Ildebrando Pizzetti ( 1880 - 1968 )
Assassinio nella Cattedrale
(Mord in der Kathedrale)
Oper in zwei Akten mit einem Zwischenspiel
Libretto: Alberto Caselli und Ildebrando Pizzetti
Originalsprache: Italienisch
Uraufführung 1958 in Mailand
DIE PERSONEN DER HANDLUNG
Thomas Becket, Bischof von Canterbury, Bass
Drei Priester, Tenor, Bariton, Tenor
Ein Herold, Tenor
Vier Versucher, Tenor und Bässe
Zwei Chorsolistinnen, Sopran, Mezzosopran
Vier Ritter, Tenor, Bariton, Bass
Priester, Frauen- und Kinderchor
Zeit und Ort der Handlung: Canterbury, Dezember 1170
Vorgeschichte:
Thomas Becket war Kanzler Heinrichs II. von England. Nachdem der König Becket zum Erzbischof ernannt hat, tritt dieser jedoch, entgegen den Erwartungen Heinrichs, entschlossen für die Rechte der Kirche ein. Es kommt zum Streit mit dem König und Becket muss seine Gemeinde in Canterbury verlassen. Er reist nach Frankreich und Italien, um den französischen König und den Papst einzuschalten.
Beide Akte und das Zwischenspiel finden in der Kathedrale von Canterbury statt.
Inhaltsangabe
ERSTER AKT
Die Gemeinde von Canterbury beklagt das Unrecht auf Erden und erwartet nach siebenjähriger Abwesenheit die Rückkehr ihres Erzbischofs. Ein Herold verkündet die Rückkehr Beckets und erklärt, dass dieser – in Einigkeit mit dem Papst und den französischen König – seine Einstellung gegenüber Heinrich nicht geändert habe. Die Frauen, die Schlimmes ahnen, wünschen, er möge wieder nach Frankreich zurückkehren. Aber die Priester mahnen sie, ihn würdig zu empfangen.
Da trifft Becket ein und segnet die Gläubigen. Als er sich zurückgezogen hat, erscheinen vier Versucher.
Der erste erinnert ihn an die ausgelassenen Feste am Königshof und versucht, ihn zu überreden, zu dem alten Leben zurückzukehren, was er als Mann Gottes entschieden ablehnt.
Der zweite führt ihm den Glanz seines früheren Amtes vor und fordert ihn auf, als Kanzler wieder das Reich zu führen und den Suprematsanspruch 1) der Kirche aufzugeben. Aber Becket verlangt es nicht nach weltlicher Macht.
Der dritte Versucher will ihn dazu anstiften, sich mit den Normannen zu verbünden, die die Herrschaft über England beanspruchen. Doch Becket möchte nicht militärisch gegen seinen König vorgehen und lehnt dies als Verrat ab.
Der vierte flüstert ihm ein, den Weg des Martyriums zu gehen, damit er als Heiliger die Glorie im Himmel und in der Nachwelt erringe. Becket bittet seinen Schutzengel, ihm beizustehen
ZWISCHENSPIEL
In seiner Weihnachtspredigt spricht der Erzbischof über Leben, Tod und Martyrium. Er ahnt voraus, dass dies wohl seine letzten Worte an seine Gemeinde sein werden und bittet sie, diese im Herzen zu behalten, um sich in späterer Zeit daran zu erinnern.
ZWEITER AKT
Die erste Chorsolistin bejammert erneut die Schlechtigkeit der Welt und dass es selbst zu Weihnachten keinen Frieden gäbe. Vier Ritter erscheinen als Boten des Königs und verlangen, den Erzbischof zu sprechen. Dieser tritt ein und heißt sie willkommen. Sie aber halten ihm seine Vergangenheit vor und bezichtigen ihn des Verrats am König. Sie fordern, den Bann gegen den König und die von ihm eingesetzten Bischöfe aufzuheben. Außerdem solle er das Land verlassen. Er lehnt dieses Ansinnen ab, weil nur der Papst den Bann lösen könne und er als Hirte seine Herde nicht wieder verlassen werde. Die Ritter entfernen sich und drohen, mit dem Schwert wiederzukommen.
Die Frauen stimmen wiederum ihre Klagen an und bitten den Erzbischof, für sie zu beten. Er erteilt ihnen noch einmal seinen Segen.
Die Priester flehen Becket an, nicht länger zu verweilen, doch er erklärt, sich in sein Schicksal zu fügen.
Während in der Kathedrale das „Dies irae“ 2) und die Klagen der Frauen ertönen, nähern sich die Mörder. Die Priester wollen die Türen verschließen, doch der Erzbischof befiehlt, sie Offen zu lassen. Das Haus Gottes müsse für alle offen sein.
Die Ritter dringen ein und verlangen nach dem Erzbischof. Dieser erscheint im vollen Ornat. Sie bedrängen ihn noch einmal, den Bann aufzuheben und dem König Gehorsam zu bezeigen. Becket bezichtigt sie des Verrats an seiner Person, dem Erzbischof, und an Gott, weil sie sich nicht scheuten, sein Haus zu entweihen. Darauf dringen sie auf ihn ein und ermorden ihn mit ihren Schwertern.. An den Stufen des Altars bricht der Erzbischof zusammen, während die Klagelieder der Gemeinde ertönen.
Den Abschluss bildet ein Lobgesang zur Ehre Gottes und des neuen Märtyrers, der mit den Worten endet: „Heiliger Thomas, bitte für uns“.
1) Supremat = Oberhoheit, Führungsanspruch
2) Hymnus über das jüngste Gericht
Anmerkung: Pizzetti gilt als Mitbegründer der modernen italienischen Musik. Bekannt wurde er durch seine Schauspielmusik zu Gabriele d'Annunzios "La Nave": Neben dieser Oper hat er noch 12 weitere Opern geschrieben.