Die Wertschätzung von Schuberts Sinfonien

  • Ein völlig anderer Thread als der unten verlinkte:


    Franz Schubert - Gesamtaufnahmen der Sinfonien


    Ging es beim alten Thread um die vorhandenen Aufnahmen von Schuberts Sinfonien und ihre Einschätzung durch die Taminoianer - so befasst sich der soeben gestartete mit der Einschätzung von Schuberts Sinfonien im Allgemeinen - und natürlich auch im einzelnen, wobei die "berühmten" Schubert Sinfonine bereits über Einzelthreads verfügen, bzw in Zukunkft verfügen werden.
    Immer wenn man nach der verschollenen (und wahrscheinlich nie komponierten) "Gasteiner" Sinfonie D 849 ist - sei es in Foren - sei es in der Literatur, dann wird mir klar, wie undankbar man mit den vorhandenen Sinfonien verfährt. Man klaubt sich das heraus, was man für "bedeutend" hält - und lässt das andere links liegen.


    Ähnlich verfährt man ja auch mit Mozarts Sinfonien, und in gewisser Weise auch mit jenen von Joseph Haydn - jeweils aus anderen Gründen - und mit dem Unterschied, daß es dort wesentlich mehr Material gibt.


    Aber auch Schubert hat mehr zu bieten als die meisten Musikfreunde kennen. Wie bei den Klaviersonaten gib es einige Entwürfe und Fragmente


    Sinfonie-Entwurf D-Dur D 615 ( 1818 )
    Sinfonie-Entwurf D-Dur D 708A ( nach 1820 )
    Sinfonie-Fragment E-Dur D 729 ( 1821 )


    Sinfonie-Entwurf D-Dur, D 936A (1828; für den Konzertgebrauch rekonstruiert und eingerichtet von Peter Gülke und Brian Newbould


    (Quelle: WIKIPEDIA)


    Davon gibt oder aber gab es zumindest - selten aber doch - Einspielungen auf Tonträger.....


    Aber im Grunde werden auch von den vollendeten Sinfonien - und der berühmten "Unvollendeten" - wie wir sehen ist sie nicht die einzige- nur wenige mit jener Wertschätzung betrachtet die sie verdienen. Aber vielleicht ist meine Beobachtung auch falsch. Welche Sinfonien Schuberts hört ihr gelegentlich, bzw. hinterlassen einen tieferen Eindruck bei Euch, wobei ich geneigt bin, die "Große" C-Dur-Sinfone auszuklammern. Deren Stellenwert stand stets ausser Zweifel - oder etwa nicht ?


    mit freundlichen Grüßen aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Na, die h-moll-Sinfonie sollte doch auch wohl außerhalb jeden Zweifels stehen, lieber Alfred. Auch die Nummern 4, 5 und 6 höre ich häufiger, hin und wieder taucht auch eine von ihnen im Konzert auf.
    Ich habe Gesamtaufnahmen von Karl Böhm, Roy Goodman, Nikolaus Harnoncourt, Herbert von Karajan, Ricardo Muti und Günter Wand. Diese Aufzählung ist allerdings rein alphabetisch, auch wenn ich zugeben muss, dass hier der erste in der Reihe und der letzte, Karl Böhm und Günter Wand, für mich herausragen. An Einzelaufnahmen habe ich noch die 8. und 9. von Dohnany und Gardiner sowie die 5. und 8. von Kleiber sowie die 9. von Norrington. Alle sind mir lieb und teuer. Es ist keine dabei, von der ich sagen würde: da habe ich mich verkauft.


    Liebe Grüße


    Willi :)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Keine Frage: Höchste Wertschätzung! - Und diese gilt nicht nur den Symphonien, sondern dem Musiker im allgemeinen; man höre natürlich neben den Symphonien und Klavierwerken die Streichquartette, die Messen und nicht zuletzt das Liedwerk!


    Meinen Weg zu Schubert habe ich im übrigen durch die m.E. großartige Produktion "Mit meinen heißen Tränen" gefunden. Ein Film, der mich im wahrsten Sinne hat mir Leiden lassen am Leben und Werk des "Schwammerl". Die Symphonien kenne ich in der Hauptsache durch die Gesamteinspielung der Wiener Philharmoniker unter I.Kertesz, sowie durch unvergessliche Konzerterlebnisse mit den NDR-Symphonikern unter G.Wand. Für mich wäre es zu kurz gegriffen, im Symphoniker Schubert "nur" das Verbindungsstück zwischen Mozart und Beethoven zu sehen. Sicherlich gibt es dieses Weiterdenken des späten Mozart zu Beethoven; andererseits entwickelt Schubert eigenen Formen, die zumindest parallel zu Beethoven eine eigene Musiksprache ausmachen. Z.B. der Beginn der "Unvollendeten" nimmt in seinem Weg "per aspera ad astram" meinen Ohren durchaus den typischen Bruckner-Anfang voraus (ähnliches findet sich allerdings auch in Beethovens 9ter). Und bereits der Beginn seiner Ersten: Paukenschläge, die unterstützt durch die Bläser anzeigen, dass sich hier ein Großer auf den Weg macht; dazu die Flöte wie ein entfernter Blitz (das wahre Gewitter im Mittelteil vorwegnehmend) - Beethoven konnte es in seiner "Pastorale" auch nicht "besser" - und Schubert ist zu diesem Zeitpunkt gerade einmal 16 Jahre alt. Manchmal wünschte ich, er wäre wenigstens 60 geworden :-( Was wäre nach der "Großen C-Dur" noch möglich gewesen? Der liebe Gott mag es wissen und sich daran erfreuen :angel:


    [Dabei natürlich immer wieder die geradzu mystische Frage nach der "9" ... Schubert, Beethoven, Dvorak, Bruckner, Mahler {Schönberg: "Die eine Neunte geschrieben haben, standen dem Jenseits zu nahe. Vielleicht wären die Rätsel dieser Welt gelöst, wenn einer von von denen, die sie wissen, die Zehnte geschrieben hätten. Und das soll woll nicht so sein."}]


    Definitiv muss ich diesen Thread als Anlaß nehmen und mir Schuberts Symphonien wieder einmal hervor zu nehmen.

    mfG Michael


    Eine Meinungsäußerung ist noch kein Diskurs, eine Behauptung noch kein Argument und ein Argument noch kein Beweis.

  • Obwohl die "Unvollendete" sicher das am häufigsten als solches aufgeführte Fragment ist (Mozarts Requiem und Puccinis Turandot zähle ich nicht, weil die ja normalerweiser komplettiert gegeben werden), scheinen die anderen Fragmente/Rekonstruktionen ebenso wie die Komplettierung der h-moll-Sinfonie und auch das von J. Joachim instrumentierte "Grand Duo" eher etwas für Spezialisten zu sein. Es gibt mehr als ein Dutzend Gesamteinspielungen der Sinfonien, aber nur vereinzelte der anderen Stücke und selten im Rahmen von Gesamtaufnahmen. (Ausnahmen: Marriners Box mit "10 Sinfonien", bei Abbado und der Naxos-GA gibt es das instrumentierte Duo mit dazu.)


    Ergänzung: Es gibt offenbar eine Reihe alternativer Orchestrierungen des Grand Duo, die eher versuchen "wie Schubert" zu instrumentieren und teilweise auch aufgenommen wurden. Evtl. ist in der Marriner-Box eine Orchestrierung von Newbould enthalten? Hat jemand diese Box und kann das bestätigen. Angeblich hat auch Raymond Leppard eine Version erstellt und eingespielt und es scheint noch weitere zu geben. Umso verwunderlicher die weitgehende Ignoranz der Labels, Mainstream-Dirigenten und entsprechend weiter Teile des Publikums...


    Bei aller Problematik, die mit Bearbeitungen von anderer Hand usw. verbunden ist, finde ich das schon ziemlich seltsam. Denn musikalisch ist z.B das 'Grand Duo', ungeachtet einiger Längen, eines etwas zu "brahmsischen" Tons der Instrumentation (das könnte ein neuer Bearbeiter ja auch wieder rückgängig machen) und dem Umstand, dass man ihm teilweise die Herkunft als vierhändiges Klavierstück noch anhört, allemal interessanter als die Sinfonien 1-6. (Die halte ich, bei aller Frische und melodischem Charme, eher für überschätzt, sowohl gegenüber anderen Werken Schuberts wie gegenüber weit weniger bekannten Sinfonien Haydns oder einiger "Kleinmeister"). An die von Newbould rekonstruierte/instrumentierte, etwa 1821 komponierte E-Dur-Sinfonie (mitunter als Nr. 7 geführt) habe ich keine so genaue Erinnerung. Obwohl sehr umfangreich war die auch im Vergleich zu den frühen Werken wohl etwas blass, die müsste ich mal wieder anhören.


    Das Fragment D 936A (wenn ich recht erinnere) ist ein noch faszinierenderes Stück, das in vieler Hinsicht Mahler vorwegzunehmen scheint, jedenfalls in seiner Trostlosigkeit viel näher an den großen Spätwerken Schuberts wie dem C-Dur-Quintett, dem G-Dur-Quartett (das sind m.E. mit einigem Abstand seine beiden überragenden Instrumentalkompositionen), den letzten vier Klavier-Sonaten, der Violinfantasie usw. zu stehen, als selbst die große C-Dur-Sinfonie. Dass dieses Werk nicht vollendet wurde, ist jedenfalls ein großer Verlust.

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Obwohl die "Unvollendete" sicher das am häufigsten als solches aufgeführte Fragment ist (Mozarts Requiem und Tosca zähle ich nicht, weil die ja normalerweiser komplettiert gegeben werden),


    Einigen wir uns auf Turandot?


    ;)

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • Die "Unvollendete" und die große C-Dur-Sinfonie sind Meisterwerke, die denen Beethovens nicht nachstehen. Aber meine liebste "Perle" ist das Trio im Scherzo der ersten Sinfonie. Ich habe ja hier in einem anderen thread Wienerlieder und Schrammelmusik von den Wienern angefordert und auch tolle Tipps bekommen; ich sage nur Heinz Holecek und die Edelmann Brothers. Und da sehe ich etwa in diesem Trio ein typisches Wiener Stück. Auch in den Haydn-Sinfonien gibt es ja Ähnliches.

    Schönheit du kannst zwar wol binden...

    Schönheit machet viel zu blinden...

    Schönheit alle Freyer grüssen...

    Schönheit reitzet an zum küssen...

    Schönheit lässt sich gerne lieben...

    (Andreas Hammerschmidt,1611-1675)

  • Ergänzung: Es gibt offenbar eine Reihe alternativer Orchestrierungen des Grand Duo, die eher versuchen "wie Schubert" zu instrumentieren und teilweise auch aufgenommen wurden. Evtl. ist in der Marriner-Box eine Orchestrierung von Newbould enthalten? Hat jemand diese Box und kann das bestätigen. Angeblich hat auch Raymond Leppard eine Version erstellt und eingespielt und es scheint noch weitere zu geben. Umso verwunderlicher die weitgehende Ignoranz der Labels, Mainstream-Dirigenten und entsprechend weiter Teile des Publikums...


    Also, in der Marriner-Schubert-Box von NEWTON ist keine Newbould-Orchestrierung des "Grand Duo" enthalten. Es gibt darin von Newbould: Fragment D. 708a, Sinfonie Nr. 10, Fragment D. 615 und eine Komplett-Version der dann nicht mehr "Unvollendeten" sowie eine Sinfonie Nr. 7 e-moll D. 729.



    Grüße,


    Garaguly

  • Meine Lieblingsstücke sind es nicht, wenngleich ich vor allem die beiden letzten mit Genuss hören kann. Etwa mit Furtwängler, Klemperer und Wand (8./9.) oder Mackerras (9.) oder Kleiber (8.).


    Interessant ist es, zu sehen und zu hören, dass sich der 19jährige Schubert bei seiner 5. Sinfonie offenbar die Sinfonie g-moll (KV 550) von Mozart zum Vorbild genommen hat. Man vergleiche.


  • Also, in der Marriner-Schubert-Box von NEWTON ist keine Newbould-Orchestrierung des "Grand Duo" enthalten. Es gibt darin von Newbould: Fragment D. 708a, Sinfonie Nr. 10, Fragment D. 615 und eine Komplett-Version der dann nicht mehr "Unvollendeten" sowie eine Sinfonie Nr. 7 e-moll D. 729.




    Vielen Dank, die Box kann ich mir dann sparen. Die vollendete Unvollendete habe ich mit Mackerras, die e-moll/E-Dur nach Newbould in einer (vermutlich der ersten?) Aufnahme mit Gabriel Chmura und das 10.-Fragment nach Gülke mit Gielen als Füller einer seiner Mahler-Sinfonien. Der kürzeren Fragmente wegen kaufe ich die Box nicht. Meiner Erinnerung nach gibt es hier auch noch eine Mackerras-Aufnahme, oder die unten (729 ist hier in der freieren Vervollständigung von Weingartner, ich kenne das nicht, wurde aber im Forum schonmal angesprochen.) Schade, dass es keine Aufnahme des orchestrierten Grand Duo mit Mackerras zu geben scheint. Klavierduo-Aufnahmen gibt es inzwischen eine ganze Menge, aber die Orchesterfassung ist offenbar noch sehr weit davon entfernt, ins übliche Repertoire aufgenommen zu werden.
    Erstaunlicherweise hat sogar Toscanini schon dieses Stück dirigiert:


    Struck by the sounds before the sun,
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    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Egal wie man zu den Vervollständigungen durch Newboults Hand steht - ob man sie für geglückt oder gescheitert hält - interessant sind sie allemal.
    Der moderate Preis der Neuveröffentlichung macht die Entscheidung umso leichter. Besonders schätze ich das Scherzo der "Unvollendeten", ein Satz den auch Felix Weingartner in einer seiner Sinfonien in Form eines (sehr ausführlichen !!) Zitates verwendet hat.


    Allerdings wundert mich das Ineresse an Fragmenten von Schubert-Sinfonien doch sehr - werden doch kaum alle vorhandenen vollständigen oft aufgeführt....


    Die Orchestrierung des "Grand Duo" von Geiger Joachim gibt es hingegen auf dieser Naxos CD


    mit freundlichen Grüßen aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Tamino Beethoven_Moedling Banner
  • Allerdings wundert mich das Interesse an Fragmenten von Schubert-Sinfonien doch sehr - werden doch kaum alle vorhandenen vollständigen oft aufgeführt....

    Ich weiß nicht, wie oft die ersten 6 Sinfonien aufgeführt werden. Die Unvollendete, habe ich mal gelesen, ist nach Beethovens 5. die meistgespielte Sinfonie des klassisch-romantischen Repertoires. Die Einspielungen der 8. und 9, vermutlich auch der 5. (eines m.E. wirklich zu Tode gedudelten Stücks) sind unübersehbar. An Gesamtaufnahmen ist mehr als ein dutzend lieferbar: Böhm, Sawallisch (z Zt. nicht komplett), Karajan, Muti, Menuhin (einmal EMI, einmal Warner, wenn ich recht sehe), Abbado, Marriner, Blomstedt, Suitner, Wand, Goodman, Immerseel, Brüggen, Harnoncourt, Davis, Nott... Mit Maazel (2-6,8 ), Weil (5,6,8,9) u Norrington (3-6,8,9) gibt es noch ein paar Beinahe-Gesamtaufnahmen.


    Demgegenüber scheinen mir zwei bis drei lieferbare Einspielungen der Rekonstruktionen und des orchestrierten Duo nicht übermäßig viel.


    Besonders angesichts der Tatsache, dass man heute mitunter mehrere Alternativaufnahmen für die Erstfassungen von Brucknersinfonien zur Verfügung hat oder wohl ein halbes Dutzend von Schönbergs Orchestration des Brahmsschen Klavierquartetts und auch etliche von Liszt Klavierkonzertfassung der Wandererfantasie, finde ich schon bemerkenswert, dass außer Abbado und Toscanini kein einziger berühmter Dirigent sich je für das Grand Duo eingesetzt hat.
    Immerhin sind inzwischen eine Reihe von CDs der vierhändigen Fassung erhätlich, als ich Ende der 1990er eine suchte, gab es gar keine preiswerte und auch insgesamt kaum etwas. Ich weiß nicht mehr genau, wann ich dann eine gekauft habe; ich hatte wohl die Naxos-CD mit der Joachim-Fassung vorher. Ich will nicht behaupten, dass das Stück so bedeutend ist wie die große C-Dur-Sinfonie. Aber es ist zweifellos ein gewichtiges, relativ spätes Werk Schuberts, erheblich gewichtiger als alle frühen Sinfonien und etliche andere, weit populärere Werke Schuberts.


    Wir hatten das wohl auch schon einmal, aber wenn es einen Bereich des Schubertschen Oeuvres gibt, der tatsächlich vielen Hören kaum bekannt ist und nicht angemessen geschätzt wird, sind es die vierhändigen Werke.
    Hier gibt es neben viel Unterhaltsamem mindestens drei Werke, die an Rang und Gewicht kaum oder gar nicht hinter seinen besten späten Instrumentalwerken zurückstehen: Das Duo C-Dur, die Fantasie f-moll, das Duo a-moll "Lebensstürme" und evtl. auch noch das ungarische Divertissement, das späte A-Dur-Rondo und noch einiges weitere.


    Zitat

    Die Orchestrierung des "Grand Duo" von Geiger Joachim gibt es hingegen auf dieser Naxos CD

    Ja, die habe ich; die ist auch recht gut. Dennoch etwas enttäuschend, dass es hier kaum Alternativen gibt.

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  • Meine Erkältung klingt ab, schneller als erwartet, und als ich morgens aufwachte hatte ich eine Melodie im Ohr: Haydn? Mozart? Schubert?
    Es war Schubert 5 2. Satz
    Gesucht, gefunden.
    Die gesamte Sinfonie gehört:
    Erst mit Georg Ludwig Jochum (Eugens früh verstorbener Bruder) mit einem Hamburger Orchester aus den frühen 50igern: wunderbar.
    Dann Fritz Busch mit einem Orchester aus Winterthur: Fast noch schöner, betörend der 2. Satz.
    ÄHH Sterero? Klaro. Harnoncourt mit den Wienern Live von 2010. Seltsame Tempo- und Dynamikvorstellungen, sehr seltsam.
    Dann als Lp rausgekramt: Klemp (auf der Rückseite die Unvollendete): Sehr schön, aber mir zu nüchtern im Vergleich mit Busch.
    Schließlich Barenboim mit der Staatskapelle Berlin. Einfach nur wunderbar. Moderne Klangtechnik und feinster Mozart, ääh, pardon Schubert.
    Das ist es!


    Aber aufgepasst: Heute würde diese Sinfonie bei Vroniplag mit 60% Plagiatsanteil durchgehen. 30% Mozart 40 und 30% Haydn 88 oder anderes.
    Denn als ich den langsamen Satz der 5. mit dem von Haydn 88 verglich, wußte ich auf einmal nicht mehr, welche Melodie ich nun geträumt hatte.
    Beide waren wunderbar! Und irgendwie so ähnlich.


    Gruß S.

  • Schubert schrieb die erste Sinfonie mit 15 oder 16, die 6. mit etwas über 20. Das muss man, frühvollendetes Genie hin oder her, doch berücksichtigen.
    Dafür sind sie nicht nur stilsicher, sondern sogar oft ziemlich originell und die 5. (die ich mir freiwillig kaum mehr anhöre) ist m.E. die am deutlichsten an Mozart (das Menuett&Trio ist eine Art lightversion des entsprechenden Satzes von KV 550) und Haydn (besonders Finale) angelehnte. Die langsamen Sätze der 2. oder 4. sind wirklich sehr schön und ziemlich eigenständig.


    Übrigens eine Eigentümlichkeit, die meines Wissens in keiner einzigen Sinfonie Haydns und bei Mozart nur in einer Serenade (Haffner?) vorkommt, ist, dass Schubert zweimal in diesen frühen Werken das Menuett/Scherzo einer Dur-Sinfonie in einer Molltonart setzt (in 2 und 5). Wäre interessant zu sehen, ob es das bei anderen frühromantisch-klassizistischen Komponisten auch gibt. (Nächstes Beispiel, was mir bei Sinfonien einfällt, ist Schumanns 1.)

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    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Wenn ich zu Beginn beklagt habe, daß Schuberts _Sinfonien zuwenig Beachtung geschenkt werde, dann habe ich es im Vergleich mit jenen von Beethoven getan, wo binnen eines Jahrzehnts etwa 20 neue "Jahrhundertaufnahmen" eingespielt werden. Im Vergleich dazu ist die Ausbeute bei Schubert eher bescheiden.
    Absolut gesehen schaut es gar nicht so schlecht aus. Neben der bereits weiter oben erwähnten Gesamtaufnahe unter Neville Marriner

    ist seit kurzem auch eine alte Decca Aufnahme (unter Zubin Mehta) in neuer Aufmachung wieder erhältlich

    Brilliant koppelt in einer Kassette die Aufnahmen von Roy Goodman mit jenen von Sandor Veg

    Ivan Fischer - immer wieder taucht der Name neuerdings in Zusammenhang mit hervorragenden Neuaufnahmen auf - hat 2010 die "Große" C- Dur Sinfonien für Channel Classics eingespielt - seit 11. 5 2011 ist sie bei jpc erhältlich



    Schon im Jänner 2001 wurden diese Bernstein-Aufnahmen von 1987 wieder verfügbar gemacht - Es tut sich was in Sachen Schubert-Sinfonien....



    mit freundlichen Grüßen aus Wien
    Alfred Schmidt

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • 36 mal steht Franz Schubert mit Sinfonien im Regal, davon 6 GA mit Goodman, Keitel, Wand, Harnoncourt, Blomsteddt und Abbado. Bei den Einzelaufnahmen am häufigsten 8 und 9.


    LG, Bernward


    "Nicht weinen, dass es vorüber ist
    sondern lächeln, dass es gewesen ist"


    Waldemar Kmentt (1929-2015)


  • Schon im Jänner 2011 wurden diese Bernstein-Aufnahmen von 1987 wieder verfügbar gemacht - Es tut sich was in Sachen Schubert-Sinfonien....



    Hallo Alfred,


    diese (sehr guten) Aufnahmen gibt es allerdings bereits seit Jahren in der Schubert/Mendelssohn/Schumann-Box:



    Da ist neben der 8. und 9. übrigens auch die 5. Symphonie von Schubert dabei. Wer also 22,99 EUR (ich zahlte damals viel mehr) hinlegen will, sollte sich gleich die Edition kaufen. Da bekommt er zudem noch die kompletten Schumann-Symphonien, dessen Cello- und Klavierkonzert sowie die Mendelssohn-Symphonien Nr. 3–5 und die Hebriden-Ouvertüre.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Das Fragment D 936A (wenn ich recht erinnere) ist ein noch faszinierenderes Stück, das in vieler Hinsicht Mahler vorwegzunehmen scheint, jedenfalls in seiner Trostlosigkeit viel näher an den großen Spätwerken Schuberts wie dem C-Dur-Quintett, dem G-Dur-Quartett (das sind m.E. mit einigem Abstand seine beiden überragenden Instrumentalkompositionen), den letzten vier Klavier-Sonaten, der Violinfantasie usw. zu stehen, als selbst die große C-Dur-Sinfonie. Dass dieses Werk nicht vollendet wurde, ist jedenfalls ein großer Verlust.


    Da kann ich nur zustimmen! Ich habe gestern zum ersten Mal D 936A gehört und war völlig perplex. Teilweise klingt das wirklich wie Bruckner! Da hatte sich Schubert bereits vollkommen von Beethoven gelöst. Diese Symphonie wäre wohl bedeutender als D 944 geworden (welche ja eine Deutsch-Verzeichnisnummer um die 800 haben müsste).