Giacomo Puccini: LA BOHÈME (San Francisco, 1988)

  • G. Puccini: LA BOHÈME


    Libretto: Luigi Illica & Guiseppe Giacosa




    Besetzung:


    Mimì: Mirella FRENI :jubel:


    Rodolfo: Luciano PAVAROTTI :jubel:


    Musetta: Sandra PACETTI


    Marcello: Gino QUILICO :jubel:


    Colline: Nicolai GHIAUROV :yes:


    Schaunard: Stephen DICKSON


    Benoit /Alcindoro: Italo TAJO :yes:



    Chor und Orchester des San Francisco Opera House


    Musikalische Leitung: Tiziano SEVERINI :yes:



    Regie: Francesca ZAMBELLO


    Bühne: David MITCHELL


    Kostüme: Jeanne BUTTON & Peter J. HALL



    Laufzeit: 116 Min.


    Gesamturteil: SEHR GUT!



    Dies ist nun einmal eine Produktion für den Opernfreund, bei der man eigentlich nur in Superlativen schwelgen möchte. Zu bekritteln gibt es so gut wie nichts*, die Klang- und Bildqualität des Mitschnitts sind absolut befriedigend, die Inszenierung lebendig und abwechslungsreich und die Sängerriege durch die Bank weg erstklassig: Freni und Pavarotti auf der Höhe ihres Könnens, ein spielfreudiger, überzeugender Gino Quilico (Marcello) und der Bulgare Ghiaurov als Luxusbesetzung für Colline. Als Sahnehäubchen bietet Italo Tajo zwei Kabinettstückchen als komischer Alter in der Doppelrolle von Benoit und Alcindoro. (Dieser ja auch im Libretto angelegte Humor bietet einen wundervollen Kontrast zu dem tragischen Geschehen um Mimì und Rodolfo.) Der junge Dirigent Tiziano Severini leitet eine energievolle Vorstellung, die Puccinis Musik herrlich strahlen lässt, ohne jedoch in Pomp oder Kitsch abzurutschen. Gefühle werden von allen Beteiligten in dieser Oper groß geschrieben und ohne falsche Scham ausgespielt.


    Die Inszenierung ist im besten Sinne werkgetreu, ohne langweilige Routine zu präsentieren. Die Figuren werden ernst genommen, gut geführt und stehen ganz im Dienste des Werkes. An einem Punkt leistet sich Zambello einen Effekt, der sich jedoch harmonisch in das Ganze einfügt: Bei Rodolfos und Mimìs Duett im ersten Akt hellt sich die hohe Rückwand der Mansarde auf und eine Projektion der Kathedrale von Notre Dame wird sichtbar.


    Das verdiente "Blumenbombardement" für die Sänger beim Schlussapplaus sollte man sich übrigens auch auf keinen Fall entgehen lassen...


    Fazit: Alles in allem kann man diese DVD bedenkenlos empfehlen. Puccinikenner und Neulinge werden hier gleichermaßen auf höchstem Niveau bedient.




    *Die für meinen Geschmack allzu geräumige, mit hohen Fenstern versehene Mansarde der vier Freunde und die Tatsache, daß Stephen Dickson (Schaunard) einen Moment braucht, bis er mit seinen Kollegen stimmlich voll
    mithalten kann, fallen eigentlich nicht ins Gewicht.

  • Hallo Cartman,


    die von Dir vorgestellte "Bohème" ist für mich unverzichtbar geworden, zumal ich Freni und Pavarotti als Mimi und Rodolfo live auf der Bühne habe erleben dürfen.


    Gruß
    Manfred

    "Menschen, die nichts im Leben empfunden haben, können nicht singen."
    Enrico Caruso


    "Non datemi consigli che so sbagliare da solo".
    ("Gebt mir keine Ratschläge, Fehler kann ich auch allein machen".)
    Giuseppe di Stefano

  • Dies ist nun einmal eine Produktion für den Opernfreund, bei


    der man eigentlich nur in Superlativen schwelgen möchte.


    Hallo, Cartman
    Danke für diese absolut zutreffende Bewertung und Beschreibung dieser einmalig tollen DVD. Für jeden Liebhaber der Boheme ein muß !!! Diese Aufnahme setzt unerreichte Maßstäbe! Besonders auch allen zu empfehlen, die sich mit dem Thema " Regie- Theater " beschäftigen ( Gruß an Amfortas ). So muß die Boheme sein und nicht anders !


    Gesamturteil: SEHR GUT!

    Nein, das reicht nicht. Das ist das NON PLUS ULTRA, besser geht nicht. Hier stimmt einfach alles!
    Herzliche Grüße
    CHRISSY

    Jegliches hat seine Zeit...

  • Zitat

    Danke für diese absolut zutreffende Bewertung und Beschreibung dieser einmalig tollen DVD. Für jeden Liebhaber der Boheme ein muß !!!
    Diese Aufnahme setzt unerreichte Maßstäbe! Besonders auch allen zu empfehlen, die sich mit dem Thema " Regie- Theater " beschäftigen ( Gruß an Amfortas ). So muß die Boheme sein und nicht anders !

    Na ja. schlecht ist diese Boheme in der Tat nicht. Vor allem die luxoriöse Sängerbestzung ist in dieser Zusammensetzung nicht alltäglich.
    Als Non-Plus-Ultra würde ich diese DVD nicht bezeichnen, weil die szenische Realisierung mir zu sehr im Illustrative sich erschöpft. Ich denke aus der Boheme, dem Meisterwerk Puccinis, ist noch mehr herauszzuholen.
    Aber sie ist in der Tat nicht schlecht gemacht. Zumal sie der szenische Umsetzung der sehr angestaubten Verfilmungen Zefirellis (deren Protagonisten sich um den Hauptpreis für konventieneller Opernpose streiten :D ) und der unselig sentimentalisierenden von Dornfeld (mit den furchtbar zahlreichen Filmschnitten) weit überlegen ist.


    Orchestral überbietet diese Boheme zweifellos die Karajansche Verfilmung, weil z.B. der Orchestersatz durch Severini straffer und gezielter geführt wird. Aber wer Live-Mitschnitte unter Levine aus den Siebzigern, Carlos Kleiber und zuletzt de Billy aus München (die der miserablen Dornfeldverfilmung unterlegt ist) sich reingezogen hat, wird deren orchestrale Realisierung als noch gelungener erfahren, was die Entfaltung an Details, Nuancen und Ausarbeitung an harmonischen, instrumentalen Schärfen betriffft. (Das bedeutet aber nun überhaupt nicht, dass ich San Francisco unter Severeni deshalb als schlecht betrachte.)


    Auf alle Fälle lohnt es sich den Mitschnitt bzw. diese DVD sich reinzuziehn...


    :hello:

  • Na ja. schlecht ist diese Boheme in der Tat nicht.


    Auf alle Fälle lohnt es, sich diese DVD sich reinzuziehn...

    Hallo, Amfortas
    Na, das ist doch mal eine Aussage von Dir, über die ich mich gefreut habe. Auch Deine anderen Hinweise, bzw. kritischen Anmerkungen, sind interessant und im Rahmen von gegenseitiger Toleranz zu akzeptieren. Ich könnte es mir jetzt leicht machen und sagen: " Siehst Du, so einfach kann Theater / Oper sein ". Wir, damit meine ich die überwiegende Zahl der Zuschauer, gehen nicht als Musikwissenschaftler oder- kritiker in die Oper, sondern ganz einfach um die Musik, einschließlich der vorgegebenen Handlung, zu genießen, auf uns wirken und uns von der Schönheit in ihrer Gesamtheit verzaubern und vereinnahmen zu lassen. Und wenn es, wie hier in der Boheme, so gut gemacht ist, daß man im Finale gefühlsmäßig mitempfindet, daß Musik, Bühnenbild / Ausstattung, Regie und somit Darstellung eine Einheit bilden, dann kann man glücklich und zufrieden sein.
    Herzliche Grüße
    CHRISSY

    Jegliches hat seine Zeit...

  • Ich könnte es mir jetzt leicht machen und sagen: " Siehst Du, so einfach kann Theater / Oper sein ". Wir, damit meine ich die überwiegende Zahl der Zuschauer, gehen nicht als Musikwissenschaftler oder- kritiker in die Oper, sondern ganz einfach um die Musik, einschließlich der vorgegebenen Handlung, zu genießen, auf uns wirken und uns von der Schönheit in ihrer Gesamtheit verzaubern und vereinnahmen zu lassen. Und wenn es, wie hier in der Boheme, so gut gemacht ist, daß man im Finale gefühlsmäßig mitempfindet, daß Musik, Bühnenbild / Ausstattung, Regie und somit Darstellung eine Einheit bilden, dann kann man glücklich und zufrieden sein.
    Herzliche Grüße
    CHRISSY


    Ein ganz wunderbares Statement unseres CHRISSY, dem ich vollinhaltlich zustimme. Danke!


    Grüße aus Wien ins faszinierende Sachsenland, das ich unendlich liebe
    von Fritz

    Arrestati, sei bello! - (Verweile, Augenblick, du bist so schön!)

  • Grüße aus Wien ins faszinierende Sachsenland, das ich unendlich liebe


    Danke, lieber Fritz / Milletre
    Danke für Deine Zustimmung zu meinem Beitrag und danke für die Grüße in meine Heimat, die ich von Herzen erwidern möchte. In nunmehr 20 Jahren war ich oft für ein paar Tage in Wien ( ist von mir nur 460 Km entfernt ) und habe diese Stadt von Anfang an liebgewonnen mit ihren kulturellen Sehenswürdigkeiten. Es war für mich immer schön und interessant auf den Spuren von Beethoven zu wandeln, seine vielen Wohnstätten, das Haus in dem er sein " Heiligenstädter Testament schrieb, der Zentralfriedhof Tor 2 mit den Künstlergräbern und nicht zuletzt, als kleiner Tip an Dich, ein reizendes idyllisch gelegenes Cafe / Restaurant mit kleinem Schlößchen im Hintergrund über Heiligenstadt in Grinzing " Cobenzl ". Na, und überhaupt das Wiener Flair wie Cafe Landtmann und die abendlichen kulturellen Aufführungen unterhalb des Rathauses im Sommer. Das letzte mal waren wir vor zwei Jahren da und vielleicht wird es auch in diesem Jahr. Da könnten wir dann vielleicht einen " Braunen oder einen Einspänner mit Schlagobers " gemeinsam zu uns nehmen.
    Ganz herzliche Grüße ins schöne Wien
    CHRISSY

    Jegliches hat seine Zeit...

  • Ich könnte es mir jetzt leicht machen und sagen: " Siehst Du, so einfach kann Theater / Oper sein ". Wir, damit meine ich die überwiegende Zahl der Zuschauer, gehen nicht als Musikwissenschaftler oder- kritiker in die Oper, sondern ganz einfach um die Musik, einschließlich der vorgegebenen Handlung, zu genießen, auf uns wirken und uns von der Schönheit in ihrer Gesamtheit verzaubern und vereinnahmen zu lassen. Und wenn es, wie hier in der Boheme, so gut gemacht ist, daß man im Finale gefühlsmäßig mitempfindet, daß Musik, Bühnenbild / Ausstattung, Regie und somit Darstellung eine Einheit bilden, dann kann man glücklich und zufrieden sein.


    Auch ich möchte mich dem Zitat von Chrissy anschließen, wenn auch mit einem "aber": Auch ich bin als Opern- und Theaterbesucher glücklich, wenn mich das Stück (natürlich auch emotional) anspricht. Da hat dann schon mal etwas an diesem Abend funktioniert - aber ich bin auch durchaus dankbar dafür, wenn ich etwas Neues mit auf den Weg bekomme, was vielleicht einen anderen Blickwinkel auf ein Werk wirft oder mich zum Nachdenken anregt. (Dazu sind natürlich nicht irgendwelche platten Provokationen oder unsinnige und unverständliche Inszenierungen zu rechnen. Aber auch hier sind - Gott sei Dank - die Geschmäcker verschieden, sonst gäbe es ja auch nicht so viel in unserem Forum zu diskutieren.) So gesehen gehe ich gerne als Kritiker ins Theater - wenn auch nicht von Profession. Und außerdem kann Kritik ja auch durchaus positiv sein (siehe z.B. meine Besprechung der TOSCA am Anfang dieses Threads.)


    Gruß
    vom CARTMAN :hello:

  • Leider bin ich zu doof, um das hier richtig darstellen zu können. ?( )


    Bist Du nicht. Das sind Anfangsfehler, die passieren und in der Regel verziehen werden. Auch mir passieren nach einem 3/4 Jahr immer noch Fehler, wo ich auf Verständnis hoffe und mitunter dankbar auf die Hilfe und Unterstützung unserer Moderatoren zurückgreifen konnte.
    Herzliche Grüße
    CHRISSY

    Jegliches hat seine Zeit...

  • Zitat

    Leider bin ich zu doof, um das hier richtig darstellen zu können.

    Hallo Cartmann,


    erst einmal schöne Grüße von mir. Auch ich bin neu, kurz nach dir eingetreten. Und ich muss sagen, das mir das bisher auch nicht immer gelungen ist. Schwierig ist es immer noch für mich, wenn innerhalb des Zitats ein Absatz gemacht wurde (Enter eingegeben wurde). Dann bekomme ich diese nicht in einen Zitatbalken. Weitere Schwierigkeiten hatte ich noch mit beim Formatieren (Ich habe einige Beiträge für den Opernführer geschrieben. Da ist mir der ursprüngliche Text beim Absenden häufig zerrissen worden und auch in unterschiedlichen Schriftgrößen und anderen Farben, als ich es vorgesehen hatte, erschienen. Da habe ich manchmal länger nacharbeiten müssen. Warum das so war, konnte mir niemand erklären. Und auch das Programm hat einige Tücken: Gibst du z.B. eine 8 und ohne Leertaste eine abschließende Klammer ein (etwa bei Jahresangabe in Klammer) so setzt das Programm das in einen Smiley um, wie nachfolgend 8). Und das passiert mit anderen Kombinationen auch. Ich habe auch erst geglaubt, ich sei zu doof, bis ich die Wahrheit erfuhr.


    Hallo crissy
    ich bin sehr erstaunt, hier Amfortas einmal anders zu erleben. Danke Amfortas, dass du auch sachlich sein kannst.


    Liebe Grüße
    Gerhard

    Regietheater ist die Menge der Inszenierungen von Leuten, die nicht Regie führen können. (Zitat Prof. Christian Lehmann)

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  • In einem Beitrag habe ich geschrieben, das man von Titiano Severini dem Dirigenten der Boheme nichts mehr gehört oder gesehen hat. Gestern habe ich durch Zufall mir die DVD von Donizetti`s Lucrezia Borgia aus Bergamo angeschaut und er hat dirigiert.