Seltsame Opern ?

  • Manchmal sieht man Opern auch plötzlich mit einer anderen Brille an, und staunt, was es nicht alles gibt.


    Erstes Beispiel: Das Publikum hat seltsamerweise wenig Mitleid mit einer dominanten, alten Dame, die ihre seltsamen Gelüste befriedigen möchte und sich dabei Jugendlicher bedient.


    Zweites Beispiel: Das "richtige" Liebespaar der Oper hat weder ein Liebesduett, noch eine Solo-Szene, sondern nur einen kurzen, belanglosen Wortwechsel im Beisein anderer.


    Seltsam, nicht wahr ?


    Es gibt aber auch noch andere Beispiele für seltsame Opern.


    Liebe Grüße sendet aus Wien


    Erich, der Operngernhörer

  • Lieber Erich,
    Du machst es aber spannend. Um welche Oper handelt es sich denn? Oder ist Dein Beitrag der Beginn eines Ratespiels? In jedem Fall macht Dein Posting neugierig. Lass' uns bitte nicht zu lange auf die Lösung warten.
    Liebe Grüße nach Wien
    Herzlichst
    Operus

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!

  • Ich habe mich auch gefragt, ob der Beitrag nicht ins Rätselforum gehören möge.


    1. Hänsel und Gretel?
    2. Lady Macbeth von Mzensk? (Habe die Handlung aber kaum noch im Kopf)

  • Gerade gestern erst in einer äußerst seltsamen Oper gewesen:


    Der zweite Akt trotz beträchtlicher Länge findet komplett ohne den Titelhelden statt. Der wiederrum erlebt im letzten Akt wohl den größten Erfolg seines Lebens und trotzdem endet alles in traurigstem pianissimo.

    mfG Michael


    Eine Meinungsäußerung ist noch kein Diskurs, eine Behauptung noch kein Argument und ein Argument noch kein Beweis.

  • Was wollt Ihr von uns interessiert mitlesenden Taminos? Dass wir vor Neugier platzen? Dass wir schlaflose Nächte haben, weil wir nicht draufkommen um welche Opern es sich handelt? Also bitte nicht nur anmachen, sondern auch befriedigen. Welche Werke waren die seltsamen Opern, die Ihr gesehen habt?
    Herzlichst
    Operus ?(?(?(

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!

  • Wirklich nicht, lieber Operus, aber manchmal sieht man ein Werk, das man schon x-mal gesehen und gehört hat, und entdeckt wirklich mal etwas Neues.


    Ja, lieber Wolfram, "Hänsel und Gretel" ist richtig (Warum hat sich noch keiner der Regie"stars" mit einer Neudeutung daran versucht - da wäre doch eine Menge herauszuholen, wäre dann aber vielleicht nicht mehr jugendfrei). Das Mitleid mit der Hexe, die einen grausamen Tod erleidet, ist beim Publikum nie zu bemerken.


    Das zweite Werk ist nicht die Lady Macbeth, sondern etwas viel Bekannteres, das jeder Opernliebhaber schon oft genossen hat und die Musik zum Gassenhauer geworden ist.


    In den Rätsel-Thread wollte ich es nicht schieben, da es mir primär um andere Ansichten von bekannten Werken geht, die vielleicht etwas im Verborgenen liegen.


    Liebe Grüße an alle Opernfreunde -


    Erich, der Operngernhörer

  • Lieber Theophilus,


    du könntest unter Umständen Recht haben, aber es ist viel einfacher.


    Das Werk, das wir alle kennen, heißt "Cavalleria rusticana" !!! Man vergißt im Laufe der Handlung, dass es eigentlich hier auch ein Liebespaar gibt, und das heißt Lola und Turiddu. Sie treffen sich vor unseren Augen nur am Weg zur Kirche, wechseln belanglose Worte, und gehen weiter, während wir bei der armen Santuzza sind.


    Du siehst, dass man beim Textbuchlesen manchmal Dinge sieht, die auf der Bühne an uns fast vorbeigehen. Ich habe da noch einige Beispiele auf Lager, die demnächst folgen werden.


    Mit Grüßen von


    Erich, dem Operngernhörer

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  • Es gibt gleich zwei Opern, in der der erwählte Mann in einer Truhe "aufbewahrt" und somit für die Frau gesichert wird, auch wenn beide dadurch beinahe umkommen.

    Schönheit lässt sich gerne lieben...

    (Andreas Hammerschmidt,1611-1675)

  • Da fallen mir drei Werke ein, und zwar "Die Kluge" sowie "Die lustigen Weiber von Windsor" und "Falstaff".


    In der Klugen besteht aber eigentlich keine Gefahr, dass beide umkommen. Bei den Falstaff-Bearbeitungen kann man das so sehen. Wenn Falstaff zu früh entdeckt würde, könnte Ford tatsächlich durchdrehen. Aber eigentlich wird Falstaff nicht "für die Frau gesichert"...


    :hello:

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • Mit "beide umkommen" hatte ich mich nicht genau ausgedrückt, es waren beide Männer aus beiden Opern gemeint, nicht Mann und Frau. Umkommen ist tatsächlich für die "Kluge" ein wenig streng, es sei denn, das Schlafmittel wäre stark gewesen. Aber die "Kluge" war schon gemeint: die Kluge sichert sich ja den König, der sie verstoßen wollte. An den Falstaffstoff hatte ich nicht gedacht, aber da habe ich wieder was gelernt. Die andere gemeinte Oper ist "Der Barbier von Bagdad" von Peter Cornelius; da wird Nureddin im Hause seiner angebeteten Margiana vor dem Kadi, ihrem Vater, in einer Truhe versteckt und erstickt fast. Der Kalif bestimmt dann, dass die Braut diesen speziellen Schatz in der Truhe behalten darf (Sicherungsmotiv). "Die Kluge" wird ja durchaus schon mal gespielt, aber in meiner langen Zeit als Opernbesucher ist es mir noch nie gelungen, den "Barbier von Bagdad" zu sehen.

    Schönheit lässt sich gerne lieben...

    (Andreas Hammerschmidt,1611-1675)

  • Liebe Freunde,


    beim Start dieses Threads ging es mir vor allem um eine nicht alltägliche Sichtweise auf Opernszenen, die auch mit einem Satz begründet sein sollten. Wenn ihr, was mir auch sehr gefällt, ein kleines Rätsel daraus machen wollt, dann verschieben wir das (durch unseren Moderator) ins Rätselforum.


    Etwas Neues: Ist es immer positiv, wenn der Vater auszieht, um seinen Kindern zu helfen ?


    Schönen Sonntag -


    Erich, der Operngernhörer

  • Hallo Erich,


    beim Start dieses Threads ging es mir vor allem um eine nicht alltägliche Sichtweise auf Opernszenen


    tatsächlich kann ich hierzu eine vielleicht etwas grundsätzlicher eigene Erfahrung beisteuern:


    Nach Beendigung meines Studiums habe ich bedingt durch Beruf und dann auch Familie für eine sehr lange Zeit (ca. 10 Jahre) nur wenig Gelegenheit gefunden, Opernaufführungen zu besuchen. Seit etwa anderthalb Jahren schaffe ich es aber wieder, einigermaßen regelmäßig Aufführungen der Staatsoper Hamburg zu besuchen. Wenn ich nun die Zeit damals mit heute vergleiche, so hat sich mein Rezeptionsverhalten massiv verändert. War es früher so, dass es mir in der Hauptsache um die Musik und auch um den einen oder anderen "Star" ging, so tritt für mich heute mehr und mehr die Handlung in den Vordergrund.


    Ein häufiger Vorwurf gerade an Opernhandlungen ist ja deren Holzschnittartigkeit und Unlogik. Bei intensiverer Beschäftigung mit den Inhalten jedoch und wohl auch mit zunehmender eigener Lebenserfahrung bekommt gerade dieses Holzschnittartige und oft auch überzeichnete "Tund und Sein" der agierenden Personen eine ganz neue Dimension. Unterstützt durch die Musik, welche oft an innerste Emotionen rührt, scheint mir die Oper vielmehr, als das Sprechtheater die logische Fortsetzung der griechischen Tragödie.


    Z.B. Wagners "Ring des Nibelungen": Vor zwanzig Jahren hat mich einfach die Musik und die schiere Größe des Werkes überwältigt; Text und Handlung - nun ja, offen gesagt lächerlich und albern! - Heute mit auch schon vierzig Lenzen auf dem Buckel erkenne ich für mich ein kaum auszulotendes, tiefenpsychologisches Drama! Allein die Figur des Göttervaters Wotan in seiner absoluten Getriebenheit. Durch den Wunsch, die Macht zu erhalten jeden nur erdenklichen menschlichen Fehler zu begehen.


    p.s. Übrigens


    M.Schenks Beispiel passt nur auf Palestrina!


    Richtig :jubel:

    mfG Michael


    Eine Meinungsäußerung ist noch kein Diskurs, eine Behauptung noch kein Argument und ein Argument noch kein Beweis.

  • Lieber M. Schenk,


    ich finde es sehr beachtenswert, was du schreibst. Als vollkommene Werke dieser Art Oper empfinde ich die Opern Leos Janaceks: Jenufa, Das schlaue Füchslein, Katja Kabanowa, Die Sache Makropulos, Aus einem Totenhaus. Ich kenne die WEerke gut, habe sie oft gehört und gesehen, und immer wieder bin ich gepackt davon, wie zuletzt in einer hervorragenden Aufführung im Münsterschen Stadttheater. Die Orchestermusiker können Janacek heute auch sehr gut spielen und die jungen Sänger sind hervorragende Interpreten dieser Musik und dieser Geschichten.

    Schönheit lässt sich gerne lieben...

    (Andreas Hammerschmidt,1611-1675)

  • Es gibt eine Oper - wir kennen sie alle -, in der die Hauptperson, deretwegen das tragische Ende gleichsam vorprogrammiert ist ist, gar nicht vorkommt.

    Arrestati, sei bello! - (Verweile, Augenblick, du bist so schön!)

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  • Ist keine Oper, ist der letzten Abend des Musikdramas "Der Ring des Nibelungen". Außerdem kommt Wotan am Schluss vor - wie er auf seinem Stuhl (?) im brennenden Walhall sitzt.

  • Ist natürlich eine Oper. (Ein "Musikdrama" ist eine Oper in dem generischen Sinne, in dem dieses Wort üblicherweise verwendet wird. Genauso wie Bayern ein Bundesland ist, wenn es tausendmal "Freistaat" heißt.)
    Aber warum soll Wotan" die Hauptperson" sein, nicht Siegfried und Brünnhilde? Und ihm die Hauptverantwortung für das tragische Ende zu geben, finde ich auch nicht ganz fair...

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Hier findet man viele Seltsamkeiten.
    Und auch seltsam ist, dass man kein Bild sieht und kein Link entsteht. Was habe ich da falsch gemacht? Eine Bestellnummer habe ich nicht gefunden, deshalb die ISBN genommen, das hat jedenfalls nicht geklappt.
    "Eckhard Henscheid: Verdi ist der MOzart Wagners".
    Tschö
    Klaus


    Näheres über die perfekte Verwendung von Tamino-BB-Codes findet man hier.
    ;)

    ich weiß, dass ich nichts weiß. Aber ganz sicher bin ich mir da nicht.

  • Ist natürlich eine Oper. (Ein "Musikdrama" ist eine Oper in dem generischen Sinne, in dem dieses Wort üblicherweise verwendet wird. Genauso wie Bayern ein Bundesland ist, wenn es tausendmal "Freistaat" heißt.)


    Aaaaalso: Ich habe in meine Billigheimer-Dover-Partitur geguckt und kann jetzt ganz besserwisserisch sagen: Ist weder Oper noch Musikdrama, ist einfach der dritte Tag des Bühnenfestspieles "Der Ring des Nibelungen". :D

  • Meine o.g. Frage bezieht sich nicht auf Wagner. Hier ist ein italienischer Komponist gefragt.

    Arrestati, sei bello! - (Verweile, Augenblick, du bist so schön!)

  • Natürlich kommt Gianni Schicchi in der gleichnamigen Oper vor, wenn er sich anstelle des verstorbenen Buoso ins Bett legt und das neue Testament diktiert.
    Mein Tipp wäre eher die Mutter von Azucena im Troubadour, deren Feuertod Azucena so verwirrt, dass sie die Kinder verwechselt und so den tödlichen Kampf der beiden Brüder verursacht.
    Allerdings würde ich eine Person, die in der Oper gar nicht vorkommt, auch nicht als Hauptrolle bezeichnen.



    Mme. Cortese

    Gott achtet mich, wenn ich arbeite, aber er liebt mich, wenn ich singe (Tagore)

  • Alle sprechen von Buoso, obwohl der schon verstorben ist; der kommt allerdings im Titel nicht vor.


    Oder ist vielleicht "Fidelio" gemeint? Das ist ein Deckname, wessen Identität auch immer Leonore angenommen hat, in der Oper kommt er nicht vor...


    Und wie gesagt, "Bühnenweihjubiläumsmusikdrama" oder was auch immer draufsteht, sind die Teile des Rings genauso Opern (im üblichen generischen Sinn) wie das Singspiel "Entführung aus dem Serail" oder das Dramma giocoso "Don Giovanni" oder die Favola in musica "L'Orfeo" oder so wie ein Pudel, ein Terrier und ein Schäferhund alles Hunde sind... ;)

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Allerdings würde ich eine Person, die in der Oper gar nicht vorkommt, auch nicht als Hauptrolle bezeichnen.


    Mme. Cortese


    Da muß ich dir recht geben, liebe Madame. Richtig wäre Hauptperson, wie ich auch geschrieben habe.


    Der "Schicchi" ist es nicht, denn er geht ja nicht letal aus. Ich dachte da an die "Traviata", in der Germont-péres Tochter von ihm als Argument benützt wird, um Violetta (und damit auch seinen Sohn) in großes Unglück zu stürzen. Violettas Tod ist ja nicht nur ihrer Krankheit geschuldet, sondern auch als Liebestod ("Addio, del passato / Parigi, o cara ...") zu verstehen.

    Arrestati, sei bello! - (Verweile, Augenblick, du bist so schön!)

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