"Spannende" Interpretationen - eine Mode von heute ?

  • Immer wieder lese ich in diesem Forum, Dirigent X oder Y habe eine "spannende" oder auch "ungefällige", "analytische" Aufführung abgeliefert, und sei somit dem Dirigenten Z gegenüber vorzuziehen.
    Ist das wirklich so ? Ist es Aufgabe der klassischen Musik a priori "ungefällig" zu klingen, bzw sollte sie mit forciertem Tempo und kantigem Rhythmus dargeboten werden, einer Art "Dauerstreß" gewissermaßen der eher unangenehme Gefühle beim Hörer hinterlässt ? Natürlich gibt es Musik, die schon auf Konfontation mit dem Hörer hin angelegt ist, beispielsaweise vieles aus dem 20. und 21 (?) Jahrhundert.
    Aber - obwohl das immer wieder behauptet wird - Mozart war kein "Draufgänger", sein Klavierspiel wird von Zeitgenossen als edel und elegant beschrieben, ekstatische Ausbrüche waren ihm - wenn man Zeitzeugen Glauben schenken will - fremd.
    Was ich hier über Klaviersonaten und -Konzerte geschrieben habe gilt natürlich auch für Sinfonische Werke. Nicht das andauernde Drängen nach vorn - ohne Steigerungsmöglichkeit - da das Limit schon zu Beginn erreicht wurde - sondern die lustvoll ausgekostete Differenz zwischen Spannung und Entspannung zeichnte meines Erachtens ein meisterhaftes Dirigat aus....


    Eine Kunst die scheinbar allmählich verloren geht - da sie von vielen kaum geschätzt wird....


    mit freundlichen Grüßen aus Wien


    ALfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Lieber Alfred,


    manchmal sind wir einer Meinung - manchmal nicht. Manchmal stören mich unangemessene Verallgemeinerungen mit höchstens 80% Richtigkeitsgrad, manchmal eher die Suggestivfragen.


    Ist das wirklich so ? Ist es Aufgabe der klassischen Musik a priori "ungefällig" zu klingen, bzw sollte sie mit forciertem Tempo und kantigem Rhythmus dargeboten werden, einer Art "Dauerstreß" gewissermaßen der eher unangenehme Gefühle beim Hörer hinterlässt ?


    Na, da sind wir doch bei einer unangemessenen Verallgemeinerung in Form einer Suggestivfrage. Die Frage wäre für ein Divertimento von Michael Haydn eventuell anders zu beantworten als für Mahlers 6. Sinfonie, nicht wahr? - Aber, um den Terminus "klassisch" enger zu fassen: Dasselbe gilt für Beethovens op. 95.


    Mozart war kein "Draufgänger", sein Klavierspiel wird von Zeitgenossen als edel und elegant beschrieben,


    Das ist falsch. Beethoven bezeichnet Mozarts Klavierspiel als "abgehackt", Mozart habe kein "echtes Ligato (sic!)" gehabt.


    ekstatische Ausbrüche waren ihm - wenn man Zeitzeugen Glauben schenken will - fremd.


    Das glaube ich schon eher, würde aber auch hier gerne die Quelle sehen.


    Nach allem, was uns Mozarts Biografen der jüngeren Zeit offenbart haben - etwa angefangen bei Hildesheimer -, würde ich bei jeder Mozart-Interpretation, die einseitig auf Klangschönheit und entspannende Berieselung angelegt ist, vermuten, dass uns die bessere Hälfte der Musik vorenthalten wird.

  • Also, "spannend" kann auch eine 40 Jahre alte Mozart-Interpretation sein, die nicht auf historischem Instrumentarium gespielt und 'gegen den Strich gebürstet' wurde. Es ist ja nun wirklich nicht so, dass erst die Herren Gardiner, Hogwood, Harnoncourt et al. in der Lage waren 'spannend' Musik zu machen. 'Kantig' und 'ungefällig' kann auch sehr öde werden, wenn's zum puren Selbstzweck verkommt.


    Bei Beethoven ist der Fall für mich persönlich sowieso geklärt: Da ist das, was Klemperer, Karajan, Cluytens (bei allen Unterschieden zwischen diesen) in den 50er/60er-Jahren zu sagen hatten deutlich spannender als das, was Harnoncourt, Hogwood, Järvi dann später vorgelegt haben. Bei Mozart oder Haydn haben - wie ich finde - beide Musizierhaltungen (oder Paradigmen) 'Spannendes' hervorgebracht, wenn auch aus unterschiedlichen Denkrichtungen und Traditionslinien und mit unterschiedlichem Instrumentarium. Nur weil ich Harnoncourt mit seinem Amsterdamer Mozart (als Beispiel) gut finde, muss Böhms Mozart nicht völlig öde oder oberflächlich/gefällig sein, denn das ist er nicht. Beide haben für mich ihre Berechtigung und beide haben spannende Interpretationen vorgelegt - auf ihre jeweils eigene Art. Wenn also die Freunde des heute gültigen Interpretationsparadigmas das Spannende ausschließlich für sich reklamieren (und manche tun das ja), ideologisieren sie. Und damit haben sie sich schon selbst den Weg zu einem umfassenden Musikverständnis verbaut.


    Grüße,


    Garaguly

  • Spannung und Entspannung gehört zum inneren Wesen einer guten Musik wie Ein- und Ausatmen beim menschlichen Körper.
    Melodie, Harmonie, Rhythmus, Phrasierung, und Dynamik sind die Werkzeuge, mit denen der Komponist und Interpret innerhalb eines zeitlichen Rahmens (daher ist auch das Tempo wichtig) Spannungen auf- und wieder abbaut. Wenn ein Ton nach dem anderen kommt, kann das schon geschehen. Die Zyklen können sich aber auch über mehrere Takte oder in noch grösseren Einheiten auf- und abbauen.


    Eine Interpretation muss also immer auch spannend sein, wenn sie musikalisch sein will. Das war so und das wird so bleiben, m.E. ganz unabhängig von irgendwelchen modischen Tendenzen.


    Interessierten gebe ich zum Nachlesen noch einige Links an die Hand:


    Was macht ein Dirigat spannend?


    Muss klassische Musik spannend sein?



    :hello:


    Glockenton

    "Jede Note muss wissen woher sie kommt und wohin sie geht" ( Nikolaus Harnoncourt)

  • Da wir wenig bis nichts über die Ausführungen von Rhythmen und die Tempowahl z.B. Mozarts wissen (bzw. stark widersprüchliche und ohnehin nur vereinzelte Äußerungen haben), bringt es wohl nicht viel, hier historische Vermutungen über Details anzustellen. Da seinerzeit so gut wie nicht geprobt und oft ohne Dirigent gespielt wurde, ist sehr wahrscheinlich davon auszugehen, dass es sich meist um aus heutiger Sicht sehr geradlinige Interpretationen gehandelt haben dürfte, jedenfalls bei Orchestermusik. Ohne Probenarbeit und Dirigenten sind rubati, Phrasierungsnuancen usw. nämlich kaum koordiniert hinzukriegen. Was nicht ausschließt, dass nicht nur Konzertsolisten, sondern auch Soli von Bläsern usw. individueller gestaltet wurden. Zu versuchen, so etwas ernsthaft nachzumachen, wäre aber sicher ein naiver Fehlschluss. Es wurden ja auch Sinfonien oft nicht an einem Stück gespielt, sondern mitunter der Kopfsatz als Eröffnung und das Finale als Finale einer Konzerthälfte und zwischendurch ein paar Arien, ein Konzert und eine freie Fantasieren von Mozart am Klavier.


    Wenn Mozart, wie irgendjemand mal schrieb, der "Shakespeare der Musik" sei, damit meinte, dass er ein universeller Künstler sei, der menschliche Emotionen sowohl in Komik wie in Tragik unvergleichlich darstellen konnte, dann ist doch naheliegend, dass dies nicht vermittelt werden kann, wenn man einseitig den "heiteren Götterliebling" (Porzellanpuppen-Mozart) herausstellt.
    Gewiss sind Vortragsbezeichnungen der Zeit entsprechend oft noch nicht so detailliert wie schon bei Beethoven und eine gewisse Mühelosigkeit und "Selbstverständlichkeit" eignet oft selbst äußerst dichten Passagen. Zeitgenossen empfanden seine Musik aber häufig als sehr schwierig und den Hörer (sowie teils auch die Musiker) überfordernd. So schrieb er nur zwei anstatt geplanter 3 oder 6 Klavierquartette, weil die beiden dem Verleger schon zu schwierig schienen. Die extreme Ambition und "mühevolle und langwierige Arbeit", die in den 6 Haydn gewidmeten Quartetten steckt, ist bei entsprechender Aufmerksamkeit in vielen Passagen noch heute zu hören. Und im Ernst, wollen wir die große g-moll-Sinfonie eher wie Schumann als "griechisch graziös" oder doch eher als leidenschaftlich und spannungsvoll hören? (Ein Musikkritiker schrieb mal, dass Hemingways Bonmot "courage is grace under pressure" ausgezeichnet auf Mozart passte.) Sicher ist das eine mitunter heikle Balance. Tatsache scheint mir aber zu sein, dass lange Zeit (von namhaften Ausnahmen abgesehen) der angeblich heitere Mozart in derart einseitiger Weise dominiert hat, dass ein Auschlagen in die andere Richtung alles andere als verwunderlich ist.


    Man muss sich also an die Musik selbst und an allgemeinere Reaktionen halten, die sie auslöste. Der KSM schrieb ja mal, Beethoven sei "der irritierendste Komponist, den er kenne", und in diesem Falle scheint historisch außerordentlich gut belegt, dass dies Widerborstigkeit von Zeitgenossen so empfunden wurde, und eben nicht nur bei der Eroica, sondern auch bei den Violinsonaten op.12. Die von Beethoven sanktionierten Metronomangaben sowie die Fülle von dynamischen Kontrasten, Sforzati, subito piano usw. sprechen schon ganz oberflächlich ebenfalls dafür. Sicher bleibt dem Interpreten immer noch einiges an Freiheit, das ist ja auch wünschenswert, aber wenn Metzger und Riehn in einem der Musik-Konzepte schon vor 30 Jahren schrieben, dass man Beethovens Musik eigentlich nur so spielen müsse, wie sie dastünde, um das nach wie vor vorhanden "revolutionäre Potential" offenbar zu machen, dann haben sie nicht unrecht. Und es gibt hier auch Stücke, wo die "Entspannung" selten oder nie vollständig, immer gefährdet ist, in Stücken wie dem e-moll oder f-moll-Quartett (mit der nicht "erarbeiteten", "angehängten Coda im Finale) oder der großen Fuge (hier allerdings auf den letzten Seiten Erlösung, nach einer Viertelstunde Hochspannung) oder der Hammerklaviersonate.


    Man könnte jetzt weiter alle möglichen Komponisten durchgehen. Der späte Schubert ist in mancher Hinsicht noch extremer als Beethoven, weil er die Kontraste in extremster Weise weitgehend unvermittelt nebeneinanderstellt. Die Mittelteile in den jeweils 2. Sätzen des G-Dur-Quartetts und der A-Dur-Sonate sind angemessener Weise als alptraumhaft beschrieben worden (und hier sind die Rahmenteile auch schon tief melancholisch. Noch krasser ist es im Quintett in beiden Binnensätzen. Und die Finali bringen nur hektische, scheinbar ziellose, oft rasende Bewegung, ohne dass dauerhaft Auflösung gewonnen würde. (Offensichtlich m.E. in den beiden letzten Quartetten und im Quintett, bei der C-Dur-Sinfonie und einigen Klaviersonaten mag es Ansichtssache sein). Vieles davon kann man nicht in gemütlichen Biedermeier transformieren, im Gegenteil legt die Musik nahe, die Kontraste entsprechend auch auszuspielen. Und wenn einmal Sensibilität geweckt ist, so findet man vielleicht auch mehr "Tiefe" in Sätzen, die auf den ersten Blick gegenüber den Vorgängern allzu "flach" erscheinen mögen, wie dem Finale der B-Dur-Sonate. Das kann man eher entspannt, oder als hektisch betriebsam (mit den entsprechenden "Ausbrüchen der punktierten Passage) interpretieren.


    Das triviale Fazit ist, dass es mehr oder minder kontrastreiche und spannungsvolle Musik gibt und sie entsprechend gespielt werden muss. Meist liegt die Wirkung in der Balance von Spannung und Entspannung, aber es gibt eben auch Ausnahmen.


    Im Zweifel halte ich es mit Goethes Theaterdirektor: "Euch ist bekannt, was wir bedürfen,/Wir wollen stark Getränke schlürfen"
    Deswegen hören wir doch Klassik, keine Popsoße...
    :D

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  • Hallo,


    Ich kann mich der Meinung von Alfred Schmidt und Garaguly zu diesem Thema nur anschließen. Wenn man nach so vielen hervorragenden Einspielungen bekannter Meisterwerke seit Bestehen der Tonaufzeichnungen heute immer noch nach neuen , neuartigen, spannenden oder ungefälligen Interpretationen sucht oder diese gar von den Interpreten erwartet, dann kann dies eigentlich nicht mehr im Sinne des Komponisten oder des Werkes sein, denn sich mit Fleiß von schon bestehendem absetzen und hervortun zu wollen, stellt dann oft ein Kontruktum dar, das nicht mehr der ehrlichen gefühlten Auslotung der Partitur entspricht. Ich möchte zu allererst das Gefühl haben, daß ich mich bei einer Interpretation darauf verlassen kann, daß die Vorgaben der Partitur eingehalten werden, daß nichts willkürlich dazugemacht oder weggelassen wird, und daß man sich auch sonst an alle verbrieften Angaben des Komponisten zur Ausführung seines Werkes hält. Ich möchte nicht die Phantasie eines Interpreten bewundern, sondern hören - so gut man darüber eben Informationen hat - wie der Komponist sein Werk gespielt haben wollte. Und wenn man darüber nichts oder wenig weiß, dann muß sich ein Interpret eben mit dem Studium aller zugänglichen Forschungsliteratur über das Wesen des jeweiligen Komponisten intensiv befassen. Des weiteren darf und muß man natürlich bei einer Interpretation voraussetzen können, daß diese auch in technischer Hinsicht auf hohem Niveau ist. Wenn dann bei verschiedenen Interpretationen selbst berühmter Künstler ähnliche Ergebnise herauskommen und keine neuen Erkenntnisse , dann soll mir dies auch recht sein. Ich sehe darin dann sogar die Gewähr, daß die Sichtweisen, einen Komponisten so und eben nicht wesentlich anders zu spielen, sich decken, wobei selbstverständlich immer gewisse Unterschiede des Gefühls und Temperaments, natürlich auch der eingesetzten Instrumente und der individuellen Technik bestehen werden, die durchaus zu begrüßen sind, um eben letzten Endes für sich selbst die dem eigenen Gefühl entsprechendste Interpretation auszuwählen. Der Drang nach neuartigen Interpretationen geht einfach zu weit und es ist vermessen, wenn man z. B. weltweit geschätzte Interpreten wie KARL BÖHM als langweilig - ungeachtet vieler vielleicht exemplarischer Mozarteinspielungen - bezeichnet, oder d e n Beethoven-Kenner und Pianisten WILHELM BACKHAUS, wie schon gelegentlich gelesen, als nicht mehr zeitgemäß, obwohl dieser Pianist sich wie kaum ein anderer vor allem mit Beethoven beschäftigt und immer danach getrachtet hat, Beethoven so authentisch wie nur möglich zu interpretieren, und dies auf allerhöchstem Nieveau . Die Welt - und vielleicht sogar die Interpreten - mögen zwar technisch immer noch perfekter werden, doch in künstlersicher Hinsicht stagniert wohl bestenfalls die Entwicklung seit langem, und man stellt leider allzu oft gefällige Oberflächlichkeit statt Tiefe fest. Deshalb gebe ich mitunter einem weniger berühmten bzw. heute fast vergessenen Interpreten der 50er Jahre durchaus den Vorzug gegenüber einem solchen, dessen Hauptintention es ist, eine ganz neue, abweichende Deutung eines Werkes zu bieten, z. T. auch darauf schielend, daß man dies von ihm erwartet.


    Gruß


    wok

  • Ich möchte nicht die Phantasie eines Interpreten bewundern, sondern hören - so gut man darüber eben Informationen hat - wie der Komponist sein Werk gespielt haben wollte. Und wenn man darüber nichts oder wenig weiß, dann muß sich ein Interpret eben mit dem Studium aller zugänglichen Forschungsliteratur über das Wesen des jeweiligen Komponisten intensiv befassen.


    Volle Zustimmung! Auch ich würde den Willen des Komponisten an die erste Stelle der Maßstäbe setzen. (Man muss allerdings bedenken, dass Bartok und Rachmaninoff und andere bei Aufnahmen ihrer eigenen Werke häufig von ihren eigenen Vortragsbezeichnungen abwichen ... )


    Doch nach dieser Gemeinsamkeit scheinen wir abweichende Ansichten darüber zu haben, bei welchen Dirigenten nun die Absicht des Komponisten hörbar wird. Meines Erachtens haben Böhm und Karajan etwa bei Beethoven die Musik von "störenden" Zutaten "gereinigt". Sforzati sind als solche nicht zu hören, harmonische Härten werde abgemildert usw. usw. Anhand der Partituren ist klar zu beweisen, dass hier gegen des Willen des Komponisten vorgegangen wurde. (Harnoncourt ist näher dran - man nehme die Partitur und lese und höre!)


    Auf einem anderen Blatte steht, dass bestimmte Bedürfnisse eines bestimmten Publikums in einer ganz bestimmten Zeit damit voll entsprochen wurde und dass Böhm und Karajan in ihrer Zeit daher viel Zustimmung erfuhren.

  • Zitat

    Der Drang nach neuartigen Interpretationen geht einfach zu weit und es ist vermessen, wenn man z. B. weltweit geschätzte Interpreten wie KARL BÖHM als langweilig - ungeachtet vieler vielleicht exemplarischer Mozarteinspielungen - bezeichnet, oder d e n Beethoven-Kenner und Pianisten WILHELM BACKHAUS, wie schon gelegentlich gelesen, als nicht mehr zeitgemäß, obwohl dieser Pianist sich wie kaum ein anderer vor allem mit Beethoven beschäftigt und immer danach getrachtet hat, Beethoven so authentisch wie nur möglich zu interpretieren, und dies auf allerhöchstem Nieveau

    Es geht niicht um einen Drang nach neuartigen Interpretationen (völlig falsche Unterstellung) , sondern um werkgerechte Wiedergaben, welche die harmonischen Härten und Kühnheiten nicht unterschlagen, wie es oft bei Beethoven der Fall war und ist.


    Zitat

    Auf einem anderen Blatte steht, dass bestimmte Bedürfnisse eines bestimmten Publikums in einer ganz bestimmten Zeit damit voll entsprochen wurde und dass Böhm und Karajan in ihrer Zeit daher viel Zustimmung erfuhren.

    z.B. Böhm und Karajan waren oft dem "Zeitgeist" nach dem Krieg verwachsen und bedienten ihn, weil deren Wiedergaben oft dem Bedürfnis eines Teils der Hörerschaft entgegenkamen, nämlich Musik überwiegend als Palliativ zu goutieren, auch wenn es allzu oft nicht den Vorgaben der Werke entsprach. Sicher gab es bei beiden Künstlern auch erfreuliche Ausnahmen.
    Diese "Palliativ-Funktion" erklärt auch z. Tl. die ablehnende Haltung des Publikums gegenüber der Musik Mahlers bis in die 60ger hinein. Böhm hat diesen kaum dirigiert und die Moderne halbherzig (von Alban Berg mal abgesehen)


    :hello:

  • Hallo,


    D'accord, KARL BÖHM war nun nur einmal ein Beispiel, und ich würde ihn auch nicht für alle Werke, die mich interessieren, als Dirigenten auswählen, aber immerhin wurde er z. B. 1969 von der "Académie du Disque Francais für die Einspielung aller Mozart-Sinfonien bei DG mit dem Grand Prix für die "weltbeste Schallplattenaufzeichnung des Jahres 1969" ausgezeichnet. Aber es darf natürich auf keinen Fall sein, daß von einem interpretierenden Künstler "störende Zutaten gereinigt" und Dinge abgemildert oder gar weggelassen werden. Das wäre genau das, was ich auf keinen Fall wünsche!


    Gruß

  • und deshalb bin ich Böhms Lesart der späten Sinfonien Mozarts nicht sonderlich zugeneigt.
    Dass Böhm aber andererseits in Mozarts Musik auch aggressive, "revolutionäre" Seiten herausarbeiten konnte (leider nicht oft genug), zeigt seine Einspielung der Nozze und bei Beethoven auch einige Wiedergaben des Fidelios.
    :hello:

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  • aber immerhin wurde er z. B. 1969 von der "Académie du Disque Francais für die Einspielung aller Mozart-Sinfonien bei DG mit dem Grand Prix für die "weltbeste Schallplattenaufzeichnung des Jahres 1969" ausgezeichnet.


    Lieber Wok,


    das ist richtig! Und Böhms Mozartbild hat zu seiner Zeit den Geschmack und die Bedürfnisse großer Teile des Publikums und der Kritikeria optimal bedient.


    Allerdings haben Ersteinspielungen oft einen "Bonus" bei der Vergabe von Preisen. Ähnliches gilt für die Ersteinspielung aller Klavierwerke Liszts durch Leslie Howard, die Ersteinspielungen aller Orgelwerke Regers durch Rosalinde Haas, die Ersteinspielung aller Streichquartette Haydns durch das Tatrai-Quartett usw. usw. In wie weit so ein Preis im Abstand von zehn, zwanzig oder noch mehr Jahren gerectfertigt ist, ist doch meist fraglich.


    Wenn wir auf der Basis von Preisen argumentieren wollten, dann wäre ja heute Charles Mackerras der führende Mozart-Interpret - oder gleich René Jacobs ...


    ... genauso wie Interpretationen sind Schallplattenpreise eben auch ein Spiegel ihrer Zeit. Auch, oder gerade dann, wenn wir sie für zeitlos halten.

  • Zitat

    Wenn Mozart, wie irgendjemand mal schrieb, der "Shakespeare der Musik" sei,


    Ich weiß nicht wer das geschrieben haben soll, im Internet fand ich lediglich die (auch nicht einleuchtendere) Behauptung, HÄNDEL sei der "Shakespeare der Musik"


    Wenn es denn so wäre - daß hier jahrzehnte- nein jahrhundertelang - "falsch" interpretiert wurde, dann würde mich das schon sehr wundern.


    Nein ich sehe hier die "Vertreter der Hässlichkeit" auf dem Vormarsch (der allerdings schon eingebremst wurde)


    Während man einerseits hässliche Interpretationen von Sinfonischen Werken und Konzerten, dadurch zu rechtfertigen versucht, daß es doch genau so - und nicht anders in der Partitür stünde....


    Vertritt man in Fall der Opern die gegenteilige Auffassung - nämlich, daß es völlig gleichgültig sei, was der Librettist eigenlich für Vorstellungen vom Werk gehabt habe - man müsse das Werk an den Zeitgeist anpassen und auf das heutige Publikum anpassen, damit es das Werk in seiner "Grundessenz" richtig verstünde ...


    Egal wie man das kommentiert - Beide Manipulationen sind darauf ausgerichtet, Bestehendes in Richtung HÄSSLICH zu verändern, denn eine heile Welt ist vielen ein Gräuel - vorzugsweise jenen, die selbst nicht daran teilnehmen dürfen.....


    Ich werde in den nächsten Tagen versuchen, meine Vorbehalte "modernen" Einspielungen gegenüber zu artikulieren, und auch die Frage aufwerfen, WARUM man früher anders interpretierte, und welche Auswirkungen das aufs Publikum hatte.


    mit freundlichen Grüßen aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !




  • Ich weiß nicht wer das geschrieben haben soll, im Internet fand ich lediglich die (auch nicht einleuchtendere) Behauptung, HÄNDEL sei der "Shakespeare der Musik"

    Ich weiß nicht mehr, wo ich das aufgeschnappt habe. Im Internet finde ich außerdem Haydn, Monteverdi, Beethoven, Elgar, Bob Dylan und die Beatles als "Shakespeare der Musik". :D
    Der Vergleich ist von daher anscheinend nicht sehr aussagekräftig. Es gibt aber einige Gemeinsamkeiten. Mozart und Shakespeare haben einige der anerkannt größten (und lebensfähigsten) Komödien geschrieben, die aber eben keine bloßen Lustspiele sind, sondern tiefgründige Aussagen über menschliche Beziehungen enthalten und vermutlich deswegen sich als derart zeitlos erwiesen haben. (Dieser Vergleichspunkt passt aus der obigen Reihe nur auf Mozart)


    Zitat

    Wenn es denn so wäre - daß hier jahrzehnte- nein jahrhundertelang - "falsch" interpretiert wurde, dann würde mich das schon sehr wundern.

    Was weißt Du denn von anderen Jahrhunderten? Du nimmst ein Mozartbild, dass in Dich zwischen Ende der 1950er und Mitte der 1970er Jahre geprägt hat, für das ewig gültige und wischst alle Argumente für ein differenzierteres Bild ebenso wie die Tatsache, dass es eben schon damals und vorher andere Zugänge (etwa Furtwänglers oder Klemperers) gegeben hat, immer wieder mit demselben Hinweis, dass Böhm seinerzeit eben der Mozart-Papst war und deswegen dieses Mozartbild von 1780 bis 2011 das einzige und das richtige sein müsse.
    Und dass es seit 25 Jahren oder so eine Hässlichkeitsverschwörung von HIPisten, Modernisten (und vermutlich auch Kommunisten, die hatten nach der Wende nichts anderes zu tun als Mozart zu verderben...) gibt. Sorry, aber das habe ich schon so oft gehört, es wird nicht richtiger und ist inzwischen einfach langweilig. Es gibt vermutlich schon ein halbes dutzend threads dazu.


    Es gibt genügend alte Platten, es gibt gute Musiker wie Marriner, Davis, Barenboim und sicher noch viele mehr, die noch aktiv sind und keiner historisierend oder sonstwie verdächtigen Interpretationshaltung anhängen, es gibt einen "Neoromantiker" wie Thielemann, der sich vermutlich auch mal Mozart widmen wird, ich weiß gar nicht, was das Problem ist, wenn es eben auch einige Musiker gibt, die Mozart (oder Beethoven oder Schubert) nicht so spielen, wie es Du es seit Jahrzehnten gewohnt bist.

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  • Lieber Johannes,


    volle Zustimmung zu jedem Deiner Sätze! Insbesondere zur Prägung Alfreds durch das Mozartbild der späten 1950er bis zu den 1970er Jahren, die geradezu tumb-naive Gleichsetzung dieses Bildes, das ebenso zeitgebunden ist wie alle anderen, mit ewig gültiger Wahrheit, die Verschwörungstheorie, ...


    Dazu wäre zu erwähnen, dass etwa Beethovens Musik von dessen eigenen Zeitgenossen als grell, bizarr, ungeordnet, chaotisch und dergleichen mehr wahrgenommen wurde. Das alles ist doch hinlänglich bekannt - es lohnt nicht mehr, darüber zu diskutieren. Man macht sich dadurch gemein mit solcherlei Denken und Argumentieren.

  • Zitat

    Insbesondere zur Prägung Alfreds durch das Mozartbild der späten 1950er bis zu den 1970er Jahren


    Ich möchte an dieser Stelle festhalten, daß dieses Mozartbild - zumindest am CD-Markt - noch immer erfolgreicher ist, als alles was danach kam. Ferner ist auffallend, daß - seit man Mozart auf "modern" zurechtgetrimmt hat - er von vielen nicht mehr als der Mittelpunkt des "Klassik-Sonnensystems" gesehen wird. Im Forum wird mehr über Mahler als über Mozart diskutiert, etwas ,das in den sechzigern in der Tat undenkbar gewesen wäre. Mahler ist "ordinär", das war noch das Positivste, das ich damals zu hören bekam, das andere kann man hier im Forum leider nicht widergeben.
    Mahler war damals (auch von Wiener Orchestern) verachtet, Mozart geliebt.
    Nun ist man dabei, gerades das zu zerstören, was Mozart ausmacht, was sich natürlich auf die CD-Verkäufe auswirkt.
    Letztlich wird daraus geschlossen, daß niemand mehr Mozart hören will. Das ist aber meiner Meinung nach falsch. Die "typische" Mozartklientel liebt Mozart wegen seiner Leichtigkeit und (scheinbaren) Unbeschwertheit, bzw seines triumphiernden Beiklangs (jupitersinfonie, Krönungskonzert, Krönungsmesse). Wir sollten uns wirklich mal der Mühe unterziehen einen Thread zu starten, der beleuchtet, was Mozarts Musik so populär macht. Schrille Töne mit Sicherheit nicht.
    Wenn hier Karl Böhm - einmal mehr genannt wird - so ist anzumerken, daß er zu seiner Zeit sicher federführend war (über das WARUM möchte ich im neuen Böhm Thread spekulieren, nicht hier), aber es gab auch andere Mozart-Spezialisten. Quasi als Gegenspieler oder "Nachfolger" trat Neville Marriner auf den Plan, der dann wirklich allen jenen Clichees entsprach, die man Böhm ungerechterweise nachsagte. Ich empfand schon in den mittleren (oder späten ?) siebziger-Jahren Marriners Mozart als unverbindlich und gesichtslos - teilweise sogar die Klavierkonzerte mit Alfred Brendel. Härter und herber als Böhm war Krips, der allerdings seinerseits nicht an die Strenge von Szell heranreichte, Szells Mozart war ein düsterer Mozart - nichtsdestoweniger faszinierend. Dann kommen wir noch zu Klemperer. Klemperer war ein eigenwilliger Dirigent unter dessen Stabführung alles ein wenig breiter und wuchtiger geriet. Wenngleich ich seinen Mozart nicht für artgerecht halte - so war er doch beeindruckend. Er rückte Mozart in Beethovennähe - zumindest als das , was man sich damals unter Beethoven vorstellte.


    Aber wir sind vom Thema abgekommen.
    Das Thema befasst sich mit "spannenden" Interpretationen.
    "Spannend" - ist ein Begriff, mit dem ich in Bezug auf Musik wenig anfangen kann. Ob Musik nun - wie manche Leute verlangen - "ENT -spannend" sein soll - diese Frage will und kann ich nicht beantworten. Jedenfalls sollte sie NICHT unter permanenter Dauerspannung stehen, wie das beispielsweise Roger Norrington vorexerziert. Es muß auch melodiöse und "harmlose" Stellen geben, die die "spannenden" dann umso mehr zur Wirkung bringen....


    Diese Kunst ist - meiner Meinung nach in der heutigen Zeit verlorengegangen.
    Mal sehen was die Zukunft hier bringt.


    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



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  • Zitat

    Alfred: Wir sollten uns wirklich mal der Mühe unterziehen, einen Thread zu starten, der beleuchtet, was Mozarts Musik so populär macht.

    Ich wäre sofort dabei, lieber Alfred, denn Mozarts Musik kommt in letzter Zeit hier im Forum nicht mehr die Aufmerksamheit zu, die ihr gebührt.


    Liebe Grüße


    Willi :)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Das Problem liegt wieder einmal in der unheilvollen Mischung von unbelegten Behauptungen, dem Gleichsetzen eigener Vorlieben und Prägungen mit denen anderer Menschen und sonstigen wohlklingenden, doch auf dünnen Fundament stehenden Aussagen.


    Ich möchte an dieser Stelle festhalten, daß dieses Mozartbild - zumindest am CD-Markt - noch immer erfolgreicher ist, als alles was danach kam.

    Beleg das mal. Das ist nur Deine Fantasie bzw. Dein Wunschdenken.


    Ferner ist auffallen, daß - seit man Mozart auf "modern" zurechtgetrimmt hat er von vielen nicht mehr als der Mittelpunkt des "Klassik-Sonnensystems" gesehen wird.

    Wurde Mozart jemals als Mittelpunkt des Klassik-Sonnensystems angesehen? Schon die Verwendung des Bildes mit dem Sonnensystem lässt ja tief blicken. Mozart ist eine Etappe, es gab Komponisten vor ihm und nach ihm, die in ihrer Zeit mehr Erfolg hatten als der notorisch unter Geldproblemen leidende Mozart mit seinem spätpubertären Bäsle-Briefen und sonstigen Verbalentgleisungen.


    Im Forum wird mehr über Mahler als über Mozart diskutiert, etwas ,das in den sechzigern in der Tat undenkbar gewesen wäre. Mahler ist "ordinär", das war noch das Positivste, das ich damals zu hören bekam, das andere kann man hier im Forum leider nicht widergeben.

    Tja. Damals wusste man es offenbar noch nicht besser. Man war wohl in Wien noch nicht reif für Mahlers Musik. In Amsterdam setzte die Evolution vermutlich früher ein. :D


    Mahler war damals (auch von Wiener Orchestern) verachtet, Mozart geliebt.

    Wahrscheinlich gab es in den Wiener Orchestern solche und solche Instrumentalisten. Wieder so eine platte Verallgemeinerung.


    Nun ist man dabei, gerades das zu zerstören, was Mozart ausmacht, was sich natürlich auf die CD-Verkäufe auswirkt.

    Belege?


    Die "typische" Mozartklientel liebt Mozart wegen seiner Leichtigkeit und (scheinbaren) Unbeschwertheit, bzw seines triumphiernden Beiklangs (jupitersinfonie, Krönungskonzert, Krönungsmesse).

    Auf den "typischen" Alfred Schmidt mag dies ja zutreffen ... aber was soll die "typische Mozartklientel" denn sein? Da offenbart sich abermals ein Wunschdenken, wie die Welt denn bitteschön aussehen solle. (Aber vermutlich außer in Alfred Fantasien niemals war) Wer außer Dir verwendet den Begriff "typische Mozartklientel", der eine Gemeinschaft suggeriert, wo keine ist?


    "Spannend" - ist ein Begriff, mit dem ich in Bezug auf Musik wenig anfangen kann. Ob Musik nun - wie manche Leute verlangen - "ENT -spannend" sein soll - diese Frage will und kann ich nicht beantworten. Jedenfalls sollte sie NICHT unter permanenter Dauerspannung stehen, wie das beispielsweise Roger Norrington vorexerziert. Es muß auch melodiöse uns "harmlose" Stellen geben, die die "spannenden" dann umso mehr zur Wirkung bringen....

    Solche Sätze sind wirklich voll unter Niveau. - Kommt es vielleicht nicht auf die Musik an, ob sie spannend oder entspannend sein soll? Wäre einem frühen Mozart-Divertimento nicht eher das Entspannende zu suchen und im Sacre du Printemps eher das Spannende? - Wohlgemerkt: Nicht schwarz-weiß gedacht wie Alfred, sondern eher als eine andere Balance.

  • Manchmal verstehe ich dich nicht, Wolfram. Wo willst du Alfred wieder hintreiben? Du forderst ihn ständig auf, irgendwelche Belege anzuführen für das, was er hier ausgesagt hat, zitierst ihn falsch (Er hat Mozart nicht als Mittelpunkt des Sonnensystems, sondernals Mittelpunkt des "Klassik-Sonnensystems" bezeichnet, worin ich ihm vollkommen beipflichte, wenn ich auch ergänzen möchte, dass sich in diesem Mittelpunkt auch noch Bach und Beethoven befinden.
    Das ist so, das braucht man nicht zu belegen, und was soll deine Aussage beweisen, dass es vor und nach Mozart Komponisten gegeben habe, die in ihrer Zeit mehr Erfolg gehabt hätten als Mozart? Wenn du da z.B. an Salieri denkst, dann hat sich dessen größerer Erfolg doch wohl hauptsächlich auf einige seiner Opern in der Wiener Zeit erstreckt und das auch nur bei einem bestimmten Publikum im Dunstkreis des grenzdebilen damaligen österreichischen Kaisers und dank des kräftigen Intrigierens der ihn umgebenden Clique.
    Was z.B. Mozarts Bedeutung im CD-Sektor betrifft, so möchte ich nur eine Veröffentlichung anführen, die Gesamtaufnahme bei Brilliant Classics (170 CD's), die innerhalb relativ kurzer Zeit über 150000 mal verkauft wurde, und das sind alleine für diese Box über 25.000.000 CD's.
    Im Gegensatz zu Alfred habe ich jedoch keine Angst um die Verkaufszahlen von Mozart-CD's, weil zumindest die qualitativ guten immer ihr Publikum haben werden.


    Viele Grüße


    Willi

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Lieber William!

    wenn ich auch ergänzen möchte, dass sich in diesem Mittelpunkt auch noch Bach und Beethoven befinden.


    Das ist ja schon einmal eine andere Aussage, als alleine Mozart im Zentrum zu verorten.


    Das ist so, das braucht man nicht zu belegen,


    Dann können wir uns die Diskussion aber auch sparen, meinst Du nicht auch?


    Ich frage: Für wen stehen Bach, Mozart und Beethoven im Zentrum? Ich meine, bei Alfred bisher nur wenig Bach-Begeisterung gehört zu haben. Überhaupt: Ist ein zentrales Weltbild überhaupt einem doch eher linearen Verlauf der Musikgeschichte angemessen? Und wenn uns die Musikgeschichte eines lehrt, dann doch, dass das Zumessen von Bedeutung zu verschiedenen Zeiten und durch verschiedene Personen eben auch verschieden geschehen ist.


    Zu Bachs Zeit lief dieser als Komponist unter "ferner liefen", weit hinter Telemann und Graupner (Artikel in einer sächsichen Zeitung jener Zeit). Heute sehen wir das anders. Lange Zeit wurde Bach dann mystifiziert (auch ein Thema für einen Thread), als weit entfernt gesehen vom Niveau der Komponisten um ihn herum. Mittlerweile wird er als Nachzügler einer vergangenen Zeit eingeordnet, der fast im Alleingang die Epoche zum einen posthumen Höhepunkt geführt hat, aber zu seiner Zeit bereits als hoffnungslos rückständig galt. Mal sehen, wie die Einordnung in zwanzig Jahren sein wird. Was sich mit Entdeckungen in Sachen Zelenka usw. tut, ist ja beachtlich. - Bewertung und Bedeutung sind im steten Fluss.


    Was z. B. Mozarts Bedeutung im CD-Sektor betrifft, so möchte ich nur eine Veröffentlichung anführen, die Gesamtaufnahme bei Brilliant Classics (170 CD's), die innerhalb relativ kurzer Zeit über 150000 mal verkauft wurde, und das sind alleine für diese Box über 25.000.000 CD's.


    Ja, sicher. Mit diesem Argument ist die Bild-Zeitung die bedeutendste Zeitung in Deutschland und McDonalds das bedeutendste Restaurant. Lieber William - ist es wirklich so einfach? Ich weiß, Du wirfst mir gleich falsches Zitieren vor, weil Du ausdrücklich nur den CD-Sektor nanntest - aber Deine unterschwellig suggerierte Aussage ist eine andere, nicht wahr?


    Dann formuliere ich es so: Mit diesem Argument ist die Bild-Zeitung die bedeutendste Zeitung im Zeitungssektor und McDonalds das bedeutendste Restaurant im Restaurant-Sektor. So besser?


    Ist Stockhausen 150mal unbedeutender als Mozart, weil von ihm nur 1.000 CDs verkauft wurden (wenn das so wäre, nur mal angenommen)?

  • Ist Stockhausen 150mal unbedeutender als Mozart, weil von ihm nur 1.000 CDs verkauft wurden (wenn das so wäre, nur mal angenommen)?


    Hallo Wolfram,


    auch wenn Mozart für meinen persönlichen Geschmack nicht den ganz hohen Stellenwert geniesst, wie spätere klassische Komponisten, :D8) so erlaube ich mir die Frechheit deine zitierte Frage für mich eindeutig mit JA zu beantworten !
    Ich denke das ich da eine ganze reihe Anhänger habe, die das ähnlich sehen. :pfeif::stumm:




    Zum Thema Spannende" Interpretationen - eine Mode von heute? :


    Ich finde, das dies keine Modeerscheinung ist. :!: Jeder Dirigent, den die Musik wirklich innerlich aufwühlt ist versucht, die Werke so spannend wie möglich darzubieten.
    Das macht für mich die Qualität eines Dirigenten aus.
    Lasche und unspannende Interpretationen bleiben generell nicht lange in meiner CD-Sammlung erhalten.


    Das Spannung keine heutige Modeerscheinung ist hat uns bereits Furtwängler in massigen Konzerten gezeigt (leider aber nur in MONO) ...

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

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  • Ich finde, das dies keine Modeerscheinung ist. Jeder Dirigent, den die Musik wirklich innerlich aufwühlt ist versucht, die Werke so spannend wie möglich darzubieten.


    Wie gesagt: Ich meine, das käme auf die Musik an. Ein Gregorianischer Choral wäre vermutlich völlig fehlinterpretiert, würde man die Wiedergabe einseitig auf Spannung anlegen. Wohl auch manches Meditatives von Pärt oder Gorecki. Auch bei minimal music hätte ich meine Zweifel, ob es wirklich um Spannung geht.


    Alfred hat schon richtig bemerkt, dass Spannung an sich kein Wert ist - eher schon der angemessene Wechsel von Spannung und Entspannung. Nehmen wir den Schluss von Brahms 3. Sinfonie - da die Entspannung hinzubekommen, ist ein Kunststück, das den Größten vorbehalten zu sein scheint. Beim 1. oder 3. Klavierkonzert Prokofieffs geht es eher darum, Hochspannung bis zum Schluss aufrecht zu erhalten und, wenn möglich, zu steigern.


    Also: Es kommt aufs Stück an.

  • Mozart [...] Salieri [...] des grenzdebilen damaligen österreichischen Kaisers ....


    :cursing: Mann, Mann, Mann .... Keiner der Herren, die während der Lebensspannen Mozarts oder Salieris den habsburgischen Thron innehatten, ist auch nur im entferntesten als grenzdebil zu bezeichnen. In Mozarts Wiener Jahren regierte Joseph II. (bis 1790), und der dürfte wohl eher als intellektuell, scharfsinnig und naja auch zynisch bezeichnet werden (aufgeklärter Absolutismus, Josefinische Reformen!!!). Josephs Nachfolger war sein Bruder Leopold II. (bis 1792) - auch kein Grenzdebiler. Dann folgte Franz II. - nach der Niederlegung der römisch-deutschen Kaiserkrone 1806 firmierte er als (neugeschaffener) Kaiser von Österreich (schon seit 1804) als Franz I. (Regierungszeit insgesamt: 1792 - 1835). Über diesen Franz kann man ja sagen was man will: extrem konservativ, autoritär ("Ab auf den Spielberg [finsterer Knast mit üblen Kerkern bei Brünn/Brno] mit ihm" - aber grenzdebil war auch der nicht. Naja, Mozart war schon seit 1791 tot und Salieri seit 1825. Keiner von beiden lebte je unter einem schwachsinnigen Herrscher X( . Erst Franz' Nachfolger Ferdinand I. - Regierung 1835 - 1848 - war etwas 'auffällig': Epileptiker, schlichtes Gemüt, Wasserkopf(???). Naja, Metternich hat für ihn die Geschäfte geführt. Aber ansonsten wird dieser Ferdinand als durchaus netter Zeitgenosse beschrieben..... Da musste ich jetzt mal Dampf ablassen... 8)


    Viele Grüße,


    Garaguly

  • Wenn es denn so wäre - daß hier jahrzehnte- nein jahrhundertelang - "falsch" interpretiert wurde, dann würde mich das schon sehr wundern.


    Irgendwie kenne ich diese wunderliche Einstellung, die Wiener Philharmoniker wüssten aufgrund ihrer Tradition "immer noch", wie man klassische oder romantische Musik richtig spielen solle. Dabei müsste ja der Vergleich der Aufnahmen von 1960 und derer von 2010 genügen, zu erkennen, dass es damit nicht weit her ist. 1860 wird es also wieder ganz anders geklungen haben und 1810 nochmal deutlich anders.


    Ich persönlich mag ja "spannende Interpretationen" weniger. Lieber habe ich ordentliches Musizieren, oder so.

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  • Das ist so, das braucht man nicht zu belegen, und was soll deine Aussage beweisen, dass es vor und nach Mozart Komponisten gegeben habe, die in ihrer Zeit mehr Erfolg gehabt hätten als Mozart? Wenn du da z.B. an Salieri denkst, dann hat sich dessen größerer Erfolg doch wohl hauptsächlich auf einige seiner Opern in der Wiener Zeit erstreckt und das auch nur bei einem bestimmten Publikum im Dunstkreis des grenzdebilen damaligen österreichischen Kaisers und dank des kräftigen Intrigierens der ihn umgebenden Clique.
    Was z.B. Mozarts Bedeutung im CD-Sektor betrifft, so möchte ich nur eine Veröffentlichung anführen, die Gesamtaufnahme bei Brilliant Classics (170 CD's), die innerhalb relativ kurzer Zeit über 150000 mal verkauft wurde, und das sind alleine für diese Box über 25.000.000 CD's.
    Im Gegensatz zu Alfred habe ich jedoch keine Angst um die Verkaufszahlen von Mozart-CD's, weil zumindest die qualitativ guten immer ihr Publikum haben werden.


    Ich finde es ja eigentlich immer wieder höchst amüsant, wie sich manche selbst ad absurdum führen und es dabei noch nicht einmal merken. Zur ersten Hälfte des Zitats bleibt mir nur der (angebliche) Grundsatz bayrischen Staatsregierung zu ergänzen: "DAS WAR SCHON IMMER SO, DAS IST SO, DAS WIRD IMMER SO BLEIBEN! BASTA! Oh Entschuldigung, das letzte Wort kam von einem Bundeskanzler einer anderen Partei als der in München vorherrschenden.


    So und nun zurück zum Ernst und ein Ende des Sarkasmuas, auch wenn es schwerfällt. Ich habe selten etwas Dümmeres über die Musik in Wien zwischen 1780 und 1800 gehört als diese Auslassungen. Wenn halt der allseits bekannte Film AMADEUS das wenn nicht einzige, dann mit Sicherheit aber bestimmende Medium ist, dann darf man allerdings Aussagen erwarten, die mit der Wirklichkeit nicht Vorortzug haben. Wir können hier gerne in eine (musik)wissenschaftliche Diskussion einsteigen, aber nur wenn alle Beteiligten sich auf einem gewissen Niveau, was das Wissen angeht, befinden. Das gleiche würde ich auch für die sich zeitgleich ergebende historische Diskussion veranschlagen, da ist die Auslassung auch von ähnlich Hoh. Qualität wie in musikwissenschaftlicher Hinsicht!


    Und nun genug, manche Aussagen erscheinen einfach nur wichtiger, wenn man über sie diskutiert.

  • aber 1760 hatten sie den referenzklang für mozart



    Wie ?( ??? Das ist mir jetzt zu hoch. 1760 hatten die Wiener Philharmoniker den Referenzklang für Mozart, obwohl es dieses Orchester erst seit 1840 (oder war's 1842????) gibt???? Verwirrung greift um sich.


    Garaguly

  • , oder d e n Beethoven-Kenner und Pianisten WILHELM BACKHAUS, wie schon gelegentlich gelesen, als nicht mehr zeitgemäß, obwohl dieser Pianist sich wie kaum ein anderer vor allem mit Beethoven beschäftigt und immer danach getrachtet hat, Beethoven so authentisch wie nur möglich zu interpretieren, und dies auf allerhöchstem Nieveau .


    Wer will das bestreiten?


    Nur : ich habe gerade eine Interpretation von Op.111 mit Gerhard Oppitz im Player und genieße den Spanungsbogen der Klangvielfalt des herrlichen Instrumentes, das subtile Spiel mit dem Nachhall, exakt eingepasst in der Entwicklung der Musik. Sequenzen, die scheinbar nur Wiederholungen sind, aber einen halben Ton höher oder tiefer liegen, hörbar gemacht, durch eine perfekte Aufnahmetechnik und damit die Genialität der Komposition erlebbar macht.


    Im letzten Satz, der Übergang vom Hintergrundgrummeln, in dem man jede einzelne Note unterscheiden kann und kein undifferenziertes Geräusch ist , in die vermeintlich leichte, helle Passage, Spannung pur, Töne als körperliches Erlebnis.


    So will ich Musik haben, einen Beethoven, der im Klang lebt.

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