Piece…" aus 7 Stücken/Sätzen: 1. Andantino serioso, Grundtonart, 4/4-Takt - 2. Allegro non troppo e maestoso, Grundtonart, 2/2-Takt - 3. Andante H-Dur 4/4-Takt - 4. Allegro, h-Moll, 2/4-Takt - 5. Andante H-Dur, 4/4-Takt - 6. Allegro non troppo maestoso, a-Moll, 4/4 -Takt - 7. Beaucoup plus largement que precedemment Fis-Dur, 4/4-Takt.
    Für alle Sätze gilt: Es findet ein äußerst häufiger Tongeschlechterwechsel statt, "ein für Franck typisches Kompositionsmerkmal" (Zitat aus Nr. 4, Seite 239).
    (Für jeden Satz beginne ich Taktzählung neu, die CD-Laufzeiten sind durchgehend.)


    1. Satz, Andantino serioso, Grundtonart, 4/4-Takt: Von 0.00 bis 0.23 /1-5/ wird rechts das einstimmige 1.Thema (Achtelnoten) vorgestellt, im Bassschlüssel, also in einer tiefen Lage und ohne Pedal, links dreistimmige Akkorde. Von 0.24 bis 0.43 /6-9/ erklingt rechts ein 2. Thema im Violinschlüssel, auch ohne Pedal. Von 0.44 bis 1.08 /10-14/ wird das 1. Thema, bis auf die letzten 1½ Takte leicht verändert, wiederholt; gleiches gilt für die Wiederholung des 2. Themas von 1.09 bis 1.41 /15-20/, aber stark variiert und um 3 Takte erweitert, nach jeden Abschnitten Fermaten mit rall. im letzten sogar 3 Fermaten (Nachdenkpausen).
    Von 1.42 bis 1.56 /21-25/ wird nun im Pedal das 1. Thema gebracht und rechts im Violinschlüssel die Akkorde aus /1-5/ links. Von 1.57 bis 2.15 /25-29/ wird nun links im Violinschlüssel das 1. Thema gespielt, rechts eine Variation des 2. Themas, es findet also eine kanonartige Verarbeitung statt, die bis 3.48 /49/ geht, dabei ab 3.14 /46/ über 13 Takte Orgelpunkt und in den letzten 4 Takten auf Akkorden in ganzen Noten bei 3.59 /59/ endet.


    2. Satz, Allegro non troppo e maestoso, Grundtonart, 2/2-Takt: Das Ende des 1. Satzes geht fast unvermittelt über 4.00 bis 4.04 /1-2/ in einen ff-Akkord auf eine Viertelnote, im 2.Takt Fermate auf die halbe Pause, dies wiederholt sich 4.05 bis 4.09 /3-4/ (Vorbereitung auf das Thema). Von 4.10 bis 4.25 /5-15/ wird das Thema einstimmig im Pedal vorgestellt, ab 4.26 bis 4.42 /15-25/ geht das Thema erweitert nach rechts. Von 4.43 bis 5.27 /26-58/ wird das Thema verarbeitet - 1 Takt und/oder 2 Takte daraus werden in den Notenwerten verlängert, verkürzt, die Tonabstände erweitert, verkürzt, der Rhythmus variiert, Zwischennoten eingefügt, die Harmonik variiert, Pausen variiert, gespiegelt, dazwischen erklingt das Thema fast unverändert. Von 5.28 bis 5.46 /59-72 / erklingt rechts in der Oberstimme das Thema, die rechte Unterstimme, links und das Pedal je eine Achtelnote, Achtelpause, Achtelnote… (Zitat aus Nr. 2: Franck hat das Werk dem Pedalvirtousen Ch.-V. Alkan gewidmet). Von 5.47 bis 6.10 /73-85/ klingt dieser "stürmische" Teil aus. Von 6.11 bis 7.14 /86-120/ erklingt ein ruhiger Teil mit Intervallerweiterung des Themas, der in 6.42 bis 7.11/108-120/ mit unterschiedlichen Halb-/Trugschlüssen endet und erst ab 7.12 bis738 /122 - 125/ in pp aufgelöst wird. Von 7.39 bis 9.23 /126-189/ wird das in kleine Teilstücke zerlegte Thema rechts mit dem in links variierten Thema verarbeitet, was dann ab 9.24 bis 10.23/190-203/ - nach einer Generalpause - in ppp und Molto lento in ruhigen Akkorden endet; der nun folgende


    3. Satz, Andante, H-Dur, 4/4-Takt, hat nur 42 Takte 10.24 bis 14.12. Das ruhige Stück (wie ein "Atemholen" vor dem folgenden Allegro) lebt von 5 Eigenarten: Tonartwechsel (und nur in Dur), dem Wechsel zwischen Positiv und Rückpositiv, daraus und aus der Registrierung folgend einem sehr milden, weichen Klang, der rhythmischen Veränderung eines Teiles des Themas und echoartigen Wiederholungen.


    4. Satz, Allegro, h-Moll, 2/4-Takt: Das kurze Stück 14.13 bis 16.16 /1-99/ "huscht wie ein nächtlicher Schatten vorbei". Auch hier wieder Echowirkungen des Themas zwischen rechts und Pedal; Teile des Themas werden auf Sechszehntelnoten herunter gebrochen, ansonsten verstärkt das Pedal den "huschenden Schatten" durch einen Orgelpunkt in Achtelnoten je Takt; links sind fast durchgängig dreier/vierer Sechszehntelnoten, unterbrochen durch Sechszehntel-/Achtelpausen.


    5. Satz, Andante, H-Dur, 4/4-Takt: Es ist die verkürzte Wiederholung des 3. Satzes, Tonart, Takt und Charakter unverändert, 16.17 bis 18.26 /1-22/.


    6. Satz, Allegro non troppo maestoso, im 2-maligen Wechsel mit Andante, a-Moll, 4/4 -Takt:
    Hier handelt es sich 18.27 bis 20.58 /1-49/ (Zitat aus Nr. 4, Seite 236): "Das Vorbild Beethovens (9. Sinfonie) mit der Rekapitulation des Themenmaterials der vorangegangenen Sätze vor Beginn des letzten Satzes ist überdeutlich." Mit Akkordrückungen wird zum Fis-Dur des letzten Satzes "übergeleitet".


    7. Satz, Beaucoup plus largement que precedemment (viel breiter als bisher) Fis-Dur, 4/4-Takt: Die Themen der Sätze 1 bis 4 werden kononartig, auch in Fugen-Engführung, verarbeitet, 20.59 bis 24.45 /1-124/.



    Zitat aus Nr. 1, Seite 111: "Wahrscheinlich als Erster in Frankreich hat Franck orchestrale Satz- und Kompositionstechnik, wie sie vor allem durch Beethoven ausgeprägt wurden, auf ein Werk der Orgelmusik übertragen."
    Zitat aus Nr. 2, Seite 384: "Der formale Einfluss …von Mozart, Beethoven und Schubert ist in der komplexen und zyklischen Gestaltung seiner Orgelwerke spürbar. Wenngleich im Gesamtschaffen Francks die Orgelwerke nicht den breitesten Raum einnehmen, so sind es doch die Werke, denen musikgeschichtlich die größte Bedeutung beikommt."
    Zitat aus Nr. 4, Seite 236: "In Praxis und Lehre stand die Improvisation im Vordergrund, doch beschäftigte sich Franck auch intensiv mit Bachs Orgelwerk, was u. a. seine vierbändige Ausgabe von Orgelwerken Bachs in Blindenschrift (meine Einfügung - wahrscheinlich für seinen Schüler "Louis Vierne" und auch "Jean Langlais" dürfte davon profitiert haben) mit Applikaturen zeigt."



    Vor 30 Jahren bin ich zufällig auf Franck gestoßen; damals haben mich besonders die Fantasien, Cantabile, Pastorale und Final angesprochen - Heute schätze ich auch dieses Werk wegen seiner Vielfalt sehr, von den drei Chorälen ganz zu schweigen.


    Herzliche Grüße
    zweiterbass

    Wer die Musik sich erkiest, hat ein himmlisch Gut bekommen (gewonnen)... Eduard Mörike/Hugo Distler

  • sonst liest das hier Keiner mehr.


    Lieber Zweiterbass,


    das stimmt nicht! Es ist der Inhalt, der sich seine Form gibt. Das würde ich höher bewerten. - Wer genügend Interesse an diesem 25minütigen Werk, der Geburtsurkunde der Französischen Orgelsymphonie hat, der hat wohl auch die Muße, eine gute Bildschirmseite (die zudem ausgezeichnet gegliedert ist), zu lesen.


    Nur weiter denn, nur weiter!

  • "...das stimmt nicht! "
    Diesem Ausruf Wolframs möchte ich mich anschließen. Ich habe keine tiefreichende innere Beziehung zu Orgelmusik. Aber als ich gelesen habe, mit welchem Engagement und welch großem analytisch-deskriptivem Aufwand sich zweiterbass hier dem Orgelwerk von Franck zugewandt hat, habe ich begonnen, mich erstmalig ein wenig in dieses einzuhören.


    Ich muss meine Ohren dafür ja erst schulen. Aber ich habe schon Gefallen daran gefunden.

    Will sagen: Es ist allemal von Nutzen, wenn jemand hier im Forum sich engagiert einem Bereich des musikalischen Kosmos zuwendet, der nicht so sehr im Zentrum des allgemeinen Interesses steht. Man entdeckt plötzlich etwas, von dem man bislang keine Ahnung hatte. Und man erkennt: Musikalisch bereichernde Erfahrung gibt es auch abseits der Allerweltspfade. Und die kann sogar beträchtlich sein!

  • Hallo,


    das letzte Werk der 6 Orgelstücke aus den Jahren 1860-63


    Pastorale E-Dur


    Man kann das Werk als stimmungsvolle, dem "ländlichen Liebreiz" entsprechende Hirtenmusik hören (in Anlehnung an Beethovens "Pastorale"), aber auch als pastorale Einstimmung auf eine "Andacht". Vielleicht kann ich mich am Ende meines Beitrages entscheiden, zu was ich mehr tendiere. (Man kann mir bitte glauben, dies ist keine rhetorische Floskel, ich weiß es zum jetzigen Zeitpunkt tatsächlich nicht.)


    3 Sätze, Andantio, Grundtonart - Quasi allegretto, a-Moll - Andantino, Grundtonart, alles ¾ Takt.


    1. Satz: 1.Thema 0.00 bis 0.16 /1-4/ Fermate, auf dem Orgel-Rückpositifwerk (das klingt wie/auf einer Hirtenmusik/-flöte), 2. Thema 0.17 bis 0.36 /5-8/, 2. Stimme rechts gegenläufig zusammenführend, am Schluss in pp Echowirkung, Fermate, auf dem Orgel-Positifwerk (einfache Melodie und Akkorde, einprägend, das klingt für mich wie Andacht). Dieser Wechsel des Orgelwerks gebunden an dass Thema wird im ganzen Satz beibehalten.


    0.37 bis 0.52 /9-12/ Fermate, Wiederholung von Thema 1, in Moll und eine kleine Terz tiefer. 0.53 bis 1.10 /11-15/ Fermate, auch Wiederholung des Thema 2, in Moll und eine kleine Terz tiefer. 1.12. bis 1.19 /17-18/ Fermate, "Kurzversion" von 0.37 bis 0.52 /9-12/ Fermate, aber gespiegelt. 1.20 bis 1.28 /19-20/ Kurzversion von 0.53 bis 1.10 /11-15/, aber ein Ton tiefer und auch gespiegelt. 1.29 bis 1.36 /21-22/ Wiederholung von 1.12 bis 1.19 /17-18, aber in Dur endend. 1.37 bis 1.46 /23-24/ Wiederholung von 1.20 bis 1.28 /19-20/, aber ganz in Dur.
    Mit diesen Beispielen soll gezeigt werden, wie innerhalb von 16 Takten ein je 4-taktiges (Kurzversion 2-taktig) Thema variiert wird; dazu war es nötig, ein solches Verwirrspiel von Zahlen zu bringen - aber zum Nachvollziehen geht es nicht anders (oder ich kenne keinen anderen Weg).


    Von 1.47 bis 2.28 /25-36/ gibt es im Pedal einen Orgelpunkt, rechts wird Thema 1 variiert, links gleichzeitig Thema 2, erst in 2,29 bis 2.50 /37-40/ wird die Harmonik zur Auflösung gebracht.



    2. Satz: Von 2.51 bis 3.08 /41-44/ Fermate, wird links einstimmig, wie ein Fanal, auf das, was ab Takt 45 kommt, aufmerksam gemacht. Von 2.51 bis 3.25 /44-56/, rechts 3-stimmige Akkorde, Oberstimme eine Variation von Thema 1, links einstimmig, eine in 2 Takten gegenläufige und in 2 Takten parallele Melodie zur Oberstimme rechts und ab Takt 51 im Pedal Achtel-Ostinato - "Donnergrollen". (2.51 bis 3.25 kann man als Unwetter hören, Sturmwind, der Regen peitscht, Donnergrollen - aber auch als Störung des Wohlfühlens, nicht, oder nur schwer beeinflussbare, gewaltsame Ablenkung der Gedanken/Andacht, innere Unruhe.)
    Von3.26 bis 6.18 /56-146/ wird nun 1.47 bis 3.25 /25-56/ durchvariiert; ab 6.03 /143/wird der Übergang von a-Moll zu E-Dur vorbereitet, der Originaltonart zuständig für den


    3. Satz: 6.19 bis 9.15 /147-187; mit "eine stark verkürzte Wiederholung des 1. Satzes" ist fast Alles gesagt; auch hier gilt der 1. Absatz zum 1.Satz. Ab 7.42 /167/ Orgelpunkt, der ab 8.28 /179/ die Auflösung der Harmonik vorbereitet.



    Zum vorletzten Satz des 1. Absatzes: Nein, ich kann mich nicht entscheiden. (Wahrscheinlich hängt das von meiner "Tagesform" ab - da "spukt" doch schon wieder die "Gehirnforschung" rein.)


    Herzliche Grüße
    zweiterbass

    Wer die Musik sich erkiest, hat ein himmlisch Gut bekommen (gewonnen)... Eduard Mörike/Hugo Distler

  • Hallo,


    "in der 2. Abteilung sehen (hören) Sie…"


    Nein, wir sind hier nicht im Zirkus, also weiter mit ernsthafter Freude oder freudiger Ernsthaftigkeit:
    Es geht nun um die "Drei Stücke für große Orgel" aus dem Jahr 1878 in folgender Reihenfolge:
    Fantaisie A-Dur
    Cantabile H-Dur
    Piece heroique H-Dur



    Fantaisie A-Dur, ¾ Takt, Andantino, einsätzig

    (Einen Vergleich, ob und in wie sich die Fantaisie A-dur mit der in C-Dur - 1. Werk hier im Franck-Thread - ähnelt, stelle ich am Ende ein.)


    Von 0.00 bis 0.27 /1-8/ Fermate, wird das 1.Thema rechts, links, Pedal in f machtvoll, Orgelwerk "Große Orgel", vorgestellt; von 0.28 bis 0.38 /9-12 / Fermate, das 2. Thema ohne Pedal in p, Orgel-Rückpositif; beide Themen zwar markant, sanglich einprägsam kaum. Von 0.39 bis 1.03 /14-20/ Fermate, wird Thema 1, beginnend in E-Dur wiederholt rechts, links, Pedal in f, "Große Orgel"; Gleiches gilt von1.04 bis 1.20 /21-26/ Fermate, für Thema 2 erweitert und beginnend in H-Dur, ohne Pedal in p, Orgel-Rückpositif.

    Ab 1.21 bis 4.36 /27-101/ werden nun beide Themen verarbeitet; es übersteigt meine musikalischen Fähigkeiten, dies auch nur annähernd zu beschreiben.

    Ab 4.37 bis 5.24 /102-117/ wechselt der Klangcharakter durch das Register "voix humaine"; Orgelpunkt im Pedal, rechts das Thema 1, erweitert und variiert, links die Harmonik ergänzend. Von 5.25 bis 6.11 /118-132/ wird das 2. Thema "quasi zerpflückt", d. h. Teile des Themas wandern durch alle 3 Stimmen, keine "voix humaine". Von 6.12 bis 6.31 /133-140/ wird 4.37 bis 5.24 /102-117/ verkürzt wiederholt und von 6.32 bis 7.21 /141-162/ wird das Thema 1 "quasi zerpflückt" rechts und links dargestellt mit "voix humaine", ab /155/ kommt ein Orgelpunkt hinzu.
    Von 7.22 bis 8.08 /163-178/ folgt ein rhythmisch, dynamisch und harmonisch sehr bewegtes kleines Zwischenspiel mit fragmentarischen Themen"fetzen" rechts und links: 6 Takte 4/4 - 4 Takte ¾ - 6 Takte 4/4 - es wechselt zweifach von p zu ff - es werden alle Vorzeichen aufgelöst; von 7.32 bis 7.39 /166-167/ und 7.59 bis 8.06 /176-178/ gibt es ungewöhnlich starke Dissonanzen (Reibung zur kleinen Sekunde). Dieses Zwischenspiel setzt sich von 8.09 bis 8.57 /179-198/ fort, allerdings einheitlich ¾-Takt, aber weiterhin ohne Vorzeichen und deutlicher vernehmbarer "Erinnerung" an das 1. Thema.
    Ab 8.58 /199/ ("kehren nun wieder geordnete Verhältnisse ein"), markiert durch fff; Grundtonart, ¾-Takt und beginnend im Pedal mit dem Thema 1, was dann zur weiteren Verarbeitung nach rechts und links geht, dies geht bis 11.20 /257/. Von 9.36 bis 9.50 /215-222/ ist der Orgelpunkt mit einer Viertelnote (wie in Final B-Dur, dort aber auf dem 3. Taktteil, 4/4-Takt) auf dem 1. Taktteil, was eine gewisse Beruhigung bewirkt (anders als das "Vorantreiben" bei Final B-Dur). Dabei kündigt sich das Ende des Werkes bereits ab 10.46 /247/ durch einen Orgelpunkt an, der fast durchgehend bis /277/ durchgehalten wird und nur ab 12.o2 /268/ auf die Grundtonart wechselt. Das Werk endet Molto rall. in pp, wie "aushauchend".



    Zum Vergleich: Sofort in den Noten fällt auf, dass es mehr Registrierungsanweisungen gibt und diese genauer sind (für die 3-manualige Cavaille-Coll-Orgel 1860 in "Sainte-Clotilde", Paris) und damit ein umfangreicherer, variablerer Klang entsteht. Erstmals wird als Register "voix humaine" vorgeschrieben (ein Register, das er in "Sainte-Croix-Saint-Jean", Paris und der dort 1846 eingebauten 2-manualigen Cavaille-Coll-Orgel nicht hatte).
    Vom Namen her eine Ähnlichkeit der beiden Stücke zu vermuten ist völlig fehl am Platz. A-Dur und Andantino sind nicht gleichbedeutend mit Fröhlichkeit - eine gedankliche und entspr. auch musikalische Fantasie kann sich durchaus auch in düsteren, ernsten, bedrückenden Regionen bewegen - der musikalische Ausdruck beider Stücke ist völlig verschieden.



    Herzliche Grüße
    zweiterbass


    Nachsatz: Um "Wolfram" nicht über Gebühr warten zu lassen - ich lasse
    ihm nämlich gerne den Vortritt bei den 3 großen Orgelchorälen - verkürze ich nun den zeitlichen Abstand meiner Beiträge, soweit ich das schaffe.

    Wer die Musik sich erkiest, hat ein himmlisch Gut bekommen (gewonnen)... Eduard Mörike/Hugo Distler

  • Hallo,


    Cantabile H-Dur, 4/4-Takt, non troppo lento, einsätzig.



    Mit 5.36 das kürzeste aller großen Orgelwerke. Da bietet es sich natürlich an, auf die Struktur besonders einzugehen, noch dazu sie diesmal besonders interessant und gut nachzuhören ist - aber, es geht nicht ohne viele Zahlen ab. (Ich könnte es mir ja leicht machen und nur Taktangaben bringen; wer von den Mitgliedern oder Lesern dann keine Noten hat, hat das Nachsehen und kann eben nicht "Nachhören".) Also wie gehabt, von…bis…CD-Laufzeiten, /…/ Taktzahlen.


    Allerdings folgt nun ein etwas unorthodoxes Vorgehen: Ich will mich an die Struktur, wie gehabt anhand der Noten, heran wagen, sie aber dann aus meinem Hören/Empfinden beschreiben - und dies u. U. am Schluss "objektiv ergänzen"; das hängt davon ab, was bei meinem unorthodoxen Versuch heraus kommt. (Ich schreibe immer erst in Word und stelle dann im Forum ein - ohne "Berichtigung" meiner subjektiven Eindrücke).


    Von 0.00 bis 0.09 /1-2/ erklingt im Pedal ein "Vorspiel" (rechts und links Akkordergänzung) - Alles in dunklen Flöten- und Gambenregister 8- und 16-Fuß - wie zu einem "Lied", das dann von 0.10 bis 0.22 /3-5/ rechts deutlich (es ist zwar nicht "Vox humaine", aber Oboenregister mit meine ich Schwebung?) zu hören ist, allerdings bricht das "Lied" in Moll ab und von 0.23 bis 0.31 /6-7/ wird das "Vorspiel" in Moll wiederholt. Von 0.32 bis 0.43 /7-10/ wird das "Lied" (0.10 bis 0.22 /3-5/) fortgesetzt und in Moll zu einem vorläufigen Ende geführt. Von 0.44 bis 0.48 /11/ ein Takt aus dem "Vorspiel" und von 0.49 bis 1.32 /12-24/ wird das "Lied" anfangs rechts variiert, dann erfolgen im "Lied" Akkordrückungen - diese hören sich an wie die Steigerungen einer sich dem Ende nähernden Arie - und in Takt /24/ wird das "Lied" (Anfang 0.10. bis 0.22 /3-5/ Fortsetzung 0.32 bis 0.43 /7-10/) zu einem tatsächlichen Ende - Grundtonart H-Dur - geführt.


    Von 1.33 bis 1.41 /25-26/ eine rhythmische Variante des Vorspiels und von 1.42 bis 2.56 /27-50/ ist das Lied nun variiert links zu hören, während rechts Liedteile dazu kanonartig verarbeitet werden, dabei sind ab 2.21 /39/ mehrmals Akkordrückungen zu hören, die von 2.31 bis 2.56 /42-50/ im Pedal von einem Orgelpunkt begleitet werden. Ab 2.58 /51/ rechts und 3.01 /52/ im Pedal wird das variierte Lied bis 3.42 /64/ zum Kanon. Von 3.43 bis 4.17 /65-73/ erklingt nochmals das Lied ähnlich /12-24/ und ab 74 /4.18/ wird des Ende vorbereitet, dabei gibt es von 4.33 bis 4.43 /78-80/ ein rhythmische Verschiebung zwischen rechts und links und Pedal - da nimmt die Unterstimme links und Pedal den Akkord in rechts um ¼ voraus (Vorwegnahme), was sich wie eine "zueilen" auf das Ende anhört, das dann ab 4.44 /81/ beginnt und in /88-89/ in ruhigen Akkorden ausklingt - die Oberstimme rechts setzt noch "wie ein kleines Sahnehäubchen" oben drauf.




    Wenn ich nun "Vorspiel" 0.00 bis 0.09 /1-2/ als Thema 1 und "Lied" von 0.10. bis 0.22 /3-5/ als Thema 2 bezeichne, könnte ich meine weiteren Ausführungen entspr. verbal abändern. Ich meine jedoch, mein rein subjektiver Eindruck ein/e Lied/Arie gehört zu haben, das in allen Tonlagen der Orgel erklingt - aber den tatsächlichen Strukturmerkmalen wohl widerspricht - kommt dem Charakter von "Cantabile" für mich näher.



    Herzliche Grüße
    zweiterbass

    Wer die Musik sich erkiest, hat ein himmlisch Gut bekommen (gewonnen)... Eduard Mörike/Hugo Distler

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  • Hallo,


    keine Experimente (ähnlich Cantabile) bei


    Piece heroique h-Moll ¾ -Takt, einsätzig, Allegro maestoso - natürlich.


    Es gilt als das schwierigst zu spielende Werk (ich kann es nicht beurteilen, ich bin kein Organist); dazu gibt es umfangreiche Registrierungsvorschriften; meine Höreindrücke stehen in […].


    Ab /1/ gibt es rechts 3-stimmige Akkorde in Achtelnoten und in der Oberstimme fast einen Orgelpunkt, während ab 0.04 bis 0.19 /2-7/, immer mit einer Achtelpause beginnend, wenn es sich um die aufsteigende Linie handelt (bei der absteigenden Linie gibt es die nicht) und dann zwei Sechzehntelnoten und punkt. Viertel- mit Achtelnote verbunden aufsteigend, das Thema vorgestellt wird. [0.04 bis 0.08 /2-3/, das hat für mich Aufforderungscharakter, kräftig akzentuiert, auch durch die nicht allzu tiefe Lage.] Die rhythmische Figur von zwei Sechzehntelnoten, punkt. Viertel- und Achtelnote verbunden, im ¾-Takt, zieht sich charakteristisch durch das ganze Werk. Von 0.20 bis 0.35 /8-13/ wird das Thema verkürzt und in einer anderen Tonart wiederholt.
    Von 0.36 bis 0.59 /14-21/ wird nun rechts die absteigende Linie des Themas variiert, während links die 3-stimmigen Achtelakkorde begleiten und von 1.00 bis 1.30 /22- 32/ liegt das ganze Thema links und rechts ertönen die Achtelakkorde ähnlich 0.20 bis 0.35 /8-13/. Ab 1.31 bis 2.10 /33-46/ werden die aufsteigenden und absteigenden Teile des Themas, z. T. dreistimmig, auch einander gegenläufig rechts, links, Pedal gegenüber gestellt. Ab 2.11 bis 2.58 /47-64/ ist nun rechts in hoher Lage das Thema, z. T. nur bruchstückhaft, zu hören, während links in Sechszehntelläufen erweitert das Thema variiert. Von 2.59 bis 3.15/ 65-70/ links das Thema, rechts Achtelakkorde ähnlich 1.00 bis 1.30 /22-32/, von 3.16 bis 3.46 /71-79 / das Thema im Pedal, rechts Bruchstücke des Themas, links 2- und 3-stimmige Achtelakkorde, ab /76/ Rall. und /79/ Molto rall!!!
    Die Tonart wechselt erstmalig von h-Moll nach H-Dur!!!


    Von 3.47bis 5.26 /80-120/ wird nun das Thema bruchstückhaft in Dur "transportiert"?- transponiert. [Transportiert? - die fünf Achtelnoten + ein Achtelpause im Pedal aus /80/ ertönen bis /104/, von Pausen unterbrochen, mehrmals; ab /108/ auf sechs Achtel erweitert und bis /120/ als Ostinato. Ich höre das, als müsste sich das Thema erst an die neue Tonart "gewöhnen"], denn ab 5.27 bis 6.30 /121-138/ scheint dann das Thema in der neuen Tonart angekommen, was auch im Pedal in /121-128/ durch eine absteigende punkt. Halbenote-Linie angedeutet wird. Es scheint aber nur so [Franck spannt den Hörer auf die Folter, denn die tatsächliche, dem heroischen Stück angemessene strahlende H-Dur-Tonart kommt erst ab /170/], denn ab 6.31 /139/
    erneuter Tonartwechsel zurück nach h-Moll.


    Von 6.31 bis 7.43 /139-164/ kann ich mich kurz fassen: Es werden bruchstückhaft, abschnittweise Teile aus dem bislang Gehörten wiederholt. [Ich höre das wie ein Aufbäumen - die Widerwärtigkeiten gewinnen erneut die Oberhand - vor dem endgültigen Tonartwechsel nach H-Dur ab /165/]; in /164/ Generalpause, dann
    erneuter Tonartwechsel von h-Moll nach H-Dur


    ab /165/ Tempovorschrift Piu lento [nun kommt die vom Hörer schon lange erwartete Heroik]. Von 7.45 bis 7.59 /165-168/ rechts, links, Pedal in einheitlichen Notenwerten [choralartig] H-Dur, /168/ Achtelpause mit Fermate. Von 8.00 bis Ende /169 - 190/ strahlendes H-Dur, mit den für Franck so typischen Moll-Einschüben, die einheitlichen Notenwerte werden rechts und links eingehalten, nur das Pedal schert ab und zu aus und ist von 8.36 bis 8.49 /170-182/ Solo mit Anklängen an das Thema zu hören. Ab 8.50 /183/ nun nur noch der endgültige "Anlauf" zu H-Dur. Ab /186 / zum Piu lento noch Molto rit. und die Pedallinie in /187-190/ unterstreicht den rechts und links durchgehaltenen H-Dur-Akkord - ein wahrhaft beeindruckendes Ende eines "heroischen Stückes". [Hier kann man sich mit Franck in majestätischen, strahlenden Dur-Akkorden "baden".]



    Herzliche Grüße
    zweiterbass



    Nachsatz: "Wolfram" wird für die großen Orgelchoräle schon "voll Ungeduld in den Startlöchern stehen"? (Und ich habe eine "Verschnaufpause".)

    Wer die Musik sich erkiest, hat ein himmlisch Gut bekommen (gewonnen)... Eduard Mörike/Hugo Distler

  • Lieber Zweiterbass,


    ich habe heute nach dem Gottesdienst meine Franck-Noten von der Orgelempore mitgenommen, um diese Stücke zu Hause zur Verfügung zu haben. Habe auch schon die Einspielung der "Trois Chorals" mit Marie-Claire Alain gehört (Juni 1995). Es geht los ... gib mir ein paar Tage Zeit, momentan bin ich von Beethovens 1. Sinfonie fasziniert - und werde rasend angesichts des dummen Geschwätzes vom "Frühwerk", von der "Haydn-Nachfolge", vom "noch nicht Eroica" ....

  • Wenn Albert Schweizer Recht hatte, dann verdanken die “Drei Choräle” Cesar Francks, sein letztes vollendetes Werk, ihre Existenz einem Missverständnis. Schweizer schrieb:


    Die Tatsache, dass in Orgelfantasien bearbeitete Originalthemen „Chorals pour Orgue …“ genannt werden, ist in Frankreich auf die Zeit zurückzuführen, da französische Organisten erstmals mit den Choralfantasien für Orgel von Bach Bekanntschaft machten, und dabei fälschlicherweise dachten, die Melodien, auf denen sie aufgebaut sein, seien auch Bachs eigene Kompositionen.


    Man kannte also Bachs Choralbearbeitungen für Orgel in Frankreich, wusste aber nicht, dass deren cantus firmi protestantische Choräle (also Gemeindelieder) sind. Überhaupt war Orgelliteraturspiel in der Orgelklasse César Francks am Pariser Conservatoire eher nebensächlich. Louis Vierne erinnert sich: „Von den sechs Unterrichtsstunden, die Franck jede Woche hielt, widmete der Meister alleine fünf dem Fach Improvisation, das am meisten gefürchtete im jährlichen Concours. Literaturspiel interessierte ihn weniger; wenn man überhaupt das Privileg genoss, sein Schüler zu sein, verstand es sich von selbst, dass man über hinreichende instrumentale Technik verfügte, um beispielsweise das gesamte Werk Bachs zu spielen.“


    Und weiter:


    “Franck widmete sich vor allem dem Detail: Melodische Einfälle, harmonische Neuheiten, raffinierte Modulationen, satztechnische Eleganz, kurzum, alles Ausdruck musikalischer Reinkultur. Widor [der nach Francks Tod dessen Orgelklasse übernahm, Anm. Wolfram] dagegen widmete sein Hauptbemühen der satztechnischen Konstruktion, der logischen Entwicklung und der formalen Seite.“


    Vor diesem Hintergrund klingt es plausibel, dass über Machart der Bachschen Choralbearbeitungen zu Francks Zeiten kaum Wissen verfügbar war.


    Die drei Choräle haben alle eine ähnliche Form: In einem ersten Teil wird ein Thema A vorgestellt. Der Choral (eben kein "echter Choral", sondern entsprechend dem o. g. Missverständnis ein von Franck für dieses Werk komponierter) erscheint als kontrastierendes Thema B. Es folgt ein Mittelteil, in dem der Choral schon hier und da aufblitzen mag. Der letzte Teil des Werkes führt dann nach einer Steigerung den Choral zu einer Apotheose.


    Diese Werke, insbesondere Choral Nr. 3 in a-moll, gehören heute zum engsten Kernrepertoire der Organisten.


    Drei Einspielungen der Orgelwerk Francks werden helfen, einzelne Stellen genauer zu bezeichnen:


    - Jean Guillou, van-den-Heuvel-Orgel von St. Eustache zu Paris (1989)
    - Marie-Claire Alain, Cavaillé-Coll-Orgel von St. Étienne zu Caen (1995)
    - Eric Lebrun, Cavaillé-Coll-Orgel von Saint-Antoine des Quatre-Vingts zu Paris (1997)




    Als maßstäblich in Sachen „Interpretation der Orgelmusik von César Franck“ gelten übrigens die Aufnahmen mit dem Franck-Schüler Charles Tournemire. Etwa so wie Prokofiew/Richter, Dvorak/Suk, Mahler/Walter. Ich habe allerdings die Tournemire-Aufnahmen noch nicht gehört.

  • Thema A kommt liedhaft daher. Ein weit gespannter manualiter-Satz, der vom Spieler die Spannweite einer Dezim in der linken Hand abverlangt – manche dieser Stellen lassen sich durch geschickte Verteilung der Mittelstimmen zwischen beiden Händen lösen, aber nicht alle. Meist wird dies daher mit einer Pedalkoppel gespielt, d. h. die tiefste Manualstimme spielt man im Pedal und hat außer der Pedalkoppel keine Pedalregister gezogen. Selbst wenn man genügend große und spreizfähige Hände hat, kommt diese Spielweise der Stimmführung und Artikulation zugute.


    Man bemerkt im ersten Großabschnitt des Werkes einen mehrfachen Wechsel zwischen „Grand orgue“ (=Hauptwerk) und „Récit“ (=Schwellwerk). Auf der „Grand orgue“ geht es los mit Thema A in E-Dur, das „Récit“ antwortet mit einem Thema A1 - in hoher Lage und (natürlich) leiser. Es folgt Thema A in G-Dur auf der „Grand orgue“, in der zweiten Hälfte variierend und an A1 erinnernd. Das „Récit“ antwortet mit einem Thema A2. „Grand orgue“ führt ein neues, stufenweise aufsteigendes Thema A3 über einem chromatisch aufsteigendem Bass ein, „Récit“ antwortet mit einer Variante von A1.


    Alles dies scheint nur darauf abzuzielen, den eigentlichen Choral nach und nach vorzubereiten, ihn sozusagen aus dem bereits gehörten Material zu entwickeln. Jetzt ist es soweit (2:45/2:27/2:25), auf dem „Récit“ wird dazu umregistriert: „Hautbois“ weg, „Voix humaine“ und „Tremblant“ (=Tremulant) hinzu. Eine sehr spezielle Registrierung, die uns im Choral Nr. 2 in h-moll wieder begegnen wird.


    Nun erklingt eine Variation von A (3:58/3:35/3:30), gespielt von „Hautbois“ und „Trompette“ „Récit“, begleitet von „Flûte“ und „Bourdon“ (=Gedackt) des „Positif“ in Sopranlage. Sofort folgt eine ähnliche Variation von A in G-Dur, dieselbe Soloregistrierung wird nun in Tenorlage verwendet. Eine Variation von A3 schließt sich an, die Solostimme ist nun wieder im Sopran zu hören.


    Noch einmal erklingt der Choral mit seiner charakteristischen Registrierung, dieses Mal interpoliert vom Kopf der eben gehörten Variation von A auf dem „Positif“.


    Die Überleitung zum Mittelteil beginnt (6:38/6:05/5:49): Fortissimo, akkordischer Satz, Grundstimmen und Zungen zu 8‘ und 16‘ auf allen (gekoppelten) Manualen. Das „Récit“ antwortet toccatenartig-fantasierend, dann folgt nochmal der Wechsel zwischen akkordischem und toccatenartigen Satz. Das Ganze wirkt wie eine eingeschobene Improvisation.


    Nun (8:12/7:26/7:10) beginnt der eigentliche Mittelteil in e-moll: Wieder ist eine Solostimme zu hören, wiederum gespielt von „Hautbois“ und „Trompette“ des „Récit“, begleitet von „Flûte“ und „Bourdon“ (=Gedackt) des „Positif“.


    Nach einiger Zeit wechselt die Registrierung (9:30/8:35/8:15), ein Dialog für „Positif“ und „Grand orgue“ entfaltet sich, wir sind unmerklich im letzten Teil des Werkes angekommen. Kurz danach erklingt der Kopf von A2 mehrmals. Die Schlusssteigerung bahnt sich an: Der Choral erklingt wieder, zunächst eher versteckt in Tenorlage und in g-moll (10:39/9:35/9:14), danach in hoher Sopranlage und in b-moll (11:17/10:05/9:46), bevor er im Pedal in cis-moll zu hören ist (11:55/10:37/10:22). Die Musik steigert sich weiter in Bewegung und Lautstärke, bis der Höhepunkt des Werkes erreicht ist: Der Choral erklingt in Imitation der drei gekoppelten Manuale („tutta forza“) einerseits und dem Pedal andererseits (13:36/12:00/11:38'). Der Rest ist Ausklang in festlichem E-Dur.

  • Ein weit gespannter manualiter-Satz, der vom Spieler die Spannweite einer Dezim in der linken Hand abverlangt


    Lieber Wolfram,


    Franck muss sehr grosse Hände und Spannweite gehabt haben, was auf zeitgenössischen Bildern zu sehen ist.

    Diese Werke, insbesondere Choral Nr. 3 in a-moll, gehören heute zum engsten Kernrepertoire der Organisten.


    Sonderbar, in Orgelkonzerten im mittelfränkischen Raum höre ich Franck ganz selten. Anlässlich eines Meisterkurses über Franck mit D. Roth (ich war passiver Zuhörer) vor???Jahren, waren am Ende die Bestbewertesten zwei Organistinen aus dem asiatischen Raum - ein Organist aus dem frk. Raum "warf vorzeitig das Handtuch". Ob das mit nachstehenden Zitaten "im Hinterkopf" etwas zu tun hat?

    Man kannte also Bachs Choralbearbeitungen für Orgel in Frankreich, wusste aber nicht, dass deren cantus firmi protestantische Choräle (also Gemeindelieder) sind.


    Die drei Choräle haben alle eine ähnliche Form:


    Thema A kommt liedhaft daher.


    Wenn ich das mal ganz allgemein ausdrücke (ohne Feinheiten): Auch die Choralbearbeitungen aus dem Raum nördl. von Alt-Bayern haben eine Grundform: Das Gemeindelied, der Choral, der "cantus firmus" (auch eine Komposition, allerdings nicht vom Choralbearbeiter) wird musikalisch verarbeitet. Wer sich nun mehr "angemasst hat", das Wort Choral - fußend auf dem gregorianischen Choral - für seine "Anwendung" zu gebrauchen und ob es dabei eine Rolle spielt, wer den "cantus firmus" komponiert hat und ob diese/s Melodie/Lied zuvor im kirchlichen Raum Verwendung fand???
    Wenn nun die Franckschen Choräle "liedhaft daherkommen", so haben die Bachschen Choralbearbeitung auch liedhafte Grundlagen. Und ohne das nun "wasserfest" beweisen zu können - dazu fehlt mir die Zeit: Musik dürfte zuerst als gesungener Klang da gewesen sein, dann kamen Instrumente zur Klangerzeugung dazu; also dürfte die Bezugnahme auf ein Lied das "Ursprünglichere" sein.
    Könnte es sein, dass man aufgrund der sehr grossen, langjährigen Orgeltradition im "o. g. Raum" auf die franz. "Schöntöner" etwas herab gesehen hat? Ich höre gerne Orgelmusik aus dem "o. g. Raum", aber manches ist doch ziemlich spröde oder der Kompositionsanlass (Gebrauchsmusik aufgrund kirchlicher Weisung) ist (deutlich?) hörbar.


    Zum E-Dur-Choral möchte ich noch ein/zwei Sätze schreiben, erbitte dafür 2 Tage Zeit (aber "nicht bis..."); die Angaben zu den Orgelregistern/-werken!!! - Warum ich dazu kaum schreibe ist in einer Bemerkung zu lesen, die ich schon lange auf dem PC habe, aber erst einstelle, wenn wir mit Franck zu Ende sind.


    Viele Grüße
    zweiterbass

    Wer die Musik sich erkiest, hat ein himmlisch Gut bekommen (gewonnen)... Eduard Mörike/Hugo Distler

  • Lieber Zweiterbass!

    Sonderbar, in Orgelkonzerten im mittelfränkischen Raum höre ich Franck ganz selten.


    Das kann ja auch an den verfügbaren Instrumenten liegen. Ein neobarocker Orgelbau aus der Zeit kurz nach dem 2. Weltkrieg mit einem spitz besetzten 2. Manual (z. B. Gedackt 8, Flöte 4, Prinzipal 2, Quinte 1 1/3, Sesquialter, Zimbel, Vox humana 8, so ähnlich sahen viele aus) - damit macht Franck keinen Spaß. Da spielt man lieber Bach und Distler.


    Wenn ich das mal ganz allgemein ausdrücke (ohne Feinheiten): Auch die Choralbearbeitungen aus dem Raum nördl. von Alt-Bayern haben eine Grundform: Das Gemeindelied, der Choral, der "cantus firmus" (auch eine Komposition, allerdings nicht vom Choralbearbeiter) wird musikalisch verarbeitet.


    Das ist richtig - aber innerhalb der Gattung "Bearbeitung eines Chorals" gibt es halt tausend Möglichkeiten: schlichter Kantionalsatz mit unverzierter Oberstimme im Sopran, dito mit c. f. in anderer Stimme, das Ganze auch mit "freien Stimmen" mit oder ohne Zwischenspiele (etwa Bach, "Wachet auf" aus den Schübler-Chorälen), verzierte Choralbearbeitung mit oder ohne Zwischenspiele (etwa: Bach, die beiden Bearbeitungen zu "Wenn wir in höchsten Nöten", freie Fantasie (Buxtehude, Nun freut euch), Partita, Choralfuge/Choralfughette (z. B. 3. Teil der Klavierübung), Choralmotette ("Aus tiefer Not" aus dem 3. Teil der Klavierübung), usw. usw.


    Was ich sagen wollte: Die Formen der "Trois Chorals" sind einander recht ähnlich. Das ist überraschend - und hätte ja durchaus nicht so sein müssen, vgl. etwa die drei Choralfantasien op. 52 von Max Reger.


    Wenn nun die Franckschen Choräle "liedhaft daherkommen", so haben die Bachschen Choralbearbeitung auch liedhafte Grundlagen.


    Ich meine nicht, dass die Franckschen Choräle im allgemeinen liedhaft daher kommen. Was ich sagen wollte: Im ersten Choral ist Thema A liedhaft, und nur da, im zweiten und dritten aber nicht. Darum die Hervorhebung.

  • Lieber Wolfram,


    was Du in Deinem 1. Absatz schreibst, habe ich am Wochenende über mich ergehen lassen - Orgelspaziergang zu zwei Kirchen innerhalb Fürths - in der 1. Kirche romant. Orgelmusik aus Italien auf einer dafür (und für Orgelkonzerte überhaupt) völlig ungeeigneten Orgel, der Mut der Organisten war zu bewundern - in der 2.Kirche genau das, was Du schreibst, eine Walkerorgel vor dem 2.Weltkrieg um ca.1960 mit spitzen Registern verschlimm-verbessert -Marcel Dupre war noch am Besten zu hören.


    Dein 2. Absatz, natürlich - und Reger kommt eben woanders her.


    Viele Grüße
    zweiterbass

    Wer die Musik sich erkiest, hat ein himmlisch Gut bekommen (gewonnen)... Eduard Mörike/Hugo Distler

  • Hallo,


    nachdem Wolfram für den Choral E-Dur vorwiegend die Struktur und die Registrierung dargestellt hat (da bleiben bei mir keine Wünsche offen), kann ich mich auf wenige meiner Höreindrücke, sonst in […] geschrieben, beschränken:

    Das Thema 1 /1-7 ½ / erinnert mich in an die Themen 1 + 2 der Fantaisie C-Dur, Ruhe verbreitend. Das ändert sich aber schnell, denn bis /45/ kommen fast ununterbrochen Wechsel von Tonart und -geschlecht, was nicht nur beeindruckend ist, sondern auch die Ruhe nimmt. Die Sechszehntelläufe von /60-81/ mit dem um Durchgangsnoten erweiterten Thema nehmen allerdings nichts weg von der Grundruhe des Werkes, das Pedal macht's. Was Wolfram in seinem Absatz 6 "Mittelteil" wie eine Improvisation hört, wirkt auf mich, nach den vielen vorangegangen Tonart- und -geschlechtswechsel, wie ein "!", denn nun kommen wieder Sechszehntelläufe ohne die vielen Harmonikwechsel. Wenn ab /228/ rechts und links, ab /229/ auch im Pedal das Thema in strahlendem E-Dur erklingt, dann höre ich das wie eine Befreiung des Themas aus den vorangegangenen Verarbeitungen mit dem erneut sehr vielfältigen Wechsel der Tonarten und -geschlechter.



    Herzliche Grüße
    zweiterbass

    Wer die Musik sich erkiest, hat ein himmlisch Gut bekommen (gewonnen)... Eduard Mörike/Hugo Distler

  • Im zweiten Choral zieht Franck die Form der „Passacaglia mit Fuge“ heran. Ein Vorbild dafür war die Passacaglia c-moll BWV 582 von J. S. Bach. Die Kombination „Passacaglia und Choral“ findet man hingegen bei Franz Liszt in seinen Variationen über „Weinen, Klagen, Sorgen, Zagen“.


    Das Thema (A) der Passacaglia ist 16taktig und traditionell im ¾-Takt. Vier Variationen sind eingangs zu hören. Die erste bringt das Thema im Pedal, schwer lastend begleitet von Oktaven und später Akkorden auf den Zählzeiten „2“ und später „2“ und „3“. Die zweite führt das Thema in der Oberstimme. Hier dominiert Viertelbewegung, die in der zweiten Hälfte mit Achteln und Achteltriolen aufgelockert wird. In der dritten Variation ist durchgängige Achtelbewegung zu hören, das Thema ist – wie in der vierten Variation auch – in der ersten Hälfte dem Pedal, in der zweiten Hälfte jedoch der Oberstimme anvertraut. Die vierte und vorerst letzte Variation hebt mit erregten Akkorden in triolischen Rhythmen an.


    Hat sich bisher die Lautstärke nach und nach gesteigert, so fallen mit dem Einsatz des nun folgenden Chorals (Thema B, Guillou 1989/M.-C. Alain 1995/Eric Lebrun 1997 = 3:03/2:29/2:44) die Zungenregister und die 16‘-Register in der „Grand Orgue“ und im „Positif“ (und die Zungen im Pedal? Steht nicht in den Noten …) weg, es geht leiser weiter.


    Nach dem Choral folgt ein recht flüssig gespielter Teil (3:46/3:08/3:25), der sowohl an das Passacaglia-Thema wie an den Choral (wegen der chromatischen Bassführung) erinnert. Es schließt sich ein Abschnitt an, der Bewegung, Chromatik und Registrierung des Chorals wieder aufnimmt, dann ist wieder die flüssige Motivik zu hören, gefolgt von einem letzten Abschnitt (5:31/4:42/4:52), der den ersten Teil des Werkes beschließt: Registriert mit Voix humaine und Tremblant, der Registrierung des Chorals im Choral Nr. 1 E-Dur, erklingt der sogenannte „seraphische Gesang“, wie M. C. Alain ihn nennt. H-Dur ist für ihn – und nur für ihn – vorgezeichnet. Eine erlesene Tonart.


    Wie im ersten Choral erklingt nun ein improvisiert wirkender Abschnitt (6:22/5:37/5:46). Mit „Largamente con fantasia“ ist er überschrieben, Fortissimo ist vorgeschrieben. Das dritte Manual antwortet im Piano, dann noch einmal erstes und drittes Manual im Wechsel.


    Danach beginnt der eigentliche Mittelteil mit einer Fuge (7:48/6:44/6:51) über die erste Hälfte des Passacaglia-Themas in g-moll. Das Thema tritt sogleich mit einem Kontrapunkt auf, dies erinnert stark an das oben genannte Werk Johann Sebastian Bachs, doch ist dieser Kontrapunkt nicht obligat, die Fuge ist keine Doppelfuge wie bei Bach. Man könnte ferner mäkeln, dass die Stimmführung nicht strengsten Ansprüchen genügt.


    Nach und nach geht die Fuge in einem akkordischen Satz über, bis wir im dritten Teil des Werks angekommen sind und die Pointe des Stücks zu hören ist: Passacaglia-Thema A (im Pedal) und Choral B (Oberstimme) erklingen in Kombination und in es-moll (9:44/8:25/8:35). Danach dasselbe in fis-moll.


    Nun nutzt Franck den zu Beginn der Fuge einmalig eingeführten Kontrapunkt und die Motivik aus dem „Largamente con fantasia“ für einen Steigerungsabschnitt (ab 11:05/9:37/9:54). Bei 12:12/10:28/10:53 erfährt dann das Passacaglia-Thema seine Apotheose in der Oberstimme, zweite Hälfte im Pedal. Doch das Ende kommt schnell: Decrescendo, Zusammenbruch, Finale mit dem „seraphischem Gesang“ (13:14/11:15/11:38').


    (Nur quasi privat: Dieser Zusammenbruch ist für mich ganz nahe am Schluss von Mahlers Sechster. - Guillou zieht schon am Anfang den 32‘. Überhaupt ist dies eine Wahnsinnsaufnahme. )

    Einmal editiert, zuletzt von Wolfram ()

  • Hallo,


    zu Wolframs Beitrag bleibt mir nur noch - als Fleißarbeit - die Laufzeiten meiner CD-Aufnahme "J. Bate" als Vergleich gegenüber zustellen, einschl. der dazu gehörenden Taktangaben:


    Einsatz des nun folgenden Chorals Thema B (Guillou 1989/M.-C. Alain 1995/Eric Lebrun 1997 = )3:03/2:29/2:44 - (J. Bate 1984 =) 3.12 Takt /65/


    Nach dem Choral folgt ein recht flüssig gespielter Teil (3:46/3:08/3:25) 4.00 /80/


    gefolgt von einem letzten Abschnitt der den ersten Teil des Werkes beschließt: Registriert mit Voix humaine und Tremblant, erklingt der sogenannte „seraphische Gesang“, wie M. C. Alain ihn nennt; H-Dur ist für ihn vorgezeichnet, eine erlesene Tonart (5:31/4:42/4:52) 5.52 /115/


    (Es)…erklingt nun ein improvisiert wirkender Abschnitt, mit „Largamente con fantasia“ ist er überschrieben (6:22/5:37/5:46) 6.47 /126/


    Danach beginnt der eigentliche Mittelteil mit einer Fuge (7:48/6:44/6:51) 8.16 /148/


    …im dritten Teil des Werks angekommen sind und die Pointe des Stücks zu hören ist: Passacaglia-Thema A (im Pedal) und Choral B (Oberstimme) erklingen in Kombination und in es-moll, danach dasselbe in fis-moll. (9:44/8:25/8:35) 9.40 /195/


    Nun nutzt Franck den zu Beginn der Fuge einmalig eingeführten Kontrapunkt und die Motivik aus dem „Largamente con fantasia“ für einen Steigerungsabschnitt ab (11:05/9:37/9:54) 11.23 /243/


    Doch das Ende kommt schnell: Decrescendo, Zusammenbruch, Finale mit dem „seraphischem Gesang“ (13:14/11:15/11:38 ) 12.44 /271/



    Gegenüber J. Bate "rast" ja M.-C. Alain fast durch das Werk, 1 ½ Minuten schneller; der Vergleich der Zwischenzeiten lässt der Verdacht aufkommen, dass besonders die Überakustik von Beauvais das Tempo beeinflusst haben könnte.


    Herzliche Grüße
    zweiterbass

    Wer die Musik sich erkiest, hat ein himmlisch Gut bekommen (gewonnen)... Eduard Mörike/Hugo Distler

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  • Der letzte der drei Choräle ist wohl das bekannteste Orgelwerk César Francks und eines der meistgespielten Orgelwerke des 19. Jahrhunderts. Zu dieser Beliebtheit mag zumindest in Deutschland beitragen, dass sich dieses Werk einigermaßen auf deutschen Orgeln mit ihrem meist von Francks Erwartungen völlig abweichenden Register- und Klangfundus darstellen lässt. Man kann die Musik sozusagen mit akzeptablen Verlusten in hiesige Orgellandschaften transponieren.


    War der zweite Choral deutlich von Bachs Passacaglia beeinflusst, so scheint hier Präludium und Fuge a-moll (BWV 543) eine Inspirationshilfe gewesen zu sein. Die Motivik zu Beginn des dritten Chorals übernimmt mit ihren Dreiklangsbrechungen und ihrem implizit chromatischen Verlauf die Konturen des Beginns des Bachschen Präludiums.


    Damit ist das Thema A des dritten Chorals bereits beschrieben, es erklingt nach Francks Vorgaben mit den achtfüßigen Grundstimmen und Zungen aller (gekoppelten) Manuale. Nur wenige Takte bleibt die Musik in der motorischen Sechzehntelbewegung, dann folgt ein langsames („largamente“), ausgeschriebenes Arpeggio (Guillou 1989/M.-C. Alain 1995/Eric Lebrun 1997 = 0:19/0:14/0:14), das in eine Vorhaltsdissonanz mündet. – Wiederaufnahme von Thema A, nun in d-moll, gefolgt von drei langsamen Arpeggien, deren letztes („piu largamente“) die aufgestauten Energien wieder in rasche Sechzehntelbewegung entlädt, worauf schließlich mit f‘‘‘ der bisherige Spitzenton des Werkes erklingt (1:19/1:14/1:08') und die bisher erreichte Spannung nun langsam abfließt. Decrescendo, Rückkehr nach a-moll.


    Nun erklingt der Choral (1:48/1:38/1:39), gespielt von den achtfüßigen Grundstimmen und Zungen des Récit ( = Schwellwerk). Wie auch dem Thema A ist ihm viel Chromatik eigen.


    Thema A hebt wieder an (2:46/2:29/2:37), nun in e-moll, dann erklingt zweimal das langsame Arpeggio, bevor wiederum der Choral zu hören ist, ebenfalls in e-moll, am Ende nach a-moll modulierend. - Vorerst zum letzten Mal erklingt Thema A, dieses Mal mit einem die Dramatik erhöhenden Kontrapunkt (4:41/4:08/4:23). Drei langsame Arpeggien leiten über zum Mittelteil des Werkes.


    In diesem zentralen Adagio (5:31/4:55/5:09) führen die Grundstimmen, die Hautbois und die Trompette des Récit ein Solo in der Oberstimme, das von Grundstimmen in Positif und Pedal begleitet wird; die Tonart ist nun A-Dur. Chromatik ist wiederum reich vertreten, Orgelpunkte ziehen sich über mehrere Takte hinweg. Zum ersten Mal blitzt der Choral wieder in hoher Lage auf (8:21/7:05/7:06), dann wandert die Solostimme für zwei Takte in die Tenorlage, wiederum interpoliert von einer Zeile des Chorals, noch einmal Solo im Tenor für zwei Takte, wiederum eine Choralzeile, bis sich das Solo im Tenor sich über einem Orgelpunkt auf Gis/As über vier Takte entfalten kann.


    Nun übernimmt das erste Manual („Grand orgue“) das Vorantreiben des Stückes (10:04/8:22/8:22): Imitatorisch erklingen mehrere Einsätze des Kopfmotivs des vorher gehörten Solos, es treten nach und nach weitere Register hinzu, die Lautstärke nimmt zu, bis die erste Zeile des Chorals zunächst im Manual zu hören ist (11:05/9:07/9:02) und danach in mächtigen Oktaven im Pedal. Große akkordische Steigerung. – Ein E bleibt alleine im Pedal stehen, es wird abregistriert.


    Der letzte Teil des Werkes beginnt. Thema A erklingt im Positif (11:41/9:38/9:29), chromatisch sequenzierend. Zweimal blitzt die erste Zeile des Chorals auf (12:06/9:55/9:50 und 12:23/10:08/10:05), eine letzte Steigerung, dann ist der Höhepunkt des Werkes erreicht: Thema A und Choral erklingen vereint (12:48/10:27/10:26).


    In diesem Falle kann ich die Guillou-Aufnahme nicht empfehlen – eine Deutung in extremis, vor allem wegen der Tempi, aber auch die Registrierung ist non-standard. – Mit Marie Claire Alain und auch Eric Lebrun ist man ausgezeichnet bedient.

  • Hallo,


    ich will mich diesmal auf meinen Höreindruck der Aufnahme mit J. Bate, unter vorrangiger Beachtung von Wolframs Beitrag, beschränken.


    Zu Wolframs 2. Absatz und dem Höreindruck bis 1:19 - ja, es ist nicht nur die Kontur, es hört sich auch "deutsch" an; wer diese Musik (ohne Kenntnis der Werkes) bis /19/ hört kommt kaum auf Franck. Der Choral /29-46/ ist auch keine Francksche Melodie, aber: Die Registrierung des Chorals (Zungenpfeifen und Schwellwerk) ist schon mehr Franck; ich meine, in Deutschland hätte man die Registrierung vertauscht, bis 1:19 die des Chorals und den Choral in der von bis 1:19.
    Das Adagio ab /94/ 5:31 bei Guillou, bei J.Bate 5.20, hört sich nun wieder sehr nach Franck an, ruhige, fließende, sehr ähnliche Sechszehntelläufe rechts, die Registrierung und der große Lagenunterschied zwischen rechts und Pedal verbreiten "fast Andacht"; bei /113/ rechts und Pedal ein kleiner Orgelpunkt mit großer Tempoverzögerung, bevor es dann ab /114/ 7.28 wieder in einem Tempo, für mich zwischen Adagio und Andante, weiter fließt.
    Die Vortragsbezeichnung für die mächtigen Pedaloktaven mit dem Choralanklang ab /139/ lautet "Molto slargando" und mit großer Dynamiksteigerung wird ein Ende, lange zuvor, angedeutet. Ab /144/ sind im Pedal sehr überwiegend nur ganze oder halbe Noten zu hören, was zwar kein Orgelpunkt ist, aber klanglich eine ähnliche Wirkung erzeugt.
    Und wenn Thema A und der Choral ab /170/ vereint erklingen, ist dies eine nochmalige große Steigerung. Wenn aber bei /195/ der letzte Akkord in Dur erklingt ist dies einerseits hörend überraschend, andererseits m. E. von Franck so zu erwarten.



    Das von Wolfram nicht für gut befundene Tempo der Guillou-Aufnahme (nur für diesen Choral?) kommt meiner Aufnahme aller besprochenen Werke mit J. Bate sehr nahe - ob ich mir nun doch das andere Extrem mit M.-C. Alain 1995 anschaffe?





    Meine Schlussbemerkung zu Franck:


    1. Ich schreibe meine Beiträge, bis auf wenige Ausnahmen, zuerst in Word und stelle sie dann im Forum ein. Diese Schlussbemerkung (ohne Nachsatz) war, in der zeitlichen Reihenfolge, der 1. Beitrag, den ich zu Franck in Word erstellt und abgespeichert habe.


    2. Diese Musik, diese Aufnahme von J. Bate auf der Orgel zu Beauvais, hat mich 30 Jahre lang begleitet. Ich hätte mir für die Beiträge zu Franck eine Aufnahme auf einer Cavaille-Coll-Orgel kaufen und damit auch zu den Registrierungen Stellung nehmen können. Das wollte ich nicht, zu sehr bin ich mit der alten Aufnahme verwachsen. Ich bitte um Nachsicht, dass ich deshalb zu einem Bestandteil der Orgelmusik Francks nicht ausreichend Stellung nahm.


    3. Für interessierte Orgelmusikhörer waren die Beiträge u. U. eine Hilfe (sofern sie dies wollten), in die Strukturen der Werke vorzudringen und so ihren Höreindruck zu ändern/zu verbessern/abzurunden.


    4. Alle großen Orgelwerke Francks, insbesondere auch die drei letzten Orgelchoräle, klingen in einer Dur-Tonart aus, das geht von heroisch über festlich, strahlend, fröhlich bis zu sanft, beruhigend ausklingend. Was für mich hörend (und von Franck auch so gemeint?) bedeutet, dass Gott, oder wie immer man das über dem Menschen Existierende bezeichnen will, kein strafendes, rachsüchtiges Etwas ist, sondern Harmonie und Frieden als Angebot für mich (uns) hat.


    5. Ich genehmige mir ca. 3 Stunden absolut ungestörte Zeit (Handy ausschalten, Festnetztelefon vom Netz nehmen, Klingel abdämpfen) zu einem Orgelkonzert (leider nur über Kopfhörer) mit allen Werken, nehme die große Vielfalt der Werke immer noch wahr, lasse mich aber von der Musik, ihren Klängen und meinen Gefühlen ganz weit weg tragen, wohin mir dann auch kein Mensch mehr folgen kann (anders als bei den Strukturen - und pfeife dabei auf meine noch so - meist auch weniger - klugen rationalen Gedanken).





    Der nächste Komponist wird Alexandre Guilmant, 1837 - 1911 sein, und damit wird es (in einigen Tagen) einen neuen Thread geben, "Französische Orgelmusik Guilmant".


    Herzliche Grüße
    zweiterbass



    Nachsatz: Es gibt wie viele??? Arten von Musikverständnis - eines was ich w. o. für mich höre und ein z. B. anderes (nicht in diesem Thread), in welchem der Hörer "gefälligst" die Anforderungen des Komponisten zu erfüllen hat. Letzteres über… zu stellen ist für mich???

    Wer die Musik sich erkiest, hat ein himmlisch Gut bekommen (gewonnen)... Eduard Mörike/Hugo Distler

  • Hallo,


    als ich im Herbst 2011 diesen Thread startete, war mir die "Fundgrube" youtube - besonders welche Schätze sie auch haben kann - nicht bekannt (ja, sowas gibt's!).


    Das hat sich inzwischen geändert. Um Lesern die Mühe zu ersparen, geeignete youtube-videos zu vergleichen - was den Klang der französichen (romantischen) Orgelmusik betrifft - stelle ich nun einige Links ein. Der jeweils 1.Link zu einem Werk gehört einer Aufnahme auf einer Cavaille-Coll-Orgel, der 2. Link einer anderen Orgel - um den Klangunterschied zu verdeutlichen - dabei bemühe ich mich Aufnahmen auszuwählen, die interpretatorisch gut sind (was sich bei Link 1 erübrigt, denn wer auf einer Cavaille-Coll-Orgel spielen darf, der kann's).
    Ob ich das fortsetzen werde - auch bei den weiter schon "bearbeiteten" Orgelkomponisten - hängt davon ab, welche Reaktionen ich ersehen kann, denn für mich brauche ich den Klangvergleich nicht; etwas Anderes gilt, wenn ich mich mit den Werken beschäftige.



    "Fantaisie C-Dur", Beitrag Nr. 2 in diesem Thread:
    http://www.youtube.com/watch?v=KIZN0SVDizw
    http://www.youtube.com/watch?v=mF_z4uYwYOw



    Bitte nicht von den Tempounterschieden beeinflussen lassen (die Tempi innerhalb passen m. E.), auf den Klang hören.



    "Final B-Dur", Beitrag Nr. 4
    http://www.youtube.com/watch?v=rUSk4yQnEbQ
    http://www.youtube.com/watch?v=82W4r-lIYvo


    Wie vor.


    "Pastorale E-Dur", Beitrag Nr. 8
    http://www.youtube.com/watch?v=Q9qb3Po1ADY
    http://www.youtube.com/watch?v=T6s2Bx7mZr8



    Die französische Orgelmusikschule nach ca. 1850 - beginnend mit C. Franck - hat sich m. E. aus dem Vorhandensein der Cavaille-Coll-Orgeln entwickelt; darum ist diese Art Orgelmusik adäquat nur auf Cavaille-Coll-Orgel zu hören oder auf sehr modernen, großen, aufwändigen Orgeln mit einer sehr hohen Anzahl von Pfeifen oder auf Orgeln, die im Sinne und Stil von Cavaille-Coll restauriert wurden, wie z. B. die Orgel der CD, auf der ich alle Werke von Franck vorgestellt habe.


    Viele Grüße
    zweiterbass

    Wer die Musik sich erkiest, hat ein himmlisch Gut bekommen (gewonnen)... Eduard Mörike/Hugo Distler