Richard STRAUSS: DER ROSENKAVALIER (München, Bayerische Staatsoper, 1979)
Libretto: Hugo von Hofmannsthal
Feldmarschallin - Gwyneth Jones
Baron Ochs - Manfred Jungwirth
Octavian - Brigitte Fassbaender
Faninal - Benno Kusche
Sophie - Lucia Popp
Leitmetzerin - Anneliese Waas
Valzacchi - David Thaw
Annina - Gudrun Wewezow
Sänger - Francisco Araiza
Inszenierung: Otto Schenk
Ausstattung & Kostüme: Jürgen Rose
Chor der Bayerischen Staatsoper
Chorleitung: Josef Beischer
Bayerisches Staatsorchester
Musikalische Leitung: Carlos Kleiber
Spieldauer: 186 Min.
Generelle Beurteilung: SEHR GUT
Wo soll man da anfangen zu schwärmen, wo aufhören? Hier liegt ein Aufführungsmitschnitt vor, der wahrlich kaum einen Wunsch offen lässt. Die zwei kleinen Abstriche, die es zu machen gibt, seien deshalb gleich hier erwähnt: Araizas Sänger leistet sich kurz vor dem Ende seines Auftritts einen auffälligen Kiekser* und die Tonqualität von 1979 ist natürlich noch nicht so perfekt, wie man sie gerne hätte. Sonst gibt es hier einfach nichts zu meckern – und das ist doch auch mal erfreulich.
Kleibers Dirigat zu loben hieße Eulen nach Athen tragen und die Besetzung ist durch die Bank weg erstklassig. Selbst Kusche, dessen Stimme ich nicht so gerne höre, überzeugt. Bei der Besetzung der Feldmarschallin mit Gwyneth Jones mag mancher erst einmal geschluckt haben, aber das Ergebnis ist beeindruckend. Auch ohne „wienerischen“ Einschlag verkörpert sie darstellerisch und stimmlich absolut treffend die lebensfroh-melancholische Seite der Rolle. Brigitte Fassbaender und Lucia Popp sind in ihren Rollen sowieso über jeden Zweifel erhaben. Auch Fassbaenders Art, darstellerisch eher zu viel als zu wenig zu machen, passt ungemein gut zu dem jugendlichen Ungestüm Octavians. Überhaupt hatte Schenk hier ein Team zur Verfügung, das über hohe schauspielerische Qualitäten verfügt. Selbst wenn man z.B. bei Jungwirth mitunter das Gefühl hat, dass hier stimmlich mehr herauszuholen wäre, so ist er doch darstellerisch jederzeit hundertprozentig in seiner Rolle.
Die Aufführung ist ein Meisterstück einer traditionell-konservativen Inszenierung. Der große Personalaufwand wird geschickt genutzt, ohne dass man das Gefühl hat, irgendwer würde gerade sinnlos in der Gegend herumstehen oder zum Statisten degradiert. Als Beispiel seien hier aus dem zweiten Akt nur die uniformierten Begleiter Octavians während der Übergabe der silbernen Rose oder das Gefolge des Ochs bei der Szene „Da lieg´ ich…“ angeführt.
Dem Bühnenbild des zweiten Aktes gebührt übrigens noch ein Sonderlob. Der Saal im Palais Faninals zeigt im Hintergrund eine breite hohe Flügeltür, durch die man noch auf eine Galerie blickt, unter der sich der Hausausgang befindet. An den Wänden sind hohe Schränke, in denen wertvolles Porzellan zur Schau gestellt wird. Da glaubt man gerne, dass Ochs sich diesen Wohlstand (nebst einer Braut) einverleiben möchte.
Der dritte Akt schließlich bietet mit dem Damentrio Fassbaender, Popp, Jones eine absolute zum Weinen schöne Sternstunde des Musiktheaters. Zum großen Glück für alle Freunde des „Rosenkavaliers“ ist diese aufgezeichnet worden.
Fazit: Unbedingt und ohne Einschränkung zu empfehlen!
*So etwas passiert eben bei Live-Mitschnitten; das ist kein Beinbruch. Und ich habe bei manchen Aufführungen schon ganz andere Patzer miterlebt…