Wagner: Tristan und Isolde
Opernkritik – DVD
Auszeichnung aus der Mailänder Scala 2007
Allgemeine Beurteilung:Gut
Dauer:233 min
Tristan: Jan Storey
Isolde: Waltraut Meier
Marke: Matti Salminen
Kurwenal: Gerd Groschowski
Melot: Will Hartmann
Chor und Orchester der Mailänder Scala
Dirigent: Daniel Barenboim
Regie: Patrice Chereau
Bühnenbild: Richard Peduzzi
Kostüme: Moidele Bickel
Obwohl die Inszenierungen Patrice Chereaus dem zugezählt werden, was man allgemein unter „Regietheater“ versteht, und ich seinen zum „Jahrhundertring“ hochstilisierten Ring ablehne, möchte ich diese Inszenierung eher als „konventionell“ werten und kann mich durchaus mit ihr anfreunden.
Die Handlung wird – im Gegensatz zu den meisten „Regietheaterinszenierungen“- nicht entstellt oder gar in eine völlig andere verdreht. Chereau hält sich an die von Richard Wagner nach dem keltischen Mythos komponierte Geschichte von Tristan und Isolde, er zwängt uns hier nicht in eine spezielle Deutung, er drängt sich uns nicht auf. Wahrscheinlich ist er
inzwischen tiefer in die Musik Wagners eingedrungen, die er zur Zeit der Ringinszenierung – wie er selbst zugegeben haben soll – nicht kannte. Einen Vergleich mit anderen Inszenierungen von Chereau habe ich nicht.
Das Bühnenbild ist zwar sparsam gehalten, wie es bei vielen heutigen Inszenierungen der Fall ist, unterstützt aber – zusammen mit wirkungsvollen Lichteffekten - die
Geschichte recht gut und lässt durchaus die Illusion zu, dass wir uns im frühen Mittelalter in Cornwall oder der Bretagne befinden.
Basis ist eine düstere Ziegelmauer im Hintergrund, in die ein Tor eingelassen ist, das nach oben wie ein Hausgiebel spitz zuläuft.
Im ersten Akt ragt aus diesem Tor ein Kahn hervor, der mit allerhand Waren und Schiffsutensilien beladen ist und auf dessen Vorderdeck sich die Geschehen abspielt. Hinter dem Tor ist ein Laderaum zu sehen und im oberen Teil eine Art Schiffsbrücke, zu der auf jeder Seite eine Treppe hinaufführt.
Im zweiten Akt bleibt das Tor zunächst geschlossen. Durch säulenartige Versatzstücke und entsprechende Lichtwirkung wird ein Garten bei Nacht angedeutet. Beim Auftritt König Markes öffnet sich das Tor und im Hintergrund sieht man dunkelgrüne Zypressen und eine weitere hohe Mauer.
Im dritten Akt ist das Tor offen und weist in ein dunkles Gewölbe. An der Mauer entlang führt eine Treppe, über die man auf einen – im Bild nicht sichtbaren - Ausguck gelangt. Im angedeuteten Innenhof gibt es nur einige kubische Versatzstücke, von denen eines als Lager für den kranken Tristan dient.
Insgesamt ist das Bild, passend zum Geschehen, recht düster. Immerhin kann man sich hier das Schiff, den Garten und die Burg Markes sowie den Innenhof von Tristans Burg vorstellen.
Die Kostüme sind schlicht und zeitlos, so dass man sich auch mit ihnen in die Zeit der Handlung hineindenken kann.
Zur musikalischen Qualität kann ich mit meinen Kenntnissen keine kompetenten Angaben machen. Stimmlich wie auch darstellerisch hervorragend gefällt mir Waltraut Meier als Isolde, aber auch Michelle de Young als Brangäne, Matti Salminen als Marke und Gerd Grischowski als Kurwenal sind lobend zu erwähnen, während Jan Storey als Tristan eher ein wenig blass wirkt.
Sieht man einmal von dem allzu blutverschmierten Schluss ab (der sicher in der Naheinstellung durch die Kamera stärker zur Geltung kommt als im Zuschauerraum) kann ich zu dieser Inszenierung nur sagen, dass sie auf mich nicht "regietheatralisch wirkt.
Auf die Meinungen anderer Taminos, die - wie ich am sogenannten "Regietheater" nichts Reizvolles finden - und die Übertragung dieser Aufführung oder die DVD gesehen haben, bin ich gespannt.
Liebe Grüße
Gerhard