Liebe Forianer,
ich möchte Euch zu Beginn meiner "Arche Noah" - / Einsame-Insel-Empfehlungen eine Aufnahme vorstellen, die sicher nicht "Allgemeingut" im Begriff einer idealen Wagner-Aufnahme ist:
Ich fange an mit der "WALKÜRE" unter Barenboim. Diese Aufnahme hat es doch tatsächlich geschafft, mich von der Ablehnung dieser Oper bis zu deren Verehrer zu machen.
Die Aufnahme wurde während einer DVD-Aufzeichnung ohne Publikum im Bayreuther Festspielhaus mitgeschnitten, in Folge dessen sind die Bühnengeräusche zu hören. Das macht die Aufnahme sehr lebendig und erzeugt einen unmittelbaren Live-Genuß. Das finde ich um einiges erlebnisreicher als Studio-Aufnahmen, so legendär diese auch sein mögen. Denn ich finde schon, daß Sänger in Kostümen und auf der Bühne agierend anderst singen und eine andere Präsenz haben als bei Studioaufnahmen. Das macht dann sogar selbst eine CD zur DVD, und gerade hier spürt man das Agieren der Protagonisten in der Szenerie sehr.
Wenn man die DVD kennt, hört man auch auf der CD-Aufnahme die weiten Räume, das Hallen der Stimmen durch die große Bühne. Das macht den Klang anderst, aber satt und sehr rund.
Sehr extravagant und wohl äusserst diskussionswürdig ist Linda Finnie als Fricka. Ein sehr geladener Auftritt der schottischen Sängerin, voller Power und Macht. Es verwundert bei diesem Auftritt nicht, daß Wotan sich kampflos seiner Frau geschlagen geben muß. Linda Finnie verschluckt Silben, Wörter und was weiß ich nicht. ABER als Fricka so eine Rollengestaltung an den Tag zu legen, mit einer Stimme, die durch Mark und Bein geht, das kann ich mir nicht genug anhören.
Extrem gut !!
John Tomlinson als Wotan agiert ähnlich kraftvoll wie Linda Finnie. Ein kerniger, aber sehr verletzlicher Wotan. Er leidet, er schmeisst den Speer weg, seine Stimme ist rüde, durchdringend. Ein Göttervater mit Strahlkraft. Sein "nur eines will ich noch...das Ende" ist ein Ausbruch vollendeter Verzweiflung.
Das sind die beiden absoluten Power-Pakete der Aufnahme. Aber auch Anne Evans als Brünnhilde, Poul Elming als Siegmund und Nadine Secunde als Sieglinde sind in ihrem Element und stimmlich sehr passend für ihre Rolle. Poul Elming mit einer dunkleren Tenorstimme ist ein durch und durch männlicher Siegmund, Nadine Secunde hat eine angenehm helle Sopranstimme, so daß das junge frauenhafte ihrer Rolle gut durchkommt. Anne Evans hat ein angenehmes Timbre, ich finde sie ähnlich wie Eva Marton oder Jeannine Altmeyer.
Es passiert nicht oft, daß man auch auf einer CD bei jedem gesungenen Wort die Szenerie vor Augen hat, weil die Sänger so zu ihrer Rolle stehen wie bei dieser Aufnahme. Und das alles unter der Leitung von Barenboim. Er wählt stets die richtigen Tempi. Mal hitzig, mal rührend gefühlvoll. Eine Walküre zum Erleben, zum Teil extrem dargeboten und einmalig anderst.