Nein, das ist nicht schon wieder ein neuer hochgeistiger Thread über spezielle Veronungen von mehr oder weniger anspruchsvollen Gedichten, sondern quasi ein "Abfallprodukt" des Threads
Und wie haltet ihrs mit Zugaben?
Dort wird immer wieder über Sinn bzw. Doppelsinn, tiefere Bedeutung und Mißdeutung von Worten diskutiert, was ja an sich hochinteressant ist, jedoch allzuleicht in einer Sackgasse enden kann aus der der Thread dann nicht mehr herausfindet.
Dafür, daß man Wilhelm Müller zu Beginn des genannten Threads eigentlich beinahe in die Gruppe der "minderwertigen" Dichter eingetelt hat - zumindest meine ich einige so interpretieren zu können - analisiert man nun eine ganze 'Menge an sprachlichen Spitzfindigkeiten und Doppelbedeutungen heraus.
So interessant das (auch für mich) ist, habe ich mir dennoch die Frage gestellt, ab sich der Dichter dieser vielen Bedeutungen überhaupt bewusst war - und natürlich in zweiter Hinsicht - ob das zeitgenössische Publikumes diese Dinge wahrgenommen hat - bzw sie überhaupt wahrnehmen sollte.
Dazu müssen wir uns die Frage stellen, für welche Zielgruppe solche Gedichte überhaupt geschrieben wurden, bzw wie sie mit den Werken überhaupt Bekanntschaft machten.
Natürlich wäre es einfach, zu sagen, er wäre hauptsächlich das Lied, welches Gedicht ins Bewusstsein einer breiten Öffentlichkeit gebracht habe. Das mag auf unsere Zeit zutreffen, ich glaube, kein Mensch würde die Winterreise heute noch kennen, wäre sie nicht von Schubert (und als Einzerlgedichte auch von anderen Komponisten ) vertont worden.
Aber die Vertonung war ja nicht das ursprüngliche Ziel. Die Gedichte sollten ja auch als gesprochenes oder gelesenes Wort Bestand haben und ihre Wirkung entfalten.
Und hier stelle ich mir die Frage, ob im 18. und 19. Jahrhundert die Gedichte vorzugsweise in Form von Gedichtbänden, als Einzelberöffentlichungen in Zeitschriften oder in Form von "Dichterlesungen" unters Volk kamen.
Hat man das geklärt, kann man darüber spekulieren ob man die Text "naiv" oder "doppelbödig" auslegen dar, soll, oder gar muß. Ich bin geneigt, anzunehmen, daß oftmals die "naive" Lesart die richtige ist, wobei noch die Sprache und Gefühlswelt der Entstehungszeit in Betracht gezogen werden muß.
Ich weiß, wovon ich rede, dennn ich persönlich wurde in erster Hinsicht von meiner Großmutter (geb. 1888) erzogen (meine Eltern waren geschieden, meine Mutter berufstätig). Da meine Großmutter relativ alt war als sie meine Mutter zur Welt brachte, habe ich eine Erziehung genossen, die noch die Jahrhundertwende widerspiegelte - mit allen Vor- und Nachteilen. Und ich verfügte über einen Wort- und Phrasenschatz, welcher von jungen Leuten kaum verstanden würde.
Umso schwieriger ist für uns heute nachzuvollziehen welche Wirkung Gedichte der Vergangenheit auf die einstige "Zielgruppe "(ein Wort das es damals mit Sicherheit noch nicht gab) ausübten.......
Ich meine, dieser Tatsache wird oft zu wenig Betrachtung geschenkt....
mfg aus Wien
Alfred