Kennen oder nicht kennen...

  • Hallo liebe Taminos!


    Mir ist es schon oft passiert, dass ich nach einem Werk gefragt wurde, ob ich es kenne. Ich gerate dann immer in´s Grübeln. Ich weiß von der Existenz des Werkes, habe es meist mehrfach gehört ohne mich aber konkret daran zu erinnern. Ist das schon Kenntnis? Ich antworte dann immer sehr vorsichtig.


    Wie ist das bei euch? Reicht einmal hören? Oder wenn beim erneuten Hören einige Stellen bekannt vorkommen? Sagt ihr, ihr kennt ein Stück, wenn ihr bei Nennung des Titel sofort Melodien daraus im Ohr habt?


    Grüße aus der Sauna Tübingen
    Thomas

    Da freute sich der Hase:
    "Wie schön ist meine Nase
    und auch mein blaues Ohr!
    Das kommt so selten vor."
    - H. Heine -

  • Ich denke, ich kann sagen, dass ich ein Werk kenne, wenn ich mit einem "Titel" eine Melodie in Verbindung bringen kann oder umgekehrt, mit der Melodie den "Titel" bestimme.


    Den Fall, dass ich mir ein Werk anhöre, aber es sich noch nicht eingeprägt hat, würde ich eher so bezeichnen, dass es mir BEKANNT ist.
    So zum Beispiel, wenn ich es schon mal gehört habe. Dann höre ich es zum Beispiel wieder rein zufällig und frage mich dann, woher ich es bloß kenne...es fällt mir nicht ein, aber mir kommt die Melodie so bekannt vor...
    Dito im umgekehrten Fall...


    Wenn ich etwas kenne, etwas weiß, dann kann ich damit umgehen.
    Wenn es mir bekannt ist, so hat man vielleicht mal davon gehört oder sich "oberflächlich" damit beschäftigt, aber es fehlt die Kenntnis...


    Um eine weitere Frage von dir zu beantworten:
    Nein! Einmal hören reicht absolut nicht!!!


    Ich glaube, dass einmal hören nicht mal dafür reicht, das es mir bekannt ist!!!


    Wie ist denn eigentlich deine Meinung zu den gestellten Fragen, Thomas?


    Gruß, Maik

    Wie ein Rubin auf einem Goldring leuchtet, so ziert die Musik das Festmahl.


    Sirach 32, 7

  • Hallo


    für mich persönlich ist es so, dass ich nicht alles kenne, was in meinem Cd-Schrank so herumsteht, auch wen ich sicherlich alles gehört habe. Wenn ich ein Stück wirklich kennen lernen will (bzw. begreifen), besorge ich mir immer die Noten und verfolge sie entweder beim Hören mit oder spiele sie selbst auf dem Klavier. Erst dabei entdeckt man etliche Details, die in der Musik stecken (und teilweise auch manchmal auf Aufnahmen untergehen).


    Gruß, Flo

    "Das Leben ist zu kurz für schlechte Musik"


    Wise Guys 2000

  • Hi Maik,


    ich sehe das ganz ähnlich wie du, deswegen habe ich geschrieben, dass ich auf die Frage, ob ich etwas kenne, sehr vorsichtig antworte. Etwa sinngemäß, dass ich das Stück zwar schonmal gehört habe, beim Wiederhören auch in etwa einordnen könnte, aber nicht behaupten würde es zu kennen.


    Thomas

    Da freute sich der Hase:
    "Wie schön ist meine Nase
    und auch mein blaues Ohr!
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    - H. Heine -

  • Hallo,
    meiner Meinung nach eine Diskussion, die immer etwas "verwaschen" bleiben wird, weil wir keinen gemeinsamen begrifflichen Bezugspunkt haben. Zunächst müssen wir uns doch fragen, was "kennen" eigentlich bedeutet.
    Auf der niedrigsten Stufe vielleicht das "Wiedererkennen", nach dem Motto: Das habe ich doch schon mal gehört.
    Danach die Fähigkeit, nach Nennung des Stückes die Musik im Ohr zu haben und umgekehrt.
    Dann vielleicht die Stufe, verschiedene Interpretationen auseinander halten zu können und "wiederzuerkennen".
    Dann kann das "kennen" einen emotionalen Aspekt haben (ich spüre oder glaube zu wissen, was der Komponist vermitteln will..) oder aber auch einen technischen (ich weiß, wie der formale Aufbau des Stückes ist, welche Themen vorkommen, wie verarbeitet werden, wo wiedererscheinen,...)
    Außerdem wird es einem passieren, daß man an einem Stück, das man nun wirklich zu kennen glaubt, plötzlich vollig neue Aspekte erkennt - was ja die Beschäftigung mit Musik so spannend macht.


    Ich denke, das sollte man einfach pragmatisch sehen, oftmals wird sich "kennen" aus dem Kontext des Gespräches definieren.


    Viele Grüße aus dem tropischen Leipzig

    Einer acht´s - der andere betracht´s - der dritte verlacht´s - was macht´s ?
    (Spruch über der Eingangstür des Rathauses zu Wernigerode)

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  • Hallo


    Unter "Kennen" würde ich mal zumindest "wiedererkennen" bestimmter Abschnitte eines Werkes verstehen - den sogenannten "Wiedererkennungswert. Natürlich kann es vorkommen, daß man ein Werk - auch eine markante Stelle nicht auf Anhieb wiedererkennt - aber deswegen kann man das Werk doch (oberflächlich) "kennen"


    Schwierig ist es mit "gesichtslosen" Werken und Werken deren Struktur so komplex ist, daß man sie sich nur schwer merken kann. Ich gebe zu, daß ich gegen Werke, die man beim dritten Mal hören noch immer nicht er-kennen kann eine gewisse Abneigung empfinde.


    Manche Leute sehn dies aber genau konträr: Allzu Bekanntes stufen sie als "uninteressant" ein - sie wollen ständig was Neues - Persönlich kann ich jedoch darauf verzichten....


    LG


    aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Salut, salisburgensis,


    tjaaaa - ich würde sagen [mein Deutschlehrer sagte dann immer: Sag's doch!] - also gut, ich sage:


    Es gibt für mich bezüglich des Wortes "Kennen" ein Innen- und ein Außenverhältnis. Im Innenverhältnis "kenne" ich ein Werk, wenn ich mich damit jahrelang so beschäftigt habe, dass ich wirklich jede Note, jede Nuance auswendig kenne. Im Außerverhältnis, also andern gegenüber, bin ich da sehr viel salopper. Da kenne ich sogar Werke, die ich nicht kenne - dem Namen nach.


    Was mich aber manchmal wirklich nervt ist, dass mir eine Melodie im Kopf herumschwirrt - ohrwurmmäßig- und ich partout nicht auf die Idee komme, aus welchem Werk diese stammt. Das kostet manchmal Nächte, da ich es nicht zulasse, nicht darauf zu kommen. Dann fange ich an, alle bekannten Werke Revue passieren zu lassen...


    Liebe Grüße
    Ulli

    Die Oper muss Tränen entlocken, die Menschen schaudern machen und durch Gesang sterben lassen.
    (Vincenzo Geilomato Hundini)

  • Hallo!
    Früher war für mich das (wenn möglich schnelle) Wiedererkennen eines Werkes wichtig, um zu sagen: "Ich kenne es".
    Ich habe regelrecht Erkennen der einzelnen Sätze der mir bekannten Werke geübt. Ich bin aber u.a. daran gescheitert, die Menuette der Haydn-Symphonien nicht auseinander halten zu können. Auch bei der Klaviermusik (welche Fuge des WTK ist das?) war meine Grenze irgendwann erreicht. Das mag sich befremdlich anhören, und ich habe das längst aufgegeben, aber es hat durchaus mein Gehör für die Stile der einzelnen Komponisten geschult (am Anfang hatte ich z.B. keinen Unterschied zwischen Haydn und Mozart gehört).
    Inzwischen sage ich sogar manchmal "Ich kenne es", wenn ich das Werk nur einmal konzentriert gehört habe und mich einigermaßen daran erinnere.
    Viele Grüße,
    Pius.

  • Zitat

    Original von salisburgensis
    Hallo liebe Taminos!


    Mir ist es schon oft passiert, dass ich nach einem Werk gefragt wurde, ob ich es kenne. Ich gerate dann immer in´s Grübeln. Ich weiß von der Existenz des Werkes, habe es meist mehrfach gehört ohne mich aber konkret daran zu erinnern. Ist das schon Kenntnis? Ich antworte dann immer sehr vorsichtig.


    Das nennt man Alzheimer ;)



    Zitat


    Wie ist das bei euch? Reicht einmal hören? Oder wenn beim erneuten Hören einige Stellen bekannt vorkommen? Sagt ihr, ihr kennt ein Stück, wenn ihr bei Nennung des Titel sofort Melodien daraus im Ohr habt?


    Letztere Frage stimme ich absolut zu.
    Wenn ich die Melodie kenne,kenne ich auch das Stück.
    Oder wenigstens ein paar wichtige Motive.

  • Ich unterscheide hier verschiedene Stufen:


    Sehr gute Kenntnis: ich kenne das Stück so gut, wie es mir als Nichtmusiker möglich ist, würde beliebige Auschnitte von wenigen Takten hörend sehr schnell erkennen und kann die wichtigsten Motive vorsingen.


    Gute Kenntnis: ich habe eine eher vage Vorstellung, bräuchte vermutlich etwas länger, um einen Ausschnitt zu erkennen, habe nicht alle Motive im Kopf. Da schonmal Menuette genannt würden: von vielen Haydn-Sinfonien würde ich die Kopfsätze sofort erkennen oder könnte die Motive vorbrummen, während ich das Menuett verwechseln könnte.


    Kenntnis: ich habe das Stück schon öfters gehört, würde es aber nur mit einer relativ hohen Fehlerquote oder nur anhand besonders markanter Stellen erkennen, könnte nichts daraus vorsingen.
    Dann gibt es noch Stücke, wo man sehr schnell den Komponisten zuordnen kann, aber das Stück nicht, einmal wegen der Ähnlichkeit und weil sich kein Mensch die Nummern der Vivaldi-Konzerte oder Scarlatti-Sonaten merken kann. Selbst bei Stücken, die ich eignetlich gut kenne, wird mir diese Zuordnung oft schwerfallen (auch bei Bachs Klaviermusik und Chopin)


    Viele Opern "kenne" ich z.B. nur, dagegen kenne ich die Sinfonien und Konzerte von Beethoven und Brahms und vieles von Mozart und Haydn sehr gut.


    viele Grüße


    JR

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

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  • Hallo zusammen!


    Ich unterscheide zwischen "Erkennen" und "Kennen", wenn ich ein Musikstück einmal gehört habe, und man fragt mich beim nächsten Mal danach, erkenne ich zwar meistens den Komponisten, weiß aber das Werk nicht nicht zu nennen, wenn ich ein Musikstück öfter bewußt höre, mich mit der Rezension beschäftige, mit dem Kontext, dann vermag ich es auch wirklich zu erkennen, dann erst "kenne" ich es. Manchmal geht es mir auch so, dass ich ein Musikstück im Ohr habe, es nicht aus meinen Gedanken bringen, aber meistens weiß ich da, um welche Komposition es sich handelt. Ich habe eher Probleme damit, dass ich meistens eine für mich ideale Interpretation eines mir bekannten Musikstückes im Ohr habe, und dann womöglich im Konzert davon Abweichendes höre, das ist für mich eine wirkliche Qual.