Gustav Mahler: Das Lied von der Erde

  • Hallo


    [Nachtrag: ursprünglich im Thread "Gustav Mahler: Lieder" (oder so ähnlich) verfasst, wurde jetzt ein eigener Thread aus dem Lied von der Erde. Das hat es verdient, nur ist der Einführungsbeitrag jetzt etwas erweiterungsbedürftig, was hiermit geschehe:


    Gustav Mahlers "Lied von der Erde" ist ein spätwerk, es ist eigentlich seine Neunte Sinfonie, er hatte es nach der Achten eingeschoben - aus abergläubischen Gründen hatte er Angst vor der Neunten. Das "Lied" wird wahlweise von einer Altistin und einem Tenor vorgetragen oder von einem Bariton und einer Altistin. Die beiden Sänger wechseln sich satzweise ab, singen nie ein Duett zusammen. Textgrundlage sind uralte chinesische Gedichte, angeblich zweifelhaft übersetzt von Hans Bethge ("Die chinesische Flöte") - ich kanns nicht nachprüfen, meine Chinesischkenntnisse geben nur zehn Wörter her. :D
    Mit dem "Trinklied vom jammer der Erde" beginnt eine herzzereissend schöne Sinfonie. Sie endet mit dem halbstündigen sinfonischen Satz mit Alt-Solistin (bzw. Bariton) "Der Abschied". Bernstein sagte, daß man danach eigentlich nur noch sterben möchte. Dem habe ich nichts weiteres hinzuzufügen. (Uraufführung unter Bruno Walter in München 1911)]


    Ich möchte mich hier nochmals als fanatischer Bewunderer und Geniesser des Lieds von der Erde zu erkennen geben - es ist eines meiner Liebsten Werke, ich kaufe regelmässig neue Einspielungen und ich bin besonders stolz, daß ich heute Cosima zum Kauf anregen konnte. Hoffentlich wird sie mir dafür dankbar sein können. aber ich nehme an, daß das Lied von der erde so ziemlich jedem Forianer gefallen könnte.
    Lediglich an die DG-Wiederveröffentlichung von Jochums Aufnahme habe ich mich nicht rangetraut - die klang mir beim probehören zu uninteressant. Wiederspricht mir jemand?


    Ich will jetzt mal auf einen Schlag meine Lieblingsaufnahmen abbilden und die dann nach und nach besprechen. (Muß man ja Zeit für investieren und gezielt nachhören)







    NACHTRAG: Ich sehe gerade, daß dieser Thread "nur" im Vokalmusikthread ist - da gehört er in Verbindung mit dem lied von der Erde eigentlich nicht mehr hin. Mahlers Lied von der erde ist als sinfonische Musik zu verstehen. - Soll ich einen eigenen Thread aufmachen?

  • Zitat

    Original von ThomasBernhard
    Lediglich an die DG-Wiederveröffentlichung von Jochums Aufnahme habe ich mich nicht rangetraut - die klang mir beim probehören zu uninteressant. Wiederspricht mir jemand?


    Ja, ich finde die Aufnahme mit Eugen Jochum nicht sooo uninteressant.


    Hinweisen möchte aber noch auf zwei bzw. drei alte Aufnahmen:


    Grace Hoffmann/Helmut Melchert/SWF-SO/Hans Rosbaud (turnabout, angeblich stereo, vermutlich stereophonisiert: )


    Lorna Sydney/Alfred Poell/Orchester der Wiener Staatsoper in der Volksoper/Felix Prohaska (amadeo, mono; Gesang der Sydney nach heutigem Geschmack gelinde gesagt unüblich, die Protagonisten haben wahrscheinlich aber noch den authentischen Mahler im Ohr gehabt)


    Maureen Forrester/Heinz Rehfuß/Wiener Festwochenorchester/Felix Prohaska (amadeo bzw. Vanguard, stereo, im Backkatalog von amadeo vor Jahren als CD wieder aufgelegt; erstaunlicher Klang, authentischer Mahler, was genau wie bei der vorgenannten Aufnahme nach heutigen Erkenntnissen nicht unbedingt 'richtiger' Mahler bedeuten muß).


    Grüße aus Bonn

  • Zitat

    Original von ThomasBernhard

    NACHTRAG: Ich sehe gerade, daß dieser Thread "nur" im Vokalmusikthread ist - da gehört er in Verbindung mit dem lied von der Erde eigentlich nicht mehr hin. Mahlers Lied von der erde ist als sinfonische Musik zu verstehen. - Soll ich einen eigenen Thread aufmachen?


    Hallo,


    ich war mal so frei und habe dir Arbeit abgenommen ;) .


    Zu deiner Anmerkung und Frage

    Zitat

    Lediglich an die DG-Wiederveröffentlichung von Jochums Aufnahme habe ich mich nicht rangetraut - die klang mir beim probehören zu uninteressant. Wiederspricht mir jemand?


    Unbedingt ;) .


    Ich zitiere mich mal selbst aus diesem Thread:



    Man könnte fast meinen, daß Eugen Jochum nichts anderes als Mahler dirigiert hätte, so sehr beherrscht er Mahlers Tonsprache. Das von ihm dirigierte Concertgebouw Orchester bewies sich schon 1963 als das Mahler-Orchester schlechthin und spielt schlichtweg superb. Das Zusammenspiel einerseits, aber auch die solistischen Leistungen dürften schwer zu übertreffen sein.


    Gleiches Lob gilt auch den Gesangssolisten: Nan Merriman überzeugt durch die Intensität des Vortrags, die Janet Baker oder Christa Ludwig in nichts nachsteht. Stimmliche Probleme sind im Vortrag nicht zu vernehmen, bis auf vielleicht eine nicht ganz "freie Höhe", aber angesichts der positiven Seiten ist das Problemchen eher zweitrangig.


    Ernst Haefliger singt seine Partien sehr glut- und temperamentvoll, ohne allerdings zu übertreiben. Beide singen übrigens sehr textverständlich, was beileibe nicht jeder Solist für sich reklamieren kann.


    Auch bei der Klangqualität gibt's nur positives: Gemessen daran, daß die Aufnahme über 40 Jahre alt ist, ist alles deutlich durchhörbar und frei von Rauschen oder Verfärbungen.

    Grüße aus der Nähe von Hamburg


    Norbert


    Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten.

    Gustav Mahler


  • Hallo Norbert


    Danke fürs verschieben. Und den Jochum werd ich mir dann halt mal auf den Wunschzettel schreiben.


    Um meine Aufzählung von da oben noch zu vervollständigen: jene beiden Aufnahmen waren zwar auch teilweise sehr schön, fanden insgesamt aber nicht meine volle Zustimmung. Karajan ging mir die Sache zu weich an (seine Solisten hatten schon bei Bernstein bzw. Klemperer überzeugend ihr Können bewiesen), was mir an Rattle mißviel, weiß ich jetzt nicht mehr, ich werde alles der Reihe nach nochmal durchgehen.


  • Mein Favorit des "Lied von der Erde" (trotz Klemperer und Jochum, dessen einzige Mahler-Aufnahme übrigens das Lied von der Erde war):



    Das Label Audite hat sich einen hervorragenden Ruf erworben ibs. mit der Veröffentlichung von Live-Mitschnitten der Sinfonien Mahlers unter Rafael Kubelik. Ich ziehe Audite den Deutschen Grammophon-Aufnahmen vor, weil die Klangqualität besser ist. Die Veröffentlichungen wurden sehr sorgsam aufbereitet, und mit dem "Lied von der Erde" erwirbt man eine Rarität, denn für DG hat Kubelik das Werk nicht aufgenommen.


    Aus einer Rezension dieses Live-Mitschnitts heißt es: "Das Orchester spielte wie ein einziger Organismus aus hundert Solisten". Wohl wahr; für eine Live-Aufnahme ist das Orchesterspiel sensationell.
    Janet Baker erreicht in "Der Abschnitt" eine Verinnerlichung, die ich selbst nicht bei Christa Ludwig gehört habe, und was Waldemar Kmentt im Vergleich zu Fritz Wunderlich an Stimmschönheit fehlt, macht er imo durch einen sehr facettenreichen Vortrag wett.


    Fazit: Jochum sollte man haben, Kubelik ist für jeden Liebhaber des "Lied von der Erde" ein unverzichtbares "muß".

    Grüße aus der Nähe von Hamburg


    Norbert


    Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten.

    Gustav Mahler


  • Zitat

    Hallo,


    ich war mal so frei und habe dir Arbeit abgenommen ;).


    Ja, lieber Peter,


    Du hast nicht nur einem die Arbeit abgenommen - ich hatte auch bereits mit diesem Thread geliebäugelt; um so besser, daß er nun da ist.


    Das Werk hat in seiner Entstehung "mythische" Züge: Es heißt, daß Mahler nach Vollendung seiner "9. Sinfonie" es mit der Angst zu tun bekam - schließlich waren viele seiner Komponistenkollegen während oder nach der Fertigstellung ihrer "Neunten" gestorben. Da Griff Mahler zu einem Trick: Er nannte sein neues Opus nicht "Symphonie", sondern "Lied von der Erde". Doch der Versuch, sein Schicksal zu überlisten, scheiterte...


    Dies war der Covertext der in meinem Besitz befindlichen Aufnahme, die es offenbar in der vorliegenden Aufmachung nicht mehr gibt. In diesem Doppelalbum ist die Aufnahme aber enthalten:



    AGNES BALTSA, Alt
    KLAUS KÖNIG, Tenor
    LONDON PHILHARMONIC ORCHESTRA
    KLAUS TENNSTEDT


    Meine Aufnahme ist ebenfalls vom EMI, steht jedoch unter dem Motto "GREAT MUSIC . SMALL TALK!". Das "fehlende" Booklet wird durch einen gesprochenen Einführungstext erstetzt [Einführung: Ein Abschied von der Welt, Text: Oliver Buslau, Sprecher: Henry C. Brinker].


    Liebe Grüße
    Ulli

    Die Oper muss Tränen entlocken, die Menschen schaudern machen und durch Gesang sterben lassen.
    (Vincenzo Geilomato Hundini)

  • Hallo Ulli & Forianer


    Ja, der Tennstedt hat mich auch schon interessiert, wird demnächst zugelegt.


    Den Einführungsbeitrag da oben habe ich jetzt erweitert.


    Kennt jemand die Kammermusikversion von Schönberg/Riehm unter Herreweghe? Hatte neulich leider verpasst, sie zum Sonderpreis zu kaufen.


    B00005NCMI.01.LZZZZZZZ.jpg


    Gruß, Markus

  • Hallo


    Langsam wird mir dieses Forum unheimlich. Ihr schreibt ja schneller als ich lesen kann. :D


    Auch ich möchte mich in die Gruppe derer einreihen die die Jochum Aufnahme für erstklassig halten.


    Und auch Dorcy Duck, Taminoianer der ersten Stunde schrieb
    am 10.8.2004: im Thread:


    Die Besten von Mahler


    Zitat

    Schnell, trocken und gut. Muss ich mehr sagen? (Nicht von der fehlenden Mahler-Reputation der Musik irritieren lassen, die Aufnahme ist wirklich gut!)
    Gibt's bei 2001 für'n Appel und 'nen Ei.


    Jan


    Übertroffen wird sie meiner Meinung nach nur von der legendären Klemperer -Einspielung mit Fritz Wunderlich


    Freundliche Grüße


    aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Hallo Markus,


    schön dass Du Dich des (wichtigen + schönen) Themas angenommen hast.


    Eine Vielzahl der wichtigen Einspielungen hast Du ja schon erwähnt. Zur Frage Jochum: keinesfalls langweilig und nichtssagend, aber haben ja meine Vorschreiber auch schon betont.


    Helmut kann ich nur beipflichten: die Rosbaud-Aufnahmen (es gibt derer zwei: einmal die erwähnte mit Hoffmann/ Melchert von 1958 mit dem RO des SWF und eine von 1955 mit dem Kölner RSO und Hoffmann / Haefliger) sind sehr gut (wie eigentlich seiner (leider wenigen) Mahler-Aufnahmen).Wenn Du sie findest: kaufen!


    Sehr viel wichtiger als die vernachlässigenswerte Tennstedt-Aufnahme finde ich die mit Fritz Reiner / Forrester /Lewis und dem CSO. Eine der besten Darstellungen des Werkes überhaupt. Kommt bei mir gleich nach Walter / Ferrier/Patzak und der Klemperer-Einspielung.



    Und noch ein Aussenseiter-Tip, aber nicht weniger schön: Sanderling mit Schreier/Finnilä:



    Gruß aus Hamburg
    Uwe

  • Salut,


    heute ist kein Mahler-Tag bei mir - also höre ich nicht dasLied von der Erde. Trotzdem habe ich eine Frage, um meine Erinerungslücken zu schliessen: Beinhaltet nicht das LvdE auch ein Gesangsstück aus der 4. Sinfonie? Oder verwechsele ich etwas?


    Liebe Grüße
    Ulli

    Die Oper muss Tränen entlocken, die Menschen schaudern machen und durch Gesang sterben lassen.
    (Vincenzo Geilomato Hundini)

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  • Lieber Ulli,


    Du verwechselst IMHO etwas ;) In der vierten Sinfonie ist nur der letzte Satz mit Gesang ("Das himmlische Leben" aus "Des Knaben Wunderhorn"), der Satz kommt im LvdE nicht vor.


    Beste Grüsse,


    C.

    Die wirkliche Basis eines schöpferischen Werks ist Experimentieren - kühnes Experimentieren! (Edgar Varèse)

  • Hallo Ulli,


    Zitat

    Original von Ulli
    Salut,


    heute ist kein Mhler-Tag bei mir - also höre ich nicht dasLied von der Erde. Trotzdem habe ich eine Frage, um meine Erinerungslücken zu schliessen: Beinhaltet nicht das LvdE auch ein Gesangsstück aus der 4. Sinfonie? Oder verwechsele ich etwas?


    Liebe Grüße
    Ulli


    ...da scheint in der Tat eine Verwechselung vorzuliegen. Die Stücke aus dem Lied der Erde basieren auf Textdichtungen von Hans Bethge " Die Chinesische Flöte",




    ...in der 4. Sinfonie wird von Mahler ein Text aus "Des Knaben Wunderhorn" vertont.


    Gruß
    Uwe

  • Die Entwicklung geht ja rasend schnell in diesem Thread. Kaum ist man mal einen Tag nicht da.


    Meine Präferenz für das Lied von der Erde ist deutlich die Klemperer-Aufnahme (EMI 1967).


    Und dies obwohl ich bei Mahlerliedern sonst eigentlich Janet Baker den Vorzug gebe. Von Janet Baker gibt es neben der hier genannten Kubelik-Aufnahme von 1970 (veröffentlicht audite 2002) - die ich ebenfalls sehr schätze - die Aufnahme mit Bernard Haitink (Philipps 1975). Auch die ist wirklich hörenswert. Die erste Aufnahme, die ich vor Jahrzehnten kaufte, war die mit Guilini (hier auch genannt), über die ich aber nie einen richtigen Zugang zum LvdE fand und von der ich persönlich eher abraten würde. Das erste Hören der Klemperer-Aufnahme mit Christa Ludwig und Fritz Wunderlich hat für mich sofort den Zugang eröffnet. Sie würde ich vorziehen, auch gegenüber Kubelik/Janet Baker. Die Horenstein-Aufnahme steht hier im Regal und hat mich auch nicht wirklich überzeugen können, obwohl er sonst zu den großen Mahler-Interpreten gehört (etwa 3. Sinfonie). Ferrier/Walter haben IMO eine Sonderstellung. Muß man haben, kann man aber nicht allein hören.


    Müßte ich mich auf zwei beschränken, fiele die Wahl auf Klemperer und Kubelik.


    Einen sehr guten Zugang und geistesgeschichtliche Einordnung vermittelt übrigens das Buch Renate Ulm (Hrsg.), Gustav Mahlers Symphonien, Seiten 250 ff. Ein Satz daraus:


    "Hier wird die Zeit nicht gemessen, nicht beherrscht, sie vergeht, und in ihrem Vergehen gibt sie Raum."


    Die Textherkunft (Chinesische Flöte) wird dort übrigens auch dargestellt. Zur Auswahl der Gedichte im einzelnen: Floros, Gustav Mahler, Band III - die Symphonien, Seiten 241 ff. Mit den Wunderhornlieder haben sie nichts zu tun.


    Mit besten Grüßen


    Matthias

    Tobe Welt, und springe,
    Ich steh hier und singe.


  • Hallo Matthias,


    sind wir froh darüber, daß beide Aufnahmen existieren und wir uns an ihnen erfreuen können.


    Unterschiedlicher in der Entstehung können Einspielungen nicht ausfallen als bei den beiden.


    Kubelik (ich fang mal einfach an): Live-Aufnahme vom 27.02.1970-"liver" geht es nicht (heutige Live-Aufnahmen sind meistens Zusammenschnitte mehrerer Konzerte).


    Klemperer: 1. Aufnahmesitzung 19.-22.02.1964, Kingsway Hall London mit Christa Ludwig.
    2. Aufnahmesitzung: 07. u. 08.11.1964, Abbey Road Studio Nr. 1, mit Fritz Wunderlich.
    3. Aufnahmesitzung: 06.-09.07.1966, Abbey Road Studio Nr. 1 mit Christa Ludwig. Das Philharmonia Orchestra hieß inzwischen New Philharmonia Orchestra; Christa Ludwig und Fritz Wunderlich trafen für die Aufnahme nie zusammen.


    Mehr "Patchwork" geht kaum, aber das Erstaunliche ist, daß man es der Aufnahme nicht anhört.


    Klemperer dirigiert imo "analytischer" als Kubelik, Details kommen bei ihm deutlicher zum Vorschein (allerdings ist er mir in "Von der Jugend" zu langsam), bei Kubelik scheint sich die Musik "organischer" zu entwickeln (siehe Rezension: "das Orchester spielt wie ein einziger Organismus...").


    Beide Aufnahmen sind imo vollkommen zurecht vielfach ausgezeichnet worden.

    Grüße aus der Nähe von Hamburg


    Norbert


    Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten.

    Gustav Mahler


  • Zitat

    Original von Ulli


    Ja, lieber Peter,


    Du hast nicht nur einem die Arbeit abgenommen - ich hatte auch bereits mit diesem Thread geliebäugelt; um so besser, daß er nun da ist.


    Hallo,


    ich habe mit der ganzen Sache doch gar nichts zu tun... :D
    Der Dank gebührt Norbert.



    Gruß, Peter.

  • Zitat


    Hallo,


    ich habe mit der ganzen Sache doch gar nichts zu tun...
    Der Dank gebührt Norbert.


    Gruß, Peter.


    :O
    Sorry, Norbert...

    Die Oper muss Tränen entlocken, die Menschen schaudern machen und durch Gesang sterben lassen.
    (Vincenzo Geilomato Hundini)

  • Lieber Norbert,


    eine Frage: Ist dein Eindruck der Langsamkeit bei der Klempereraufnahme eine Hörerfahrung oder mehr die unterschwellige Beeinflussung durch die Zeitangaben des Booklets. Ich frage deshalb, weil mir es anders herum erging. Ich fand die Aufnahme tempo- wie auch spannungsmäßig anderen Aufnahmen in nichts nachstehend, bis ich verwundert die Zeitangaben verglich und den Unterschied bemerkte.


    Grüße
    nubar

  • Hallo nubar,


    die Beeinflussung bzw. die Feststellung geschah eher durch das Vergleichshören.


    Das Tempo "Von der Jugend" wird umschrieben mit "Behaglich heiter" und da ist mir Klemperer in der Orchestereinleitung etwas zu "behaglich" und zu wenig "heiter" ;) . Wenn man sich an das langsamere Grundtempo gewöhnt hat, dann paßt es aber wieder.


    Die Zeitangaben (Kubelik 03'09'' und Klemperer 03'43'') belegen dann eher objektiv meinen Eindruck.


    Ulli: Paßt scho ;) .

    Grüße aus der Nähe von Hamburg


    Norbert


    Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten.

    Gustav Mahler


  • Hallo,


    meine Empfehlung ist die wohl älteste Aufnahme des Werkes, der Live-Mitschnitt eines Konzertes vom 24. Mai 1936 mit den Wiener Philharmonikern unter dem Uraufführungsdirigenten Bruno Walter (Solisten: Charles Kullmann, Kerstin Thorborg).



    Zur Zeit der Aufnahme war das "Lied" fast noch "zeitgenössische Musik", die Uraufführung lag gerade mal 25 Jahre zurück. Näher an den "historischen" Mahler-Klang wird man wohl bei diesem Werk kaum kommen. Und das bei einer für die Zeit außerordentlichen Tonqualität. Die Solisten sind ebenfalls hervorragend, besonders schön kommt der dunkle, satte Klang von Kerstin Thorborgs Alt im "Abschied" zur Geltung. Walter dirigiert für heutige Ohren recht schnell (der "Abschied" dauert genau 27 Minuten), im Vergleich zu Klemperer eher "lyrisch", ohne die Dissonanzen herauszustellen. Als "Zugaben" noch zwei Rückert-Lieder mit den Solisten des Konzertes ("Ich bin der Welt abhanden gekommen" und "Ich atmet einen linden Duft") sowie das "Adagietto" aus Mahler 5. Symphonie, eine Aufnahme Walters mit den Wienern im Musikvereinssaal vom 15.01.1938 (!), also 2 Monate bevor Mahler durch den "Anschluß" von den Spielplänen verschwand. Im Vergleich zu heutigen Interpreten, die das Stück auch mal bis auf 13 Minuten ausgedehnt haben, klingt es hier in nur 8 Minuten erfrischend unsentimental, so daß der Eindruck von sinfonischem Zuckerguß erst gar nicht aufkommen kann.


    Grüße


    GiselherHH

    "Mache es besser! (...) soll ein bloßes Stichblatt sein, die Stöße des Kunstrichters abglitschen zu lassen."


    (Gotthold Ephraim Lessing: Der Rezensent braucht nicht besser machen zu können, was er tadelt)

  • Die Klemperer-Aufnahme mit Christa Ludwig und Fritz Wunderlich gehört für mich zum Besten,was von diesem Werk an Aufnahmen existiert.

    Freundliche Grüße Siegfried

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  • Dem kann ich nur aus vollem Herzen und nach Kenntnis einer größeren Reihe von Vergleichsaufnahmen zustimmen - siehe mein Posting vom 26.6.


    Erst mit dieser Aufnahme hat sich das Lied von der Erde für mich wirklich erschlossen.


    Gruß


    Matthias

    Tobe Welt, und springe,
    Ich steh hier und singe.

  • Etwas zwiegespalten bin ich bei einer meiner beiden Neuerwerbungen des Lieds von der Erde:



    Nicht wirklich optimal ist das Klangbild dieser Aufnahme. Besonders über Kopfhörer klingt sie sehr direkt und hart an der Grenze zur Übersteuerung.


    James Kings Timbre ist Geschmackssache. Mir gefällt es und daher bin ich von seinem leidenschaftlichen, in "Der Trunkene im Frühling" fast bis an die Grenze des Brüllens gehender, Vortrag sehr angetan. Er singt seinen Part frei von Stimmproblemen und fast frei von Intonationsproblemen (bis auf das "amerikanische 'r' aber sehr textverständlich).


    Beides kann man von Janet Baker leider nicht behaupten. Ihr sind die fünf Jahre Unterschied zu obiger sehr gelobten Kubelik-Aufnahme leider deutlich anzmerken.
    Gerade in der "Gänsehautstelle"


    Oh sieh! Wie eine Silberbarke schwebt
    der Mond am blauen Himmelssee herauf. (Der Abschied)


    intoniert sie leider sehr unsauber und hat einige Probleme, in stimmliche Höhen zu geraten. Ihr Mezzosopran sprach in tiefen Regionen sehr gut an, aber die Höhe wollte ihr nicht mehr so recht gelingen (und das mit Anfang 40...). Bei Kubelik klang sie wesentlich frischer, jünger und intonierte sauberer. So kann ich nicht ausschließen, daß ich ihren Vortrag etwas zu negativ beurteile.


    Dennoch: Wer eine preiswerte Aufnahme sucht, ist imo mit Jochum erheblich besser bedient als mit Haitink.

    Grüße aus der Nähe von Hamburg


    Norbert


    Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten.

    Gustav Mahler


  • Zur anderen Neuerwerbung:



    Carlo Maria Giulini gab diesen Live-Mitschnitt vom 02.08.1987 kurz vor seinem Tod frei und hinterließ somit ein seltenes Dokument seines Mitwirkens bei den Salzburger Festspielen und imo einen gewichtigen Beitrag des Liedes von der Erde.


    Giulinis Sichtweise könnte man "altersmild" nennen (Giulini war zum Zeitpunkt der Aufnahme 73 Jahre alt) oder, um Bild des Liedes von der Erde zu bleiben, das gesamte Werk hat etwas vom "Abschied". So zurückhaltend und verinnerlicht klingt keine andere der mir bekannten Aufnahmen wie bei Giulini.


    Sehr prägnant hört man das gleich am Anfang: Die Orchesterdissonanzen im Trinklied vom Jammer der Erde sind sehr gedämpft; im weiteren Verlauf dieses Satzes wirken die temperamentvollen, wild herausfahrenden Passagen eher eingeebnet, dafür werden die lyrischen, langsamen und leisten Stellen besonders schön ausgespielt.


    Selbst "Von der Jugend" und "Der Trunkene im Frühling" verlieren niemals die Kontrolle, auch hier überwiegen die zurückhaltenden und klangschönen Momente.


    Herausragend sang Francisco Araiza. Er war zum Zeitpunkt der Aufnahme in stimmlicher Top-Verfassung und verfügte über ein wunderschönes, balsamisches Timbre. Die schwierigen gesanglichen Anforderungen meisterte er ohne Schwierigkeiten, auch ist er sehr gut textverständlich. Über das Temperament eines James King verfügte er nicht, aber das ist mit Sicherheit auch nicht die Intention von Giulinis Interpretation gewesen.


    An Brigitte Fassbaenders Vortrag gibt es wenig auszusetzen, so lange man nicht Christa Ludwig oder Janet Baker (Kubelik) im Ohr hat. Letztgenannte waren ein wenig besser zu verstehen und waren vollkommen frei von technischen Problemchen, die bei Frau Fassbaender beim Erklimmen mancher Höhe in nicht sonderlich störender Manier auftraten.
    Insgesamt aber liefert sie eine sehr beeindruckende Vorstellung ab und erreicht im "Abschied" eine Ruhe und Reife, die sehr selten zu hören ist. Hier ruft die Stelle mit der "Silberbarke" eine Gänsehaut hervor.


    Zur Klangqualität: Wie geschrieben, ist es eine Live-Aufnahme. Eine Trompete darf sich im ersten Satz verspielen, zwischen den Sätzen vernimmt man einzelne Huster, leider konnte ein Zuschauer das Ende "Von der Schönheit" nicht abwarten und zerstörte sie durch einen Huster kurz vor Satzende, zwei-, dreimal ist Herr Giulini durch Stöhner zu hören, aber all das stört mich nicht sonderlich.
    Orchester und Sänger werden gut abgebildet und erscheinen gleichzeitig warm und transparent. Lediglich den Schlußapplaus hätte man sich sparen können. Die Ruhe nach dem letzten "ewig, ewig" wird leider abrupt unterbrochen.

    Grüße aus der Nähe von Hamburg


    Norbert


    Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten.

    Gustav Mahler


  • Jaja, das habe ich nun davon...


    Mich dünkt, ich bin einem kleinen "Das Lied von der Erde"-Rausch erlegen. Da es aber schlimmeres gibt ;) , gebe ich mich ihm hin und möchte noch ein paar Worte über eine weitere sehr schöne Aufnahme los werden.



    Lorin Maazel hat -für mich- leider viel Mittelmaß aufgenommen. Das "Lied von der Erde" gehört nicht dazu, im Gegenteil, seine Aufnahme berührt.
    Die Klangqualität ist superb, das Orchester ist sehr gut abgebildet und fein abgestuft, die Sänger verdecken weder das Orchester, noch werden sie "zurückgedrängt".
    Maazels Ansatz ist eleganter, feiner als der von Klemperer, aber das bedeutet nicht, daß er über Stimmungen oder Details hinwegdirigiert. Das Orchesterspiel ist sehr transparent und traumhaft schön, grell, fahl, lebendig und alles andere, was gerade gefordert ist.
    Ben Heppner singt ohne stimmliche Probleme und sehr textverständlich (nur das rollende "R" stört ab und an). Man nimmt ihm jederzeit ab, daß er weiß, wovon er singt.
    Bei Waltraut Meier befürchtet man zuerst die "große Oper", ist dann aber angenehm überrascht, wenn sie vom "Abschied" singt. Dort weiß sie jeden äußerlichen Effekt zu vermeiden, sondern stellt sich ganz hinter den Text und hinter den Ausdruck. Sehr positiv ist anzumerken, daß sie ausgesprochen deutlich artikuliert.
    So sehr sie als sich verausgabende Kundry zu gefallen wußte, so sehr weiß sie sich hier im Lied von der Erde dezent zurück zu nehmen und rundet somit das durchgängig positive Bild der Maazel-Aufnahme ab.


    Damit auch mal jemand anderes zu Wort kommt ;) , habe ich zwei Fragen: Gibt es signifikante Unterschiede zwischen der Liveaufnahme Giulinis und seiner etwas früheren Einspielung bei der Deutschen Grammophon? Des Weiteren vermisse ich Georg Solti als Dirigenten des Lieds von der Erde. Sind von ihm Aufnahmen erhältlich und falls ja, gibt es Eindrücke?

    Grüße aus der Nähe von Hamburg


    Norbert


    Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten.

    Gustav Mahler


  • Zitat

    Original von Norbert
    Damit auch mal jemand anderes zu Wort kommt ;) , habe ich zwei Fragen: Gibt es signifikante Unterschiede zwischen der Liveaufnahme Giulinis und seiner etwas früheren Einspielung bei der Deutschen Grammophon?



    Dein Wunsch sei mir Befehl, ich hör sie mir beide mal an. (Ergebnis kommt spätestens Mittwoch.)

  • COLOR


    Muß gestehen ich bin oft "süchtig" auf das "Lied von der Erde".
    Finde Klemperer -Ludwig-Wunderlich optimal.
    Hab vor ..... Jahren ein Live Erlebnis in Berlin in der Philharmonie gehabt
    Berliner unter Herbert von Karajan und CHRISTA LUDWIG und RENE
    KOLLO.
    Das war der Beginn meiner "Lied von der Erde"
    Sucht.....
    :yes:

    mucaxel

  • Hallo Mucaxel,


    ich freue mich,in dir einen Mitbewunderer der Klemperer-Aufnahme vom Lied der Erde getroffen zu haben.An der Aufnahme stimmt einfach alles.
    Was nicht heißen soll,daß es keine anderen guten Aufnahmen des Werkes gibt.Aber wie bei der Olympiade kann es nur 1 Goldmedaille geben.

    Freundliche Grüße Siegfried

  • Gerade habe ich eine weitere (Studio?)-Aufnahme von Bruno Walter (mit Mildred Miller, Ernst Haefliger und dem New York Philharmonic) "entdeckt", von der ich vorher noch nicht wußte. Kennt die Aufnahme jemand? Ist sie eine echte Alternative/Bereicherung zur Wiener Decca-Aufnahme Walters?


  • Ich kenne nur die "kammermusikalische" Aufnahme unter Herrweghe. Mal na ganz blöde Frage, handelt es sich um ein umgeschriebenes Werk, welches dort aufgenommen wurde?

    29.08.1958 - 25.06.2009
    gone too soon

  • Hier ein recht interessanter link, bei dem man einigermaßen sehen kann, wie sich die Nachdichtungen Bethges von ihren Vorbildern unterscheiden und was Mahler selbst noch eingefügt hat.


    "http://www.mahlerarchives.net/DLvDE/DLvDE.htm"


    (alle einzelnen Lieder sind durch links oben auf der Seite zu erreichen)


    viele Grüße


    JR

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

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