Eine wohlbekannte Aufnahme, ein wahrer Klassiker in der an Referenzen eher armen Welt der Aufnahmen Lisztscher Tondichtungen. Überhaupt haben die Aufnahmen Fricsays häufig einen ganz besonderen Nimbus, sei es die Zauberflöte oder die c-moll-Messe Mozarts, sei es sein Holländer, Tschaikowskys 4., Dvoraks 9. – mit diesem Dirigenten scheint es keine echten Fehlgriffe zu geben.
Das erste Auftreten der berühmten „Fanfare“ klingt unter Fricsay recht unspektakulär, eher sachlich. Entspannt wird das „zweite Thema“ in den Celli genommen, ebenso, wenn die Hörner es übernehmen. Die Steigerung bei 05:20ff gelingt sehr überzeugend.
Einen echten Hänger gibt es dann bei der Stelle um 10:00 – für mich ist das weder Fisch noch Fleisch. Entweder man spielt es noch ätherischer und kostet diesen Ruhepunkt wie die pastorale Holzbläserstelle davor aus, oder man nimmt sie etwas zügiger und verliert nicht den Fluss. Auch in der Folge wird eher sachlich gespielt, es klingt ein wenig buchstabiert. Um 13:00 herum scheint es gar rhythmisch zu klappern: Holz gegen Streicher und Harfe – sind wirklich alle zusammen? Sehr gelungen ist dann die Schlusssteigerung zur Apotheose der Fanfare, worin die Pauken unterbelichtet bleiben. Freude von gepanzertem Blech und fetzigen Pauken kommen nicht auf ihre Kosten.
Insgesamt wird diese Aufnahme weder den grandiosen noch die lyrischen Stellen wirklich gerecht, ohne deswegen schlecht zu sein. Ich beeile mich zu sagen: Natürlich ist das eine sehr gute Aufnahme mit einer wohlüberlegten Dramaturgie – aber das Bessere ist des Guten Feind.
Man höre etwa die auf die Sekunde gleichlange Aufnahme mit Karajan und den Berliner Philharmonikern aus dem Jahre 1984, um zu hören, wie dicht die Einleitung beginnend mit der ersten Linie in den tiefen Streichern auch klingen kann. Oder wie aufgewühlt und dramatisch der Mittelteil klingen kann, ohne deswegen überdreht zu wirken. Oder die „ätherische Stelle“: Wie wunderbar zaubert Karajan diese doch auf die Silberscheibe. Herrlich dann der Blechbläserchor am Ende des Werkes (Posaunen!), wobei leider auch hier die Pauken Wünsche offen lassen. Aber die fand ich nicht einmal bei Solti überzeugend – leider weiß ich nicht, was dazu in der Partitur steht.
Sind "Les Préludes" unter Fricsay wirklich so gut, wie sie manchmal dargestellt werden? Vielleicht nicht ganz.