BAUMANN, Herbert: ALICE IM WUNDERLAND

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    Herbert Baumann (geb. 1925)

    Alice im Wunderland


    Ballettmusik


    Libretto nach der Dichtung von Lewis Carroll
    ‚Alice in Wonderland’ war ein Auftragswerk des Hessischen Staatstheaters Wiesbaden und erlebte dort seine Uraufführung.



    HANDLUNG


    VORSPIEL


    IM CHRIST-CHURCH-COLLEGE


    Es ist der Dichter Lewis Carrol selbst, der im Stück als handelnde Person in das Ballett einbezogen wird. Von Beruf ist er dort Lehrer am Christ-Church-College und soll den Schülern Mathematik beibringen. Seinen Beruf übt er nur ungern aus, denn die Kinder sind frech und aufsässig und haben kein Interesse am Lehrstoff. Der Dichter sehnt sich nach seinem privaten Umfeld, flüchtet sich dort in eine Märchenwelt, mit der er besser zurechtkommt, als mit dem harten Berufsalltag. Er träumt von Alice und ihrem weißen Kaninchen, welches das Mädchen ins Wunderland geleitet und er darf als Betrachter dabei sein.


    IM SAAL DER TÜREN


    Manchmal sieht es so aus, als ob das Leben nur aus Hindernissen bestehen würde. Alice betritt den Saal der Türen und muss feststellen, dass es nicht weitergeht. Ohne einen Schlüssel lassen sich die Türen nicht öffnen. Sie sucht überall und findet endlich einen kleinen goldenen Schlüssel, mit dem sich eine winzig kleine Tür einen Spalt öffnen lässt. Alice erblickt durch einen schmalen Spalt einen wunderschönen Garten, den sie gern aus der Nähe betrachten möchte. Leider ist die Öffnung zu schmal, so dass das wissbegierige Mädchen sich nicht hindurchzwängen kann. Es hilft nichts, dass Alice anfängt zu weinen. Es bildet sich nach und nach ein großer See, in dem das Mädchen zu ertrinken droht. Jetzt wird es Zeit für den Dichter, in die Handlung einzugreifen und das kleine Mädchen zu retten. Damit das Publikum vor Betrübnis nicht auch anfängt zu weinen, kommen die Leute aus dem Garten vor den Bühnenvorhang und vollführen den ‚Tanz der Gärtner’


    DIE KÜCHE DER HERZOGIN


    Alice hilft der Herzogin in der Küche eine Pfeffersuppe zu kochen. Sie muss immerzu niesen. Zum Haushalt der Herzogin gehört auch eine Katze. Das Geschöpf ist ein bisschen merkwürdig. Es besteht nur aus einem Kopf und hat keinen Rumpf. Schließlich tanzen alle um den Suppenkessel. Die Gärtner haben keine Lust zum Unkraut jäten, erscheinen in der Küche und tanzen mit. Anschließend hat die Herzogin eine kleine Aufgabe für die Gärtner. Sie sollen eine weiße Rose rot färben.


    IM GARTEN


    Die Küche ist dazu nicht der geeignete Ort und die Gärtner gehen auf die Terrasse und färben eine weiße Rose rot. Die Königin kommt in ihrer Kutsche zufällig vorbei und sieht den Unfug. Sie befiehlt, die Gärtner zu verhaften und lässt sie durch ihre Leibwache verfolgen. Auf einmal erscheint die ‚Edamer Katze’ Es ist das Vieh, welches nur aus Kopf besteht. Keiner weiß, warum die Katze solch einen komischen Namen führt und die Gärtner können entwischen.


    Die Königin fängt Streit mit der Herzogin an. Sie schimpft, weil sie annimmt, dass die Herzogin den Naturfrevel befohlen hat. Kurzer Prozess, die Königin ist mächtiger und die Herzogin wird abgeführt. Die Katze soll auch bestraft und geköpft werden. Aber die Scharfrichter wissen nicht, wie man das anstellen soll, denn eine Katze ohne Rumpf kann man nicht köpfen. Es muss aber etwas geschehen und bis sich eine zündende Idee einstellt, bewundern die Zuschauer den ‚Tanz des Schafrichters’


    In Wirklichkeit ist die Königin gar nicht so böse, wie man meinen könnte. Sie ist Naturliebhaberin - nur treibt es manchmal mit der Fürsorge mit dem Umweltschutz ein bisschen zu weit. Sie hat sogar einen Liebhaber, den Pikbuben, mit dem sie ausgelassen Walzer tanzt.


    DAS GERICHT


    Das Schöffengericht kommt zusammen, aber verhandelt wird nicht der Rosenfrevel, sondern etwas völlig anderes. Der Herzbube soll in der Backstube eine Torte gestohlen haben. Es wird so getan, als ob er etwas ganz Schlimmes verbrochen habe. Der Herzbube ist ganz mutlos. Er weiß wie ungerecht die Königin ist, und dass die Schöffen bestochen wurden.


    Nun fasst sich Alice ein Herz und erklärt den Herzbuben für unschuldig, weil sie gesehen hat, dass der Pikbube die Sahnetorte gegessen hat. Die Königin will auf ihren Liebsten nichts kommen lassen, deckt seine Nascherei und gerät furchtbar in Rage. Die ganze Gerichtsversammlung fällt über Alice her, aber der Herzbube steht der Beherzten tapfer zur Seite.


    FINSTERE GEGEND


    Endlich kommt der Dichter auch einmal dazu, mit Alice zu tanzen. Aber der Pikbube schubst den Poeten lausbubenhaft beiseite und denkt, er kann sich an Alice heranmachen. Schon ist der Herzbube zur Stelle und besiegt den unerwünschten Rivalen, nachdem er einen harten Fechtkampf gegen ihn bestanden hat.


    Alice bedankt sich ausgiebig bei ihm und der Herzbube möchte ihr etwas schenken. Er überreicht ihr seinen Degen, mit dem Alice eigentlich gar nichts anzufangen weiß. Intelligent war das ohnehin nicht, denn wie soll der Herzbube Alice beschützen, wenn der Pikbube wieder Streit sucht? Sorge überflüssig – durch Zaubermacht verwandelt sich die Stichwaffe in eine Blume.


    Gefahr ist schon im Anzug. Zusammen haben die Königin, die Herzogin, der Pikbube und die Wachsoldaten sich in einen Drachen verwandelt. Doch Alice hat eine Idee. Sie berührt das gefährliche Tier mit der Zauberblume und der Drache verliert seine Aggression. Er versteht sogar, zu lächeln.


    Nun wird es aber Zeit, dass Alice erkennt, wer ihr Bräutigam ist. Man muss auch an die Zukunft denken. Der Dichter führt ihr den Herzbuben zu, womit alle Ballettbesucher einverstanden sind.


    HELLER SAAL IM SCHLOSS


    Durch Zaubermacht verwandelt sich die finstere Gegend in einen Ballsaal mit mächtigen Kronleuchtern, die von der Decke herunter hängen. Eine Krone schwebt herab und Alice Wird zur Königin des Wunderlandes erklärt. Sie tanzt mit dem Herzbuben einen Walzer und der Dichter schaut liebevoll zu.


    Anmerkung:


    Für den Fall, dass die Ballgäste glauben, sie seien in der Tanzkunst perfekt, hat der Komponist noch einen Walzer ‚für Fortgeschrittene’ komponiert, der fast sieben Minuten dauert und auch als Finale genutzt werden kann.


    Die Musik von Herbert Baumann ist nicht ganz so verrückt, wie das Märchen, sondern einfallsreich und äußerst melodisch. Eine Katze, die nur aus einem Kopf besteht, ist eine tote Katze. Das Ballett dauert etwa 70 Minuten.


    © 2011 TAMINO - Engelbert