Norman Treigle

  • Zum Gedenken an einen großartigen Baß.


    Norman Treigle, amerik. Baß; geb. 6.3.1929 in New Orleans, gest. 16.2.1975 ebd. Ausgebildet von Elisabeth Wood. Kam nach ersten Auftritten mit dem Orchester seiner Heimatstadt 1953 an die New York City Opera, der er bis 1973 angehörte. Zeichnete sich vor allem in dämonischen und hintergründigen Charakterpartien aus. Seine Glanzrollen waren Boitos Mefistofele und Gounods Méphistophélès, Boris Godunow und die Bösewichte in "Hoffmanns Erzählungen". Ab 1973 trat dieser effektvolle Singschauspieler, der theatral. Ausdruck absoluter musikalischer Treue vorzog, auch in Europa auf (London, Hamburg, Mailand).


    Von Norman Treigle besitze ich zwei schöne Portraits mit Opernarien und verschiedene Gesamtaufnahmen. Interessant die Gesamtaufnahme "Hoffmanns Erzählungen" unter Julius Rudel mit Beverly Sills und Stuart Burrows, auch sein Mefistofele in der gleichnamigen Oper von Boito ist hörenswert. Ferner höre ich ihn gerne in einem Querschnitt aus Gounods "Faust" mit Beverly Sills und Michéle Molése, unter Julius Rudel. Er bleibt mir in seinen Aufnahmen stets in Erinnerung.



    Gruß Wolfgang

    W.S.

  • Ich habe auch drei Gesamtaufnahmen unter Julius Rudel in der Norman Treigle mitwirkt.


    Faust/caballé, - Hoffmanns Erzählungen/Sills/ - Coq d'or/Sills, aber nicht in russisch,
    sondern in englisch (lustige Kostümierung).



    Freundlichen Gruß


    :angel:


    Engelbert

  • Lieber Wolfgang,


    eine wahrhaft dämonische Figur ist dieser Norman Treigle - mit einer grandiosen Stimme.


    Ein Sänger, mit dessen Leben man sich intensiver befassen sollte - war es doch nach kurzen 47 Jahren unter merkwürdigen Umständen zu Ende. Anstatt jetzt nur die Coverbildchen seiner wenigen Opern-Gesamtaufnahmen abzubilden, will ich hier seine Biographie vorstellen:



    Sein Biograph, Brian Morgan, hat viele Jahre recherchiert um dieses interessante Buch vorzulegen, das zwar noch viele Fragen offenläßt, aber trotzdem einen aufschlußreichen Einblick in das Leben des Sängers vermittelt.


    LG


    8)

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)

  • Mein lieber Harald!


    Damit hatte ich mich wirklich nicht befaßt. Es sind viel große Sänger früh verstorben, z. Bsp. Bastianini, Warren, Neri usw.. Das ist ja interessant, was meinst Du mit merkwürdig? Leider würde mir die interessante Biographie Probleme bereiten. Obwohl ich mich etwas für Sprachen interessiere, (serbo-kroatisch, russisch, etwas latein), ist englisch nicht meine Stärke. Da müßte ich meinen Sohn öfter zu Hilfe rufen. Und der wäre alles andere als begeistert. Mal sehen, vielleicht gibt es das Buch mal in deutsch. Oder ich finde mal in einem anderen Fachbuch Hinweise über das frühe Ableben. Trotzdem: Vielen Dank für diese Information!


    Gruß Wolfgang

    W.S.

  • Hallo, Harald!


    Ich habe inzwischen Einiges an Fachliteratur durchgesehen. Aber leider finde ich keinen Hinweis über den mysteriösen Tod von Norman Treigle. Da werde ich mir doch diese Biographie anschaffen müssen. Bis dahin ergötze ich mich an dieser schönen Baßstimme mit einem Portrait: "OPERATIC HEROES & VILLAINS". Hier singt er Arien aus "Hoffmanns Erzählungen", "Manon", "Louise", "Don Quichotte", "Le Comte Ory", "Attila", "Ernani", und "Mefistofele". Begleitet von Jussi Jalas und dem Wiener Volksoper Orchester.



    Gruß Wolfgang

    W.S.

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  • Lieber Wolfgang,


    das Buch habe ich noch nicht gelesen, es war mir immer zu teuer, ich hatte gehofft, es irgendwann mal antiquarisch zu bekommen.


    Über seinen Tod ist in den anderen Quellen nicht viel zu erfahren - am 16. 2. 1975 wurde er tot in seiner Wohnung in New Orleans, seiner Heimatstadt, aufgefunden.
    War es Mord?
    Selbstmord?
    ein Unfall?


    3 Wochen vor seinem 48. Geburtstag - die ganz große Karriere hatte noch nicht mal richtig begonnen! Obwohl er bis dahin schon eine ganze Reihe Uraufführungen amerikanischer Opern gesungen hatte.


    LG


    :hello:

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)

  • Über Harald habe ich wieder eine Neuigkeit erfahren. Ich wußte wohl, daß Treigle verstorben war, bin aber erstaunt, daß das schon lange her ist. Ebenfalls neu für mich sind die merkwürdigen Umstände dieses Todes.


    Ich möchte an eine weitere Rolle Treigles erinnern:



    In der Rudel-Fassung der NYCO singt er die Titelpartie - wie immer stimmgewaltig.


    Liebe Grüße vom

    .


    MUSIKWANDERER

  • Er wäre heute 90 geworden:



    Treigle, Norman, amerikan. Bass, * 6.3.1923 New Orleans, † 16.2.1975 ebd.
    Er wurde in Louisiana von Elisabeth Wood ausgebildet und kam nach ersten Auftritten mit dem Orchester seiner Heimatstadt 1953 an die New York City Opera, der er bis 1973 angehörte. Zeichnete sich vor allem in dämonischen und hintergründigen Charakterpartien aus.
    Seine Glanzrollen waren Boitos Mefistofele und Gounods Méphistophélès, Boris Godunow, die Bösewichte in Les contes d'Hoffmann. Ab 1973 trat dieser effektvolle Singschauspieler, der theatralischen Ausdruck absoluter musikalischer Treue vorzog, auch in Europa auf (London, Hamburg, Mailand).



    LG

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)

  • Ich möchte hier daran erinnern, dass Norman Treigle am 16. Februar 1975 gestorben ist.


    Heute ist sein 40. Todestag.


    Liebe Grüße


    Willi :)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Eine meiner besten Aufnahmen des "Hoffmann" ist die mit Norman Treigle. Er singt hier die drei Bösewichter. Ihm zur Seite die großartige Beverly Sills. Eine unbedingt zu empfehlende Gesamtaufnahme:


    W.S.

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  • Ich darf versuchen, etwas Licht ins Dunkel zu bringen, um die von Wolfgang gestellten Fragen zu beantworten: gemäß des englischen wikipedia-Artikels über ihn war der Sänger von chronischer Schlaflosigkeit geplagt, so dass er Schlafmittel nahm; in der Nacht seines Ablebens hat er sie versehentlich überdosiert, so die offizielle Erklärung.
    Norman Treigle muss eine sehr zwiespältige Persönlichkeit gewesen sein. Die nachfolgenden Ausführungen stützen sich auf diesen sehr ausführlichen, englischen Artikel von Ira Siff:


    http://www.operanews.com/Opera…res/The_Demon_Within.html


    Gemäß dieses Textes muss er ein Mensch gewesen sein, der sich mit lodernder, glühender Intensität in seine Rollen gestürzt hat: die Dämonen, die er auf der Bühne verkörperte, dienten teilweise dazu, wie bei einem Exorzismus die Dämonen in seinem Inneren zu bekämpfen.
    Er war eine sehr zwiespältige Persönlichkeit, er konnte jungenhaft-verspielt und humorvoll sein, allerdings im nächsten Moment auch unzugänglich und arrogant.
    Zudem entwickelte er mehr und mehr Alkoholprobleme; er war auch starker Kettenraucher; während Aufführungen stand immer ein Mitarbeiter neben der Bühne, damit er permanent schnell an der Zigarette ziehen konnte; auch verfiel er dem Glücksspiel, was ihn zunehmend in finanzielle Nöte brachte. Teilweise erschütternd lesen sich Zeilen wie diese, die er in einem Brief an seine damalige Frau Loraine schrieb (er war zweimal verheiratet):


    "Get me to stay out of this business here from now on and make me stick…. If you want to keep me, then make me do it. Otherwise I'll go nuts."


    "Bring mich dazu, mich von jetzt an aus diesem Business fernzuhalten und bei Dir zu bleiben...wenn Du mich behalten möchtest, dann bring mich dazu, dies zu tun...ansonsten drehe ich noch durch." [meine Übersetzung]


    Treigle, war, wie gesagt, zweimal verheiratet: mit Loraine hatte er Tochter und Sohn, schließlich hatte er eine Affaire mit einer ebenfalls verheirateten Frau, Linda Smith, die er schließlich nach seiner eigenen Scheidung auch heiratete und deren Tochter er adoptierte.
    Norman Treigle war jedoch ein sehr religiöser Mensch und litt unter dieser Situation; er hielt, trotz allem, engen Kontakt zu Loraine; jedoch fühlte er sich moralisch schuldig.
    Ebenfalls nagte an ihm, dass Rudolf Bing ihn nie dazu einlud, an der Met zu singen, obwohl die Zeitungen immer wieder aufs neu darüber schrieben, wie absurd es war, dass dieser herausragender Sänger, der an allen amerikanischen Opernhäusern reüssierte, nicht an der Met singen durfte.
    Auch die Beziehung zu Berverly Sills, die er als kleine Schwester empfand, sowie Julius Rudel, der ihn sehr förderte, erlebte Höhen und Tiefen; teilweise fühlte sich Treigle zurückgesetzt, konnte nicht gut damit umgehen, das Beverly Sills' Karriere zeitweilig erfolgreicher zu verlaufen schien als die seine.
    Schließlich erlebte er den Durchbruch in Boitos Mefistofele sowie den Bösewichtern in Offenbachs Contes d'Hoffmann.
    Es wurden noch mehrere Aufnahmen geplant, auch die Met wollte ihn endlich haben, sowie Covent Garden.
    Körperlich und mental schon seit Jahren angeschlagen, fühlte er sich durch die oben geschilderten Probleme zusehends ausgelaugt. Seine gesundheitlichen Malaisen wurden größer: er musste sich einer Blinddarmoperation unterziehen, der bald darauf eine weitere Operation des Bauchraums folgte.
    Zwischenzeitlich hatte er sich von Linda ebenfalls getrennt, war hoffnungslos alkohol- und tablettensüchtig und hatte sich zudem noch in London, kurz vor seinem Auftritt in Covent Garden, bei einem Sturz in seinem Hotelzimmer den Fuß gebrochen; eine Bronchitis kam noch dazu und überschattete seine Auftritte, die auch gleichzeitig seine letzten sein sollten.
    Treigle versuchte, sich mit Rudel wieder zu versöhnen, und seine alte künstlerische Heimat wieder aufzusuchen; er plante auch, seine erste Frau Loraine wieder zu heiraten. Er bat sie, einen Karton Zigaretten vor seiner Wohnung zu deponieren, jedoch nicht in die Wohnung zu kommen, da er wohl noch schlafen würde, wenn sie eintraf. Sie tat dies, stellte tags darauf jedoch fest, dass die Zigaretten unberührt waren. Sie fand Norman Treigle in der Nähe seines Bettes auf dem Boden liegend; eine Überdosis Schlafmittel hatte ein Magengeschwür zu unkontrollierbarem Bluten gebracht. Man ging (und geht) ergo nicht von Selbstmord, sondern von einem Unglücksfall aus.
    Sherrill Milnes sagte: "I think Norman was about the greatest singing actor in the world.", "Ich denke, Norman was so ziemlich der großartigste Sänger-Schauspieler auf der ganzen Welt" [meine Übers.]


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    Ich verneige mich ebenfalls vor diesem herausragenden, charismatischen, innerlich getriebenen Künstler. Hier ein Zeugnis seines meisterlichen Könnens: