Ludwig van Beethoven: Klavierkonzert Nr. 3 c-Moll, op. 37

  • Sagitt meint:


    Das fünfte haben wir, das vierte haben wir und das dritte kommt nun. Unmittelbarer Anlass ist, dass ich gerade,mal wiedergefunden, Glenn Gould mit diesem Konzert höre, 1957 mit den Berlinern unter HvK. Keine Mätzchen,aber ordernlich Pranke- Gould konnte das-man höre seine Version der Fünften in der Transkription von Listz-gibt es Dramatischeres ?


    Das dritte Konzert Beethovens- die Wiener Freunde werden wahrscheinlich die Details nachreichen- ist das erste " echte" Beethoven-Konzert. Grimmig . c-moll. Heroisch auch, aber nicht in der Art des " Kaiser-Konzerts", eher der stolze junge Wilde. Ich mag leidenschaftliche Musik, also auch dieses Konzerts meines " Hausgotts" Beethoven,wobei ich einräume, für mich ist der erste Satz das dritte Konzert, eindeutig mein Favorit unter den drei Sätzen.


    Gould also spielt das Konzert mit viel Feuer, aber auch lyrisch ( das ist fast die größere Überraschung). In der Kadenz des ersten Satzes zeigt er pianistisches Feuerwerk- er hatte es halt drau. Karajan gestaltet das Konzert ausreichend pathetisch.


    Eine zweite Aufnahme will ich noch nennen und dann gespannt sein auf andere Favoriten. Die andere Aufnahme ist Zimmerman mit Bernstein und den Wienern,als Video und Audio erhältlich. Eine großartige Kombination und dem " Geist" des Werkes sehr angemessen.


    Wer hat andere Favoriten ?

  • Hallo Sagitt


    Gould/Karajan, das hört sich interessant an. bei welchem label ist denn die Aufnahme erschienen? Sony? live?


    Ansonsten besitze ich den "Fünfer-Zyklus" bei Sony mit Gould / Bernstein / Stokowsky / Golschman und habe da meine große Freude dran. (das dritte KK aus diesem Zyklus ist mir jetzt nicht so präsent, werde ich demnächst mal abhören, aber Konzert 1 und 5 ist großartig)


    Gruß, Markus

  • Hallo Thomas Bernhard ( ist das die richtige Anrede oder Markus?)


    Deine Anfrage lässt einen Verdacht aufkeimen. Das label ist Virtuoso aus Mailand. Der Verdacht: es ist gar nicht Gould.Weil keine Mätzchen, kein knarrender Stuhl, kein Mitgesinge. Aber ein Blick in die Biographie von Otto Friederich zeigt: 24/25. Mai 1957 mit HvK in Berlin das dritte Konzert. Die Konzerte und die Aufnahmen hat es -ausweislich dieser Biographie- gegeben.
    Die Qualität ist " mau", aber gut hörbar, was der Pianist so treibt.


    Sommerlich warm, schon in der Früh, Grüße aus Bremen


    Sagitt

  • Hallo!
    Beethoven komponierte sein einziges Moll-Konzert im Jahre 1800 - passend zum neuen Jahrhundert eine neue Form des Klavierkonzerts. Uraufgeführt wurde es aber erst am 5.4.1803, und selbst da lag der Klavierpart bestenfalls skizziert vor, und Beethoven mußte improvisieren.
    Im ersten Satz spürt man sofort den neuen symphonischen, pathetischen Tonfall, hier steht erstmals Beethoven, der Komponist im Vordergrund und nicht Beethoven, der Pianist. Nach der bis dato wohl längsten Orchesterexposition der Konzertgeschichte erfolgt der energische erste Einstz des Klaviers. "Moral ist die Kraft der Menschen, die sich vor anderen auszeichnen, und sie ist auch die meinige" schrieb Beethoven in der Entstehungszeit des Werkes. Diese Kraft ist auch hier zu hören, es ist das markante (klischeehafte ?) Beethoven-c-moll-allegro-con-brio.
    Der zweite Satz in E-dur (ungewöhnlich) ist ein lyrisches, ruhiges Largo in Liedform, ein Kontrast zu den Ecksätzen wie schon der 2. Satz der Sonate op.13.
    Das Hauptthema des abschließenden Rondo mit Sonatensatzelementen klingt für mich stets zynisch, aufbegehrend, vielleicht gar aggressiv. Wie auch immer, das Werk endet in "versöhnlichem" Dur.
    Meine Lieblingsaufnahme ist bis jetzt:

    Viele Grüße,
    Pius.

  • Lieber Sagitt ,
    Glenn Gould mit Herbert von karajan hat es nie gegeben .
    Hätte ich die Aufnahme , wäre ich noch heute Dank SONY reich !
    Seis drum .
    M e i ne bevorzugten Aufnahmen sind :
    Giulini , Benedetti Michelangeli ( DG ) ;
    Argerich , Abbado ( DG )
    Clara Haskil ( in einer frühen Aufnahme ) u n d
    Claudio Arrau ( ebenfalls in einer frühen Aufnahme ) .
    Beste Grüsse
    Frank

    Frank Georg Bechyna
    Musik & Medizin

  • Hallo,


    doch,doch.
    Erstens habe ich die Aufnahme und wurde selbst schon skeptisch, aber las dann in der großen Biographie von Otto Friedrich, ja, 24 und 25 Mai 1957 in Berlin. HvK und Gould. Es ist so. Allerdings nicht bei Sony. Ich wies darauf hin.


    Freundliche Grüße
    Sagitt

  • Lieber Sagitt ,
    toll !
    W o ist die Aufnahme denn erschienen ?
    Antwort nicht , wenn es sich um eine eigen technische Leistung handelt !
    Beste Grüsse und Dank !
    F r a n k

    Frank Georg Bechyna
    Musik & Medizin

  • Lieber Frank,


    ich habe die Aufnahme zwar schon an anderer Stelle gepostet, aber hier gehört sie eigentlich her, einer von der jungen Garde:



    Herzliche Grüße, :hello:


    Christian

    Beherrsche die Sache, die Worte werden folgen! (Cato der Ältere)

  • Lieber Christian ,
    eine sehr gute Wahl , weil das Orchester exzellente Aufnahmen gemacht hat . gerade im Konzertbereich (besobders Mozart ) . Und d er Dirigent einfach hochkompetent ist .
    Warum allerdings die 3 v o r der 2 kommt , ist mir auch unter Berücksichtigung der "very british situation" ( Anton Blair , Prenierminister - er heisst ja auch nicht Sekundärminister , obwohl seine Leistungen kürzlich tertiär waren ) , nicht schlüssig .
    Steht so auch nicht im Oxford Dictionnary ( der ist das Mass ) .
    Beste Grüsse
    Frank
    PS.: Deine früheren Hinweise habe ich noch in Erinnerung . F.

    Frank Georg Bechyna
    Musik & Medizin

  • Hallo Frank,


    siehe meinen Beitrag vom heutigen Morgen.


    Gerade die Konzertaufnahmen von Gould haben einen besonderen Reiz. Erstens kann man feststellen, er spielt live keinesfalls grundsätzlich anders als bei seinen Studioproduktionen. Also keinesfalls ein Produkt von Manipulationen im Studio und zweitens zeigt sich eine besondere Art der Erregung bei ihm. Ich vermute einmal, das Spielen vor Leuten regte ihn kolossal auf ( wäre bei einem fast autistischen Menschen ja auch kein Wunder). Aus dieser Spannung entstehen aber teilweise großartige Leistungen.
    So sind meine bevorzugten Goldbergvariationen diejenigen von Salzburg, 1959 live. Unglaublich, mit welchem Feuer Gould da spielt...


    Schöne Grüße



    Sagitt

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  • Hallo Herr (Bogen-)Schütz/sagitt


    Zitat

    Original von sagitt
    Hallo Thomas Bernhard ( ist das die richtige Anrede oder Markus?)


    Kurz und knapp: "Eure Heiligkeit" wäre vollkommen ausreichend.


    sommerliche Grüsse, Markus aka TB - was ihr wollt.

  • hallo,


    hier mal meine hörerfahrungen. kennengelernt habe ich das konzert als schüler mit der DG-aufnahme pollini/wiener philh./böhm. eine hervorragende einspielung bis zum heutigen tag. auf cd habe ich das werk mit serkin/new york philh./bernstein (routiniert, schlechte akustik), richter/wiener symph./sanderling und oppitz/gewandhaus/janowsky. die richter-einspielung läßt das brio im kopfsatz etwas vermissen, dafür entfaltet er im finale seine berühmte motorik mit furor. am liebsten höre ich den oppitz. die aufnahme ist in allen sätzen stark. sehr guter orchesterpart außerdem und vorzügliche akustik.



    gruß, siamak

    Siamak

  • hallo,


    ich habe jetzt die richter-aufnahme nochmals gehört. sie ist wirklich ein tolles dokument. s. richter befand sich auf der höhe seines pianistischen könnens. beeindruckend das phrasieren in größen bögen, das klavierspiel ist sehr organisch und dabei auch sehr spontan. es wird gesungen, meditiert und dann wieder entfesselt. zudem sind die wiener symphoniker unter kurt sanderling vehement und absolut präzise. also für mich eine absolute alternative. dazu habe ich das stimmungsmäßig ähnliche d-moll konzert von mozart. und das beethovensche konzert-rondo ist pianistisch unerreicht vital und behende.



    gruß, siamak :angel:

    Siamak

  • Mein Favorit ist Rubinstein/Toscanini 1944, in durchaus gut hörbarem Klang in der neuesten Auflage in der "Rubinstein Collection". Nirgends sonst höre ich den spontanen, jugendlich frischen Charakter der Musik (Beethoven war um die 30, als er das Konzert schrieb; die ersten drei Klavierkonzerte wurden deutlich später veröffentlicht als komponiert) so wie hier. Bei Stereo- Aufnahmen schätze ich immer noch Ashkenazy/Solti (Decca), weil es meine erste CD war, ebenso Kovacevich/Davis ((Philips) IMO eine hervorragende "mainstream"-Aufnahme aller Konzerte, leider kaum bekannt) und Richter/Sanderling (DG). Obwohl mir letztere teils zu breit und introvertiert angelegt ist, so beeindruckt sie doch als alternative Lesart.


    viele Grüße


    JR

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Hallo Beethoven - Freunde,


    seit einigen Jahren bin ich Szell-Fan geworden, da mir seine Art der Interpretationen liegt und so kaufe ich in den letzten Monaten gerne CD´s mit Szell auch von Werken, die ich schon lange zufriedenstellend habe.


    Meine neuste Szell-CD ist die Aufnahme der Beethoven-Klavierkonzerte Nr.1 und 3 mit Leon Fleischer /Cleveland Orchestra / Szell auf SONY-CD. Die Aufnahe von 1961 rauscht weniger als ich vermutet hatte. Das Klavier klingt äußerrst natürlich und die Orchesterbegleitung von Szell ist Beethoven-Pur und die Interpretation von Fleischer traumhaft gut.


    Nachdem ich hier im Forum schon geschrieben hatte das mein Favorit die Brendel/Haiting-Aufnahme auf Philips (1972) ist (nicht die Aufnahme mit Brendel/Levine), muß ich nun diese mit Fleischer/Szell als Favorit hinzufügen.

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Hallo,


    nachdem ich mich jetzt etwas eingehender mit dem Konzert beschäftigt habe, muss ich für mich sagen, dass ich das Werk als hervorragende kompositorische Arbeit betrachte. Aber mehr löst es bei mir auch nicht aus.


    Ich finde es beeindruckend, wie Beethoven im Kopfsatz das erste Thema zerlegt und im Verlauf des Satzes der gesangliche Anfang und das Pochmotiv um die Vorherrschaft kämpfen.
    Das zweite Thema im eigentlichen Sinn hat mit der Verarbeitung nicht viel zu tun.
    Erstaunlich auch, dass nicht die Durchführung die Entscheidung bringt, sondern erst der Solist in der Kadenz das Anfangsthema "sterben" lässt, sodass sich dann in der Coda das Pochmotiv emanzipieren kann.
    Ich beziehe mich hier auf die eigene Kadenz von Beethoven. Wie es andere lösen, weiß ich nicht. Darüber könnte folgende Aufnahme mit Michael Rische Aufschluss geben, der 6 verschiedene Kadenzen spielt.



    Eine interessante Anekdote ist mir zum Thema Kadenz untergekommen:
    Der einzige Beethoven-Schüler Ferdinand Ries hat das c-Moll-Konzert kurz nach der Uraufführung auch drei Mal aufgeführt und Beethoven wies ihn an, selbst eine Kadenz zu schreiben, nachdem er Ries verweigerte, seine eigene Kadenz zu benutzen. Er würde dann korrigieren.
    Ries tat sich etwas schwer und hatte eine sehr schwere Stelle drin, die ihm beim Vorspielen dann auch misslang. Beethoven schlug ihm dann vor, eine etwas leichtere Passage zu spielen.
    Diese hatte Ries dann auch eingebaut, aber so richtig glücklich war er damit dann auch nicht. Also studierte er die schwere Stelle weiter ein, obwohl er sie nicht richtig in die Finger bekam.


    Jetzt zitiere ich Ries wörtlich: "Bei der Cadenz im öffentlichen Concerte setzte sich Beethoven ruhig hin. Ich konnte es nicht über mich gewinnen, die leichtere zu wählen; als ich nun die schwere keck anfing, machte Beethoven einen gewaltigen Ruck mit dem Stuhle; sie gelang indessen ganz und Beethoven war so erfreut, daß er laut: bravo! schrie. Dies electrisierte das ganze Publikum und gab mir gleich eine Stellung unter den Künstlern. Nachher, als er mir seine Zufriedenheit darüber äußerte, sagte er zugleich: 'Eigensinnig sind Sie aber doch! - Hätten Sie die Passage verfehlt, so würde ich Ihnen nie eine Lection mehr gegeben haben'..."


    Einen kleinen Hörvergleich habe ich gestartet. Es stehen mir mit Gulda, Pletnev, Brendel, Aimard und Fleisher fünf Aufnahmen zur Verfügung.
    Über die Eindrücke schreibe ich dann demnächst etwas.



    Gruß, Peter.

  • Meine Aufnahmen des op.37:


    Gould-BPhO,Karajan/live 1957 auf Nouva Era (1987) :jubel: :jubel: :jubel:
    Annie Fischer-Bayer. Staatsorchester,Fricsay/Studio 1957 :jubel: :jubel: :jubel: :jubel: :jubel:
    Lubka Kolessa-Staatskapelle Dresden,Böhm/1939 :jubel: :jubel: :jubel:
    Ludwig Hoffmann-Philharmonica Hungarica,Caridis (ca. 1971) :jubel:
    Clara Haskil-Lamoureux,Markevich (1959) :jubel: :jubel:
    Monique de la Bruchollerie-Budapest Philharmonic,Ferencsik (live 1966, eines der letzten Konzerte der heute vergessenen Pianistin vor dem Autounfall, der ihre Karriere beendete) :jubel: :jubel: :jubel: :jubel: :jubel: :jubel: :jubel:
    Die :jubel:geben meine Meinung zu den Interpretationen wieder.
    Jede Interpretation hat ihre eigene Klasse, besonders letztgenannte möchte ich nicht missen.


    :hello:Heldenbariton

    Wie aus der Ferne längst vergang´ner Zeiten
    GB

  • Da mich das Werk an sich nicht so sehr packt, gibt es auch keine Aufnahme, die mich wirklich vom Hocker reißt.
    Aber einige Präferenzen konnte ich doch feststellen.


    Zuerst hörte ich die relativ neue Aufnahme mit Pletnev / Gansch.



    Da habe ich mich schon gefragt, ob das wirklich alles so (vom Komponisten) gewollt ist. Nach einem Mal Hören ist mir eine sehr eigenwillige Interpretation im Kopf geblieben. Sicher sehr interessant, aber nicht ganz mein Geschmack.


    Die nächste Aufnahme stimmte mich wieder sehr versöhnlich:



    Leon Fleisher spielt hier begleitet vom Cleveland Orchestra unter George Szell. Im Gegensatz zum Pletnev eine sehr klassische Lesart, aber IMO Beethoven deutlich näher. Das hat mir jedenfalls viel besser gefallen.


    In der Eloquence-Ausgabe der Beethoven-Sonaten mit Friedrich Gulda sind ja auch die fünf Klavierkonzerte drauf. Die Wiener Philharmoniker spielen dort unter Leitung von Horst Stein.
    Ich weiß gar nicht, auf welchem Flügel Gulda dort spielte, er hatte jedenfalls einen sehr schönen Klang. Das Orchester klang an einigen Stellen etwas schrill, insgesamt aber doch eine sehr schöne Aufnahme.


    Die andere Gesamtausgabe der Klavierkonzerte, die ich besitze, ist Aimard / Harnoncourt.
    Der erste Satz kommt ziemlich träge daher, es wird beinahe richtig langweilig. Eigentlich kommt nur in der Solokadenz richtig Fahrt auf.
    Aber so lahm wie der erste Satz, so flott und lebendig ist dann das Rondo. Das macht dann wiederum beim Hören richtig Spaß und Aimard bedankt sich auch dafür, dass er jetzt mal zeigen kann, was er pianistisch drauf hat.


    Momentan höre ich dann noch Brendel / Rattle.
    Aber ich glaube, die liefern auch keine neuen Erkenntnisse mehr.


    Vorläufige persönliche Rangfolge:


    1. Fleisher / Szell
    2a. Gulda / Stein
    2b. Aimard / Harnoncourt
    4. Pletnev / Gansch


    :hello:



    Gruß, Peter.


  • (Urania)


    Die hier im Thread schon mehrfach hervorgehobene Aufnahme des 3. Klavierkonzerts mit G. Gould und den Berliner Philharmonikern unter dem Dirigat Karajans war lange Zeit vergriffen und ist nun zum Jubiläum Karajans neu aufgelegt worden. Es handelt sich um eine mono Live-Aufnahme vom 26. Mai 1957 im Konzertsaal der Musikhochschule in Berlin. Karajan und G. Gould traten in den Jahren 1957 und 1958 drei Mal gemeinsam auf, dieser Mitschnitt hält das erste Aufeinandertreffen fest. Die Klangqualität der Aufnahme ist trotz des mono insgesamt gut, erstaunlich voll, brillant und von großer dynamischer Breite. Hier und da hört man mal ein störendes Husten im Publikum.


    Klavier und Orchester begegnen sich als gleichberechtigte Partner. Insgesamt ist das Spiel von Orchester und Klavier von großer Vitalität geprägt. Das Klangbild des Orchesters ist sehr transparent. Gould wiederum spielt über das gesamte Konzert hinweg bewundernswert klar und sehr akzentuiert, geradezu figürlich. Das Largo gestaltet Gould unübertrefflich. Ich habe es noch nicht so ausdrucksvoll gestaltet gehört. :jubel: In der Kadenz wartet Gould mit einem Gag auf, indem er im Presto-Teil in der linken Hand das Hauptthema anklingen lässt.


    Da es eine Live-Aufnahme ist, ging natürlich auch hier und da etwas schief: Zu Beginn der Durchführung kommen die Orchesterakkorde jeweils 1/10 Sekunde zu spät. Außerdem greift Gould in T. 323 des Kopfsatzes beim Sprung von g' auf f''' einmal voll daneben (kurz darauf hört man zweimal ein leises Quietschen, was wohl darauf zurückzuführen ist, dass Gould darauf seine Sitzposition neu justiert). Auch beim Tutti-Schlussakkord des Largo kommt die Flöte einen Moment zu früh. Im Rondo konnte ich derlei Abstimmungsprobleme nicht mehr ausmachen.


    Insgesamt eine wunderbare Einspielung dieses Klavierkonzerts und angesichts der Besetzung eine echte Rarität. Laut E. Büning (FAZ) sollen seinerzeit sowohl J. Kaiser als auch H. H. Stuckenschmidt im Saal zugegen und anschließend ob des Gehörten überschwänglich gewesen sein.



    Im Erscheinen begriffen ist die Aufnahme auch bei SONY



    (SONY)


    Laut jpc waren für diese CD erstmals die Original-Tonbänder des SFB/RBB verfügbar, die für optimale Klangqualität aufwändig remastert wurden. Das Klangbild könnte also nochmals besser sein.


    Loge


  • Ludwig van Beethoven [1770-1827]
    Klavierkonzert Nr. 3 c-moll op. 37
    Klavierkonzert Nr. 6 D-Dur op. 61a


    Arthur Schoonderwoerd, Hammerflügel
    Ensemble Cristofori


    Im direkten Vergleich der Neueinspielung Schoonderwoerds, für die er einen an der Uraufführung gemessenen zeitgemäßen Nachbau eines Walterflügels verwendete, zur beispielsweise von mir überaus geschätzten Einspielung Lubin/Hogwood ist die Interpretation des in Frankreich niedergelassenen Niederländers freundlicher, feierlicher, gar mitreißend-fröhlicher [z.B. im Es-Dur-Abschnitt nach Vorstellung des Hauptthemas des ersten Satzes]. Überhaupt ist die Interpretation m. E. entgegen anderer Stimmen im Forum an passenden Stellen im Werk ungleich dramatischer als andere Einspielungen, die m. E. nicht dramatischer, sondern eher heroischer gespielt sind. Der scharfe Klang des Miniensembles trägt sicher vieles dazu bei. Schoonderwoerds Interpretation des dritten Klavierkonzertes erklingt hier in neuem, frisch freigelegtem Glanz - befreit von den Fettschlieren der romantisch-heroischen Beethovenerfindung des 20. Jahrhunderts, die sich bis heute beachtlich gut gehalten hat.


    Der jeweils höchste Ton des Oktavlaufs des ersten Klaviersolos im ersten Satz wird bei Schoonderwoerd nur sehr kuz angerissen und nicht ausgehalten, was einerseits auf wunderbare Weise zur Spannungsbildung beiträgt [--> was kommt jetzt?], andererseits im ersten Moment sehr unewöhnlich klingt. Dies scheint mir eine neue Errungenschaft Schoonderwoerds zu sein, die bei der Einspielung der Konzerte IV und V noch nicht so ausgeprägt, aber bei der Liveperformance dieser beiden Konzerte am 27.01.2008 in Hall bereits überpräsent war und so einen deutlichen Unterschied [CD/live] dieser Interpretationen markierte.


    Der zweite Satz ist von schauerlicher Schönheit - besonders die Holzbläser mit ihren leichten Crescendi bei den ausgehaltenen Tönen tragen hier mit ihrer vom Himmel getragenen Lyrik dazu bei, daß man hoffen möchte, der Satz möge niemals ein Ende nehmen. Hier spricht das, was ich [sofern existent] Liebe nennen würde - es trifft mitten ins Herz. Und wehrlos ist man dem ehrlichen Flirt - frei von hinterheimtückischen, aufgesetzten Romantiksabbereien - ausgeliefert. Gerne und immer wieder.


    Ohne seziert zu wirken, folgt das mitreißende Schlußrondo, das sich hier durchaus in die Nähe ves Finalsatzes der Eroica op. 55 rücken lässt - weniger aus melodischen denn aus rein musikerlebnishaften Gründen. Es blitzen aus allen möglichen Winkeln neue Sternchen heraus, die, kaum aufgeblitzt, durch neue Perspektiven überblendet werden. Das harmonisch freiliegende Rondothema wirkt hier auch als ebensolches: nicht bodenverhaftet, wie so oft, sondern überraschend fremdartig.


    Das Tongeschlecht c-moll wirkt für mich bei den meisten Interpretationen der Musik des 18. und frühen 19. Jahrhunderts, insbesondere bei Klaviermusik, ziemlich unordentlich und nicht genau definierbar, meist verschwommen, unrein, unsauber, unklar definiert. In dieser Interpretation durch Schoonderwoerd und sein Ensemble Cristofori wirkt das c-moll neu geschliffen und messerscharf, bis ins Detail erkenn- bzw. erhörbar, nicht so abgestumpft wie viele übrige Einspielungen, als sei hier jemand mit einem Sandstrahlgebläse zu Gange gewesen, um dem Dreck der Jahrhunderte mit Erfolg zu Leibe zu rücken.


    Der eher zerbrechliche Klang des Walter-Nachbaus wird eingebettet in die dem Klang angepasste Orchestergröße [falls man hier von 'Größe' überhaupt schreiben kann] des Miniensembles. Summa summarum ist die Interpetation neben aller aufgezeigten Logik geprägt von Klangschönheit, durchaus gemischt mit der notwendigen Schärfe und Würze.


    Die Kadenzen werden vom Pianisten frei improvisiert. Sie sind kurz und bündig, eher unauffällig und treten nicht aus dem Werk hervor.


    Zum Nachhören und -machen empfohlen.


    :hello:


    Ulli

    Die Kunst ist [...] vielleicht das Denken des Herzens.
    (Blaise Pascal, 1623-1662)

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  • Ulli

    Zitat

    Schoonderwoerds Interpretation des dritten Klavierkonzertes erklingt hier in neuem, frisch freigelegtem Glanz - befreit von den Fettschlieren der romantisch-heroischen Beethovenerfindung des 20. Jahrhunderts, die sich bis heute beachtlich gut gehalten hat.Ulli


    Nach vielmaligen Hören kann ich das nur bestätigen und bin nachdenklich, wie hartnäckig die "Fettschlieren " in meinem alten Gehirn sich gehalten haben.


    Ulli

    Zitat

    Hier spricht das, was ich [sofern existent] Liebe nennen würde - es trifft mitten ins Herz. Und wehrlos ist man dem ehrlichen Flirt - frei von hinterheimtückischen, aufgesetzten Romantiksabbereien - ausgeliefert.Ulli


    Wer das nicht hört,sollte dann mal wirklich eine Biographie hinzuziehen. Mehr sprechen kann man nicht.


    Ulli

    Zitat

    Die Kadenzen werden vom Pianisten frei improvisiert. Sie sind kurz und bündig, eher unauffällig und treten nicht aus dem Werk hervor.Ulli


    An anderer Stelle , nach dem ersten Hören, war ich noch befremdet.
    Inzwischen aber - trotz anhaltender Trauer um die "Paukenkadenz" in Op. 61a, ist mir das ,was Schoderwoerd spielt, lieber, als ausufernde Phantasie


    So, jetzt bin ich aber gespannt, ob meine Zitierversuche geklappt haben.
    Lieben Gruß aus Bonn :hello:

    Was Du nicht willst, das man Dir tu, das füg auch keinem andern zu

  • Zitat

    Original von Stabia
    An anderer Stelle , nach dem ersten Hören, war ich noch befremdet.
    Inzwischen aber - trotz anhaltender Trauer um die "Paukenkadenz" in Op. 61a, ist mir das ,was Schoderwoerd spielt, lieber, als ausufernde Phantasie


    Naja, "lieber" ist so eine Momentaufnahme. Lassen wir doch, wie es sein soll, beides gelten. Deine Trauer lässt sich ganz einfach mit Dausgaard/Berezovsky auf SIMAX beseitigen.


    Zitat

    So, jetzt bin ich aber gespannt, ob meine Zitierversuche geklappt haben.
    Lieben Gruß aus Bonn :hello:


    Eine Bonnerin mutiert zur Quote[n]-Frau.


    :jubel:


    Ulli

    Die Kunst ist [...] vielleicht das Denken des Herzens.
    (Blaise Pascal, 1623-1662)

  • Hallo,
    zusammen mit dem 1 .Klavierkonzert gehört das Dritte zu meinen beiden bevorzugten Klavierkonzerten Beethovens.


    Meine persönlich Rangfolge:


    1. C. Haskil/ I. Markewitch
    2. E. Gilels/ K. Masur
    3. A. Benedetti-M./ M. Guilini


    weitere Aufnahmen: S. Richter/ R. Muti, R. Serkin/ L. Bernstein, C. Arrau/ C. Davis, I. Moravec/ V. Neumann, W. Kempff/ P.v.Kempen


    Gruß pt_concours

    Hören, hören und nochmals hören: sich vertraut machen, lieben, schätzen.
    Keine Gefahr der Langeweile, im Gegensatz zu dem, was viele glauben, sondern vielmehr Seelenfrieden.
    Das ist mein bescheidener Rat. (S. Richter, 1978)

  • Werte Leser,


    zunächst vielen Dank an loge, du beschreibst wunderbar die Gould/Karajan-Aufnahme, dem ist absolut nichts hinzu zu fügen.


    Bemerkenswert ist der Vergleich Ancient of Music/Hogwood/Lubin mit der Gould/Karajan Interpretation. Zwischen beiden Aufnamen liegen fast Fünfzig Jahre und trotzdem sind sie in ihrerer Vitalität und Transparenz sowas von ähnlich und ebenbürtig, sensationell. Natürlich klingen die Soloinstrumente unterschiedlich, Welten getrennt, aber die Harmonie zwischen Orchester und Solointerpret ist in beiden Aufnahmen von gleicher, fast schon unheimlicher Qualität. Wenn sich Hogwood an dieser Karajan- Aufnahme orientiert hat, kann ich ihm nur gratulieren.


    Die Schiff/Haitink-Aufnahme aus der GA ist dagegen ein gutes Beispiel für solides Mittelmaß, wie Karajan im zweiten Satz z.B. die Violinen einsetzen und ausklingen läßt, ist einmalig.



    Viele Grüße Thomas

  • wie Karajan im zweiten Satz z.B. die Violinen einsetzen und ausklingen läßt, ist einmalig.


    Hallo Thomas,


    ich freue mich, dass Du hier angemessene Worte für Karajan findest. Aber an anderer Stelle bei den Sinfonien im Thread zur Fünften Karajan "Absitzen des Werkes und Pflichterfüllung" vorwirfst. :?: Warum sollte er gerade bei den KK weniger Einfühlsam sein, als bei den Beethoven-Sinfonien, die mit Karajan nach wie vor die Meistverkauften von allen sind ?
    Aber ich denke, das Du deine Worte inzwischen überdacht hast !?!


    Ich kenne und hatte die KK-GA mit Weissenberg/Karajan (EMI). Da mir der Klavierklang dieser ansonsten bei vielen beliebten GA nicht gefiel, habe ich diese nicht behalten wollen.



    Du bezeichnest die Aufnahme Schiff/Haitink als Mittelmaß ? Du wirst deine Gründe haben. Ich kenne diese nicht, denke aber, das es eher an Schiff liegen muss, da ich gerade vom KK Nr.3 die Aufnahme mit Brendel/Haitink (Philips) sehr schätze ... natürlich mit einem anständigen heute zeitgemäßen Klavier (warscheinlich Steinway) und einem anständlig besetzten Sinfonieorchester, das dort ohne Einschränkungen sehr durchsichtig klingt ...


    Manchmal wünsche ich mir, dass Beethoven wieder auferstünde, auf Erden wandelte, ein Konzert besuchte in dem eines seiner Klavierkonzerte (Nr. 3, 4 oder 5) mit einem Steinway und einem modernen Symphonieorchester gegeben würde und danach seinen Broadwood zum Verschrotten gäbe ...


    :thumbup: Genau !
    Mein früherer Klavierlehrer hat bereits oft betont, dass Beethoven glücklich gewesen wäre seine Werke auf heutigen perfekten Instrumenten und mit einem anständigen Sinfonieorchester zu hören. Die alten Instrumente waren technisch dermassen mies gewesen und konnten die mögliche Klangvielfalt gar nicht herstellen. ?( Von daher kann ich Ulrichs Zitate, dass ein heutiger moderner Steinway-Flügel im Klangcharakter eiongeschränkt wäre gar nicht verstehen.
    8) Ich hätte keine Lust "die alten Dampfwalzen" zu hören, wie manche HIP-Aufnahmen es mit den entsprechenden "Holzwurminstrumenten" versuchen. Nein, dass wäre für mich ein Rückschritt !

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Hallo teleton,


    du willst doch ein eher simples Klavierkonzert nicht ernsthaft mit der komplexen Komposition der Fünften Symphonie vergleichen?


    Hier kann Karajan einfühlsam sein, weil es 1. die Komposition zuläßt 2. kleinere Orchesterbesetzung 3. ein eher kleiner Saal, an den sich Karajan anpasst und dazu noch die Aufnahmetechnik stimmt. Und er einen Solist an seiner Seite hat, den Karajan respektiert und sich auf ihn einläßt. Mit anderen Solisten ist er ja weniger zimperlich umgegangen. Ich beurteile Musik nicht nach Verkaufszahlen.


    Die Aufnahmen Schiff/Haitink sind gefällige, oberflächliche Aufnahmen, die nichts Besonderes bieten.


    Viele Grüße Thomas

  • Mein Favorit ist Rubinstein/Toscanini 1944, in durchaus gut hörbarem Klang in der neuesten Auflage in der "Rubinstein Collection". Nirgends sonst höre ich den spontanen, jugendlich frischen Charakter der Musik (Beethoven war um die 30, als er das Konzert schrieb; die ersten drei Klavierkonzerte wurden deutlich später veröffentlicht als komponiert) so wie hier.

    Rubinstein 1944 mit Toscanini kenne ich leider nicht, aber ich schätze Rubinsteins ein Jahr zuvor entstandenen Live-Mitschnitt aus New York vom 27. Juni 1943 mit dem Dirigenten Eugene Ormandy ebenfalls sehr hoch ein


    Über Gould/Karajan 1957 sind mit Recht viele Worte des Lobes gefunden worden, wobei mir inzwischen - wegen der Euphorie über diesen nun endlich "offiziell" veröffentlichten Live-Mitschnitt (den es freilich schon seit mindestens 20 Jahren bei kleineren Labels zu kaufen gab) - ein wenig in Vergessenheit zu geraten scheint, dass Gould zwei Jahre später mit Bernstein im Studio ein nach meinem Eindruck noch besseres Ergebnis abgeliefert hat


    Mein Lieblingsinterpret beim Klavierkonzert Nr. 3 ist - wie so oft - Swjatoslaw Richter, von welchem "offizielle" Aufnahmen ebenso wie Live-Mitschnitte mit folgenden Dirigenten vorliegen: Abendroth, Ancerl, Bakala, Kondrashin, Muti, Pedrotti, Rowicki und Sanderling. Leider stehen mir längst nicht alle diese Aufnahmen zur Verfügung (wobei es sogar noch weitere, bisher unveröffentlichte Mitschnitte mit den Dirigenten Barshai und Frühbeck de Burgos geben soll): ich habe nur die drei Versionen mit Bakala, Muti und Sanderling und favorisiere derzeit die bei EMI veröffentlichte Richter/Muti-Version mit dem Philharmonia Orchestra, die im September 1977 in den Abbey Road Studios in London entstand. Auf meiner Anschaffungsliste ist aber - bevor es sie irgendwann nicht mehr gibt - unbedingt auch die Aufnahme mit Ancerl:

  • du willst doch ein eher simples Klavierkonzert nicht ernsthaft mit der komplexen Komposition der Fünften Symphonie vergleichen?


    Die ganze Zeit überlege ich und komme zu keinem Ergebnis: Ist das jetzt Satire? Ist das eine ernst gemeinte Bewertung? Denn der Gedanke ist für mich ganz neu und auch irgendwie fremd, dass Beethovens drittes Klavierkonzert so musikalisch wertlos sein soll.


    Vielleicht könntest Du zu dieser Bewertung noch ein paar verständnisfördernde Worte sagen ...


  • Die ganze Zeit überlege ich und komme zu keinem Ergebnis: Ist das jetzt Satire? Ist das eine ernst gemeinte Bewertung? Denn der Gedanke ist für mich ganz neu und auch irgendwie fremd, dass Beethovens drittes Klavierkonzert so musikalisch wertlos sein soll.


    Vielleicht könntest Du zu dieser Bewertung noch ein paar verständnisfördernde Worte sagen ...


    "musikalisch wertlos" hat Thomas allerdings nie behauptet. Auch wenn ich die Beschreibung "simples Klavierkonzert" gewiss nicht unterschreiben würde, so kann man ohne Satire vertreten, dass die 5. Sinfonie ein dichteres Werk als das vermutlich schon vor der 2. Sinfonie komponierte c-moll-Konzert ist. Simpel ist es dadurch freilich noch lange nicht, ist ja schließlich Beethoven, nicht Grieg :thumbsup:


    viele Grüße


    JR

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Hallo Ullrich, hallo Johannes,


    simpel sollte eine übertriebene Provokation sein. :pfeif:


    Vielleicht ist es vefrüht, es schon zu sagen, denn ich wollte auch andere Mitleser zum schreiben bewegen. Vielleicht sollte ich sowas in Zukunft unterlassen!!??


    Viele Grüße und ein gutes neues Jahr


    Thomas Sternberg

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