Eine besondere Fugenspirale

  • Morgen,


    wollte jemand binnen 45 Minuten sich die Möglichkeit verschaffen, einen Eindruck von der exzentrischen Positionalität des Menschen (der Mensch - neben Steinen, Pflanzen, Tieren) zu empfangen, dann taugte dazu die besondere Fugenspirale.


    Diese dramatische Fugenspirale ist es:
    1. Anfang. Wilhelm Friedemann Bach (1710-1784), Sinfonia in d-moll (für Streicher), FV 65, Sätze sind überschrieben Adagio, Fuge (ca. 14 Minuten).


    2. Mitte. Wolfgang Amadeus Mozart, Adagio und Fuge c-moll (für Streicher), KV 546, (ca. 9 Minuten).


    3. Ende. Ludwig van Beethoven, Große Fuge für Streichquartett op. 133, Dauer von 13-19 Minuten.


    Was Musik, so dramatisch aufgeladen, vermag, wird hörend wirksam.


    Zu Wilhelm Friedemann Bach eine Empfehlung: Kölner Kammerorchester, Leitung: Helmut Müller-Brühl, LP, Schwann VMS 1411 (möglicherweise auch als CD).


    MfG
    Albus

  • Hallo, Albus!


    Zitat


    wollte jemand binnen 45 Minuten sich die Möglichkeit verschaffen, einen Eindruck von der exzentrischen Positionalität des Menschen (der Mensch - neben Steinen, Pflanzen, Tieren) zu empfangen, dann taugte dazu die besondere Fugenspirale.


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    Ich vollziehe Deine Gedankengänge stets gerne nach, aber hier ist mir der Gedankensprung zu groß! Ich kenne nur zwei der drei Werke, aber daran wirds nicht liegen.
    Beethovens Große Fuge halte ich ebenfalls für ein extremes "Wahrzeichen" menschlicher Ausdrucksform. Aber in diesem Zusammenhang? Spirale?
    Kannst Du das erläutern (hier oder per PN)?
    Viele Grüße,
    Pius.

  • Guten Morgen und
    guten Morgen Pius,


    die Spirale dient mir hier als Symbol einer weiten, immer weiter ausholenden Aufstiegsbewegung, eine Aufstiegsschraube gewissermaßen. Die Stofflichkeit dieser Bewegung ist ein Dreischritt vom subjektiven Geist (W.F. Bach, Sinfonia in d-moll) über den objektiven Geist (W.A. Mozart, Adagio und Fuge, c-moll) zum absoluten Geist (Beethoven, Große Fuge op. 133). Der Geist, insbesondere der Geist im höchsten Stadium als absoluter Geist, setzt den Menschen als Wesen neben das Anorganische (genannt hier nur Steine) sowie das Organische (genannt nur Pflanzen, Tiere) in eine Position der Grenze (exzentrische Positionalität, das anthropologische Verständnis-Konzept stammt von Helmuth Plessner).


    Wer sich den drei Fugen überläßt, der macht etwas mit, was ansonsten eine enorme Anstrengung des Begriffs erfordert: den Dreischritt vom subjektiven Geist über den objektiven Geist zum absoluten Geist. Ein Erlebnis, was Musik im höchsten Maße noch vermag. J. S. Bach, Die Kunst der Fuge, ein abgebrochenes Großwerk, enthält den Dreischritt als Potential, noch nicht real.


    Freundliche Grüße!
    Albus

  • Ich habe diesen Thread aus den Anfangszeiten des Tamino-Forums zufällig gefunden. Die Kraft der Spirale, ein Naturprinzip, hat mich neugierig gemacht.


    "Exzentrische Positionalität" ist ein von Helmuth Plessner geprägter Begriff der Philosophischen Anthropologie. Damit man das Grundprinzip versteht dieser Link https://de.wikipedia.org/wiki/Exzentrische_Positionalität


    Meine Leseempfehlung:




    Die drei Werke dieser Fugenspiral des Dreistrittes von subjektiver Geist, objektiver Geist und zu absolutem Geist habe ich mir angehört und die Worte wurden Klang und Energie.


    Über die Bemerkung zu Johann Sebastian Bachs Kunst der Fuge muss ich noch nachdenken.

    .

    Vor Schuberts Musik stürzt die Träne aus dem Auge, ohne erst die Seele zu befragen:
    so unbildlich und real fällt sie in uns ein. Wir weinen, ohne zu wissen warum; Theodor W. Adorno - 1928




  • Ich habe die drei Werke gesetzt, damit man hörend den Gedankengang des ehemaligen Tamino Mitgliedes Albus nachvollziehen kann.



    Wilhelm Friedemann Bach: Sinfonia d-Moll F 65


    Fuge ab 3 min 36 s





    Wolfgang Amadeus Mozart: Adagio und Fuge c-Moll KV 546


    Fuge ab 2 min 42 s





    Ludwig van Beethoven: Grosse Fuge op. 133


    .

    Vor Schuberts Musik stürzt die Träne aus dem Auge, ohne erst die Seele zu befragen:
    so unbildlich und real fällt sie in uns ein. Wir weinen, ohne zu wissen warum; Theodor W. Adorno - 1928




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