Unbekannte Solokonzerte des 18. Jahrhunderts - ans Licht geholt

  • Nein - Komponisten der zweiten Reihe - das werde ich diesmal nicht schreiben.
    Es handelt sich ja durchwegs von Komponisten, die zu Lebzeiten Kopf an Kopf mit jenen standen, die wir heute als "berühmt" einstufen. Einer von ihnen war Luigi Gatti (1740-1817)
    Wenngleich nicht dort geboren sah Gatti Mantua als seine Heimatstadt an, die er nur ungern verliess.
    Ein Angebot des Erzbischofs Colloredo 1778 , nach Salzburg zu kommen nahm er erst nach vier Jahren an.
    Er wurde dort zum Hofkapellmeister ernannt, Leopold Mozart, der sich auf diesen Titel Hoffnung gemacht hatte, wurde einfach übergangen, was er Gatti zeitlebens nicht verzieh.



    Dennoch gibt es heute - obwohl Gatti zahlreiche Werke diverser Genres hinterließ - nur relativ wenige Aufnahmen auf CD (wie wärs cpo oder Naxos ??)


    Als ich die unten abgebildete CD (Brilliant-Classics) entdeckte, da freute ich mich wie ein Schneekönig - und ich wurde nicht enttäuscht.


    Ein Konzert für 2 Violinen, eines für Oboe, eines für Klavier - Alles Weltpremiere - Aufnahmen Herz was willst Du mehr ?


    Die Interpretation ist dem Schönklang verpflichtet, kernig aber lieblich, das Orchestra da Camera del Conservatoire di Musica di Mantova unter Luca Bertazzi spielt mit Delikatesse, die Themen sind eingängig und gelegentlich ein wenig süsslich.
    Eine Freude für den Liebhaber dieser Epoche.


    mit freundlichen Grüßen
    aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Zum Threadnamen haben wir ja schon
    hier
    einiges.
    (Schließlich spielt sich das Barock-Konzert größtenteils im 18. Jahrhundert ab).


    Soll dieser Thread auf Vorklassik und Klassik beschränkt bleiben?

  • Thread-Titel sind Glückssache ... ich hatte schon über "Barockkonzerte aus der zweiten Reihe" geschimpft und tue es gerne wieder. Natürlich ist ein Konzert nicht unbekannt, wenn es Noten dazu gibt und Menschen diese dazu benutzten, um es aufzunehmen. Wenigstens den Beteiligten war die Existenz des Werkes also geläufig. Aber lassen wir die Spitzfindigkeit, ich erkenne die journalistischen Beweggründe für die Titelwahl gerne an. Konstruktiv möchte ich vorschlagen: "Sollte man viel öfter hören - wenig bekannte Konzerte des 18. Jhds."


    In dieser empfehlenswerten und preisgünstigen (<€4,- pro CD) Box (ich mag Andreas Staiers Art zu spielen ... ) sind Konzerte von Salieri, Steffan, Mozart und Field (der Mozart zählt hier natürlich nicht):


    Im Wilhelm-Friedemann-Bach-Jahr darf auch auf dessen Konzerte hingewiesen werden. Hier ein Exemplar der seltenen Gattung "Konzert für zwei Klaviere und Orchester":

  • Vor kurzem habe ich in einem Thread, wo "unbekannte" Komponisten des 18. Jahrhunderts vorgestellt wurden, Lollis Violinkonzerte empfohlen. Man kann meiner Meinung nach nicht darüber diskutieren obe denn nun Lolli mehr oder weniger bekannt sei.


    EINE Aufnahme im Katalog macht noch keinen bekannten Komponisten aus.
    Wie dem auch sei. Mir liegt daran diesen Komponisten allen Liebhabern der Vorklassik und Klassik näherzubringen - und da schrecke ich auch vor einer doppelten Nennung nicht zurück.



    @Kurzstückmeister

    Zitat

    Soll dieser Thread auf Vorklassik und Klassik beschränkt bleiben?


    ja, bitte....



    mfg aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Leider ist es oft so, wenn man eine dieser CDs empfehlen will, dann sind sie bereits gestrichen.
    Jpc hatt Cirris wunderbare Cellokonzerte nicht mehr im Katalog, bei Amazon sind sie angeblich noch zu bestellen. Ich bin da ein wenig skeptisch, denn bei Hungaroton habe ich nichts mehr gefunden. Aber vielleicht hat ein lokaler Händler noch was vorrätig - oder wird finden die Werke dereinst unter BRILLIANT CLASSICS im Katalog.


    Cirri wurde 1724 in Forli geboren und verstarb 1808 ebenda. Ebenso wie Vivaldi war er Priester (schon mit 15 wurde er geweiht) Sein Instrument war das Cello, für das er auch etliche Werke komponierte. Das auf dem Cover dargestellte Bild soll einigen Internetseiten zufolge Cirri selbst darstellen. Schade, daß ich davon nichts weiss, denn das von Ceruti gemalti Bild hängt im Kunsthistorischen Musik, und heisst dort lediglich "Bildnis eines Musikers", ich gehe (fast) täglich daran vorbei....
    Zur Musik. Sie ist melodiös und eingängig, am ehesten an Boccherini erinnernd........

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Der Komponist Leopold Kozeluch (1747 - 1818 ) ist natürlich an sich kein wirklich Unbekannter mehr - dazu existieren mittlerweile zu viele Aufnahmen quer durch sein gesamtes Schaffen (Kammermusik, Konzerte, Sinfonien, Oratorien). Der Name ist also bekannter geworden, doch für die einzelnen Werke dieses Komponisten gilt das sicher nicht; keines seiner Werke hat m. E. nach bisher eine solche Bekanntheit erlangt, dass man beim Hören eines Fetzens seiner Musik dächte "Ah ja, das ist Kozeluchs berühmtes XY-Werk". Somit ist es sicherlich nicht unberechtigt hier an dieser Stelle auf Kozeluchs Klarinettenkonzerte hinzuweisen (Nr. 1 Es-dur, Nr. 2 Es-dur und Sonate concertante für Klarinette und Orchester Es-dur), die allesamt noch im 18. Jahrhundert entstanden sind, auch wenn des Komponisten Lebensspanne noch beinahe das gesamte erste Fünftel des 19. Jahrhunderts umfasste. Schöne und elegante Musik, die den Klang des späten 18. Jahrhunderts lebendig werden lässt. Und wenn der Klarinettenpart von Dieter Klöcker gespielt wird, ist das ein zusätzliches Argument, sich auf die Werke und diese spezielle Interpretation einzulassen. Weiter spielt das Prager Kammerorchester (AD: April 2002).



    Grüße,


    Garaguly

  • Ja, Klöcker hat hier eine Menge ausgegraben, auch jenseits der noch vergleichsweise bekannten Klarinettenkonzerte von Stamitz jun. Wieviel man davon mehr als einmal anhört, ist die andere Frage...


    Nicht wenige Konzerte, die man doch zur Frühklassik oder Klassik rechnen muss, gibt es von den drei berühmtesten Bach-Söhnen (daher natürlich nicht unbekannt, aber vielleicht weniger bekannt als sie es verdienen).


    Von Wilhelm Friedemann wurde oben schon eines genannt, alle, inklusive eines, das vermutlich vom jüngsten Bruder Joh. Christian stammt, gibt es hier sehr preiswert. Es lohnen auch sämtliche gemischten CDs der jüngeren Bach-Familie (zwei oder drei), die Musica Antiqua Köln gemacht hat. CPE Bach hat viele Cembalo-, sowie ein kurioses Doppelkonzert für Hammerklavier und Cembalo geschrieben, dazu einige Konzerte für Oboe, Cello und Flöte. (Ich glaube einige davon sind Bearbeitungen, weiß aber die Details nicht mehr.) Die carus-CD kenne ich nicht (meine mit den Oboenkonzerten P. Dombrecht) ist vergriffen). Die Flöten- und Cellokonzerte habe ich nur einer Brilliant-Sammelbox. Die neue Staier-CD mit den "Hamburger" Cembalokonzerten steht auf dem Wunschzettel (Ich habe eine ältere Einspielung mit Van Asperen). Es muss noch weit mehr Stücke geben, ich habe da aber keinen Überblick. Auch Joh, Christian hat neben der von im besonder gepflegten Sinfonia Concertante für alle möglichen Solisten, sowohl Bläser als auch Cembalo/Fortepiano-Konzerte komponiert, mir weitgehend unbekannt, aber es gibt sie auf cpo



    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Zu den wenig bekannten aber hörenswerten Solokonzerten des 18. Jahrhunderts zählen die Klarinettenkonzerte von Pedro Etienne Solere, die der im Mai dieses Jahres verstorbene Freiburger Klarinetten-Professor Dieter Klöcker eingespielt hat:



    Solere wurde 1753 nahe der spanischen Grenze geboren und starb 1817 in Paris. Er zählte zu den berühmtesten Klarinettisten seiner Zeit, war erster Klarinettiist in der Hofkapelle des französischen Königs und Professor für Klarinette am Conservatoire.


    Solere verschmolz die künstlerischen Einflüsse aus dem Europa des 18. Jahrhunderts zu einer neuen ganz persönlichen Aussage, die auch heute noch, besonders bei einer so gelungenen Einspielung wie der obigen, zu gefallen vermag.


    LG
    Portator